6. April 2023
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Es ist selbsterklärtes Ziel vieler Unternehmen, das Büro so weit wie möglich papierfrei zu machen. Für viele arbeitsrechtliche Unterlagen, allen voran die Kündigung, bleibt die Unterschrift mit Tinte aber unverzichtbar. Die Verwendung einer elektronischen Signatur ist hier unzulässig. Ein Kündigungsschreiben muss gemäß § 623 BGB in Schriftform ausgefertigt sein, wozu auch die eigenhändige Unterschrift des Kündigungsberechtigten gehört. Beim Unterschreiben ist Vorsicht geboten: Nicht jedes „Gekritzel“ ist eine Unterschrift im Sinne des Gesetzes. Werden hier Fehler gemacht, droht die Unwirksamkeit der Kündigung. Dass daher vor Gericht auch über einzelne Buchstaben gestritten wird, zeigt eine neue Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urt. v. 26.10.2022 – 3 Sa 79/22).
Die gesetzlichen Vorgaben an die Unterschrift unter einem Kündigungsschreiben ergeben sich aus §§ 623, 126 Abs. 1 BGB, wonach die Kündigung „eigenhändig durch Namensunterschrift“ unterzeichnet sein muss. Der Kündigung muss aufgrund der Unterschrift zu entnehmen sein, wer die Person des Ausstellers ist (Zuordnungsfunktion). Dies erfordert grundsätzlich die Unterschrift mit dem Nachnamen, wobei die Beifügung des Vornamens auch bei einem häufig vorkommenden Nachnamen nicht notwendig ist.
Von der Unterschrift zu unterscheiden ist die sog. Paraphe, in § 126 Abs. 1 BGB auch als „Handzeichen“ bezeichnet. Hierbei handelt es sich um die bewusste und gewollte Abkürzung des Namens auf wenige Zeichen, etwa auf die Initialen. Auch wenn Paraphen in der Praxis häufig anzutreffen sind, handelt es sich dabei nicht um eine formgültige Unterschrift.
Der vom LAG Mecklenburg-Vorpommern entschiedene Fall zeigt anschaulich, in welchem Detail sich Gerichte manchmal mit einer Unterschrift auseinandersetzen müssen: Die Klägerin hatte ihre Kündigungsschutzklage unter anderem darauf gestützt, dass die Unterschrift unter dem Kündigungsschreiben unleserlich sei und sich die Identität des Ausstellers hieraus nicht ableiten lasse. Damit hatte sie keinen Erfolg. Das LAG betonte, dass die Unterschrift nicht vollständig lesbar sein muss. Es genügt ein Schriftzug, der individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die eine Nachahmung erschweren. Der Aussteller muss nur identifizierbar sein. Dafür reicht es aus, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen sonstige Unterschriften kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das LAG zitiert hierbei die Rechtsprechung des BAG, welches hierzu schön formuliert hat: „Der Schriftzug muss sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist“ (BAG, Urt. v. 24.01.2008 – 6 AZR 519/07).
Diese Anforderungen wurden durch die Unterschrift unter der Kündigung gewahrt: Schon in der ersten Instanz konnte das Arbeitsgericht ein „E.“ für den Vornamen erkennen, in der darauffolgenden Linie ein weiteres „e“ und am Schluss ein „r“. Das LAG entzifferte in zweiter Instanz zusätzlich ein großes „B“ im Nachnamen. Dies war zur Identifikation der Ausstellerin ausreichend.
Zwar legt das LAG Mecklenburg-Vorpommern (wie auch die Rechtsprechung insgesamt) einen recht großzügigen Maßstab bei der Formwirksamkeit von Unterschriften an, jedoch sollten Arbeitgeber bei einer Kündigung keine unnötige Angriffsfläche bieten. Die Unterschiede zwischen einer Unterschrift und einer Paraphe sind fließend. Beim Unterschreiben der Kündigung ist daher Achtsamkeit geboten: Der Schriftzug sollte möglichst lang sein und einzelne Buchstaben erkennen lassen, damit erkennbar ist, dass der Unterzeichner mit vollem Namen und nicht mit einer Abkürzung unterschreiben wollte. Idealerweise sollte der Name lesbar sein.
Es empfiehlt sich außerdem, die Kündigung mit einem farbigen Stift zu unterschreiben und den Stift dabei fest aufzudrücken, damit aus dem Dokument klar hervorgeht, dass es sich um das unterschriebene Original handelt.
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