Am 9. April 2025 haben Union und SPD ihren Koalitionsvertrag veröffentlicht. Geplant sind Änderungen im Arbeits- und Sozialrecht. Auf folgende Änderungen können sich Arbeitgeber nach dem Koalitionsvertrag einstellen:
Anhebung des Mindestlohns
Union und SPD wollen an der Mindestlohnkommission festhalten, aber die Kriterien, aufgrund derer es zur Festsetzung des Mindestlohns kommt, anpassen (insbesondere Berücksichtigung der Tarifentwicklung und des Bruttomedianlohns) und so einen Mindestlohn von EUR 15,00 pro Stunde im Jahr 2026 erreichen.
Stärkung Tarifbindung in Deutschland
Der Koalitionsvertrag beinhaltet das Ziel, eine höhere Tarifbindung in Deutschland zu erreichen. „Tariflöhne müssen wieder die Regel werden und dürfen nicht die Ausnahme bleiben“, heißt es im Koalitionsvertrag. Dafür möchten die Parteien ein Bundestariftreuegesetz verabschieden. Das Bundestariftreuegesetz soll für Vergaben auf Bundesebene ab EUR 50.000 gelten und für Start-ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach ihrer Gründung ab EUR 100.000.
Mehrarbeit
Union und SPD möchten Anreize für das Erbringen von Überstunden schaffen und daher Zuschläge für Mehrarbeit steuerfrei stellen. Mehrarbeit wird dabei als die Arbeit, die über die tariflich vereinbarte Vollzeitarbeit hinausgeht, definiert. In tariflichen Regelungen muss dabei mindestens 34 Stunden pro Woche als Vollzeitarbeit festgelegt werden. Für nicht tarifliche vereinbarte Arbeitszeiten gilt die Vollzeitarbeit als 40 Stunden.
Prämien, die Arbeitgeber an Mitarbeiter zahlen, sofern diese ihre Arbeitszeit von Teilzeit aufstocken, sollen ebenfalls steuerlich begünstigt werden.
Tägliche Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung
Um eine größere Flexibilität der Arbeit zu ermöglichen, möchten Union und SPD die zur Zeit geltende tägliche Höchstarbeitszeit (von maximal 10 Stunden am Tag) durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit ersetzen. Die geltenden Ruhezeitregelungen (mindestens 11 Stunden nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit) soll aber erhalten bleiben.
Zudem soll unbürokratisch eine Pflicht zur elektronischen Erfassung von Arbeitszeit geregt werden, wobei für kleinere und mittlere Unternehmen Übergangsregelungen vorgesehen sein werden. Vertrauensarbeitszeit ohne Zeiterfassung soll möglich bleiben.
Entbürokratisierung
Insgesamt finden sich im Koalitionsvertrag viele Absichtserklärungen hin zu einer weniger starken Bürokratisierung. Im Bereich des Arbeitsrechts wird dafür explizit der Abbau von Schriftformerfordernissen (z.B. bei Befristungen) genannt.
Digitalisierung am Arbeitsplatz und Mitbestimmungsrechte
Wenig konkret sind die Ausführungen im Koalitionsvertrag zu der Frage von Digitalisierung und Einsatz von KI am Arbeitsplatz. Union und SPD führen aus, man solle die richtigen Rahmenbedingungen setzen, damit die damit verbundenen Herausforderungen sozialpartnerschaftlich gelöst werden können, Mitbestimmungsrechte würden weiterentwickelt werden. Die Frage des Beschäftigtendatenschutzes wird dabei nicht direkt angesprochen.
Union und SPD führen aus, sie wollen Online-Betriebsratssitzungen und Online-Betriebsversammlungen zusätzlich als gleichwertige Alternative zu Präsenzformaten ermöglichen. Das Zugangsrecht von Gewerkschaften in Betriebe soll um einen digitalen Zugang erweitert werden, der den analogen Rechten entsprechen soll. Zudem soll die Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch steuerliche Anreize attraktiver gemacht werden.
Aktivrente und betriebliche Altersvorsorge
Union und SPD wollen einen abschlagfreien Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren erhalten. Zugleich sollen finanzielle Anreize gesetzt werden, damit ein Weiterarbeiten nach Erreichen des Rentenalters attraktiver wird. Mitarbeiter, die das gesetzliche Rentenalter erreicht haben, sollen daher ihr Gehalt bis zu EUR 2.000,00 im Monat steuerfrei ausgezahlt bekommen. Zudem soll die Rückkehr zum bisherigen Arbeitgeber nach Erreichen der Regelaltersgrenze durch Aufhebung des Vorbeschäftigungsverbots für befristete Weiterarbeit in der Rente erleichtert werden.
Union und SPD wollen betriebliche Altersversorgung stärken und deren Verbreitung bei kleinen und mittleren Unternehmen und bei Geringverdienern weiter vorantreiben. Dafür soll es zu einer Digitalisierung, Vereinfachung und Entbürokratisierung kommen. Die Übertragung bei einem Arbeitgeberwechsel soll verbessert werden.
Fachkräfte Zuwanderung
Im Koalitionsvertrag bringen Union und SPD zum Ausdruck, dass das Halten von Fachkräften und qualifizierte Einwanderung als entscheidender Faktor für wirtschaftlichen Erfolg eingestuft wird. Ausgeführt wird, dass Deutschland qualifizierte Einwanderung benötigt und dafür bürokratische Hürden abgebaut werden sollen und der Prozess zur Anerkennung der Berufsqualifikation beschleunigt werden soll. Es soll eine digitale Agentur „Work-and-stay-Agentur“ für Fachkräfteeinwanderung geschaffen werden, als zentraler Ansprechpartner für ausländische Fachkräfte. Es sollen alle Schritte der Erwerbsmigration insbesondere die Anerkennung von Berufs- und Studienabschlüssen gebündelt werden. Weiter heißt es, Union und SPD würden sich für ein einheitliches Anerkennungsverfahren innerhalb von acht Wochen einsetzen. Zudem sollen Berufssprachkurse ausgebaut werden. Auch Hürden bei der Beschäftigungsaufnahme für Flüchtlinge sollen abgebaut werden. Als konkrete Maßnahme wird jedoch nur benannt, dass das Arbeitsverbot auf maximal 3 Monate reduziert werden soll.
Entgeltstransparenz
Union uns SPD führen aus, dass zu einem gleichberechtigten Miteinander von Männern und Frauen gleicher Lohn für gleiche Arbeit gehören würde. Bis 2030 soll das Ziel gleicher Lohn für gleiche Arbeit umgesetzt werden. Dazu möchten sie die EU-Transparenzrichtlinie bürokratiearm in nationales Recht umsetzen. Das Gesetzgebungsverfahren dafür soll bis Ende 2025 eingeleitet werden.
Zudem wollen sich Union und SPD für die bessere Vereinbarkeit von Arbeit, Kinderbetreuung und Pflege einsetzen und für eine fairere Verteilung zwischen Mann und Frau. Als eine konkrete Maßnahme benennt der Koalitionsvertrag die Stärkung von Alltagshelfern für Familien mit kleinen Kindern und/oder pflegebedürftigen Angehörigen mit kleinen oder mittleren Einkommen.
Inklusion
Union und SPD wollen Arbeit von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fördern. Dafür wollen sie eine einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber einrichten.