23. Juli 2025
streiTWert – 4 von 73 Insights
Greenwashing-Vorwürfe, Lieferkettenkontrollen, ESG-Pflichten, „Klimaklagen“: Unternehmen geraten zunehmend ins Visier von Behörden, Verbänden und auch politischen Aktivisten im Zusammenhang mit ESG-Pflichten. Trotz aktueller politischer Entwicklungen bleibt das Risiko für „ESG-Rechtsstreitigkeiten“ signifikant.
Zuletzt konnte man den Eindruck gewinnen, dass politische Bestrebungen zur Regulierung und Ausweitung von Environmental Social Governance („ESG“) -Pflichten nicht nur abgeklungen sind, sondern sich sogar umgekehrt haben: So wurde im Juni 2025 berichtet, die Europäische Kommission plane ihren Vorschlag einer EU Green Claims Richtlinie, die darauf abzielt, sog. Greenwashing zu bekämpfen und die Transparenz von Umweltaussagen zu erhöhen, zurückzuziehen. Auch für die bereits verabschiedete und in Kraft getretene EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD oder CS3D) wurden die Umsetzungsfrist für die Mitgliedstaaten sowie Anwendungsfristen verschoben. Ebenso haben CDU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das geltende Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz deutlich zu entschärfen, indem Berichtspflichten abgeschafft und die Verletzung von Sorgfaltspflichten nur bei massiven Menschenrechtsverletzungen geahndet werden sollen
Jenseits des Atlantiks sind diese politischen Entwicklungen teilweise noch vehementer: Im US-Bundesstaat Texas wurde bereits im Jahr 2021 ein Gesetz erlassen, das es staatlichen Stellen verbietet, mit Finanzunternehmen zusammenzuarbeiten, die die Fossilbrennstoffindustrie boykottieren und die Listung solcher Unternehmen vorsieht. Selbst im US-Bundesstaat Kalifornien, der traditionell als ein Vorreiter im Bereich ESG-Regulierung im US-Kontext gilt, wurde der „kick-off“ von Klimaberichterstattungsregeln verschoben.
Dass die USA Anfang des Jahres nunmehr erneut aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten sind, passt in diesem Sinne ebenfalls zur skizzierten Tendenz.
Ob das erwähnte texanische Gesetz zukünftig als Blaupause für eine „Anti-ESG-Bewegung“ herhalten wird, ist indes zweifelhaft. Das Gesetz liegt gegenwärtig einem US-Gericht zur Überprüfung vor. Auch im Übrigen sollten die jüngsten Entwicklungen nicht zum Anlass genommen werden, das Thema ESG „abzuschreiben“ und die damit verbundenen Herausforderungen und Risiken zu unterschätzen.
Obwohl in Deutschland noch keine flächendeckende „ESG-Klagewelle“ zu verzeichnen ist, zeigen diverse Gerichtsverfahren einen klaren Trend: Unternehmen sehen sich zunehmend mit rechtlichen Herausforderungen im ESG-Bereich konfrontiert. Die Kombination aus regulatorischen Anforderungen, wachsendem Aktivismus und zunehmender Sensibilisierung der Öffentlichkeit schafft ein Umfeld, in dem ESG-Verstöße nicht nur reputations-, sondern auch haftungsrelevant werden können. Dies gilt gerade nicht nur für singuläre Bereiche oder Industriefelder, sondern industrieübergreifend und bereits unter dem geltenden Recht:
Eine proaktive Auseinandersetzung mit ESG kann (uns muss aus Sicht der Unternehmensführung!) nicht nur rechtliche Risiken minimieren, sondern auch das Vertrauen von Investoren, Kunden und der Öffentlichkeit stärken. ESG Compliance dient nicht nur der Erfüllung regulatorischer Anforderungen, sondern auch der Vermeidung und Minimierung potenzieller Prozess- und Haftungsrisiken.
Aus Unternehmenssicht sollten daher
Während eine ESG-Klagewelle also bisher ausgeblieben ist, zeichnen die bisherigen Entscheidungen in ESG-Rechtstreitigkeiten die künftigen Problemfelder vor: Fragen der Kausalität, der Zurechenbarkeit und Höhe von geltend gemachten Schäden aber auch die Frage nach der Reichweite und dem Schutznormcharakter öffentlich-rechtlicher ESG-Normen werden zukünftig verstärkt in den Blick der Gerichte rücken. Bisher war „ESG-Litigation“ zwar für die jeweiligen Klageparteien in rein zivilrechtlichen Klageverfahren nicht von durchschlagendem Erfolg geprägt. Gleichzeitig lösten derartige Gerichtsverfahren regelmäßig ein großes Medienecho aus. Schon daraus ergibt sich für die betroffenen Unternehmen jedenfalls eine Reputationsrelevanz. Zudem ist angesichts noch zahlreicher (höchstrichterlich) ungeklärter Rechtsfragen davon auszugehen, dass die Grenzen und Möglichkeiten für entsprechende ESG-Verfahren noch lange nicht abschließend ausgelotet sind. Zuletzt wird sich erweisen müssen, ob die neu geschaffenen Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes nach dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz, insbesondere die sog. Abhilfeklage, als prozessuales Vehikel auch für möglichen Streitstoff im ESG-Bereich genutzt werden könnten. Einige Stimmen in der juristischen Fachpresse halten dies jedenfalls für ausgemacht.
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