28. November 2025
Veröffentlichungsreihe – 2 von 100 Insights
Die Offshore-Windenergie ist ein zentraler Baustein für die deutsche Energiewende. Das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) definiert hierfür ambitionierte Ausbauziele: mindestens 30 GW bis 2030, 40 GW bis 2035 und 70 GW bis 2045. Derzeit sind in Deutschland etwa 9 GW an Offshore-Windleistung installiert. Um das Ziel für 2030 zu erreichen, müssten innerhalb weniger Jahre also weitere rund 21 GW ans Netz gebracht werden – ein Ausbaupfad, der angesichts der aktuellen Marktbedingungen unter erheblichem Druck steht.
Dass der Markt zunehmend unter Druck steht, zeigte sich jüngst deutlich in den Ausschreibungsrunden für die Vergabe der Offshore-Windflächen. In der Ausschreibungsrunde im Juni 2025 für nicht zentral voruntersuchte Flächen erklärten zwei Bieter zwar, ihre Projekte vollständig ohne staatliche Förderung realisieren zu können. Dadurch wurde das „dynamische Gebotsverfahren“ ausgelöst, bei dem der Zuschlag über Zahlungen an den Staat ermittelt wird. Der finale Zuschlagswert von 180 Millionen Euro – rund 180.000 Euro pro Megawatt – markiert jedoch bereits einen Rückgang gegenüber den Vorjahren. Zum Vergleich: Bei vergleichbaren Flächen im Jahr 2024 lag die Zahlungsbereitschaft der Bieter noch bei rund 1,3 Millionen bzw. 1,1 Millionen Euro pro Megawatt. Für zentral voruntersuchte Flächen wurden 2023 sogar Höchstwerte von bis zu 2,07 Millionen Euro pro Megawatt erzielt.
Noch deutlicher wurde die Entwicklung in der darauffolgenden Ausschreibungsrunde im August 2025: Für die dort ausgeschriebenen zentral voruntersuchten Flächen N-10.1 und N-10.2 in der Nordsee – zusammen 2.500 MW – ging kein einziges Gebot ein. Damit konnten im Jahr 2025 lediglich 1 GW statt der geplanten 3,5 GW vergeben werden.
Diese erste Nullrunde in der Geschichte der Offshore-Ausschreibungen in Deutschland zeigt, dass der Standort für viele Marktakteure derzeit mit Unsicherheiten verbunden ist. Bereits zuvor hatte die Branche auf bestehende Herausforderungen hingewiesen. Vor diesem Hintergrund haben BWO, BDEW, VDMA Power Systems sowie die Offshore-Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion und TenneT jüngst eine gemeinsame Branchenerklärung veröffentlicht (10. November 2025), in der sie zentrale Handlungsbedarfe und Reformvorschläge für die kommenden Monate zusammenfassen. Die Erklärung knüpft an bestehende Branchenforderungen an und macht sichtbar, welche Themen derzeit besonders im Fokus stehen. Sie bietet damit einen passenden Anlass, die bislang identifizierten Kernprobleme und Herausforderungen im Offshore-Ausbau näher zu betrachten.
Das derzeitige Ausschreibungsdesign gilt als eines der größten Hindernisse. Die Kombination aus fehlender Erlössicherheit bei schwankenden Strompreisen und stark wettbewerbsgetriebenen Zahlungsmechanismen im dynamischen Verfahren führt zu hohen finanziellen Vorleistungen und erhöhtem Gesamtrisiko für Investoren. Die Folge: Ein Umfeld, in dem Projekte nur schwer belastbar kalkuliert werden können und die Finanzierung zunehmend komplex wird. Für das gegenwärtige Ausschreibungsdesign und möglichen Alternativen verweisen wir auf unseren Beitrag
Zunehmend zum Problem werden auch Abschattungseffekte zwischen benachbarten Offshore-Windparks. Durch die hohe räumliche Verdichtung der geplanten Flächen entstehen sogenannte Wake-Effekte, die dazu führen, dass sich Projekte gegenseitig den Wind abschneiden und damit ihre Volllaststunden sinken. Diese Ertragsunsicherheiten erschweren belastbare Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Zusammen mit schwer kalkulierbaren Erlösen werden sie daher häufig als ein Faktor genannt, der Investitionsentscheidungen bremst.
Parallel dazu steigen die Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Materialpreise, Logistik- und Installationsaufwand sowie die Ausgaben für Betrieb und Service haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Zudem erschwert die Zinsentwicklung die Finanzierung einer kapitalintensiven Infrastruktur wie Offshore-Wind. Diese Entwicklungen werden häufig als zusätzliche Faktoren genannt, die den Ausbau derzeit bremsen.
Ein weiterer relevanter Aspekt betrifft die Offshore-Infrastruktur sowie die nachgelagerte Anbindung an das Stromnetz. Häfen, Fertigungskapazitäten, Spezialschiffe und Montagelogistik arbeiten vielerorts bereits an hohen Auslastungsgrenzen, was die Umsetzung zusätzlicher Projekte anspruchsvoller macht.
Hinzu kommen lange Genehmigungsprozesse und Engpässe beim Netzanschluss, wie das Beispiel Borkum Riffgrund 3 zeigt: Der rund 913 MW umfassende Offshore-Windpark wurde 2024 weitgehend errichtet und ist technisch betriebsbereit, kann jedoch aufgrund des noch nicht fertiggestellten Netzanschlusses derzeit keinen Strom einspeisen – ein Zustand, der sich voraussichtlich erst 2026 vollständig auflösen wird.
Im jüngsten Papier sehen die Branchenverbände in einem neuen Ausschreibungsdesign den zentralen Hebel. Im Mittelpunkt steht die Einführung zweiseitiger Differenzverträge (Contracts for Difference, CfD). Sie sollen stabile Erlöse ermöglichen, die Finanzierungskosten senken und Marktpreisrisiken reduzieren. Die Verbände sprechen sich zudem dafür aus, die nächste Ausschreibungsrunde im Jahr 2026 ins vierte Quartal 2026 zu verschieben, um die Reformen geordnet umzusetzen und den Investoren ausreichend Zeit zur Vorbereitung zu geben. Ebenso betonen sie, dass rein marktbasierte Modelle auf Basis von Power Purchase Agreements (PPAs) unter den aktuellen Bedingungen nicht ausreichen, um den erforderlichen Ausbau sicherzustellen. CfDs sollen daher zum neuen Standard werden, ohne PPAs indes vollständig auszuschließen.
Die Verbände fordern außerdem eine strategischere Planung, die nicht allein auf installierte Leistung abzielt. Stattdessen sollen realistisch erzielbare Energieerträge, Windbedingungen und Wake-Risiken stärker berücksichtigt werden. Dazu gehören planerische Mindestabstände und eine bessere grenzüberschreitende Koordination, insbesondere mit Ländern, die über größere und weniger verdichtete Offshore-Flächen verfügen.
Die Verbände betonen zudem, dass der Ausbau der Offshore-Infrastruktur nur dann Wirkung entfaltet, wenn sich Realisierungsfristen an die Realität anpassen. Hierfür schlagen sie vor, dass der Nachweis der Betriebsbereitschaft künftig erst 12 Monate nach Netzanschluss erfolgen solle (statt bisher 6 Monate), um die technische Inbetriebnahme in Abstimmung mit den Übertragungsnetzbetreibern realistisch abbilden zu können. Zudem sollen gestufte Sanktionen eingeführt werden, damit Verzögerungen nicht automatisch zum Zuschlagsentzug führen.
Ergänzend sprechen sich die Verbände für eine Ausweitung der Genehmigungsdauer auf 35 Jahre aus, damit Windparks länger betrieben werden können und die bestehende Infrastruktur über ihren Lebenszyklus hinweg umfassender genutzt wird.
Ohne entsprechende politische Anpassungen besteht das Risiko, dass der Offshore-Ausbau in Deutschland an Tempo verliert und damit sind die Vorschläge der Verbände zu begrüßen. Um auf den vorgesehenen Ausbaupfad zurückzukehren und die gesetzlich festgelegten Ziele bis 2030 und darüber hinaus zu erreichen, ist ein Bündel an Maßnahmen erforderlich. Die wesentlichen Lösungsansätze liegen – wie von den Verbänden skizziert – vor: ein weiterentwickeltes Ausschreibungsdesign zur Sicherung verlässlicher Investitionsbedingungen, effizientere Genehmigungs- und Netzanschlussprozesse sowie eine Flächenplanung, die stärker auf Ertrag und Systemintegration ausgerichtet ist.
Ob Deutschland den notwendigen Fortschritt im Offshore-Bereich erreicht, hängt nun maßgeblich davon ab, wie die Politik die aktuellen Vorschläge aufnimmt und in konkrete Schritte überführt. Die Verschiebung der nächsten großen Ausschreibungsrunde in das vierte Quartal 2026 – einschließlich der zurückgestellten 2,5 GW aus der Nullrunde 2025 sowie der regulär vorgesehenen 3,5 GW – könnte dazu beitragen, das Risiko weiterer erfolgloser Ausschreibungen zu verringern und Zeit für eine Überarbeitung des Rahmens zu schaffen.
In den kommenden Monaten wird sich zeigen, in welchem Umfang die vorgeschlagenen Anpassungen umgesetzt werden und ob der Offshore-Ausbau in Deutschland die Dynamik entwickeln kann, die für das Erreichen der nationalen und europäischen Ausbauziele erforderlich ist.
28. November 2025
21. November 2025
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12. November 2025
22. Oktober 2025
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25. September 2025
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15. September 2025
15. September 2025
8. September 2025
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12. Februar 2025
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von Dr. Markus Böhme, LL.M. (Nottingham), Dr. Christian Ertel
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von Dr. Markus Böhme, LL.M. (Nottingham), Dr. Christian Ertel
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4. Juli 2022
von Dr. Paul Voigt, Lic. en Derecho, CIPP/E, Dr. Markus Böhme, LL.M. (Nottingham)
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15. März 2022
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14. Februar 2022
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4. Februar 2022
von Dr. Markus Böhme, LL.M. (Nottingham), Dr. Stefan Horn, LL.B.
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von Olav Nemling
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