Einleitung
Die Sicherstellung der Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten ist für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit von großer Bedeutung. Um eine zuverlässige Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, überlässt der deutsche Gesetzgeber die Hersteller jedoch nicht sich selbst, sondern hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Lieferengpässe zu verhindern.
Rechtliche Maßnahmen zur Verhinderung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln
Rechtsgrundlage der wesentlichen gesetzgeberischen Maßnahmen ist § 52b Abs. 1-3 des Arzneimittelgesetzes (AMG), der pharmazeutische Unternehmer und Großhändler verpflichtet, eine ausreichende und kontinuierliche Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Während pharmazeutische Unternehmer verpflichtet sind, die Belieferung der Großhändler sicherzustellen (§ 52b Abs. 2 Satz 1 AMG), sind Großhändler ihrerseits verpflichtet, die Belieferung der Apotheken sicherzustellen (§ 52b Abs. 3 Satz 1 AMG). Um die Versorgung sicherzustellen, hat der Gesetzgeber verschiedene Maßnahmen geschaffen, um drohende Lieferengpässe zu verhindern oder auf bestehende Lieferengpässe zu reagieren:
- Pharmazeutische Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Krankenhäuser unverzüglich über ihnen bekannt gewordene Lieferengpässe zu informieren (§ 52b Abs. 3a AMG).
- Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird ein Beirat eingerichtet, der die Versorgungssituation mit Arzneimitteln kontinuierlich beobachtet und bewertet (§ 52b Abs. 3b AMG).
- Das BfArM erstellt Listen mit versorgungsrelevanten und versorgungskritischen Wirkstoffen und veröffentlicht diese zusammen mit gemeldeten Engpässen auf seiner Website (§ 52b Abs. 3c AMG).
- Das BfArM richtet ein Frühwarnsystem ein, um drohende versorgungsrelevante Lieferengpässe bei Arzneimitteln zu erkennen (§ 52b Abs. 3g AMG).
- Im Falle eines drohenden oder bestehenden versorgungsrelevanten Lieferengpasses erlaubt das Gesetz das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zu dessen Abwendung oder Abmilderung (§ 52b Abs. 3d AMG); hierzu zählen z.B. die Anordnung zur Kontingentierung oder zur Lagerhaltung.
Rechtliche Maßnahmen zur Verhinderung von Lieferengpässen bei Medizinprodukten
Die Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers zur Verhinderung von Lieferengpässen beschränken sich fast ausschließlich auf das Arzneimittelrecht. Regelungen für Gefahren durch Engpässe bei der Versorgung mit Medizinprodukten wurden vom deutschen Gesetzgeber demgegenüber so gut wie nicht kodifiziert. Lücken in der Versorgung mit Medizinprodukten entstanden in den letzten Jahren u.a. aufgrund des Übergangs vom alten Rechtsrahmen der Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG zur Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745 (MDR). Dabei war es jedoch vorrangig der europäische Gesetzgeber, der daraus resultierenden Versorgungslücken durch gesetzgeberische Maßnahmen begegnete, beispielsweise durch die Verabschiedung von Art. 59 MDR (sog. Sonderzulassungsverfahren) und Art. 97 MDR (Inverkehrbringen trotz Nichtkonformität) sowie durch die Verlängerung der Übergangsfristen von Artikel 120 MDR.