Autor

Christina Wilkens

Associate

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24. April 2024

Recruiting am umkämpften Arbeitsmarkt – wer trägt das Risiko von enttäuschten Einstellungen durch Headhunter?

  • Briefing

Auf dem aktuellen Arbeitsmarkt wird es immer schwieriger, sich im Kampf um qualifizierte Arbeitnehmer durchzusetzen. Die Kosten, die Arbeitgebern für die Personalakquise entstehen, steigen kontinuierlich an. Nicht selten muss auf sogenannte „Headhunter“ zurückgegriffen werden, um das gewünschte Personal zu bekommen. Die Kosten für diese Form der Arbeitsvermittlung haben es dabei oftmals „in sich“. Vor diesem Hintergrund ist es gut nachvollziehbar, dass Arbeitgeber sich dagegen absichern wollen, dass der Arbeitnehmer frühzeitig wieder ausscheidet.

Mit Hilfe von Rückforderungs- bzw. Erstattungsklauseln könnte dieses Kostenrisiko auf den Arbeitnehmer verlagert werden. Das BAG hat diesem Vorgehen aber eine Absage erteilt (Az.: 1 AZR 265/22). Nach Ansicht des BAG ist eine vorformulierte Klausel, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist durch Eigenkündigung beendet, unangemessen und daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Sachverhalt: Umwälzung enttäuschter Recruiting-Kosten auf den Arbeitnehmer

In dem vom BAG entschiedenen Fall engagierte der Arbeitgeber einen Personaldienstleister, um einen für ihn geeigneten Arbeitnehmer zu finden, und zahlte hierfür eine Vermittlungsprovision. Nachdem der Personaldienstleister ihm einen passenden Kandidaten vermittelt hatte, schloss der Arbeitgeber Ende März 2021 mit diesem einen Arbeitsvertrag. In diesem wurde eine allgemeine Geschäftsbedingung aufgenommen, nach der der Arbeitnehmer sich verpflichtete, dem Arbeitgeber die tatsächlich angefallenen Beträge (d. h. die gezahlte Vermittlungsprovision) zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. Juni 2022 hinaus fortbestehe und aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen vom Arbeitnehmer selbst, dem Arbeitgeber oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet werde. Nachdem der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fristgemäß vor dem in der Klausel festgesetzten Zeitpunkt beendete, stritten sich der Arbeitgeber und sein ehemaliger Arbeitnehmer um die Erstattung der Provision bis vor das BAG.

Entscheidung: Recruiting-Kosten gehören zum unternehmerischen Risiko

Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht. Nach Ansicht des BAG benachteiligte die Klausel den Arbeitnehmer unangemessen, weshalb sie gemäß § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam gewesen sei.

Eine solche Klausel beeinträchtige den Kläger in seinem durch Art. 12 I 1 GG garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes. Von diesem sei auch der Wille des Einzelnen geschützt, die Beschäftigung beizubehalten oder aufzugeben. Mit dieser Freiheit sei die Klausel nicht zu vereinbaren, da sie einen Bleibedruck auslöse.

Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses habe grundsätzlich der Arbeitgeber das unternehmerische Risiko zu tragen, dass sich von ihm – zumal aus eigenem Antrieb – getätigte finanzielle Aufwendungen zur Personalbeschaffung nachträglich nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis während oder nach der Probezeit beendet. Es bestehe kein billigenswertes Interesse eines Arbeitgebers, solche Kosten auf einen Arbeitnehmer zu übertragen, der von seinem ihm zustehenden Kündigungsrecht Gebrauch mache.

Anders als etwa bei einer beruflichen Fortbildung erhalte der Arbeitnehmer auch keinen vom Bestand des Arbeitsverhältnisses unabhängigen Ausgleich, den er auch in einem anderen Arbeitsverhältnis gewinnbringend verwerten könnte.

Praxishinweis: Alternative vertragliche Bindungsmöglichkeiten in Betracht ziehen

Wie auch bei der Investition in Fortbildungen des Arbeitnehmers, hat der Arbeitgeber ein großes Interesse daran, dass die Kosten, die er für die Personalgewinnung investiert, sich zumindest amortisieren, und idealerweise auch rentieren. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen nach nur kurzer Zeit wieder verlässt.

Eine längere Betriebstreue kann im Rahmen des rechtlich Zulässigen z. B. dadurch erreicht werden, indem das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen wird, die Kündigungsfrist für solche Kündigungen verlängert wird oder ein befristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen wird, der nicht nach § 15 Abs. 4 TzBfG der ordentlichen Kündigung unterliegt. Um sicherzustellen, dass ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis nicht vertragswidrig beendet, hat der Arbeitgeber zudem die Möglichkeit, die Zahlung einer Vertragsstrafe zu vereinbaren. Es dürfte sich hier um eine Frage des Einzelfalls handeln, welche Vertragsgestaltung zweckmäßig ist. Weiterhin sollte in Betracht gezogen werden, vertragliche Gestaltungen mit dem Personalvermittler zu vereinbaren, die z. B. vorsehen könnten, dass im Falle eines frühzeitigen Ausscheidens des Arbeitnehmers eine kostenfreie Ersatzvermittlung geschuldet wird.

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