12. Dezember 2024
Article Series
In Deutschland gilt das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Es basiert auf einer EU-Richtlinie und regelt die Durchsetzung des Gebots des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Das wegweisende Urteil des BAG vom 16. Februar 2023 (8 AZR 450/21) führte eine Vielzahl von weiteren Equal Pay Entscheidungen nach sich. Die Rechtsprechung scheint das Equal Pay Gebot bis zur Umsetzung der Richtlinie weiter selbst auszubauen; wobei sie die Hürden für die Annahme einer Diskriminierung kontinuierlich senkt.
Das EntgTranspG setzt für einen Anspruch auf Entgeltanpassung voraus, dass die folgenden Kriterien vorliegen:
a. Anwendbarkeit (200 Beschäftigte und europäischer Arbeitnehmerbegriff)
b. Gleichwertigkeit der Tätigkeit (gleiche oder gleichwertige Arbeit)
c. Vergleich der Entgelte (alle Entgeltbestandteile werden berücksichtigt)
d. Prüfung der Diskriminierung (unmittelbar oder mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts) Hierbei ist die Darlegungslast- und Beweislast nach § 22 AGG zu beachten, die eine Beweislastumkehr vorsieht, wenn Indizien für eine Diskriminierung vorliegen.
Zuletzt hat das LAG Baden-Württemberg (2 Sa 14/24 vom 1. Oktober 2024) zum Equal Pay entschieden. Das Gericht präzisiert hierin die Indizien für eine geschlechterbezogene Benachteiligung.
Eine Managerin klagte auf ein höheres Entgelt. Ihr Gehalt lag sowohl unter dem Median der weiblichen als auch der männlichen Vergleichsgruppe. Sie forderte den Ausgleich der Gehaltsdifferenz zu einem namentlich benannten männlichen Kollegen („Vergleichskollege“), der seinerseits der Top-Verdiener der Hierarchieebene war. Sein Gehalt lag oberhalb des männlichen Medians. Das Gericht entschied, dass kein hinreichendes Indiz für eine geschlechterbezogene Benachteiligung für die Differenzen
a. zwischen dem Gehalt der Managerin und des weiblichen Medians
b. zwischen dem Gehalt des Vergleichskollegen und des männlichen Medians
vorliege, da diese Unterschiede nicht auf dem Geschlecht beruhen könnten.
Wohl aber ein Indiz für eine Diskriminierung sei die Differenz zwischen dem männlichen und weiblichen Medianentgelt; insoweit wurde der Klage der Managerin stattgegeben. Die Arbeitgeberin konnte die Differenz nicht rechtfertigten.
![]()
Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 5. Dezember 2024 (8 AZR 370/20) den Schutz vor Geschlechterdiskriminierung gestärkt; das „Einfallstor“ für die Diskriminierung war diesmal das Teilzeitrecht. Ein Tarifvertrag, der für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, benachteilige Teilzeitbeschäftigte. Solche Regelungen verstießen nicht nur gegen § 4 Abs. 1 TzBfG, sondern könnten eine mittelbare Benachteiligung gemäß § 7 Abs. 1 AGG darstellen, wenn überwiegend Frauen betroffen seien und keine sachlichen Gründe vorlägen. Fazit: Die scharfe Klinge des Diskriminierungsverbots durchschneidet sogar die tarifvertragliche Richtigkeitsgewähr.
Beide Entscheidungen verdeutlichen, dass eine Prüfung und Anpassung der Entgeltstrukturen in deutschen Unternehmen frühzeitig umgesetzt werden sollten; Entgeltgleichheit und Entgelttransparenz sind eben nicht nur unentbehrlich für eine gute Unternehmenskultur; sie sind ein Must-Have aus rechtlicher Sicht. Da die Zeit drängt, sollte ein entsprechendes Projekt professionell und gründlich durchgeführt werden.
Wollen Sie Equal Pay in Ihrem Unternehmen sicherstellen? Nutzen Sie unser kostenloses Tool FAIR PAY CHECK, um Ihr Gehaltsgefüge einer ersten Prüfung zu unterziehen. Starten Sie jetzt und gehen Sie einen Schritt weiter auf dem Weg zu Chancengleichheit und Entgelttransparenz.
28. Oktober 2025
von mehreren Autoren
8. Oktober 2025
11. September 2025
26. August 2025
von Sarah Spiecker
11. August 2025
von Antonia Mehl
1. Juli 2025
von Nico Jänicke
21. Mai 2025
24. April 2025
11. April 2025
21. März 2025
von Nico Jänicke
28. Februar 2025
von Lea Krebs, Sachka Stefanova-Behlert, LL.M. (UC Berkeley)
11. Februar 2025
von Lucas Corleis
9. Dezember 2024
von Viviana Schwarm
Ein Überblick über den aktuellen Referentenentwurf des Beschäftigtendatenschutzgesetzes (BeschDG)
23. Oktober 2024
8. Oktober 2024
von Sabrina Dettmer
30. September 2024
27. August 2024
von Antonia Mehl
14. August 2024
6. August 2024
von mehreren Autoren
19. Juni 2024
von Vanessa Talayman
24. April 2024
12. März 2024
Ein Jahr nach dem wegweisenden BAG-Urteil
7. März 2024
1. Februar 2024
26. Januar 2024
18. Januar 2024
von Annika Rahn
27. November 2023
8. November 2023
25. Oktober 2023
von Isabel Bäumer
18. September 2023
4. September 2023
20. November 2023
17. August 2023
26. Juli 2023
12. Juli 2023
Das Bundesarbeitsgericht hat sich erneut mit dem sehr praxisrelevanten Thema des Annahmeverzugs befasst. Das Urteil fiel zugunsten des Arbeitnehmers aus.
30. Mai 2023
von Laura Hannig
Die gängigen Fragestellungen zur Gewährung der Inflationsausgleichsprämie beantwortet.
19. Mai 2023
Am 31. Januar 2023 ist das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung in Kraft getreten.
5. Mai 2023
Der Gesetzesentwurf des BMAS zur Arbeitszeiterfassung ist veröffentlicht. Wir beantworten erste Fragen.
25. April 2023
von mehreren Autoren
Es reicht nicht aus, dass der Unterzeichner intern zum Ausspruch der Kündigung bevollmächtigt ist. Der Gekündigte sollte hiervon auch in Kenntnis gesetzt werden.
18. April 2023
Beim Unterschreiben ist Vorsicht geboten: Nicht jedes „Gekritzel“ ist eine Unterschrift im Sinne des Gesetzes. Werden hier Fehler gemacht, droht die Unwirksamkeit der Kündigung.
6. April 2023
Arbeitgeber sollten frühzeitig Maßnahmen ergriffen, wenn es durch die Nutzung von ChatGPT zu arbeitsvertraglichen Pflichtverletzungen kommt.
22. März 2023
von Christina Poth, LL.M. (Edinburgh), Dr. Benedikt Kohn, CIPP/E
Kein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, solange ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt.
9. März 2023
Eine Frau hat Anspruch auf dasselbe Entgelt wie ihr männlicher Kollege – auch wenn dieser sein Gehalt geschickter verhandelt hat.
3. März 2023
von Annika Rahn
Die arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme endet für den Arbeitnehmer nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht per se mit dem Ende der Arbeitszeit.
26. Januar 2023
Das Annahmeverzugslohnrisiko für Arbeitgeber sinkt damit deutlich. Dies stärkt insbesondere die Verhandlungsposition der Arbeitgeberseite im Rahmen von Vergleichsgesprächen.
20. Januar 2023
Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers unterliegt nicht der Verjährung, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten nicht nachkommen ist.
22. Dezember 2022