Autor

Alessa Böttcher

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18. April 2023

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Zurückweisen einer „in Vertretung“ ausgesprochenen Kündigung

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Einleitung

Sind die Geschäftsführer einmal nicht verfügbar, werden Kündigungsschreiben häufig von Mitarbeitern der Personalabteilung unterschrieben. Dabei wird ein Fallstrick oft übersehen: Es reicht nicht aus, dass der Unterzeichner intern zum Ausspruch der Kündigung bevollmächtigt ist. Der Gekündigte sollte hiervon auch in Kenntnis gesetzt werden. Es gibt findige Arbeitnehmer wie die Klägerin in einem vom LAG Mecklenburg-Vorpommern entschiedenen Fall (Urt. v. 26.10.2022 – 3 Sa 79/22), die ihre Kündigung kurzerhand mit der Begründung zurückweisen, ihnen sei die Bevollmächtigung des Kündigenden nicht bekannt gegeben worden. Anhand dieser Entscheidung soll aufgezeigt werden, was bei einer Kündigung „i.V.“ zu beachten ist:

Zurückweisung der Kündigung

Eine durch einen Bevollmächtigten ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 174 S. 1 BGB unwirksam, wenn der Kündigende seine Vollmacht im Original nicht vorlegt und der Arbeitnehmer die Kündigung aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Hieraus folgt aber nicht, dass jeder Kündigung zwingend eine Vollmachtsurkunde beigefügt werden muss: Der Arbeitnehmer kann die Kündigung gemäß § 174 S. 2 BGB nämlich nicht zurückweisen, wenn der Vollmachtgeber ihn von der Bevollmächtigung auf andere Weise in Kenntnis gesetzt hat.

Hierfür genügt es nach der Rechtsprechung des BAG, dass der Unterzeichner eine Position bekleidet oder eine Tätigkeit ausübt, die in der Regel mit dem Kündigungsrecht verbunden ist (z.B. Personalleiter), und den Arbeitnehmer davon in Kenntnis gesetzt hat. Um den Arbeitnehmer in Kenntnis zu setzen, ist es zumindest erforderlich, diesen darauf hinzuweisen, auf welchem Weg er leicht herausfinden kann, welche Person die mit der Bevollmächtigung verbundene Funktion konkret bekleidet. Das kann etwa durch Aushang im Büro oder Verweis auf das Intranet geschehen, sofern der Arbeitnehmer hierauf noch Zugriff hat.

Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern

In dem hier besprochenen Fall war die Kündigung der Klägerin von der (entsprechend bevollmächtigten) stellvertretenden Personalleiterin mit dem Zusatz „i.V.“ unterschrieben worden. Die Klägerin behauptete, ihr seien die Position und die Bevollmächtigung der Unterzeichnerin nicht bekannt gegeben worden, und dass diese Bekanntgabe durch den Vollmachtgeber persönlich, also durch mindestens zwei Vorstandsmitglieder hätte erfolgen müssen. Das ließ das LAG nicht gelten und führte aus, die Klägerin sei ausdrücklich im Rahmen einer Abteilungsleiterbesprechung über die Ernennung der Unterzeichnerin zur stellvertretenden Personalleiterin mit Einstellungs- und Kündigungsbefugnis in Kenntnis gesetzt worden. Dabei sei es unschädlich, dass die Informierung nicht durch den Vorstand persönlich erfolgte. Die Informierung sei formlos möglich und könne auch durch (irgend)einen Vertreter des Vorstandes erfolgen. Mit der Position als stellvertretende Personalleiterin sei außerdem regelmäßig eine Kündigungsbefugnis verbunden. Die Ernennung der Unterzeichnerin in diese Position sei im Intranet des Unternehmens auch leicht einsehbar. Schließlich sei die Klägerin als Abteilungsleiterin im Rechnungswesen mit den Vertretungsverhältnissen und Unterschriftsbefugnissen im Unternehmen vertraut gewesen. Sie konnte die Kündigung daher nicht erfolgreich zurückweisen.

Praxishinweis

Wird die Kündigung durch einen Bevollmächtigten und nicht durch den gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers (Geschäftsführer, Vorstand) ausgesprochen, muss zur Offenlegung der Vertretung das Kürzel „i.V.“ bzw. bei Prokura „ppa.“ vor die Unterschrift gesetzt werden. Das Kürzel „i.A.“ sollte nicht verwendet werden, da ein Auftrag rechtlich nicht mit einer Bevollmächtigung gleichzusetzen ist.

Mitarbeiter sollten zudem darauf hingewiesen werden, wo sie Informationen zu den Personen mit Kündigungsberechtigung im Unternehmen finden können (z.B. im Intranet oder am schwarzen Brett). Alternativ kann in regelmäßigen Abständen direkt per Rund-Mail über die relevanten Vertretungen und Befugnisse informiert werden. Die Mitteilungen sind gerichtsfest zu dokumentieren. Bestehen Unsicherheiten darüber, ob der zu kündigende Arbeitnehmer eine solche Mitteilung erhalten hat, sollte dem Kündigungsschreiben sicherheitshalber eine Originalvollmacht beigefügt werden.

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