27. August 2024
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Nach aktueller Rechtslage ist es zwar theoretisch bereits möglich, Arbeitsverträge digital z.B. per E-Mail zu schließen, da der Gesetzgeber für den Arbeitsvertragsabschluss grundsätzlich keine gesetzlichen Formvorschriften vorsieht. Problematisch war aber bislang in der Praxis, dass das Nachweisgesetz verlangte, dass der Arbeitgeber die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich festzuhalten hat und die digitale Form ausdrücklich ausgeschlossen war. Diese Problematik wurde mit der Reform im August 2022 verschärft, da seitdem ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz sogar bußgeldbewährt ist. Dadurch ist es für Arbeitgeber bisher wenig praktikabel, Arbeitsverträge digital per E-Mail zu schließen. Denn der Vertragsschluss per E-Mail würde für den Arbeitgeber mit erheblichem bürokratischem Mehraufwand einhergehen: Er müsste zum einen den digitalen Arbeitsvertrag aufsetzen und zum anderen noch die wesentlichen Vertragsmodalitäten schriftlich festhalten.
Zudem gibt es auch nach aktueller Rechtslage Ausnahmen vom Grundsatz der Formfreiheit beim Abschluss von Arbeitsverträgen. Die praktisch wichtigste Ausnahme stellt wohl der befristete Arbeitsvertrag nach § 14 Abs. 4 TzBfG dar. Danach unterliegen sogar Arbeitsverträge, die das Arbeitsverhältnis auf den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze befristen, grundsätzlich dem Schriftformerfordernis. Die vorgeschriebene schriftliche Form bei der Befristung kann jedoch durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden (§ 126a BGB).
Nachdem der erste Entwurf vom 13. März 2024 zum Unmut der Arbeitgeber immer noch die wenig praktikable elektronische Form vorsah, verspricht die Formulierungshilfe vom 19. Juni 2024 einen kleinen Durchbruch in Richtung Bürokratieabbau und Unternehmensdigitalisierung. Nach der Formulierungshilfe soll künftig der Nachweis der Vertragsbedingungen in Textform genügen.
Während bei der Schriftform gemäß § 126 BGB die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss, genügt dagegen für die Einhaltung der Textform nach § 126 b BGB eine lesbare, aber unterschriftslose Erklärung, die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wird. Die Gesetzesänderung sieht diesbezüglich vor, dass die Niederschrift nach § 2 NachwG in Textform abgefasst und elektronisch übermittelt werden kann, sofern das Dokument für den Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung zugleich auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen. Dieses Textformerfordernis würde durch einen Arbeitsvertragsschluss per E-Mail gewahrt.
Jedoch sollen die in § 2a SchwarzArbG genannten Branchen von der Erleichterung ausgenommen werden, sie soll also z.B. nicht für Arbeitgeber im Baugewerbe oder im Gaststättengewerbe gelten. Der Entwurf sieht darüber hinaus – vor dem Hintergrund des hohen Beweiswerts des Nachweises im Arbeitsgerichtsverfahren – für Arbeitnehmer den Anspruch vor, vom Arbeitgeber weiterhin einen schriftlichen Nachweis verlangen zu können. Dazu ist jedoch ein ausdrückliches Verlangen des Arbeitnehmers erforderlich.
Die Erleichterung zum Abschluss in Textform soll auch für die üblichen Befristungen gelten, wonach das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet. Sonstige Befristungen nach § 14 TzBfG müssen jedoch weiterhin in Schriftform abgefasst oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur geschlossen werden.
Die geplante Gesetzesänderung kann dazu führen, dass Arbeitsverträge künftig vermehrt per E-Mail geschlossen werden. Wann das Bürokratieentlastungsgesetz in Kraft tritt, ist noch nicht absehbar, da die erste Lesung im Bundestag noch aussteht. Fest steht jedoch, dass die Gesetzesänderung einen dringend notwendigen Beitrag zur Reduzierung bürokratischer Hürden leistet und die Digitalisierung innerhalb der Unternehmen vorantreiben wird, was sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zugutekommt. Nicht zuletzt leistet die Gesetzesänderung einen wichtigen – wenn auch immer noch zu kleinen – Beitrag zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Zwar wird es wohl vereinzelnd Arbeitnehmer geben, die weiterhin auf einen schriftlichen Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen bestehen, die Mehrheit wird jedoch wohl auf den Zug der Zeit aufspringen.
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