15. Februar 2024
Veröffentlichungsreihe – 44 von 96 Insights
Am 25. Januar 2024 hat der Landtag von Brandenburg die Einführung einer verpflichtenden Sonderabgabe für Photovoltaik-Freiflächenanlagen („Freiflächen-PV“) ab 2025 beschlossen. Hierdurch entstehen Anlagenbetreibern zukünftig erhebliche Mehrkosten bei der Errichtung entsprechender Anlagen in Brandenburg.
Damit setzt die Landesregierung ihren bisherigen Kurs fort, nachdem sie bereits 2019 eine Sondergabe für Windenergie (in wesentlich niedrigerem Umfang) eingeführt hatte. Auch ist Brandenburg eines der wenigen Bundesländer, welches von der Möglichkeit zur Förderung von Freiflächen-PV auf benachteiligten Gebieten keinen Gebrauch macht, sodass in dem einstigen Vorreiter-Bundesland zunehmend unattraktivere Konditionen für den Ausbau erneuerbarer Energien bestehen.
Im Folgenden haben unsere Experten aus dem Energierecht und Öffentlichen Recht das Photovoltaik-Freiflächenanlagen-Abgabengesetz (kurz BbgPVAbgG) im Detail beleuchtet:
Das BbgPVAbgG gilt für Freiflächen-PV über einer Größe von 1 MW und verpflichtet die Anlagenbetreiber 2.000 EUR pro Megawatt und pro Jahr an die Standortgemeinde(n) zu zahlen. Dabei ist die Sonderabgabe in voller Höhe auch für das Inbetrieb- und Außerbetriebnahmejahr zu zahlen. Eine erste Ungenauigkeit mit Blick auf den Wortlaut des Gesetzes dürfte sich hierbei bereits aus der Formulierung Megawatt ergeben, da bei Freiflächen-PV in der Regel zwischen MW und MWp unterschieden wird.
Im Übrigen macht das BbgPVAbgG in seiner aktuellen Fassung keine Unterschiede hinsichtlich der Art der genutzten Freifläche, sodass hierunter auch besondere PV-Anlagen im Sinne von § 37 Abs. 1 Nr. 1 EEG fallen (z.B. Agri-PV-Anlagen). Gleiches gilt für die Art der Vermarktung; demnach gilt das BbgPVAbgG sowohl für EEG- als auch PPA-Anlagen.
Zur Bestimmung, welche Freiflächen-PV von der Sonderabgabe erstmals betroffenen sind, stellt das BbgPVAbgG ausschließlich auf das Datum der Inbetriebnahme ab. Demnach sind alle Anlagen betroffen, die nach dem 31. Dezember 2024 in Betrieb genommen werden.
Hierbei ist es unbeachtlich, ob die Anlage vor dem in Kraft treten des BbgPVAbgG genehmigt wurde, einen Zuschlag in einer EEG-Ausschreibung erhalten hat oder eine Verzögerung der Inbetriebnahme auf nicht von den Anlagenbetreibern beeinflussbare Ereignisse zurückzuführen ist. Auch sieht das Gesetz keine Ausnahmen oder ein Rangverhältnis zwischen bereits vereinbarten Zahlungen nach § 6 EEG vor. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass beide Zahlungen nebeneinander Anwendung finden. Anders als in § 6 Abs. 5 EEG ist für die Sonderabgabe jedoch keine Erstattung im Rahmen der Endabrechnung durch den Netzbetreiber vorgesehen.
Im Detail ist der zeitliche Anwendungsbereich mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden, da das BbgPVAbgG weder den Begriff der Inbetriebnahme noch den Anlagenbegriff näher definiert oder diesbezüglich auf die Begriffsbestimmungen im EEG verweist. Insbesondere hinsichtlich der Inbetriebnahme kann es aber einen entscheidenden Unterschied machen, ob hierfür ein Anschluss ans Netz erforderlich ist oder nicht. Unterschiede ergeben sich auch bei der Anwendung des sog. engen Anlagenbegriffes mit einer Anlagenzusammenfassung im Sinne des EEG (§§ 3 Nr. 30, 24 EEG) oder dem vom BGH geprägten weiten Anlagenbegriff (Urt. v. 4.11.2015 - VIII ZR 244/14). Ohne eine Klärung dieser praxisrelevanten Fragen bleibt beispielsweise unklar, was passiert, wenn ein Teil einer größeren Gesamtanlage vor dem 1. Januar 2025 in Betrieb geht, ein anderer Teil aber erst danach.
Laut der Gesetzesbegründung werden die energiepolitischen Ziele des Landes Brandenburg beim Ausbau der erneuerbaren Energien zunehmend vor Ort infrage gestellt. Der Gesetzgeber verfolgt mit dem BbgPVAbgG daher das Ziel, mehr Akzeptanz für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu erlangen. Hierbei stellt der Gesetzgeber auch darauf ab, dass Zahlungen nach § 6 EEG freiwillig und bei nicht EEG-Anlagen rückläufig seien, sodass es einer Verpflichtung bedürfe, um den betroffenen Kommunen eine finanzielle Teilhabe zu sichern. Unsere Erfahrungen aus der Beratungspraxis spiegeln dieses Bild nur teilweise wider. Insbesondere sehen wir bei den Anlagenbetreibern ein hohes Entgegenkommen gegenüber den Gemeinden, diese gemäß § 6 EEG (unabhängig von der Vermarktungsform) zu beteiligen. Ein größeres Problem bei der Akzeptanz resultiert u.E. eher daraus, dass die Gemeinde gem. § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EEG stets in Vorleistung gehen muss, da entsprechende Verträge erst nach dem Satzungsbeschluss für den B-Plan geschlossen werden dürften. Ein zusätzliches Problem ist das Netzentgeltparadoxon, nachdem sich Regionen mit viel erneuerbarer Energie immer höheren Netzentgelten ausgesetzt sehen und somit für den eigentlich gewollten Ausbau „bestraft“ werden.
Das BbgPVAbgG führt dazu, dass die Errichtung von PV-Anlagen in Brandenburg teurer wird. Bei einer Anlage mit 50 MW ergibt sich z.B. über 25 Jahre ein Mehrbetrag von EUR 2,5 Mio. Anlagenbetreiber bereits geplanter sowie ggfs. sich bereits im Bau befindender Projekte müssen diese Mehrkosten in ihrer Wirtschaftlichkeitsberechnung nachkalkulieren. Selbiges wird die finanzierende Bank machen und ggf. Eigenkapital von den Anlagenbetreibern nachfordern. Im Worst-Case könnte es sogar zu einem Projektabbruch kommen, wenn die Wirtschaftlichkeit aufgrund der Sonderabgabe nicht mehr gegeben ist.
Für Gemeinden wird aufgrund der hohen finanziellen Belastung über die Sonderabgabe kaum noch eine Beteiligung gem. § 6 EEG stattfinden und die Grundstückseigentümer werden zukünftig ggf. nur noch eine geringere Pacht für die Fläche der PV-Anlage angeboten bekommen.
Für bereits geschlossene Verträge mit der Gemeinde oder mit Grundstückseigentümern stellt sich die Frage, inwieweit solche Ereignisse vom Vertrag abgebildet sind oder zumindest Raum für Nachverhandlungen eröffnen.
Aus unserer Sicht bestehen durchaus allgemeine sowie individuelle verfassungsrechtliche Bedenken gegen das BbgPVAbgG. Insbesondere stellt sich die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz, der Vereinbarkeit mit den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Sonderabgabe sowie der Wahrung der Grundrechte.
Für ein rechtliches Vorgehen gegen die Sonderabgabe bestehen für Betroffene zwei Möglichkeiten: Sie können sich zum einen mit einer Verfassungsbeschwerde beim BVerfG direkt gegen das Gesetz wenden oder, sobald sie zur Zahlung der Sonderabgabe herangezogen werden, Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den behördlichen Abgabenbescheid erheben.
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