8. September 2025
Veröffentlichungsreihe – 11 von 96 Insights
Durch die neue EnWG-Novelle soll auf europäische und nationale Veränderungen in der Energiepolitik reagiert werden. Sie vereint Klimaschutz, Versorgungssicherheit und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Anlass sind neue EU-Vorgaben und die Erfahrungen aus der Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges. Ziel ist es, den Umbau der Energieinfrastruktur hin zur Treibhausgasneutralität bis 2045 zu unterstützen. Mit der Novelle soll die rechtliche Grundlage für neue Maßnahmen geschaffen werden, welche u.a. erneuerbare Energien, den Ausbau der Netze, Speicher und Energy-Sharing betreffen.
Im folgenden Beitrag stellen wir Ihnen ausschließlich die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes vor. Weitere Gesetzesänderungen im Rahmen der Novelle werden nicht thematisiert.
Eine umfassende Novellierung des EnWG und weiterer energierechtlicher Vorschriften wurde bereits unter der Ampelkoalition Ende letzten Jahres angestoßen. Der über 400 Seiten lange Gesetzesentwurf hatte es jedoch nur in einer sehr abgespeckten Version – in Form des sog. Solarspitzengesetzes – noch über die Ziellinie geschafft. Eine Vielzahl wichtiger Themen blieb auf der Strecke. Mit einem „neuen“ Regierungsentwurf vom 15. August 2025 (BR-Drs. 383/25) will das BMWE nun die ausstehenden Themen zumindest teilweise angehen. Dabei drängen Politik und Verbände auf eine zeitnahe Umsetzung.
Die Gesetzesnovelle sieht vor, § 11c EnWG zu erweitern. Dieser sah bereits bislang vor, dass die Errichtung und der Betrieb von Energiespeicheranlagen im überragend öffentlichen Interesse stehen und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dienen. Angelehnt an § 2 Satz 2 EEG soll nun folgender Satz ergänzt werden: „Solange die Stromversorgung im Bundesgebiet nicht nahezu treibhausneutral ist, soll der beschleunigte Ausbau von Energiespeicheranlagen als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführende Schutzgüterabwägung eingebracht werden.“ Der zunächst unscheinbar wirkende Satz führt dazu, dass den betroffenen Anlagen insoweit bis zum Erreichen der Netto-Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 grundsätzlich ein Abwägungsvorrang bei den jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen zukommt. Dies dürfte insbesondere relevant für die Genehmigung von Batteriespeichern im Außenbereich werden. Nachdem sich mittlerweile zahlreiche Kommunen und zum Teil Landesministerien gegen eine (pauschale) Privilegierung von Batteriespeichern über § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB aussprechen, könnten durch die Gesetzesänderung neue Impulse für eine Genehmigung nach § 35 Abs. 2 BauGB gesetzt werden.
Im Übrigen bleibt der Gesetzesentwurf jedoch hinter den Erwartungen der Branche zurück, da insbesondere das kritische Thema des Netzanschlusses in der EnWG-Novelle nicht adressiert wird. Demnach sah der Entwurf der Ampelkoalition noch vor, in § 17 EnWG konkrete Fristen und Abläufe für das Netzanschlussverfahren vorzusehen und damit das Verfahren an § 8 EEG oder die KraftNAV anzugleichen. Auch das durch den BGH für Speicher negativ entschiedene Thema des Baukostenzuschusses wird in der Novelle nicht adressiert.
Durch die Einführung des neuen § 5 Abs. 4a EnWG werden Stromlieferanten verpflichtet, angemessene Absicherungsstrategien zu entwickeln und einzuhalten, um das Risiko von Änderungen des Energieangebots auf Großhandelsebene für die wirtschaftliche Tragfähigkeit ihrer Verträge mit Kunden zu begrenzen und gleichzeitig die Liquidität an Kurzfristmärkten und die von diesen Märkten ausgehenden Preissignale aufrechtzuerhalten (Satz 1). Sie müssen angemessene Maßnahmen ergreifen, um das Risiko eines Ausfalls der Belieferung der eigenen Kunden zu begrenzen (Satz 2). Damit wird eine europäische Vorgabe (Art. 18a Strommarktrichtlinie) umgesetzt, die als Reaktion auf die Energiekrise und die vielen Discounterpleiten geschaffen wurde. Letztlich bedingen die Neuerungen eine gewisse Pflicht zum rechtzeitigen Absichern ("Hedging") von Energiemengen über die Terminmärkte.
Eine entsprechende Kontrolle soll hierbei durch die BNetzA erfolgen. Hierfür kann sie jederzeit die Vorlage der Strategien nach Satz 1 fordern. Entsprechen diese nicht den Anforderungen in Satz 1 und sind folglich nicht geeignet, die dort genannten Ziele zu erreichen, so kann die BNetzA sowohl eine Anpassung der Strategie als auch der entsprechenden Maßnahmen nach Satz 2 verlangen. Derzeit bleibt jedoch unklar, ob die BNetzA solche Kontrollen tatsächlich vornimmt und ob sie konkrete oder doch sehr flexible Mindestanforderungen an das Risikomanagement – ähnlich wie die BaFin für die Finanzwelt – setzt.
Unklar bleibt somit, wie genau die von den Energieversorgern auszuarbeitende Strategie aussehen soll und welche Strategien die BNetzA als an- oder unangemessen in diesem Zusammenhang einstuft. Für viele Energieversorger dürfte dies mit einem erheblichen Eingriff in ihre unternehmerische Entscheidung zum Energieeinkauf verbunden sein, sodass Energieversorger vor dem Hintergrund des neuen § 5 Abs. 4a EnWG ihre Beschaffungsstrategie und Risikomaßnahmen kritisch prüfen und hinterfragen sollten, um gegenüber der BNetzA nicht in „Erklärungsnot“ zu geraten.
Neben § 5 Abs. 4a EnWG sieht die Novelle Änderungen an § 41 EnWG vor. Demnach soll neben der Pflicht zur Einführung dynamischer Tarife, welche für alle Energieversorger seit dem 01.01.2025 besteht, auch eine Pflicht zur Unterhaltung von Festpreisverträgen eingeführt werden, wenn der Energieversorger mehr als 200.000 Kunden aufweist. In diesem Zusammenhang werden die Informationspflichten über solche Tarife und die Übersendung entsprechender Vertragszusammenfassungen verschärft, was zu weiterem administrativen Aufwand bei den Versorgern führen dürfte. Zu begrüßen sind hingegen Neuregelungen, nach denen bei der Erhöhung von hoheitlichen Belastungen zukünftig kein Preisanpassungsschreiben mehr erforderlich sein soll, wenn der Energieversorger entsprechende Regelungen in seinen Vertrag aufnimmt. Dies dürfte wesentliche Erleichterungen mit sich bringen, sodass Energieversorger ihre AGB daraufhin prüfen sollten.
Des Weiteren finden sich Ergänzungen (§§ 40 ff. EnWG), die den bestehenden Schutz des Letztverbrauchers weiter ausbauen, in dem beispielsweise Vorgaben im Falle einer Schätzung des Verbrauches präzisiert (§ 40a Abs. 2 EnWG n.F.), Möglichkeiten des Letztverbrauchers zur Kontaktaufnahme mit dem Lieferanten ausgeweitet (§ 41 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EnWG n.F.), Kündigungsmöglichkeiten (§ 41 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 EnWG n.F.) und Tarifverträge erleichtert sowie präzise Regelungen zu Gunsten des Verbrauchers im Falle einer Versorgungsunterbrechung geschaffen werden (§§ 41 f und g EnWG n.F.).
Energieversorger sind demnach aufgerufen die Neuregelungen kritisch mit ihren bisherigen AGB und Abrechnungsformularen abzugleichen und – soweit erforderlich – die entsprechenden Neuregelungen umzusetzen.
Mit der Novellierung soll durch die Einführung des § 42c EnWG die gesetzliche Grundlage für eine gemeinschaftliche Nutzung von Strom aus erneuerbaren Anlagen (sog. Energy-Sharing) geschaffen werden. Anfangs wäre die gemeinschaftliche Nutzung von Strom aus erneuerbaren Anlagen nur innerhalb eines Netzgebiets möglich, perspektivisch soll eine Ausweitung auch auf andere Netzgebiete gewährleistet werden können. Diesbezüglich soll die Bundesnetzagentur sowohl die technischen als auch die organisatorischen Rahmenbedingungen schaffen. Die Neuregelungen bleiben jedoch auf den Anwendungsbereich von Privatpersonen oder privaten Nutzungsgemeinschaften beschränkt, obwohl ein entsprechendes Sharing-Konzept auch im gewerblichen Bereich für sinnvoll erachtet wird.
Obwohl die Novellierung des EnWG weit ausformuliert ist, umfasst die Novellierung keine Neuerungen zum Thema Kundenanlage. Mit Urteil vom 13. Mai 2025 war der BGH dem Ruf des EuGH gefolgt und hat den Begriff der Kundenanlage weitestgehend ausgehöhlt und urteilt, dass eine Kundenanlage nur noch in Frage käme, wenn nach den europäischen Vorgaben kein Verteilernetz vorliegt (vgl. TW Insight vom 25.05.25). Angesicht der vom EuGH extrem weit aufgestellten Definition des Verteilernetzbegriffes führt dies in der Praxis derzeit zu untragbaren Rechtsunsicherheiten. Die Grenze zwischen reguliertem Verteilernetz und unreguliertem Netz / Kundenanlage bleibt weitestgehend unklar, obwohl die Folgen der Regulierung erheblich sind. Eine Vielzahl von Betreibern wäre nicht in der Lage, den Regulierungsanforderungen in irgendeiner Art und Weise zu begegnen, noch eine Genehmigung für den Netzbetrieb zu beantragen. Angesicht drohender Bußgelder fordert die Branche somit dringende Klarstellungen, da eine Vielzahl von Quartiers- oder erneuerbare Energien Projekten zum Erliegen kommen könnten. So fordert beispielsweise auch der IDW in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf dringend eine Klarstellung zur Abgrenzung von Kundenanlage und Verteilernetz.
Der Gesetzesentwurf bringt eine Vielzahl von Neuregelungen für die Energiewirtschaft mit sich. Insbesondere Energieversorger sind aufgerufen, die Neuregelungen kritisch auf eigenen Handlungsbedarf zu prüfen. Für die EE-Branche bleibt der Entwurf hingegen ein zweischneidiges Schwert. Trotz der zu begrüßenden Erweiterung in § 11c EnWG bleibt der Gesetzesentwurf hinter den Erwartungen der EE-Brache zurück. So hatten einige Unternehmen bereits vor der Veröffentlichung Kritik an der neuen Novelle geäußert. Aus Sicht der Photovoltaik- und Speicherbranche besteht gerade bezüglich besserer Netzanschlussbedingungen großer Handlungsbedarf, so die Sicht des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW-Solar). Nach Ansicht von BSW-Solar müsse die Novelle dringende Maßnahmen enthalten, auf die die Solarbranche und die Bürger dringend warten. Es sei des Weiteren nicht nachvollziehbar, warum Neuregelungen zur Vereinfachung, Vereinheitlichung und Digitalisierung von Netzanschlüssen nicht in dem EnWG-Entwurf enthalten seien. Gefordert wird auch, dass die wichtigen Teile aus dem „Solarpaket 1“ aus dem Jahr 2024 und dem „Solarspitzen-Gesetz“ von diesem Frühjahr, für die noch keine beihilferechtliche Genehmigung vorliegt, mit der aktuellen EnWG-Novelle dringend umgesetzt werden müssten.
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