13. Februar 2023
streiTWert – 17 von 64 Insights
In seinem Urteil vom 27. April 2022 – Az. 5 StR 278/21 honoriert der Bundesgerichtshof in einem Korruptionsfall den Selbstreinigungsprozess nach der Tatentdeckung und setzt damit seine Rechtsprechung fort. Es lohnt sich also, ein effizientes Compliance Management System (CMS) zu installieren, um die Geldbuße zu reduzieren.
Der Geschäftsführer eines Straßenbauunternehmens bestach den für die Auftragsvergabe zuständigen Mitarbeiter eines kommunalen Bauhofs. Neben der Verurteilung des Geschäftsführers wegen Bestechung wurde gegen das Straßenbauunternehmen eine Geldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG festgesetzt.
Der BGH führt in seinem Urteil sehr instruktiv die Grundsätze für die Bemessung einer Unternehmensgeldbuße nach § 30 Abs. 1 OWiG aus. Dabei legt der Senat fast lehrbuchartig dar, wie der Abschöpfungsanteil und der Ahndungsanteil der Geldbuße zu bestimmen sind. Aus Sicht der Compliance-Beratung interessant ist vor allem die klare Anerkennung von Compliance-Maßnahmen im Rahmen der Bemessung der Geldbuße.
So stellt der BGH in Rn. 30 seines Urteils klar, dass ein Selbstreinigungsprozess des Unternehmens (u.a. Einführung umfassender Compliance-Maßnahmen und eines Hinweisgebersystems) nach der Tatentdeckung zu honorieren sei. Dabei verweist der 5. Strafsenat auf das Urteil des 1. Strafsenats vom 9. Mai 2017 – 1 StR 265/16. Dort erläutert der Senat in Rn. 118 bereits, dass für die Bemessung der Geldbuße von Bedeutung sei, inwieweit das Unternehmen seiner Pflicht, Rechtsverletzungen aus seiner Sphäre zu unterbinden, genügt und „ein effizientes Compliance-Management installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgelegt sein muss (…).“ Dabei könne auch eine Rolle spielen, so der BGH, ob das Unternehmen „in der Folge dieses Verfahrens entsprechende Regelungen optimiert und (seine) betriebsinternen Abläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig jedenfalls deutlich erschwert werden.“
Ein Selbstreinigungsprozess und die Optimierung eines CMS lohnt sich nach der klaren Rechtsprechung des BGH also, um eine Geldbuße zu reduzieren. Zwar existiert (noch) keine allgemeine Pflicht zur Einführung eines CMS. Allerdings wird auch aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung, wie z.B. dem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 30. März 2022 – Az. 12 U 1520/19 klar, dass es nicht mehr um das „Ob“ eines CMS geht, sondern nur noch um dessen Ausgestaltung.
Einen Anhaltspunkt können dafür die Leitlinien zur vorzeitigen Löschung einer Eintragung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung sowie die diesbezüglichen praktischen Hinweise des Bundeskartellamtes geben. Diese nehmen auf § 8 Wettbewerbsregistergesetz Bezug, der eine vorzeitige Löschung der Eintragung aus dem Wettbewerbsregister wegen Selbstreinigung der Unternehmen vorsieht. Hierbei wird u.a. auf § 125 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen verwiesen, der in Abs. 1 Nr. 3 feststellt, dass für eine Selbstreinigung auch erforderlich ist, dass das Unternehmen konkrete technische, organisatorische und personelle Maßnahmen ergriffen hat, die geeignet sind, weitere Straftaten oder weiteres Fehlverhalten zu vermeiden. In den Leitlinien und praktischen Hinweisen werden insoweit „Compliance Maßnahmen“ als die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen beschrieben. Hierzu gehören die Risikoanalyse, die Anpassung der Organisations- und Aufsichtskultur, das Bekenntnis der Unternehmensleitung zu rechtskonformem Verhalten, die sorgfältige Auswahl, Schulung und Kontrolle der Unternehmensbeschäftigten, der Umgang mit Hinweisgebern und Hinweisgebersystemen, angemessene Ressourcen und Kompetenzen der verantwortlichen Personen sowie die Evaluation und Anpassung der Compliance-Maßnahmen. Damit werden vom Bundeskartellamt recht detailliert die Anforderungen an ein CMS beschrieben, um den Unternehmen eine Handreichung für die Selbstreinigung zu geben. Allerdings stellt das Bundeskartellamt in den Leitlinien auch klar, dass es bei der Frage der Angemessenheit der Maßnahmen immer auf den Einzelfall ankommt.
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