Green Advertising
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Green Advertising

„Green Advertising“ - Umweltschutz und Nachhaltigkeit in Unternehmenskomm­unikation und Werbung

Die Klimakrise stellt die Menschheit vor enorme Herausforderungen. Sie erfordert nicht nur Innovation, sondern auch die Fähigkeit, nachhaltig umzudenken. Immer mehr Unternehmen nehmen diese Herausforderung an und leisten schon heute tatkräftige Beiträge für eine „grünere“ Zukunft. Auch Verbraucher legen zunehmend Wert auf umweltgerechte Produkte und nachhaltige Marken. Häufig machen die Konsumenten ihre Kaufentscheidung gerade davon abhängig, dass ein Produkt oder eine Marke „umweltfreundlich“ ist.

Die Information über Nachhaltigkeit von Produkten und Unternehmen, also das „Green Advertising“, ist ein wichtiger Teil der ESG-Aktivitäten sowie des CSR-Marketings eines jeden Unternehmens. Hierzu gehört auch die Schaffung von „Green Brands“ (grüne Marken"), die eine immer wichtigere Rolle in der Markenstrategie spielen.

„Greenwashing“ und „Klimaneutralität“ sind vermehrt Gegenstand von Gerichtsverfahren

Umweltschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte stehen zunehmend auch im rechtlichen Fokus. Schon 2021 hatte die Europäische Kommission in einer EU-weiten Untersuchung festgestellt, dass Werbeangaben zu Nachhaltigkeit oft intransparent und irreführend sind. Die Untersuchung ergab, dass in mehr als der Hälfte der Fälle den Verbrauchern keine ausreichenden Informationen zur Verfügung gestellt wurden, um die Richtigkeit der Umweltclaims (Green Marketing) beurteilen zu können. Diese Praxis hat dazu geführt, dass die Werbung mit irreführenden Umweltclaims - häufig auch als „Greenwashing“ oder „ökologische Schönfärberei“ bezeichnet - immer häufiger Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen und Gerichtsverfahren ist. Auch mahnen Verbraucherverbände Unternehmen immer häufiger wegen „Greenwashings“ ab. Aktuell steht dabei insbesondere die Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ im Fokus.

Zukünftig (noch) striktere Regeln für Umweltwerbung

Die Brisanz dieses Themas wird in den kommenden Jahren nochmals deutlich zunehmen. So gibt es auf EU-Ebene derzeit mehrere Gesetzgebungsvorhaben: Ende März 2022 hat die Europäische Kommission ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Erreichung der Ziele ihres „Green Deals“ – bis 2050 erster klimaneutraler Kontinent werden - vorgelegt. Mit gleich zwei neuen EU-Richtlinien sollen europaweit strenge, einheitliche Standards zu Informationspflichten und zur Belegbarkeit umweltbezogener Werbung geschaffen werden: Die sog. EmpCo-Richtlinie (“Directive as regards empowering consumers for the green transition through better protection against unfair practices and better information“), auf dessen Text sich Rat und EU-Parlament im September 2023 geeinigt haben, ist am 17. Januar 2024 vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit angenommen worden. Allgemeine Umweltaussagen sowie Nachhaltigkeitssiegel sind danach nur noch unter strengen Voraussetzungen zulässig und auch die produktbezogene Werbung mit CO2-Kompensation ist faktisch unmöglich geworden (siehe dazu näher hier). Die Green Claims-Richtlinie („Directive on substantiation and communication of explicit environmental claims”), deren Entwurf die Kommission am 22. März 2023 offiziell vorgestellt hat, wird demgegenüber insbesondere ausdrückliche Umweltaussagen wie z.B. „klimaneutrales Produkt“ betreffen und nicht nur umfangreiche Nachweise bzw. Belege für solche Aussagen fordern, sondern den Unternehmen sogar eine zeit- und kostenaufwändige Vorab-Zertifizierung durch eine unabhängige Prüfstelle zwingend auferlegen (zur Green Claims-Richtlinie siehe unsere Übersicht hier). Wann diese vom EU-Parlament beschlossen wird, ist derzeit noch offen.

Werbung mit Nachhaltigkeits- und Umweltaspekten sollte daher schon heute unbedingt vorab rechtlich genau geprüft werden. Schnell können auch ökologisch verantwortungsbewusst handelnde Unternehmen in der Öffentlichkeit als „Greenwasher“ gebrandmarkt werden, weil die Kommunikation über das Umweltengagement möglicherweise nicht den strengen Vorgaben der Rechtsprechung entsprach. Einen solchen Imageschaden können Sie vermeiden. Wer Gutes tut, soll schließlich auch darüber reden dürfen. Wir stehen Ihnen mit unserer besonderen Expertise in Umwelt- und Nachhaltigkeitswerbung zur Seite.

Green Claims Enforcement Tracker

In unserem „Green Claims Enforcement Tracker“ finden Sie – laufend aktualisiert – Entscheidungen deutscher Gerichte zur Werbung mit Umweltclaims. Durch Klicken auf die Entscheidung erfahren Sie weitere Details: Zu jeder Entscheidung haben wir für Sie die Kernaussage sowie den Hintergrund herausgearbeitet und eine Bewertung nach dem Ampelsystem eingefügt. Sie finden die jeweils jüngste Entscheidung ganz oben, die älteste – BGH „Aus Altpapier“ von 1988 – am Ende der Liste.

Hier finden Sie die jeweils fünf aktuellsten Urteile, durch Klick auf den grünen Button gelangen Sie zur gesamten Liste.

"CO2-positiv", "klimaneutrale Herstellung" | LG München I 12/2023

Gericht
Datum
Az.

Kernaussage

Hintergrund und Ausführungen

Bewertung

LG München I
08.12.2023
37 O 2041/23

Keine Irreführung (auch durch Unterlassen):

  • Information, auf welche Weise eine klimaneutrale Herstellung bzw. eine CO2-positive Bilanz eines Produktes erreicht wird, ist eine wesentliche Information iSd § 5a UWG. 
  • Verbraucher haben ein gesteigertes Interesse daran, zu erfahren, durch welche Einsparungen oder Ausgleichsmaßnahmen die behauptete Klimaneutralität erreicht werde
  • Informationserteilung mittels QR-Code erfordert einen engen räumlichen Zusammenhang zu den erläuterungsbedürftigen Aussagen
  •  Die Beklagte, ein Bierhersteller, warb unmittelbar auf dem Flaschenetiketten mit den Angaben
    • „CO2-positiv“
    • „klimaneutrale Herstellung“
  • Auf dem Etikett befand sich zudem ein QR-Code, über den zumindest gewisse weitergehende Infos zur Nachhaltigkeit aufgerufen werden konnten.
  • Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, macht einen Verstoß gegen § 5a Abs. 1 UWG geltend, da auf dem Etikett nicht offengelegt werde worauf die fraglichen Behauptungen tatsächlich beruhten. Jedenfalls aber werde der Verbraucher nicht hinreichend über die Grundlagen der klimabezogenen Werbeaussagen informiert. Der QR-Code genüge schon deshalb nicht, da ein Medienbruch vorliege. Auch verfügten 1/5 aller Verbraucher über gar kein Smartphone. Zudem sei die Annahme, Endverbraucher würden noch im Supermarkt vor Kauf die Homepage in Augenschein nehmen, unrealistisch.
  • Das Gericht stellt fest, dass die Information, auf welche Weise eine klimaneutrale Herstellung bzw. eine CO2positive Bilanz eines Produktes erreicht wird, eine wesentliche Information iSd § 5a UWG darstellt.
  • Verbraucher haben ein gesteigertes Interesse daran, zu erfahren, durch welche Einsparungen oder Ausgleichsmaßnahmen die behauptete Klimaneutralität erreicht werde, dies gelte insbesondere in Zeiten von „Greenwashing“, so das Gericht.
  • Der QR-Code auf der Flasche hilft nicht weiter, da bereits kein enger räumlicher Zusammenhang zu den beanstandeten Aussagen besteht, für einen etwaig zulässigen sog. „Medienbruch“ sei jedoch eine Verweisung mit einem klaren und eindeutigen Link erforderlich.
  • Ferner waren auf der über den QR-Code erreichbaren Website unmittelbar keine genauen Angaben zur berechneten Klimabilanz zu finden, die etwas über die "klimaneutrale Herstellung" verraten würden.
  • Das Gericht stufte die Werbung daher insgesamt als unzulässig ein.
     

„Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck“ | OLG Nürnberg 11/2023

Gericht
Datum
Az.

Kernaussage

Hintergrund und Ausführungen

Bewertung

OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 15.11.2023,
3 U 1722/23 

  • Verbraucher beziehen die das Vorderseitenetikett eines Produktes prägenden Angaben idR auf das Produkt selbst und nicht auf dessen Verpackung.
  • Bei einer Blickfang-Werbung kann der dadurch veranlasste Irrtum nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat.
  • Eine etwaige Mehrdeutigkeit einer Werbeaussage geht zu Lasten des Werbenden.
  • Die Beklagte, die zu einem großen Lebensmittel-Discounter gehört, verkauft Rot- und Weißweine unter der Marke „BioBio“.
  • Auf der Vorderseite des Produktes warb sie mit der Aussage “Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck”.
  • Direkt neben der Aussage befanden sich zwei Bilder: Das EU-Bio-Siegel (grünes Blatt-Symbol) und ein rechteckiges Symbol, welches eine stilisierte Flasche mit dem Text “ECO2 Bottle” wiedergab. 
  • Auf der Rückseite der Flasche befand sich der erläuternde Hinweis:
    • „ECO2Bottle:
      Neben dem sehr hohen Einsatz von Altglas und der Nutzung von Öko-Strom reduziert die ECO2 Bottle die Immissionen im Vergleich zu einer Standardweinflasche um mehr als 30%.“
  • Die Klägerin, eine Verbraucherzentrale, beanstandete diese Werbung als irreführend, da sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, das Produkt selbst, also der Wein (und nicht nur die Flasche), sei überdurchschnittlich umweltfreundlich hergestellt. 
  • Die Vorinstanz (LG Amberg, 41 HK O 959/22) folgt dieser Rechtsauffassung und untersagte die Werbung.
  • Das OLG bestätigte dies und stufte die Werbung als irreführend iSd § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG ein, da sie unwahre Angaben über wesentliche Merkmale der Ware enthält.
    • Wesentliche Teile der Durchschnittsverbraucher verstehen demnach die Werbung dahingehend, dass die Produktion des Weins selbst besonders CO2-emissionsarm ist (und eben nicht nur die Flasche).
    • Dies ergibt sich aus dem Gesamteindruck des Etiketts, das im Wesentlichen aus einem stilisierten Fußabdruck mit der beanstandeten Werbeaussage in Verbindung mit aus diversen Umweltsymbolen stilisierten Zeichen besteht. Insbes. die stilisierten Pflanzenblätter und das abgebildete Pflänzchen in der geöffneten Hand legen für den adäquat aufmerksamen Verbraucher den Schluss nahe, dass sich die CO2–Reduzierung auf den Pflanzenanbau bezieht.
    • Ferner geht der Verbraucher bei dem Erwerb eines Produkts idR davon aus und ist daran gewöhnt, dass sich die das Vorderseitenetikett prägenden Angaben auf das Produkt selbst und nicht auf dessen Verpackung (hier: Flasche) beziehen. 
    • Daher muss entweder bereits auf der Vorderseite des Etiketts der Weinflasche ein aufklärender Hinweis erfolgen, der dem Verbraucher hinreichend deutlich vor Augen führt, dass allein die Flasche den behaupteten ökologischen Vorteil liefert, oder es muss ein Sternchenhinweis vorhanden sein, der eine eindeutige Zuordnung zwischen den herausgestellten Angaben und den ergänzenden Produktinformationen ermöglicht.
    • Hieran ändern auch die Erläuterungen auf der Rückseite der Flasche nichts. Zwar ist grds. davon auszugehen, dass der Verbraucher bei Produkten wie Lebensmitteln regelmäßig nicht nur die Schauseite einer Packung, sondern auch die an anderer Stelle angebrachten Informationen wahrnehmen wird. Etwas anderes gilt jedoch bei einer, wie vorliegend, blickfangmäßig herausgestellten Angabe, die bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt; in einem solchen Fall kann der dadurch veranlasste Irrtum nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat.
  • Das Gericht stufte die Etikettengestaltung daher als unzulässig ein.
     

"Klimaneutrales Kochbox-Unternehmen" | LG Berlin 09/2023

Gericht
Datum
Az.

Kernaussage

Hintergrund und Ausführungen

Bewertung

LG Berlin
19.09.2023
102 O 15/23

Irreführung (auch durch Unterlassen):

  • Der Begriff „Klimaneutral“ wird im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität (ausgeglichene CO2-Bilanz) verstanden 
  • Ob „klimaneutral“ mit „CO2-neutral“ gleichgesetzt werden kann, hängt vom Einzelfall ab.
  • Für das Erreichen einer CO2-Neutralität sind Waldschutzprojekte prinzipiell nicht geeignet.
  • Es handelt sich hierbei um ein weiteres Verfahren der DUH.
  • Die Beklagte warb auf ihrer Website mit der Aussage „Das erste globale klimaneutrale Kochbox-Unternehmen“ sowie mit dem Zusatz „Wir kompensieren 100% unserer direkten CO2-Emissionen“
  • Weiterführende Informationen/Erläuterungen hierzu gab es vor Ort nicht.
  • Die CO2-Kompensation erfolgt unter anderem durch den Kauf von Zertifikaten eines Waldschutzprojektes in Kenia („Kasigau Corridor“).
  • Das Gericht stufte die Werbung als unzulässig ein.
  • Das Gericht schloss sich zwar zunächst der Auffassung der OLGs Schleswig, Frankfurt und Düsseldorf an, wonach der Durchschnittsverbraucher den Begriff „klimaneutral“ (lediglich) im Sinne einer ausgeglichenen CO2-Bilanz versteht, sie sowohl durch eigene CO2-Vremeidung als auch durch Kompensation erreicht werden kann.
  • Ferner setzte das Gericht zumindest in dem konkreten Fall den Begriff „klimaneutral“ mit „CO2-neutral“ gleich, wies aber zugleich darauf hin, dass dies nicht immer der Fall sein muss.
  • Zum einen bejahte es dann aber einen Unterlassungsanspruch bereits gemäß § 5 Abs. 1 UWG wegen Irreführung, da die behauptete Klimaneutralität über das hinausgeht, was mittels CO2-Zertifikaten aus einem Waldschutzprojekt kurzfristig erreichbar ist. Wie auch bereits zuvor die Landgerichte Düsseldorf (Az.: 38 O 92/22) und Karlsruhe (Az.: 13 O 46/22) stellt somit nun auch das LG Berlin die generelle Tauglichkeit von Waldschutzprojekten als Kompensationsprojekte ganz prinzipiell in Abrede.
  • Zum anderen bejahte das Gericht auch einen Unterlassungsanspruch gemäß § 5a UWG aufgrund des Vorenthaltens wesentlicher Informationen, da es auf der Website keine weiteren Erläuterungen zu diesen „klimaneutral“-Aussagen gab.
    • Insbesondere die in der Werbeaussage enthaltene Einschränkung auf lediglich „direkte Emissionen“ hätte näher erläutert und auch der zugrunde gelegte Berechnungsstandard (GHG Protocol) angegeben werden müssen.
    • Ferner hätte die Beklagte erläutern müssen, was unter dem ebenfalls verwendeten Begriff „Verified Carbon Standard“ zu verstehen ist. 
    • Schließlich bemängelte das Gericht auch noch, dass nähere Ausführungen über die Details der Klimaschutzprojekte in Nepal und den Niederlanden, da die Beklagte diese in der Werbung erwähnt hatte und zumindest daher hierzu weitere Angaben machen muss (anders, wenn die Projekte gar nicht erwähnt worden wären).

"Klimaneutral", "Umweltneutral" | LG Karlsruhe 07/2023

Name: Klimaneutral

Gericht
Datum
Az.

Kernaussage

Hintergrund und Ausführungen

Bewertung

LG Karlsruhe
26.07.2023
13 O 46/22

Klimaneutral
Irreführung (auch durch Unterlassen):

  • Bei Werbung mit dem Begriff „Klimaneutral“ sind die wesentlichen Informationen hierzu zu erteilen (ausgenommene Emissionen, Kriterien der Zertifizierung).
  • Nicht ausreichend für eine Informationserteilung ist die Angabe einer reinen Ziffernfolge (ClimatePartner ID) neben dem ClimatePartner-Logo ohne Angabe einer konkreten Webseite.
  • Für das Erreichen eine Co2-Neutralität sind Waldschutzprojekte prinzipiell nicht geeignet.

 

Umweltneutral
Irreführung (durch Unterlassen):

  • Der Begriff „Umweltneutral“ ist im Sinne „Produkt mit ausgeglichener Umweltbilanz“ zu verstehen
  • Zu berücksichtigen sind hier alle der 13 Wirkkategorien von Umweltbelastungen 
  • Die Berücksichtigung von nur fünf dieser 13 Kategorien reicht nicht aus, selbst wenn dies die wesentlichsten sind. 

Klimaneutral

  • Die Beklagte bewarb unter dem Verweis auf das ClimatePartner-Logo und dem Zusatz „CO2-kompensiert“ diverse Kosmetikprodukte mit dem Begriff „Klimaneutral“. Weitere wesentliche Informationen, nämlich welche Emissionen von der Bilanzierung ausgenommen worden sind und anhand welcher Kriterien eine Zertifizierung erfolgt ist, werden auf der Produktverpackung nicht erteilt.
  • Diese Informationen waren zwar wohl auf den Internetseiten von CliamtePartner zu finden. Auch sei es grundsätzlich möglich, auf eine Internetseite zu verweisen. Die auf dem Produkt neben dem ClimatePartner-Logo jedoch lediglich angegebenen Ziffernfolge (ClimatePartner ID) reiche für eine Informationserteilung jedoch nicht aus (ohne Angabe einer konkreten URL). Daher bejahte das Gericht einen Verstoß gegen § 5a UWG.
  • Darüber hinaus bejaht das Gericht aber auch einen Verstoß gegen § 5 UWG. Dies deshalb, da mit einem Waldschutzprojekt (hier: Waldschutzprojekt in Peru)  grundsätzlich keine Klimaneutralität erreicht werden könne. Klimaneutralität gehe prinzipiell über das hinaus, was mittels CO2-Zertifikaten aus Waldschutz erreichbar sei. Für eine dauerhafte Neutralisierung der Treibhausgase würden insbesondere die anstrebten Projektzeiträume bei Weitem nicht ausreichen.
  • Offen lässt das Gericht, ob Klimaschutzprojekte, wie das hier in Rede stehende, im Hinblick auf ihre Zertifizierungs- und Auditierungsmechanismen und die zur Anwendung gelangenden Algorithmen einer naturwissenschaftlichen und soziologischen Analyse im Übrigen standhalten.

 

Umweltneutral

  • Weitere Produkte (Spülmittel) bewarb die Beklagte mit dem Begriff „Umweltneutrales Produkt“.
  • Das Gerichte meinte, der Begriff „Umweltneutral“ werde von den angesprochenen Verbrauchern – parallel zu „Klimaneutral“ – im Sinne eines „Produkts mit ausgeglichener Umweltbilanz“ verstanden. Eine solche liege bei den streitgegenständlichen Produkten aber nicht vor
  • Von 13 Wirkkategorien von Umweltbelastungen bleiben bei den Produkten der Beklagten acht dieser Kategorien unbeachtet. Berücksichtigt wurden im Rahmen des GREENZERO-Ansatzes der Beklagten nur fünf Kategorien und zwar die Kategorien CO2-Emissionen, Eutrophierung (Nährstoffeintrag), Versauerung, Sommersmog und Ozonabbau. Dies reiche für die Bewerbung eines Produktes als „umweltneutral“ nicht aus. Daher stufte das Gericht die Werbung als irreführend gemäß § 5 UWG ein.
  • Auch die Erläuterungen mittels Sternchenhinweis konnten in dem vorliegenden Fall einer Irreführung letztlich nicht entgegenwirken. 
     

"Klimaneutral" | OLG Düsseldorf 07/2023

Name: Klimaneutral

Gericht
Datum
Az.

Kernaussage

Hintergrund und Ausführungen

Bewertung

OLG Düsseldorf
06.07.2023
20 U 72/22

Irreführung (durch Unterlassen):

  • Der Begriff „Klimaneutral“ wird im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität (ausgeglichene Bilanz) verstanden. „Klimaneutral“ als solches ist daher nicht bereits irreführend iSd § 5 UWG.
  • Dennoch ist über die grundlegenden Umstände dieser bilanziellen Klimaneutralität zu informieren (sonst § 5a UWG) und zwar:
    • welche Produktionsvorgänge wurden berücksichtigt, wurden bestimmte Emissionen von der Co2-Bilanzierung ausgenommen?
    • liegen eigene Einsparmaßnahmen vor oder erfolgte lediglich der Erwerb von CO2-Zertifikaten, und welche Art der Ausgleichsmaßnahme wurde vorgenommen?
  • Es handelt sich hierbei um das Berufungsverfahren gegen das am 25.02.2022 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach Az.: 8 O 17/21 (= Vorinstanz).
  • Die Beklagte produziert Konfitüren, wobei sie auf ihren Marmeladengläsern den Aufdruck "klimaneutrales Produkt" verwendet. Zudem bewarb sie ihre Marmelade in der Lebensmittelzeitung unter dem blickfangmäßigen Hinweis "Macht nachhaltig Eindruck" mit dem weiteren Hinweis "Klimaneutraler Preis-Leistungs-Klassiker". Weiterführende Informationen hierzu oder ein Hinweis auf eine Webseite waren weder in der Zeitungsanzeige noch auf dem Produkt vorhanden.
  • Das Gericht gab der Beklagten in dem Berufungsverfahren zumindest insoweit Recht, dass Verbraucher den Begriff „klimaneutral“ richtig im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität verstehen würden. Daher lehnte das Gericht eine Irreführung gemäß § 5 UWG ab (anders noch die Vorinstanz).
  • Dennoch bejahte das Gericht einen Unterlassungsanspruch letztlich unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen (§ 5a UWG). Als wesentliche Informationen stufte das Gericht die Information darüber ein, auf welche Weise die „Klimaneutralität“ des beworbenen Produktes erreicht wird. Gerade auch dann, wenn Verbraucher von der Möglichkeit einer ausgeglichene Klimabilanz durch Kompensationsmaßnahmen Kenntnis haben, bestehe ein Interesse an einer Aufklärung über die grundlegenden Umstände.
  • Zu Informieren ist damit über die Frage, welche Produktionsvorgänge berücksichtigt worden sind, d.h. ob bestimmt Emissionen von der Bilanzierung ausgenommen wurden, ob eigene Einsparmaßnahmen oder ein Erwerb von Zertifikaten vorliegt sowie über die Art der Ausgleichsmaßnahme. Diese Informationen wurden vorliegend nicht gegeben.

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