5. August 2021
streiTWert – 54 von 63 Insights
Das Gesetz zur Anpassung des Produktsicherheitsgesetzes und zur Neuordnung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen vom 27. Juli 2021 ist am 30. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Zusammen mit dem Gesetz zur Neuordnung der Marktüberwachung vom 9. Juni 2021, welches bereits am 17. Juni 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, ist die Reform und Anpassung des deutschen Produktsicherheitsrechts, die aufgrund der europäischen Verordnung (EU) 2019/1020 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten (Verordnung (EU) 2019/1020 oder EU-Marktüberwachungsverordnung (MÜ-VO)) erforderlich wurde, vorerst abgeschlossen.
Die Verordnung (EU) 2019/1020 gilt in Deutschland bereits seit dem 16. Juli 2021 unmittelbar. Ihr Ziel ist es, durch eine Stärkung der Marktüberwachung sicherzustellen, dass nur EU-konforme Non-Food-Produkte, d.h. Non-Food-Produkte, die den europäischen Produktvorschriften entsprechen, auf dem Unionsmarkt bereitgestellt werden, und dadurch das Funktionieren des Binnenmarktes zu verbessern.
Zur Durchführung der EU-Marktüberwachungsverordnung wurde am 9. Juni 2021 das Gesetz zur Marktüberwachung und zur Sicherstellung der Konformität von Produkten (Marktüberwachungsgesetz – MüG) beschlossen, welches ebenfalls am 16. Juli 2021 in Kraft trat. Mit dem MüG soll in Deutschland eine einheitliche Marktüberwachung für europäisch harmonisierte und europäisch nicht harmonisierte Non-Food-Produkte sichergestellt werden (siehe hierzu den Beitrag von Giorgia Carandente, LL.M. Eur., Taylor Wessing München, vom 10. Oktober 2019 „Die EU-Marktüberwachungsverordnung, Eine neue Ära für die Produktsicherheit“).
Da im MüG auch Vorschriften aufgehen, die bisher im Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) verortet waren, wurde das bisherige ProdSG vom 8. November 2011 durch eine Neufassung abgelöst und deren Regelungen an die MÜ-VO und das MüG angepasst. Hierdurch sollen sich überschneidende sowie konkurrierende Regelungen zur MÜ-VO und zum MüG ausgeschlossen und mehr Rechtsklarheit und Verständlichkeit geschaffen werden. Darüber hinaus wurde das ProdSG um die Vorschriften zum sicheren Betrieb von Anlagen bereinigt. Die Betriebsvorschriften, die laut Regierungsentwurf im ProdSG als wesensfremd und anachronistisch empfunden wurden, finden sich nunmehr im Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen (ÜAnlG). Gemäß dem Gesetz zur Anpassung des Produktsicherheitsgesetzes und zur Neuordnung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen vom 27. Juli 2021 sind das ProdSG und das ÜAnlG rückwirkend zum 16. Juli 2021 in Kraft getreten.
Durch die nahezu vollständige Ausgliederung und Überführung der Abschnitte 6 „Marktüberwachung“ und 7 „Informations- und Meldepflichten“ des ehemaligen ProdSG in das MüG sowie des Abschnitts 9 „Überwachungsbedürftige Anlagen“ in das ÜAnlG ist das neue ProdSG zu einem reinen Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Anforderungen der Bereitstellung von Produkten auf dem Markt und damit zu einem reinen Gesetz über die Produktsicherheit geworden. Im Bereich Marktüberwachung sind lediglich produktsicherheitsspezifische Regelungen im ProdSG verblieben. Hierzu zählt z.B. die Verpflichtung bei den auf dem Markt bereitgestellten Verbraucherprodukten Stichproben durchzuführen (§ 6 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 ProdSG) sowie die in § 24 ProdSG enthaltenen Informationsverpflichtungen in Zusammenhang mit dem GS-Zeichen.
Über diese strukturellen Veränderungen hinaus enthält das neue ProdSG aber auch inhaltliche Änderungen bzw. Ergänzungen, von denen folgende erwähnenswert sind:
Das neue ProdSG dürfte wohl keine gravierenden Auswirkungen für die beteiligten Wirtschaftsakteure haben. Hiervon ausgenommen ist der Fulfilment-Dienstleister, der durch explizite Nennung im ProdSG mehr in den Fokus geraten könnte. Zu berücksichtigen ist auch, dass es durch die neue Ermächtigung zum Erlass von Verbotsverordnungen zu Beschränkungen oder gar Verboten bestimmter Produkte oder Produktgruppen kommen könnte. Grundsätzlich macht es Sinn, sich die Neuregelung des ProdSG einmal unter Berücksichtigung des neuen MüG und des ÜAnlG genauer anzuschauen, um auf dem Gebiet des Produktsicherheits- und Marktüberwachungsrecht grundsätzlich im (aktuellen) Bilde zu sein.
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