"CO2-neutral reisen. Zusammen machen wir das Fliegen nachhaltiger: CO2-Emissionen ausgleichen und abheben" | OLG Köln | 12/2024
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Köln
13.12.2024
6 U 45/24
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Irreführung:
- Wird in der Werbung mit CO2-Neutralität der Eindruck erweckt, dass eine sofortige Kompensation erfolge, diese jedoch erst über Kompensationsprojekte erfolgen soll, muss bereits in der Werbung selbst darauf hingewiesen werden, dass die Kompensation tatsächlich uU erst in der Zukunft erfolgen wird, wobei das genaue Ausmaß von einer Prognose abhängen kann.
- Verschachtelte Informationserteilung auf Website genügt nicht.
- Die Wertungen der EmpCo-RL sind erst ab deren nationaler Umsetzung zu beachten.
- Informationsanforderungen in der Werbung dürfen nicht überstrapaziert werden.
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- Es handelt sich hierbei um ein weiteres Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
- Die Beklagte, eine Anbieterin von Flügen, warb auf ihrer Website mit der Aussage: "CO2-neutral reisen. Zusammen machen wir das Fliegen nachhaltiger: CO2_Emissionen ausgleichen und abheben".
- Den Verbraucher:innen wurde dabei angeboten, CO2-Emissionen entweder vor oder nach ihrem Flug auszugleichen.
- Bei Wahl der Option „Kompensation während der Flugbuchung“ (also vorher) erfolgte eine Investition in Klimaschutzprojekte. Bei nachträglicher Kompensation erfolgte ein Erwerb von sog. SAF-(Sustainable Aviation Fuels) Kraftstoffen über eine von der Muttergesellschaft der Beklagten betriebene Kompensationsplattform („Compensaid“).
- Die Klage der DUH war bereits in der 1. Instanz erfolgreich (LG Köln, Az. 81 O 32/23) und auch das OLG hielt die beanstandete Werbung im Ergebnis für irreführend, allerdings mit anderer Begründung.
- Während das LG noch maßgeblich darauf abstellte, dass sich die kurzen Laufzeiten der Kompensationsprojekte nicht mit dem Kompensationsversprechen decken und daher keinen vollständigen Ausgleich gewährleisten können, stützt das OLG die Irreführung (einzig) darauf, dass in der Werbung unklar bleibt, wie genau die Formulierung „ausgleichen und abheben“ zu verstehen sei. Diese Formulierung sei mehrdeutig und daher (iSd BGH Katjes-Entscheidung) bereits unmittelbar vor Ort erläuterungsbedürftig.
- Diese Formulierung lege das Verständnis nahe, dass der Emissionsausgleich erfolgt, schon bevor der Flug startet. Die Verbraucher:innen werden daher eine sofortige Kompensation erwarten, was aber bei der Investition in Klimaschutzprojekte nicht der Fall sei. Die Beklagte hätte daher transparent darüber aufklären müssen, dass die Kompensation tatsächlich uU erst in der Zukunft erfolgen wird, wobei das genaue Ausmaß von einer Prognose abhängen kann.
- Es reicht nicht aus, wenn sich die Verbarucher:innen diese Informationen über diverse Verweisungsketten im Internet selbst beschaffen können.
- Schon deshalb stufte das OLG diese Werbung als unzulässig, da irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG ein.
- Eine Unzulässigkeit bereits aufgrund der Pauschalität der Aussage unter Berücksichtigung der Wertungen der neuen EU-Richtlinie EmpCo lehnte das OLG hingegen ab, da diese erst nach nationaler Umsetzung der EmpCo anzuwenden sei.
- Eine Irreführung folgt laut OLG auch nicht daraus, dass eine Kompensationszahlung keine permanente Bindung von CO2 ermöglicht, Hierüber müsse auch nicht unter Berücksichtigung des Strengeprinzip im Detail aufgeklärt werden. Demnach dürfen die Gerichte die Informationsanforderungen nicht überstrapazieren, da dadurch tief in das Wesen der Werbung eingegriffen werden würde, die gerade nicht zur umfassenden Aufklärung über alle wesentlichen Eigenschaften eines Produktes verpflichtet. Insofern zeigte sich das OLG Hamburg daher eher zurückhaltend.
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"CO2-neutrales Motorenöl" | LG Hamburg | 08/2024
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das die Autofahrer unterstützt, ihre Emissionen zu reduzieren
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CO2-neutrales Autofahren, da Ausgleich durch Zahlung eines Aufpreises pro Liter Benzin/Diesel durch den Autofahrer
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Hamburg
09.08.2024
315 O 108/22
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Irreführung:
- Im Bereich der umweltbezogenen Werbung ist die Gefahr der Irreführung besonders groß. Es besteht daher ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis.
- Der Werbende muss im Falle der Mehrdeutigkeit die verschiedenen Bedeutungen gegen sich gelten lassen. Bei mehrdeutigen Begriffen sind strenge Anforderungen an die Aufklärung zu stellen.
- Es muss bereits in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist (wie BGH in seinem „klimaneutral“ Urteil (I ZR 98/23); aber ggf. weiterführende Infos über QR-Code.
- Zum Umfang der Erläuterung schließt sich das LG Hamburg den strengen Anforderungen des LG Frankfurt (6 U 104/22) an.
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- Es handelt sich hierbei um ein weiteres Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
- Die Beklagte, ein Mineralölkonzern, bewarb Motorenöl auf der Produktverpackung als „CO2-neutral“ und verwies dabei auf freiwillige Kompensationsmaßnahmen.
- Darüber hinaus wurde auf der Website sinngemäß damit geworben, dass dieses Motorenöl die Autofahrer dabei unterstützt, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren.
- Ferner warb der Mineralölkonzern im Internet damit, dass man durch Zahlungen eines Aufpreises von 1,1 Ct./l Benzin oder Diesel einen Ausgleich der durch die Autofahrer verursachten Emissionen erreicht.
- Die DUH beanstandete diese Werbemaßnahmen als irreführend und stützte sich dabei sowohl auf § 5 UWG als auch auf § 5a UWG unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen.
- Das LG Hamburg schließt sich im Ergebnis der Auffassung der DUH an und untersagt Shell die beanstandete Werbung bereits als irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG. Ob auch eine Irreführung durch das Vorenthalten wesentlicher Informationen gemäß § 5a UWG vorliegt, ließ das LG offen.
- Das LG betont in Anlehnung an das „klimaneutral“-Urteil des BGH (I ZR 98/23) zunächst, dass im Bereich der umweltbezogenen Werbung die Irreführungsgefahr besonders groß sei. Es gebe daher ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis.
- Diesem Aufklärungsbedürfnis werde Shell nach Auffassung der Hamburger Richter nicht gerecht: Die beanstandeten Aussagen seien mehrdeutig und bedürfen daher einer umfassenden Erläuterung.
- Zum - höchstrichterlich noch nicht geklärten - Umfang der Erläuterungspflicht schließt sich das LG Hamburg den strengen Vorgaben des LG Frankfurt, Urteil vom 10.11.2022 – 6 U 104/22 an.
- Es reicht demnach nicht aus, lediglich auf den Ausgleich durch Kompensation zu verweisen.
- Vielmehr ist auch Erläuterung erforderlich, in welchem Ausmaß und welcher Form die Kompensationsmaßnahmen tatsächlich umgesetzt werden.
- Ferner müssen Angaben dazu gemacht werden, wer die CO2-Zertifikate zertifiziert hat und nach welchen Kriterien und Standards die Zertifizierung abläuft.
- Auch ist darüber zu informieren, ob bestimmte CO2-Emissionen von der CO2-Bilanzierung ausgenommen wurden.
- Das Gericht ließ auch den Verweis von Shell auf Platzmangel auf der Produktverpackung nicht zu. So hätte man zumindest weiterführende Erläuterungen auch über einen QR-Code zur Verfügung stellen können; dies sei auch durchaus üblich und zumutbar, wurde vorliegend von Shell aber nicht gemacht.
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"Klimaziele [...] 2050 Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb (Net-zero)" | LG Hamburg | 08/2024
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Hamburg
09.08.2024
315 O 9/24
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Irreführung:
- Für eine Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -zeichen gelten strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussagen
- Es besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis, insbes. bei der Verwendung von mehrdeutigen Begriffen.
- Die vom BGH in seinem „klimaneutral“ Urteil (I ZR 98/23) aufgestellten Grundsätze gelten auch für Aussagen über eine künftige Umweltleistung bzw. Umweltziele eines Unternehmens.
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- Es handelt sich hierbei um ein weiteres Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH).
- Die Beklagte, eine Anbieterin von Kreuzfahrten, warb auf ihrer Website im Rahmen der Darstellung künftiger Klimaziele des Unternehmens mit dem Versprechen „2050 Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb (Net-zero)“.
- Unter dieser Aussage befand sich kurz und knapp ein Maßnahmenkatalog mit insgesamt fünf einzelnen Maßnahmen, wie z.B. „Nutzung von LNG für Dual-Fuel-Schiffe“ usw.
- Die DUH erhob Klage mit der Begründung, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher irregeführt würden: Der von TUI Cruises aufgeführte Maßnahmenkatalog reiche nicht aus, um ausreichend darüber aufzuklären, wie das ausgegebene Ziel realistischerweise erreicht werden könne. Insbesondere sei die Angabe, man wolle ab 2050 „LNG“ nutzen, irreführend, da sich mit fossilem LNG kein dekarbonisierter Kreuzfahrbetrieb erreichen lasse.
- Das LG Hamburg schließt sich im Ergebnis der Auffassung der DUH an und untersagt TUI Cruises die beanstandete Werbung. Es hält die Aussage „2050 Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb (Net-zero)“ für mehrdeutig und mangels ausreichender Erläuterung bzw. Aufklärung für irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG.
- Das LG betont zunächst in Anlehnung an das „klimaneutral“-Urteil des BGH (I ZR 98/23), dass im Bereich der umweltbezogenen Werbung eine Irreführungsgefahr besonders groß sei. Es gebe daher ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen.
- Diesem Aufklärungsbedürfnis werde TUI Cruises nach Auffassung der Hamburger Richter nicht gerecht: Die beanstandete Aussage sei mehrdeutig, da sie sowohl als vollständige Vermeidung von CO2-Emissionen als auch im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz unter Zuhilfenahme von Kompensationsmaßnahmen verstanden werden könne.
- Das in der Roadmap dargestellte Maßnahmenbündel trage aus zweierlei Gründen nicht zur Aufklärung bei:
Zum einen erwecke die Maßnahme „Nutzung von LNG für Dual-Use-Schiffe“ den irrtümlichen Eindruck, TUI Cruises plane, im Jahr 2050 einen dekarbonisierten Kreuzfahrtbetrieb trotz der weiteren Verwendung von fossilem LNG zu erreichen. Ohne den Zusatz „E“ oder „Bio“ sei für den Verbraucher nicht erkennbar, dass damit E-LNG, also aus erneuerbarer Energie gewonnenes LNG gemeint sei.
Zum anderen werde das Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise auch deshalb nicht befriedigt, weil Kompensationsmaßnahmen als wesentlicher Baustein zur Erreichung eines „dekarbonisierten“ Kreuzfahrtbetriebs ab dem Jahr 2050 in dem Maßnahmenkatalog keine Erwähnung finden. Der Zusatz „net-zero“ reiche hier nicht aus, da dieser Begriff nicht derart bekannt sei, dass der überwiegende Anteil der angesprochenen Verkehrskreise ihn als Hinweis darauf verstehe, dass weitere Kompensationsmaßnahmen erforderlich seien.
- Insgesamt stufte das LG diese Werbung daher als unzulässig, da irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG ein. Ob auch eine Irreführung durch das Vorenthalten wesentlicher Informationen gemäß § 5a UWG vorliegt, ließ das LG offen.
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"klimaneutrales Produkt", "Seit 2021 produziert [...] alle Produkte klimaneutral." | BGH | 06/2024
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
27.06.2024
I ZR 98/23
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Irreführung:
- Für eine Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -zeichen gelten – wie für gesundheitsbezogene Werbung – strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussagen.
- An die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise sind strenge Anforderungen zu stellen.
- Diese Anforderungen werden bei einer Werbung mit einem mehrdeutigen Begriff (wie „klimaneutral“) regelmäßig nur dann erfüllt sein, wenn bereits in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutert wird, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist.
- Eine Erläuterung in der Werbung selbst ist bei der Verwendung des Begriffs "klimaneutral", der sowohl die Vermeidung von CO2-Emissionen als auch die CO2-Kompensation umfasst, insbes. deshalb erforderlich, weil die Reduktion und die Kompensation von CO2-Emissionen keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität sind. Vielmehr gilt der Grundsatz des Vorrangs der Reduktion gegenüber der Kompensation.
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- Es handelt sich hierbei um das erste BGH-Urteil zur Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“.
- Die Beklagte, eine Süßwarenherstellerin, warb in einer Fachzeitschrift für Lebensmittel für Fruchtgummis mit der Aussage "klimaneutral produziert" und verwendet in der Anzeige das Klimaneutral-Produkt Logo von ClimatePartner.
- Weitergehende Informationen zur Klimaneutralität, insbesondere dazu, wie diese erreicht wird, wurden in der Anzeige selbst nicht gegeben, sondern nur über einen in der Anzeige enthaltenen Verweis auf eine Website von ClimatePartner (QR-Code plus Websitenennung) gegeben.
- Diese Werbung veranlasste die Wettbewerbszentrale zur Klage. Sie sah darin eine Irreführung, da über die Hintergründe des Erreichens der Klimaneutralität in der Anzeige selbst nicht ausreichend aufgeklärt werde. Die Klimaneutralität werde nur durch (zusätzliche) Kompensationsmaßnahmen erreicht (konkret durch den Kauf von CO2-Zertifikaten).
- In den ersten beiden Instanzen (LG Kleve, Az. 8 O 44/21 und OLG Düsseldorf, Az. 20 U 152/22) war die Wettbewerbszentrale noch unterlegen, beide Vorinstanzen stuften die Werbung als zulässig ein, jedoch mit unterschiedlichen Begründungen.
- Der BGH kippte die Urteile der Vorinstanzen und stufte die Werbung als unzulässig, da irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG ein.
- Die Karlsruher Richter verwiesen zunächst darauf, dass der BGH bereits seit Ende der 1980er Jahre in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass sich infolge der allgemeinen Anerkennung der Umwelt als eines wertvollen und schutzbedürftigen Guts zunehmend ein verstärktes Umweltbewusstsein entwickelt hat und infolgedessen der Verkehr vielfach Waren und Leistungen bevorzugt, auf deren besondere Umweltverträglichkeit hingewiesen wird. Gefördert wird ein solches Kaufverhalten auch durch den Umstand, dass sich Werbemaßnahmen, die an den Umweltschutz anknüpfen, als besonders geeignet erweisen, emotionale Bereiche im Menschen anzusprechen, die von einer Besorgnis um die eigene Gesundheit bis zum Verantwortungsgefühl für spätere Generationen reichen.
- Nicht selten bestehen Unklarheiten über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe - wie etwa "umweltfreundlich", "umweltverträglich", "umweltschonend" oder "bio". Überdies sind die beworbenen Produkte regelmäßig nicht insgesamt und nicht in jeder Beziehung, sondern meist nur in Teilbereichen mehr oder weniger umweltschonend bzw. weniger umweltzerstörend als andere Waren. Hinzu kommt der meist nur geringe sachliche Wissensstand des breiten Publikums über die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge und Wechselwirkungen.
- Hieraus folgt, dass im Bereich der umweltbezogenen Werbung eine Irreführungsgefahr besonders groß ist und ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen besteht. An die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise sind daher grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, die sich im Einzelfall nach der Art des Produkts und dem Grad und Ausmaß seiner "Umweltfreundlichkeit" bestimmen.
- Bei einer Werbung, die einen mehrdeutigen umweltbezogenen Begriff verwendet (wie vorliegend „klimaneutral“), muss regelmäßig bereits in der Werbung selbst eindeutig und klar erläutert werden, welche konkrete Bedeutung maßgeblich ist.
- Eine solche Erläuterung ist hier insbesondere deshalb erforderlich, weil die Reduktion und die Kompensation von CO2-Emissionen keine gleichwertigen Maßnahmen zur Herstellung von Klimaneutralität sind. Vielmehr gilt der Grundsatz des Vorrangs der Reduktion gegenüber der Kompensation.
- Eine Aufklärung erst außerhalb der konkreten Werbung reicht nicht aus (wie hier durch URL-Angabe und QR-Code)
- Der vom Berufungsgericht unter Hinweis auf § 5a Abs. 5 Nr. 1 UWG aF und § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG herangezogene Gesichtspunkt der räumlichen Beschränkung des vom Werbenden gewählten Kommunikationsmittels ist für die Prüfung der Irreführung gemäß § 5 Abs. 1 UWG ohne Bedeutung.
- Somit stufte der BGH die Werbung – entgegen den Vorinstanzen – als unzulässig, da irreführend gemäß § 5 Abs. 1 UWG ein.
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"Klimaneutrales Gas" | LG Hamburg | 01/2024
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Hamburg
25.01.2024
312 O 80/22
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Keine Irreführung (auch durch Unterlassen):
- Information darüber, wie der jeweilige Anteil der CO2-Kompensation des jeweiligen Kompensationsprojektes ist, stellt keine wesentliche Information iSd § 5a UWG dar.
- Keine Einengung der angesprochenen Verkehrskreise auf solche Verbraucher, die besonders umweltbewusst sind.
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- Die Beklagte, ein Energieversorgungsunternehmen warb auf ihrer Webseite mit der Aussage
- „Klimaneutales Gas – Klimaneutrales Gas basiert auf Erdgas. Die entstehenden CO2-Emissionen werden durch eine Reduktion von Emissionen an anderer Stelle durch die Förderung weltweiter Klima- und Umweltschutzprojekte kompensiert.“
- Ferner fand sich dort der Hinweis:
- „Aufgrund dieses Ausgleichs ist die Netto-CO2-Bilanz gleich null“
- Zudem waren auf der Webseite zumindest allgemeine Informationen zu den Klimaschutzprojekten aufgelistet.
- Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, macht einen Verstoß gegen § 5a Abs. 1 UWG geltend und vertritt dabei die Ansicht, dass die Verbraucher darüber zu informieren seien, welche Projekte, wie, in welchem Umfang und auf welche Weise gefördert würden. Zudem sei die Information notwendig, in welchem Umfang sich die Förderung auf die CO2-Bilanz auswirke und in welchem prozentualen Anteil sich der Erwerb von Emissionszertifikaten mindernd auswirke.
- Das Gericht stellt fest, dass es eine solche weitgehende Aufklärungspflicht bezüglich der Art und Weise der Klimaneutralität, der Kriterien der Zertifizierung und der Anteil der Projekte nicht gibt. Die Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Unterstützung und die Einzelheiten der Zertifizierungsentscheidung stellen keine wesentliche Information iSd § 5a UWG dar. Es schließt sich insofern dem OLG Frankfurt, Urt. v. 10.11.2022 – 6 U 104/22 an.
- Das Gericht stufte die Werbung daher als zulässig ein.
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"Cafet Latte Cappuccino Klimaneutral Produkt" | LG Amberg | 01/2024
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Amberg
29.01.2024
41 HK O 279/23
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Irreführung:
- Der Begriff „Klimaneutral“ wird im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität (ausgeglichene CO2-Bilanz) verstanden.
- Detailinformationen zu den Standards der Zertifizierung und zu den Kompensationsprojekten sind keine wesentliche Information iSd § 5a UWG.
- Waldschutzprojekte sind keine geeigneten Kompensationsprojekte.
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- Es handelt sich hierbei um ein weiteres erfolgreiches Verfahren der DUH.
- Die Beklagte, ein Lebensmittel-Discounter, warb auf einem Milchmischgetränk mit dem bekannten „Klimaneutral Produkt“ Logo von ClimatePartner. Bestandteil dieses Logos ist ein dort abgedruckter Link, der zu einer Webseite von ClimatePartner führt, wo Angaben dazu enthalten waren, wie die Klimaneutralität erreicht wird und wo sich die Waldschutzprojekte befinden.
- Die CO2-Kompensation erfolgt durch den Kauf von Zertifikaten aus Waldschutz- und Aufforstungsprojekten in Brasilien und Uruguay.
- Das Gericht schloss sich zwar zunächst der Auffassung der OLGs Schleswig, Frankfurt und Düsseldorf an, wonach der Durchschnittsverbraucher den Begriff „klimaneutral“ (lediglich) im Sinne einer ausgeglichenen CO2-Bilanz versteht, die auch durch Kompensation erreicht werden kann.
- Es bejahte dann aber einen Unterlassungsanspruch gemäß § 5 Abs. 1 UWG wegen Irreführung, da die behauptete Klimaneutralität über das hinausgeht, was mittels CO2-Zertifikate aus einem Waldschutz- und Aufforstungsprojekten mit begrenzten Laufzeiten erreichbar ist. Wie auch bereits zuvor die Landgerichte Berlin (Az.: 102 O 15/23), Düsseldorf (Az.: 38 O 92/22) und Karlsruhe (Az.: 13 O 46/22) stellt somit nun auch das LG Amberg die generelle Tauglichkeit von Waldschutz- und Aufforstungsprojekten als Kompensationsprojekte prinzipiell in Abrede.
- Das Gericht stufte die Werbung daher als unzulässig ein.
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"CO2-positiv", "klimaneutrale Herstellung" | LG München I 12/2023
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG München I
08.12.2023
37 O 2041/23
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Irreführung (auch durch Unterlassen):
- Information, auf welche Weise eine klimaneutrale Herstellung bzw. eine CO2-positive Bilanz eines Produktes erreicht wird, ist eine wesentliche Information iSd § 5a UWG.
- Verbraucher haben ein gesteigertes Interesse daran, zu erfahren, durch welche Einsparungen oder Ausgleichsmaßnahmen die behauptete Klimaneutralität erreicht werde
- Informationserteilung mittels QR-Code erfordert einen engen räumlichen Zusammenhang zu den erläuterungsbedürftigen Aussagen
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- Die Beklagte, ein Bierhersteller, warb unmittelbar auf dem Flaschenetiketten mit den Angaben
- „CO2-positiv“
- „klimaneutrale Herstellung“
- Auf dem Etikett befand sich zudem ein QR-Code, über den zumindest gewisse weitergehende Infos zur Nachhaltigkeit aufgerufen werden konnten.
- Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, macht einen Verstoß gegen § 5a Abs. 1 UWG geltend, da auf dem Etikett nicht offengelegt werde worauf die fraglichen Behauptungen tatsächlich beruhten. Jedenfalls aber werde der Verbraucher nicht hinreichend über die Grundlagen der klimabezogenen Werbeaussagen informiert. Der QR-Code genüge schon deshalb nicht, da ein Medienbruch vorliege. Auch verfügten 1/5 aller Verbraucher über gar kein Smartphone. Zudem sei die Annahme, Endverbraucher würden noch im Supermarkt vor Kauf die Homepage in Augenschein nehmen, unrealistisch.
- Das Gericht stellt fest, dass die Information, auf welche Weise eine klimaneutrale Herstellung bzw. eine CO2positive Bilanz eines Produktes erreicht wird, eine wesentliche Information iSd § 5a UWG darstellt.
- Verbraucher haben ein gesteigertes Interesse daran, zu erfahren, durch welche Einsparungen oder Ausgleichsmaßnahmen die behauptete Klimaneutralität erreicht werde, dies gelte insbesondere in Zeiten von „Greenwashing“, so das Gericht.
- Der QR-Code auf der Flasche hilft nicht weiter, da bereits kein enger räumlicher Zusammenhang zu den beanstandeten Aussagen besteht, für einen etwaig zulässigen sog. „Medienbruch“ sei jedoch eine Verweisung mit einem klaren und eindeutigen Link erforderlich.
- Ferner waren auf der über den QR-Code erreichbaren Website unmittelbar keine genauen Angaben zur berechneten Klimabilanz zu finden, die etwas über die "klimaneutrale Herstellung" verraten würden.
- Das Gericht stufte die Werbung daher insgesamt als unzulässig ein.
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„Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck“ | OLG Nürnberg 11/2023
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 15.11.2023, 3 U 1722/23
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- Verbraucher beziehen die das Vorderseitenetikett eines Produktes prägenden Angaben idR auf das Produkt selbst und nicht auf dessen Verpackung.
- Bei einer Blickfang-Werbung kann der dadurch veranlasste Irrtum nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat.
- Eine etwaige Mehrdeutigkeit einer Werbeaussage geht zu Lasten des Werbenden.
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- Die Beklagte, die zu einem großen Lebensmittel-Discounter gehört, verkauft Rot- und Weißweine unter der Marke „BioBio“.
- Auf der Vorderseite des Produktes warb sie mit der Aussage “Reduziert Deinen CO2-Fussabdruck”.
- Direkt neben der Aussage befanden sich zwei Bilder: Das EU-Bio-Siegel (grünes Blatt-Symbol) und ein rechteckiges Symbol, welches eine stilisierte Flasche mit dem Text “ECO2 Bottle” wiedergab.
- Auf der Rückseite der Flasche befand sich der erläuternde Hinweis:
- „ECO2Bottle:
Neben dem sehr hohen Einsatz von Altglas und der Nutzung von Öko-Strom reduziert die ECO2 Bottle die Immissionen im Vergleich zu einer Standardweinflasche um mehr als 30%.“
- Die Klägerin, eine Verbraucherzentrale, beanstandete diese Werbung als irreführend, da sie den unzutreffenden Eindruck erwecke, das Produkt selbst, also der Wein (und nicht nur die Flasche), sei überdurchschnittlich umweltfreundlich hergestellt.
- Die Vorinstanz (LG Amberg, 41 HK O 959/22) folgt dieser Rechtsauffassung und untersagte die Werbung.
- Das OLG bestätigte dies und stufte die Werbung als irreführend iSd § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG ein, da sie unwahre Angaben über wesentliche Merkmale der Ware enthält.
- Wesentliche Teile der Durchschnittsverbraucher verstehen demnach die Werbung dahingehend, dass die Produktion des Weins selbst besonders CO2-emissionsarm ist (und eben nicht nur die Flasche).
- Dies ergibt sich aus dem Gesamteindruck des Etiketts, das im Wesentlichen aus einem stilisierten Fußabdruck mit der beanstandeten Werbeaussage in Verbindung mit aus diversen Umweltsymbolen stilisierten Zeichen besteht. Insbes. die stilisierten Pflanzenblätter und das abgebildete Pflänzchen in der geöffneten Hand legen für den adäquat aufmerksamen Verbraucher den Schluss nahe, dass sich die CO2–Reduzierung auf den Pflanzenanbau bezieht.
- Ferner geht der Verbraucher bei dem Erwerb eines Produkts idR davon aus und ist daran gewöhnt, dass sich die das Vorderseitenetikett prägenden Angaben auf das Produkt selbst und nicht auf dessen Verpackung (hier: Flasche) beziehen.
- Daher muss entweder bereits auf der Vorderseite des Etiketts der Weinflasche ein aufklärender Hinweis erfolgen, der dem Verbraucher hinreichend deutlich vor Augen führt, dass allein die Flasche den behaupteten ökologischen Vorteil liefert, oder es muss ein Sternchenhinweis vorhanden sein, der eine eindeutige Zuordnung zwischen den herausgestellten Angaben und den ergänzenden Produktinformationen ermöglicht.
- Hieran ändern auch die Erläuterungen auf der Rückseite der Flasche nichts. Zwar ist grds. davon auszugehen, dass der Verbraucher bei Produkten wie Lebensmitteln regelmäßig nicht nur die Schauseite einer Packung, sondern auch die an anderer Stelle angebrachten Informationen wahrnehmen wird. Etwas anderes gilt jedoch bei einer, wie vorliegend, blickfangmäßig herausgestellten Angabe, die bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt; in einem solchen Fall kann der dadurch veranlasste Irrtum nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat.
- Das Gericht stufte die Etikettengestaltung daher als unzulässig ein.
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"Klimaneutrales Kochbox-Unternehmen" | LG Berlin 09/2023
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Berlin
19.09.2023
102 O 15/23
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Irreführung (auch durch Unterlassen):
- Der Begriff „Klimaneutral“ wird im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität (ausgeglichene CO2-Bilanz) verstanden
- Ob „klimaneutral“ mit „CO2-neutral“ gleichgesetzt werden kann, hängt vom Einzelfall ab.
- Für das Erreichen einer CO2-Neutralität sind Waldschutzprojekte prinzipiell nicht geeignet.
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- Es handelt sich hierbei um ein weiteres Verfahren der DUH.
- Die Beklagte warb auf ihrer Website mit der Aussage „Das erste globale klimaneutrale Kochbox-Unternehmen“ sowie mit dem Zusatz „Wir kompensieren 100% unserer direkten CO2-Emissionen“
- Weiterführende Informationen/Erläuterungen hierzu gab es vor Ort nicht.
- Die CO2-Kompensation erfolgt unter anderem durch den Kauf von Zertifikaten eines Waldschutzprojektes in Kenia („Kasigau Corridor“).
- Das Gericht stufte die Werbung als unzulässig ein.
- Das Gericht schloss sich zwar zunächst der Auffassung der OLGs Schleswig, Frankfurt und Düsseldorf an, wonach der Durchschnittsverbraucher den Begriff „klimaneutral“ (lediglich) im Sinne einer ausgeglichenen CO2-Bilanz versteht, sie sowohl durch eigene CO2-Vremeidung als auch durch Kompensation erreicht werden kann.
- Ferner setzte das Gericht zumindest in dem konkreten Fall den Begriff „klimaneutral“ mit „CO2-neutral“ gleich, wies aber zugleich darauf hin, dass dies nicht immer der Fall sein muss.
- Zum einen bejahte es dann aber einen Unterlassungsanspruch bereits gemäß § 5 Abs. 1 UWG wegen Irreführung, da die behauptete Klimaneutralität über das hinausgeht, was mittels CO2-Zertifikaten aus einem Waldschutzprojekt kurzfristig erreichbar ist. Wie auch bereits zuvor die Landgerichte Düsseldorf (Az.: 38 O 92/22) und Karlsruhe (Az.: 13 O 46/22) stellt somit nun auch das LG Berlin die generelle Tauglichkeit von Waldschutzprojekten als Kompensationsprojekte ganz prinzipiell in Abrede.
- Zum anderen bejahte das Gericht auch einen Unterlassungsanspruch gemäß § 5a UWG aufgrund des Vorenthaltens wesentlicher Informationen, da es auf der Website keine weiteren Erläuterungen zu diesen „klimaneutral“-Aussagen gab.
- Insbesondere die in der Werbeaussage enthaltene Einschränkung auf lediglich „direkte Emissionen“ hätte näher erläutert und auch der zugrunde gelegte Berechnungsstandard (GHG Protocol) angegeben werden müssen.
- Ferner hätte die Beklagte erläutern müssen, was unter dem ebenfalls verwendeten Begriff „Verified Carbon Standard“ zu verstehen ist.
- Schließlich bemängelte das Gericht auch noch, dass nähere Ausführungen über die Details der Klimaschutzprojekte in Nepal und den Niederlanden, da die Beklagte diese in der Werbung erwähnt hatte und zumindest daher hierzu weitere Angaben machen muss (anders, wenn die Projekte gar nicht erwähnt worden wären).
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"Klimaneutral", "Umweltneutral" | LG Karlsruhe 07/2023
Name: Klimaneutral
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Karlsruhe
26.07.2023
13 O 46/22
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Klimaneutral
Irreführung (auch durch Unterlassen):
- Bei Werbung mit dem Begriff „Klimaneutral“ sind die wesentlichen Informationen hierzu zu erteilen (ausgenommene Emissionen, Kriterien der Zertifizierung).
- Nicht ausreichend für eine Informationserteilung ist die Angabe einer reinen Ziffernfolge (ClimatePartner ID) neben dem ClimatePartner-Logo ohne Angabe einer konkreten Webseite.
- Für das Erreichen eine Co2-Neutralität sind Waldschutzprojekte prinzipiell nicht geeignet.
Umweltneutral
Irreführung (durch Unterlassen):
- Der Begriff „Umweltneutral“ ist im Sinne „Produkt mit ausgeglichener Umweltbilanz“ zu verstehen
- Zu berücksichtigen sind hier alle der 13 Wirkkategorien von Umweltbelastungen
- Die Berücksichtigung von nur fünf dieser 13 Kategorien reicht nicht aus, selbst wenn dies die wesentlichsten sind.
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Klimaneutral
- Die Beklagte bewarb unter dem Verweis auf das ClimatePartner-Logo und dem Zusatz „CO2-kompensiert“ diverse Kosmetikprodukte mit dem Begriff „Klimaneutral“. Weitere wesentliche Informationen, nämlich welche Emissionen von der Bilanzierung ausgenommen worden sind und anhand welcher Kriterien eine Zertifizierung erfolgt ist, werden auf der Produktverpackung nicht erteilt.
- Diese Informationen waren zwar wohl auf den Internetseiten von CliamtePartner zu finden. Auch sei es grundsätzlich möglich, auf eine Internetseite zu verweisen. Die auf dem Produkt neben dem ClimatePartner-Logo jedoch lediglich angegebenen Ziffernfolge (ClimatePartner ID) reiche für eine Informationserteilung jedoch nicht aus (ohne Angabe einer konkreten URL). Daher bejahte das Gericht einen Verstoß gegen § 5a UWG.
- Darüber hinaus bejaht das Gericht aber auch einen Verstoß gegen § 5 UWG. Dies deshalb, da mit einem Waldschutzprojekt (hier: Waldschutzprojekt in Peru) grundsätzlich keine Klimaneutralität erreicht werden könne. Klimaneutralität gehe prinzipiell über das hinaus, was mittels CO2-Zertifikaten aus Waldschutz erreichbar sei. Für eine dauerhafte Neutralisierung der Treibhausgase würden insbesondere die anstrebten Projektzeiträume bei Weitem nicht ausreichen.
- Offen lässt das Gericht, ob Klimaschutzprojekte, wie das hier in Rede stehende, im Hinblick auf ihre Zertifizierungs- und Auditierungsmechanismen und die zur Anwendung gelangenden Algorithmen einer naturwissenschaftlichen und soziologischen Analyse im Übrigen standhalten.
Umweltneutral
- Weitere Produkte (Spülmittel) bewarb die Beklagte mit dem Begriff „Umweltneutrales Produkt“.
- Das Gerichte meinte, der Begriff „Umweltneutral“ werde von den angesprochenen Verbrauchern – parallel zu „Klimaneutral“ – im Sinne eines „Produkts mit ausgeglichener Umweltbilanz“ verstanden. Eine solche liege bei den streitgegenständlichen Produkten aber nicht vor
- Von 13 Wirkkategorien von Umweltbelastungen bleiben bei den Produkten der Beklagten acht dieser Kategorien unbeachtet. Berücksichtigt wurden im Rahmen des GREENZERO-Ansatzes der Beklagten nur fünf Kategorien und zwar die Kategorien CO2-Emissionen, Eutrophierung (Nährstoffeintrag), Versauerung, Sommersmog und Ozonabbau. Dies reiche für die Bewerbung eines Produktes als „umweltneutral“ nicht aus. Daher stufte das Gericht die Werbung als irreführend gemäß § 5 UWG ein.
- Auch die Erläuterungen mittels Sternchenhinweis konnten in dem vorliegenden Fall einer Irreführung letztlich nicht entgegenwirken.
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"Klimaneutral" | OLG Düsseldorf 07/2023
Name: Klimaneutral
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Düsseldorf
06.07.2023
20 U 72/22
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Irreführung (durch Unterlassen):
- Der Begriff „Klimaneutral“ wird im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität (ausgeglichene Bilanz) verstanden. „Klimaneutral“ als solches ist daher nicht bereits irreführend iSd § 5 UWG.
- Dennoch ist über die grundlegenden Umstände dieser bilanziellen Klimaneutralität zu informieren (sonst § 5a UWG) und zwar:
- welche Produktionsvorgänge wurden berücksichtigt, wurden bestimmte Emissionen von der Co2-Bilanzierung ausgenommen?
- liegen eigene Einsparmaßnahmen vor oder erfolgte lediglich der Erwerb von CO2-Zertifikaten, und welche Art der Ausgleichsmaßnahme wurde vorgenommen?
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- Es handelt sich hierbei um das Berufungsverfahren gegen das am 25.02.2022 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Mönchengladbach Az.: 8 O 17/21 (= Vorinstanz).
- Die Beklagte produziert Konfitüren, wobei sie auf ihren Marmeladengläsern den Aufdruck "klimaneutrales Produkt" verwendet. Zudem bewarb sie ihre Marmelade in der Lebensmittelzeitung unter dem blickfangmäßigen Hinweis "Macht nachhaltig Eindruck" mit dem weiteren Hinweis "Klimaneutraler Preis-Leistungs-Klassiker". Weiterführende Informationen hierzu oder ein Hinweis auf eine Webseite waren weder in der Zeitungsanzeige noch auf dem Produkt vorhanden.
- Das Gericht gab der Beklagten in dem Berufungsverfahren zumindest insoweit Recht, dass Verbraucher den Begriff „klimaneutral“ richtig im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität verstehen würden. Daher lehnte das Gericht eine Irreführung gemäß § 5 UWG ab (anders noch die Vorinstanz).
- Dennoch bejahte das Gericht einen Unterlassungsanspruch letztlich unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen (§ 5a UWG). Als wesentliche Informationen stufte das Gericht die Information darüber ein, auf welche Weise die „Klimaneutralität“ des beworbenen Produktes erreicht wird. Gerade auch dann, wenn Verbraucher von der Möglichkeit einer ausgeglichene Klimabilanz durch Kompensationsmaßnahmen Kenntnis haben, bestehe ein Interesse an einer Aufklärung über die grundlegenden Umstände.
- Zu Informieren ist damit über die Frage, welche Produktionsvorgänge berücksichtigt worden sind, d.h. ob bestimmt Emissionen von der Bilanzierung ausgenommen wurden, ob eigene Einsparmaßnahmen oder ein Erwerb von Zertifikaten vorliegt sowie über die Art der Ausgleichsmaßnahme. Diese Informationen wurden vorliegend nicht gegeben.
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"Klimaneutral" | OLG Düsseldorf 07/2023
Name: Klimaneutral
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Düsseldorf
06.07.2023
20 U 152/22
Aufgehoben durch
BGH,
27.06.2024,
I ZR 98/23!
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Keine Irreführung:
- Der Begriff „Klimaneutral“ wird im Sinne einer bilanziellen Klimaneutralität (ausgeglichene Bilanz) verstanden. „Klimaneutral“ als solches ist daher nicht bereits irreführend iSd § 5 UWG.
- Dennoch ist über die grundlegenden Umstände dieser bilanziellen Klimaneutralität zu informieren (sonst § 5a UWG) und zwar:
- wurde die Klimaneutralität ganz oder teilweise durch Eigen- oder zumindest auch mithilfe von Kompensationsmaßnahmen erreicht?
- wurden und wenn ja welche der Emissionen sind bei einer Bilanzierung ausgeklammert worden?
- Aber: Zur Erteilung der Information reicht ein QR-Code oder die Angabe einer Webseite, auf der sich dann alle erforderlichen Infos befinden.
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- Es handelt sich hierbei um das Berufungsverfahren gegen das am 22.06.2022 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Kleve Az.: 8 O 44/21 (= Vorinstanz).
- Die Beklagte warb in der Lebensmittelzeitung für Fruchtgummis mit der Aussage "klimaneutral produziert" und verwendet in der Anzeige das Klimaneutral-Logo von ClimatePartner.
- Das Berufungsinstanz bestätigt zunächst die Auffassung der Vorinstanz, dass Klimaneutralität ist nicht gleichbedeutend mit Emissionsfreiheit ist und auch mittels Kompensation erreicht werden kann (ausgeglichene Bilanz). Ein derartiges Verständnis werde im konkreten Fall auch durch den Hinweis auf die Webseite „ClimePartner.com“ gestützt. Daher verneinte das Gericht eine Irreführung gemäß § 5 UWG. Anders als die Vorinstanz stellte das OLG hierfür aber nicht darauf ab, dass sich die Werbung an Fachpublikum richte. Die meisten Leser der Fachzeitschrift seien nämlich jedenfalls auch Verbraucher und würden von der Werbung daher nicht nur in ihrer Eigenschaft als Händler, sondern auch in der Eigenschaft als Verbraucher angesprochen.
- Dennoch bleibe aber gemäß § 5a UWG eine Aufklärung darüber erforderlich, ob die in der Werbung behauptete Klimaneutralität ganz oder teilweise durch Einsparungen bzw. durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wird. Ferner ist eine Aufklärung darüber erforderlich, ob bestimmte Emissionen von der CO₂-Bilanzierung ausgenommen wurden. Diesen Anforderungen wurde die streitgegenständliche Werbung letztlich aber gerecht, weswegen das OLG auch einen Verstoß gegen § 5a UWG verneinte.
- Zur Erteilung der erforderlichen Information reiche es insbesondere aus, wenn diese Informationen entweder über einen QR-Code oder durch Eingabe der genannten Website aufgerufen werden können, was vorliegend der Fall war
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"CO2-Emissionen mit 0 g/km" | LG Berlin 03/2023
Name: CO2-Emissionen mit 0g/km
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Berlin, 21.03.2023, 52 O 242/22
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Keine Irreführung (durch Unterlassen):
- Informationen zu einem etwaigen Emissions-Zertifikatehandel eines Unternehmens stellen keine wesentliche Information iSd § 5a UWG dar
- Ein etwaiger Emissions-Zertifikatehandel ist auch nicht vergleichbar mit dem Erwerb von Zertifikaten zur Kompensation des eigenen CO2-Ausstoßes.
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- Die Beklagte, Hersteller von E-Autos, gab auf ihrer Konfigurations-Website zu den Fahrzeugdaten zur Erfüllung ihrer PKW-EnVKV-Pflichten u.a. an:
„Offizieller Energieverbrauch: 14kWh/100km. CO2-Emissionen im kombinierten Test-Zyklus: 0 g/km. CO2-Effizienzklasse: A+“.
- Auf ihrer Website warb sie zudem mit den Aussagen
„Tesla steht für eine Mission. Die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie“ sowie „Das Tesla-Credo: Je schneller wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen überwinden und eine emissionsfreie Zukunft verwirklichen, desto besser.“
- Der Kläger, ein Wettbewerbsverband (vzbv), macht einen Verstoß gegen § 5a Abs. 1 UWG geltend, da insbes. vorenthalten werde, dass Tesla durch Emissions-Zertifikatehandel zusätzliche Einnahmen generiert
- Das Gericht lässt offen, ob es sich bei den Pflichtangaben gemäß der PKW-EnVKV überhaupt um Werbung handelt
- Weitergehende Informationen zu dem Emissions-Zertifikatehandel stellen jedoch keine wesentliche Information iSd § 5a UWG dar.
- Die Aussage „CO2-Emissionen: 0 g/km“ ist unstreitig wahr und wird auch nur in Bezug auf den Energieverbrauch bei Betrieb des konkreten Elektro-Fahrzeugs verstanden, wobei eben keine CO2-Emissionen ausgestoßen werden.
- Die hier vorliegende Konstellation des Emissions-Zertifikatehandels durch Tesla ist auch nicht vergleichbar mit dem Erwerb von Zertifikaten zur Kompensation des eigenen CO2-Ausstoßes
- Das Gericht stufte die Werbung daher insgesamt als zulässig ein.
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"CO2 kompensiertes Heizöl" | LG Düsseldorf 03/2023
Name: CO2 kompensiertes Heizöl
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Düsseldorf
24.03.2023
38 O 92/22
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Irreführung (durch Unterlassen und durch aktives Tun):
- Eine Irreführung durch Unterlassen iSd § 5a UWG liegt vor, wenn Informationen dazu vorenthalten werden, welche Emissionen in den beworbenen Ausgleich überhaupt einbezogen wurden.
- Eine Irreführung durch Unterlassen iSd § 5a UWG liegt auch vor, wenn Informationen dazu vorenthalten werden, inwieweit das der Kompensation zugrunde gelegte Klimaprojekt tatsächlich eine Kompensation klimaschädlicher Emissionen herbeiführt (belastbare Kausalitätserwägungen).
- Eine Irreführung durch aktives Tun iSd § 5 UWG kann sich auch aus der konkreten Darstellung/Beschreibung des jeweiligen Klimaschutzprojektes ergeben; dies birgt für den Werbenden besondere Risiken, da die Projektbeschreibung meist schlicht von dem Zertifizierer übernommen wird.
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- Es handelt sich hierbei um ein von der Deutschen Umwelthilfe DUH initiiertes Hauptsacheverfahren. Die DUH geht derzeit aktiv gegen diverse klimaneutral-Werbungen unterschiedlicher Unternehmen verschiedenster Branchen vor und hat auch bereits mehrere Gerichtsverfahren in die Wege geleitet (> Hier geht's zur Übersicht)
- Die Beklagte vertreibt Heizöl und hat dieses auf ihrer Homepage als „Premium Heizöl thermoplus CO2 kompensiert“ beworben (auch B2C) und auf einer Unterseite unter der Überschrift „Was ist CO2 kompensiertes Heizöl?“ hierzu eine Erläuterung bereitgestellt.
- Das Gericht stellt zunächst fest, dass Informationen zu Umfang und Realisierung der beworbenen Kompensation ein erhebliches Gewicht zukommt und Verbraucher daher auch erwarten können, dass solche Informationen von dem Werbenden bereitgestellt werden (und zwar ganz egal, ob der Verbraucher dies dann alles tatsächlich auch liest).
- Das Gericht setzt die Rechtsprechung fort, dass bei Klimaneutral-Werbung eine erhöhte Irreführungsgefahr besteht, was strenge Maßstäbe und weitgehende Aufklärungspflichten rechtfertigt.
- Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass von der Beklagten im Rahmen ihrer Erläuterung Informationen dazu vorenthalten wurden iSv § 5a UWG, welche Emissionen in den beworbenen Ausgleich überhaupt einbezogen wurden.
- Ferner bemängelt das Gericht, dass die angegriffene Darstellung keine eindeutigen Informationen dazu enthalte, inwieweit das der Kompensation zugrunde gelegte Waldschutzprojekt tatsächlich eine Kompensation klimaschädlicher Emissionen herbeiführt. Es bleibe weitgehend im Dunkeln, wie durch eine Unterstützung von 400 Familien beim nachhaltigen Paranussanbau in einem in den letzten Jahren von zum Teil illegalen Rodungen bedrohten Gebiet Treibhausgase nachweislich eingespart werden können (keine belastbaren Kausalitätserwägungen dazu, weshalb Waldschutz auch Klimaschutz bedeute). Auch dies stelle einen Verstoß gegen § 5a UWG dar.
- Schließlich bejaht das Gericht in Bezug auf die konkrete Darstellung zu dem Waldschutzprojekt auch noch eine Irreführung iSv § 5 Abs. 1 UWG, da die darin enthaltene Angabe, im Rahmen des Waldschutzprojektes würden 400 einheimische Familien Landrechte erhalten, nicht zutreffe.
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"Klimaneutrales Unternehmen", "Klimaneutrale Hygiene" | OLG Frankfurt a.M. 02/2023
Name: Klimaneutrale Hygiene II
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Frankfurt a. M.
16.02.2023
6 U 157/22
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Teilweise Aufhebung von LG Frankfurt a.M., 3-12 O 21/22 (= Vorinstanz)
Feststellung:
- Begriff „Klimaneutralität“ hat zwar bestimmten Inhalt, ist aber erläuterungsbedürftig (Fortführung der Senatsrechtsprechung aus 6 U 104/22)
- Es ist bekannt, dass CO2-Neutralität sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensationsmaßnahmen/Zertifikatserwerb erreicht werden kann.
- Werbung mit „klimaneutral“ im Sinne einer „Netto-Null-Klimabelastung“ ist nicht bereits deshalb unzulässig, da eine konkrete, mathematische Berechnung generell nicht möglich ist.
Irreführung:
- bei Werbung mit „klimaneutrales Unternehmen“ ohne weitergehende aufklärende Hinweise (bereits in der Werbung selbst) gehen die Adressaten davon aus, dass grds. alle wesentlichen Emissionen des Werbenden ausgeglichen sind, auch jene der Produktion; (-) bei Ausklammerung von Scope 3
- hier keine maßgeblichen Unterschiede zwischen B2C und B2B-Verständnis
- Verweis in Video auf Internetseite mit den weitergehenden Infos reicht hier nicht
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- Wie in LG Frankfurt a.M., 3-12 O 21/22 (= Vorinstanz)
- Antragsgegnerin ist Reinigungsmittelherstellerin und wirbt in Werbevideo mit Auszeichnung als „klimaneutrales Unternehmen“ und mit den Schlagworten "klimaneutrale Hygiene" (B2B).
- Der Hinweis auf weitergehende Informationen im Internet durch bloße Angabe einer URL in dem Video (ohne Verlinkung) wurde als nicht ausreichend eingestuft (Medienbruch); daher wurde auch nicht geprüft/entschieden, ob die überarbeitete Erläuterungsseite ausreichende Erläuterungen enthalten hat.
- Anders soll dies aber unter Verweis auf die Senatsrechtsprechung aus 6 U 104/22 sein, wenn die „klimaneutral“-Aussage auf einer Internetseite getätigt wird und dort eine Verlinkung auf Subpage mit weiteren Erläuterungen erfolgt.
- Wird eine produktbezogene CO2 Neutralität (lediglich) dadurch erreicht, dass Kunden einen freiwilligen CO2-Aufschlag bei Produkterwerb zahlen, muss hierauf ausreichend deutlich hingewiesen werden.
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"Messbare ökologische Wirkung" | LG Stuttgart 02/2023
Name: Investmentfonds
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Stuttgart
06.02.2023
35 O 97/22 KfH
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Irreführung (durch Unterlassen):
- Eine Irreführung liegt vor, wenn ein Produkt (hier: ein Investmentfonds) mit einer „messbaren ökologischen Wirkung“ beworben wird, ohne anzugeben, wie die Berechnung konkret vorgenommen wird.
- Eine Werbung mit Auszeichnungen und Gütesiegeln (hier: „SCOPE Award“) ist irreführend, wenn keine Fundstelle angegeben wird.
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- Die Beklagte bewarb ein Finanzprodukt (Fonds) damit, dass dieses eine „messbare“ Wirkung zur CO²-Vermeidung habe, zudem würden Anleger, die in den Fonds investieren, einen „positiven und messbaren ökologischen Beitrag“ leisten.
- Das Gericht stellt fest, dass die angesprochenen Verkehrskreise zwar nicht von einer konkreten Messbarkeit der CO² Vermeidung ausgingen, weil klar sei, dass eine Vermeidung nicht gemessen werden könne („Dies ist bei nicht vorhandenen, weil vermiedenen CO2 Emissionen naturgemäß nicht möglich.“).
- Irreführend sei allerdings die nicht hinreichende Aufklärung über die Methode der Berechnung. Es handele sich dabei um eine wesentliche Information i.S.d. § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG, die nach Auffassung des Gerichts im konkreten Fall aber nicht hinreichend klar und in räumlichem Zusammenhang mit den angegriffenen Angaben gegeben würde: Eine Erläuterung unter der Rubrik „FAQ“ reiche nicht aus, da der Verbraucher aktiv auf die Suche gehen müsse, um die Erläuterung zu finden. Zudem finde sich in der Erläuterung kein klarer Bezug zur Messbarkeit und damit zur Berechenbarkeit des ökologischen Beitrages.
- Irreführend sei schließlich auch die fehlende Aufklärung darüber, um was für eine Auszeichnung es sich bei dem „SCOPE-Award“ handelt und nach welchen Kriterien dieser vergeben wird. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, die entsprechende Fundstelle anzugeben.
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Insb. "nachhaltiger Kräutertee", "ressourcenfreundlich" | OLG Bremen 12/2022
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Bremen
23.12.2022
2 U 103/22
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Irreführung:
- An die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise sind auch bei dem Begriff „nachhaltig“ strenge Anforderungen zu stellen.
- Dies gilt auch für eine Werbung, die sich ausschließlich an Fachkreise richtet
- Gleiches gilt für die Bewerbung als „ressourcenfreundlich“
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- Die Beklagte bewirbt diverse Teesorten gegenüber dem Fachpublikum (in der Lebensmittelzeitung) u.a. als „nachhaltig“ und „ressourcenfreundlich“. Für die beworbenen Produkte existiert auch eine Bio-Zertifizierung nach der EG-Ökoverordnung, das diesbezügliche Bio-Siegel ist auch auf dem Produkt abgebildet.
- Die Vorinstanz (= LG Bremen, Az.: 9 O 885/22) hat die Werbung als zulässig eingestuft, insbesondere aufgrund des Umstandes, dass sich die streitgegenständliche Werbung ausschließlich an Fachkreise gerichtet hat, die die Aussagen vor dem Hintergrund der Bio-Zertifizierung verstehen und daher darauf beziehen.
- Das OLG Bremen stufte die Werbung hingegen als unzulässig ein.
- Nach Ansicht des OLG lasse die Werbung nach ihrem Gesamteindruck keine hinreichende Benennung derjenigen Vorzüge erkennen, die die Auslobung der Nachhaltigkeit aus Sicht des Werbenden tragen soll.
- Es sei nicht erkennbar, dass die Nachhaltigkeit auf die Bio-Zertifizierung Bezug nehmen soll. Vielmehr entstehe aufgrund der konkreten Gestaltung der Eindruck, dass mit „nachhaltig“ ein über die Bio-Zertifizierung hinausgehender, weitergehender Nachhaltigkeitsaspekt zum Ausdruck gebracht werden soll.
- Dies gelte auch aus Sicht der Fachkreise.
- Schließlich sei auch die Auslobung als „ressourcenfreundlich“ ebenso unscharf und daher ebenso unzulässig wie die Auslobung als „nachhaltig“.
- Das Gericht untersagt im Rahmen dieses Verfahrens ferner auch noch die Aussagen „kurze Lieferwege“, „füttert die Bienen“ und „fördert die Biodiversität“ als ebenfalls irreführend.
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"Klimaneutral" | LG Stuttgart 12/2022
Name: Klimaneutraler Essigreiniger und klimaneutrales Unternehmen
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Stuttgart
05.12.2022
53 O 169/22
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Irreführung (auch durch Unterlassen):
- Die Werbung mit Klimaneutralität ohne Hinweis darauf, dass diese ausschließlich durch Kompensationsmaßnahmen erfolgt, ist irreführend.
- Wird die Entsorgungsphase bei einer produktbezogenen CO2-Bilanzierung ausgeklammert, muss hierauf hingewiesen werden.
- QR-Code mit weitergehenden Informationen zur behaupteten Klimaneutralität genügt nicht.
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- Die Beklagten ist Herstellerin von Essig-Reinigungsmitteln. Auf der Flasche eines Essigreinigers wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass dieser Essigreiniger "klimaneutral" sei. Unter anderem geschah dies auch durch Nutzung des "Klimaneutral"-Logos von ClimatePartner.
- Bei der produktbezogenen CO2-Bilanz wurde die Entsorgungsphase im Rahmen der Berechnung allerdings ausgeklammert. Statt dessen erfolgt lediglich ein Sicherheitsaufschlag iHv 10%.
- Im Rahmen ihres Internetauftrittts bezeichnete sich die Beklagte zudem als "klimaneutrales Unternehmen".
- Das Gericht urteilt, dass die Werbung mit Klimaneutralität ohne Hinweis darauf, dass diese ausschließlich durch Kompensationsmaßnahmen erfolgt, irreführend ist. Die Vorstellung des Verbrauchers vom Begriff „klimaneutral“ liegt darin, dass jedenfalls davon auszugehen ist, dass diese Aussage nicht ausschließlich durch eine Kompensation durch Erwerb von CO2-Zertifikaten erreicht wird. Zu erwarten ist bei einer ohne nähere Erläuterung platzierten Angabe „klimaneutral“, dass das werbende Unternehmen alles im weitesten Sinn Zumutbare unternimmt, um seine CO2-Emissionen zu vermeiden und lediglich den unvermeidlichen Rest der Emissionen kompensiert.
- Überdies ist die produktbezogene Werbung mit dem Begriff „klimaneutral“ irreführend aufgrund des für die CO2-Bilanzierung gewählten Ansatzes cradle-to-customer (also insbes. Ausklammerung der Entsorgungsphase). Ohne klarstellende Erläuterung ist zumindest der Ansatz cradle-to-customer plus end-of-life maßgeblich. Sicherheitsaufschlag hilft nicht weiter.
- Ein auf dem Produkt mittels QR-Code angebrachter oder ausgeschriebener Link auf weitergehende Informationen zur behaupteten Klimaneutralität auf der Webseite der Beklagten genügt für sich genommen nicht (da Kaufsituation im Supermarkt).
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"Klimaneutral" | OLG Frankfurt a.M 11/2022
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Frankfurt a.M.
10.11.2022
6 U 104/22
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Irreführung:
- Der Begriff "klimaneutral" ist zwar verständlich und hat einen bestimmten Inhalt (und zwar ausgeglichene Bilanz der CO2-Emissionen durch Vermeidung und/oder Kompensationsmaßnahmen).
- Dennoch besteht Aufklärungsbedürfnis über grundlegende Umstände und zwar
- ob Klimaneutralität ganz oder teilweise durch Einsparungen bzw. durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wurde
- ob bestimmte Emissionen von der CO2-Bilanzierung ausgeklammert wurden
- Bereitstellung von Informationen anhand welcher Kriterien die Prüfung für das Gütesiegel erfolgt ist.
- Weitergehende Anforderungen des LG Frankfurt a.M. (3-10 O 14/22) sind zu hoch.
- Hier Irreführung, da fehlerhafte Aufklärung über Bemessungsgrundlage, da gewisse Scope3-Emissionen ausgeklammert wurden und hierauf nicht hingewiesen wurde.
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- Die Antragsgegnerin ist Herstellerin ökologischer Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel.
- Sie warb auf ihrer Website in der Fußzeile mit dem Klimaneutral-Logo von ClimatePartner.
- Aufgrund der gütesiegelartigen Darstellung, die große Bedeutung für Verbraucherentscheidung hat, besteht erhebliches Interesse an Aufklärung.
- Etwaige Beschränkung durch das gewählte Kommunikationsmittel sind zu berücksichtigen, Verweis auf Unterwebseite ist daher ok.
- Aufgeklärt werden muss darüber, ob Klimaneutralität ganz oder teilweise durch Einsparungen bzw. durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wurde und insbesondere auch darüber, ob bestimmte Emissionen von der CO2-Bilanzierung ausgeklammert wurden. Ferner müssen Informationen dazu bereitgestellt werden, anhand welcher Kriterien die Prüfung für das Gütesiegel erfolgt ist.
- Nicht angegeben werden müssen: Umfang der Reduzierung im Verhältnis zum ermittelten Ausstoß sowie Gegenstand des zur Kompensation unterstützten Klimaprojekts.
- Auch nicht angegeben werden muss, welche konkreten Scope3-Emissionen ausgeklammert wurden.
- Irreführung aber bejaht, da Verbraucher von Kompensation aller wesentlichen Emissionen ausgeht. Zwar können schwer quantifizierbare Scope3-Emissionen grundsätzlich ausgeklammert werden. Davon geht Verbraucher aber nicht ohne weiteres aus, da Ausklammerung von Scope3-Emissionen nicht bekannt ist. Ein Hinweis auf Ausklammerung erfolgte jedoch nicht.
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"Klimaneutral" | LG Frankfurt a.M. 07/2022
Name: Klimaneutrale Hygiene II - Teilweise aufgehoben durch OLG Frankfurt a.M., 16.02.2023, 6 U 157/22
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Frankfurt a.M.
15.07.2022
3-12 O 21/22 |
Keine Irreführung (auch nicht durch Unterlassen):
- Begriff "Klimaneutralität" ist zwar stark erläuterungsbedürftig.
- Allerdings sind Anforderungen des LG Frankfurt a.M. (3-10 O 14/22) zu hoch.
- Erforderliche Informationen werden nach Überarbeitung der Website der Antragsgegnerin nun in übersichtlicher, klarer und verständlicher Sprache bereitgestellt.
- Auch muss berücksichtigt werden, dass sich die Werbung vorliegend an Fachpublikum (B2B) richtet.
- Verweis auf Internetseite mit weitergehenden Informationen in Werbevideo genügt.
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- Folgeverfahren zu LG Frankfurt a.M., 17.03.2022, 3-10 O 14/22 nach umfangreicher Überarbeitung der Website.
- Antragsgegnerin ist Reinigungsmittelherstellerin und wirbt in Werbevideo mit Auszeichnung als „klimaneutrales Unternehmen“ und mit den Schlagworten "klimaneutrale Hygiene" (B2B).
- Die Informationsanforderungen der 10. Kammer des LG Frankfurt (3-10 O 14/22) werden als zu weitgehend eingestuft, es wird jedoch offengelassen, welche konkreten Anforderungen als erforderlich und welche als nicht erforderlich angesehen werden.
- Der Verweis in dem Werbevideo auf Internetseite mit weitergehenden Informationen ist zur Aufklärung geeignet, da in klarer, verständlicher Sprache, lange genug einsehbar, nicht versteckt und in räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Aussage "klimaneutral".
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"Klimaneutral" | OLG Schleswig 06/2022
Name: Klimaneutrale Müllbeutel II
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Schleswig
30.06.2022
6 U 46/21 |
Keine Irreführung (auch nicht durch Unterlassen):
- Die auf einem Haushaltsartikel (Müllbeutel) neben dem Warenlogo aufgedruckte Werbeaussage „klimaneutral“ lässt nicht darauf schließen, dass das herstellende Unternehmen ausschließlich klimaneutrale Ware produziert.
- Der Begriff "klimaneutral" ist nicht erläuterungsbedürftig, da nur das entsprechende Ergebnis (d.h. ausgeglichene Emissionsbilanz) zugesagt wird.
- Art und Weise des Erreichens sind keine wesentlichen Informationen.
- Keine Informationen auf Verpackung nötig; Verweis auf Website mit weiteren Informationen ausreichend.
- Anforderungen des LG Frankfurt (3-10 O 14/22) sind zu hoch!
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- Die Beklagte verwendet auf einer Serie der von ihr hergestellten Müllbeutel neben der Firmenmarke die Werbeaussage "klimaneutral".
- Diese Art der Verwendung ist nach Ansicht des Gerichts produktbezogen (anders noch Vorinstanz: unternehmensbezogen).
- Der Begriff „klimaneutral“ für eine Ware ist aber nicht per se irreführend. Er ist nicht weiter erläuterungsbedürftig. Der Verbraucher erwartet lediglich eine ausgeglichene Emissionsbilanz (durch Emissionsfreiheit und/oder Kompensation, arg. DIN EN ISO 14021).
- Das gilt erst recht, wenn zugleich darauf hingewiesen wird, dass die Klimaneutralität durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wird.
- Eine Täuschung des Verkehrs dahingehend, dass die Beklagte ausschließlich klimaneutral hergestellte Waren anbiete, ist nicht gegeben. Der Verkehr ist es gewohnt, dass ein Unternehmen ein Produkt unter derselben Kennzeichnung in verschiedenen Varianten vertreibt und dabei die einzelnen Varianten mit Zusätzen versieht, die auf ihre jeweiligen Merkmale hinweisen (dabei berücksichtigte das Gericht auch, dass unmittelbar neben dem Produkt im Kaufregal auch weitere Produkte des Unternehmens ohne Bewerbung als "klimaneutral" angeboten wurden).
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"Klimaneutral" | LG Kleve 06/2022
Name: Klimaneutral produziert
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Kleve
22.06.2022
8 O 44/21
Aufgehoben durch
BGH, 27.06.2024,
I ZR 98/23! |
Keine Irreführung (auch nicht durch Unterlassen):
- Die Werbung gegenüber einem Fachpublikum (B2B), ein Produkt (hier Fruchtgummi) werde „klimaneutral produziert“ sowie die Verwendung des „Klimaneutral“-Logos von ClimatePartner, bei nicht emissionsfreier Produktion ist nicht irreführend, wenn die Klimaneutralität jedenfalls durch Kompensation erreicht wird und ein Link bzw. eine Website mit weitergehenden Informationen angegeben wird.
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- Die Beklagte wirbt für Fruchtgummis in der Lebensmittelzeitung, die sich an Fachkreise richtet, im Rahmen einer Anzeige mit der Aussage "klimaneutral produziert" und verwendet in der Anzeige das Klimaneutral-Logo von ClimatePartner.
- Das Gericht meint, Klimaneutralität ist nicht gleichbedeutend mit Emissionsfreiheit und kann auch über Kompensation erreicht werden.
- Für das von der Werbung angesprochene Fachpublikum, das grundsätzlich um die Möglichkeit der Kompensation zur Erreichung von Klimaneutralität wisse, sei es ausreichend, in der Werbung einen Link anzugeben, unter dem sich die Informationen zur Kompensation finden, denn für einen sonstigen Marktteilnehmer ist es üblich und zumutbar, sich über ein Produkt anhand von im Internet verfügbaren Informationen zu informieren (anders jedoch der Endverbraucher am Warenregal).
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"Bio" | OLG München 03/2022
Name: Bio- und Traditionsangaben auf Arzneitee-Verpackung II
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG München
31.03.2022
6 U 1972/21 |
Unzulässig:
- Die Verwendung eines firmeneigenen Bio-Zeichens oder der Hinweise „Arzneitee seit 1916“ bzw. „Aus ökologischem Landbau“ auf der Verpackung eines Arzneitees ist unzulässig, weil diese Angaben weder für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind noch mit der Anwendung des Tees im Zusammenhang stehen.
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- Die Beklagte produziert und vertreibt Naturarzneien sowie Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel, darunter auch Tees. Unter anderem vertreibt sie einen Pfefferminztee als Arzneitee.
- Hintergrund des Verfahrens ist die Regelung in § 10 Absatz 1 Satz 5 Arzneimittelgesetz (AMG). Sie besagt, dass außer den Pflichtangaben auf der Verpackung eines Arzneimittels weitere Angaben nur zulässig sind, wenn sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen und für die gesundheitliche Aufklärung des Patienten wichtig sind.
- Das Oberlandesgericht vertritt ebenso wie die Vorinstanz (LG München I, Urteil vom 12.03.2021, Az. 37 O 2885/20) die Auffassung, dass das Bio-Zeichen, der Hinweis auf die Herkunft des Tees aus ökologischem Landbau oder das Datum der Firmengründung ein Qualitäts- bzw. Vertrauensversprechen sind. Allerdings interessiert den Kunden das nicht in seiner Eigenschaft als Patient, also im Zusammenhang mit der Anwendung des Arzneimittels und der Behandlung seiner Beschwerden, sondern allenfalls als Verbraucher. Solche allgemein interessierenden Aussagen sind aber von § 10 Absatz 1 Satz 5 AMG nicht umfasst.
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"Klimaneutral" | LG Frankfurt a.M. 03/2022
Name: Klimaneutrale Hygiene I
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Frankfurt a.M.
17.03.2022
3-10 O 14/22 |
Irreführung (auch durch Unterlassen):
- Der Begriff "Klimaneutralität" ist stark erläuterungsbedürftig, da Zertifizierungsprozess und -kriterien vielschichtig und unterschiedlich sind. Hierüber muss informiert werden.
- Sehr hohe Anforderungen an zahlreiche, kumulativ notwendige Hintergrundinformationen.
- Diese Informationen zur Zertifizierung sind auch wesentliche Informationen.
- Zudem Irreführung durch fälschlichen Eindruck der vollständigen Berechnung aller CO2-Emissionen, teilweisen Reduktion und Ausgleich der verbliebenen Emissionen nur durch Bezeichnung als "klimaneutral".
- Aber: Das OLG Frankfurt a.M. erachtete den Umfang der hier statuierten Informationspflichten in einer nachfolgenden Entscheidung als zu weitgehend. Ebenso das OLG Schleswig (6 U 46/21).
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- Antragsgegnerin ist Reinigungsmittelherstellerin und wirbt auf Website und in Werbevideo mit Zertifizierung als „klimaneutrales Unternehmen“ und den Schlagworten "klimaneutrale Hygiene" (B2B).
- Das Gericht urteilt, dass für Verkehr entscheidend sei, welche Art der Kompensation stattfinde, ob / in welchem Umfang / mit welchem Einsparungseffekt eigene Reduzierungsmaßnahmen ergriffen wurden.
- Das Gericht hält daher folgende Hintergrundinformationen zwingend für erforderlich:
- Bezugspunkt des Claims (Unternehmen und/oder Produkt),
- Standard der Berechnung (GHG Protokoll?),
- ausgeklammerte Emissionen,
- Art der Kompensation (eigene/fremde Maßnahmen),
- Art und Umfang der eigenen Reduzierungsmaßnahmen,
- Art und Gegenstand des Klimaprojekts.
- Dies sei klar, transparent und in deutlicher Sprache darzustellen.
- Das Gericht lässt dabei offen, ob ein Verweis auf weitergehende Informationen im Internet durch Angabe einer URL genügt; Tendenz aber ja.
- Bei Werbung mit "klimaneutral", obwohl Emissionen teilweise ausgeklammert wurden, ohne Aufklärung über Ausklammerung werde der Verkehr auch aktiv irregeführt.
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"Klimaneutral" | LG Mönchengladbach 02/2022
Name: Klimaneutrales Produkt
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Mönchengladbach
25.02.2022
8 O 17/21 |
Irreführung:
- Die Werbung für Marmelade mit den Angaben „klimaneutrales Produkt“ und „klimaneutraler Preis-Leistungs-Klassiker“ ohne weiterführende Hinweise ist irreführend, wenn die Klimaneutralität lediglich bilanziell durch Kompensation erreicht wird.
- In der konkreten Entscheidungssituation (Verkaufssituation im Supermarkt) bezieht der Verkehr diese Angaben auf das konkrete Produkt und erwartet daher eine klimaneutrale Herstellung.
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- Die Beklagte produziert Konfitüren und ähnliche Lebensmittel.
- Auf ihren Marmeladengläsern verwendet sie den Aufdruck "klimaneutrales Produkt".
- Zudem warb sie in der Lebensmittelzeitung unter dem blickfangmäßigen Hinweis "Macht nachhaltig Eindruck" mit dem weiteren Hinweis "Klimaneutraler Preis-Leistungs-Klassiker".
- Das Gericht stuft dies als irreführend ein, da ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Verbraucher die Angaben nicht so verstehe, dass das während der Herstellung des Produktes anfallende CO2 durch nachträgliche Maßnahmen kompensiert wird und damit lediglich bilanziell eine Klimaneutralität erreicht wird.
- Zwar kann das Konzept der Klimaneutralität durch Kompensation als bekannt bei einem normal informierten Verbraucher vorausgesetzt werden. Aufgrund der konkreten Formulierung der Werbeaussage stellt sich der Durchschnittsverbraucher in der konkreten Entscheidungssituation bei der gebotenen angemessenen Aufmerksamkeit jedoch keine bilanzielle Kompensation vor, sondern beziehe die Aussage auf das konkrete Produkt und damit auf den Herstellungsprozess (Argumentation zu "zuckerreduziert").
- Diese Erwägungen zur eingeschränkten Aufmerksamkeit gilt auch für die Zeitungsanzeige, die lediglich beiläufig zur Kenntnis genommen wird.
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"Verringert den CO2-Fußabdruck" | LG Stuttgart 01/2022
Name: CO2-Vermeidung
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Stuttgart
10.01.2022
36 O 92/21 KfH |
Irreführung:
- Die Werbung mit einer CO2-Reduktion in einem bestimmten Umfang bei einem Investmentfonds ist irreführend, wenn nicht deutlich wird, dass es sich bei der Menge um einen unverbindlichen Zielwert des Kapitalanlageprodukts handelt.
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- Beklagte ist ein Investmentfond, der den Eindruck einer von der Investitionssumme abhängigen absoluten CO2-Reduktion vermittelt, indem ein persönlicher CO2-Fußabdrucksrechner unter Eingabe von Details unter anderem zu Wohnverhältnissen und Konsumverhalten und veranschaulichende Beispiele des eingesparten Betrags zur Verfügung gestellt wird.
- Dies hat das Gericht als irreführend eingestuft, wenn keine ausreichenden Hinweise bestehen, dass dieser Wert auch deutlich unterschritten werden kann. Die Beklagte wies allerdings nur in einem sog. Informationsmemorandum darauf hin, dass das tatsächliche Ergebnis vom erklärten Anlageziel abweichen und nicht garantiert werden könne. Dies hielt das Gericht als unzureichend.
- Das Gericht entschied, dass auch hier bei der Werbung mit Umweltschutzbegriffen besondere Anforderungen zu stellen sind und die Werbung nach strengen Maßstäben zu beurteilen ist. Die angesprochenen Verkehrskreisen würden die anvisierten CO2-Reduktionen als unbedingt einzuhaltende Werte verstehen; in Wahrheit stellten diese jedoch nur Zielwerte dar.
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"Klimaneutral" | LG Oldenburg 12/2021
Name: Klimaneutrale Fleischprodukte
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Oldenburg
16.12.2021
15 O 1469/21 |
Irreführung (durch Unterlassen):
- Die Werbung mit „klimaneutral" im Werbetext und/oder mit einem dominantem „Klimaneutral Produkt“-Logo (von ClimatePartner) bei dem Vertrieb von Fleischwaren ist irreführend, wenn die wesentliche Information, dass dies durch Kompensation erreicht wird, erst auf einer separaten Internetseite gegeben wird (trotz ausreichend Platz in der Anzeige).
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- Die Beklagte vertreibt Fleischprodukte und wirbt in einer ganzseitigen Anzeige in der Lebensmittelzeitschrift (B2B) mit dem Begriff "klimaneutral" im Werbetext und dem "Klimaneutral Produkt"-Logo von ClimatePartner.
- Da umweltbezogene Werbeaussagen eine starke emotionale Werbekraft haben und wegen des im Hinblick auf die Komplexität von Fragen des Umweltschutzes meist nur geringen sachlichen Wissensstandes des Publikums über die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge, unterliegt eine solche Werbung strengen Anforderungen und weitgehend Aufklärungspflichten.
- Mit dem Begriff "klimaneutral" bezogen auf Fleischprodukte der Beklagten geht der durchschnittliche Verbraucher davon aus, dass bei Produktion und Vertrieb das ausgestoßene klimaschädliche CO2-Gas entweder im Sinne einer ausgeglichenen CO2-Bilanz an anderer Stelle eingespart bzw. durch Klimaprojekte kompensiert wird oder dass CO2 gar nicht erst oder kaum relevant ausgestoßen wird.
- Hierüber muss unter Berücksichtigung der Beschränkungen des Kommunikationsmittels aufgeklärt werden.
- Dies wäre auch auf der ganzseitigen Werbeanzeige möglich gewesen. Der Leser erfuhr aber erst bei Aufruf einer angegebenen Internetseite, dass Klimaneutralität die Berechnung des Carbon Footprint eines Unternehmens und/oder Produktes anhand international anerkannter Standards und den vollständigen Ausgleich durch Unterstützung von internationalen Klimaschutzprojekten bedeuten, und dass das Label "klimaneutral" den Ausgleich nicht vermeidbarer Treibhausgasemissionen bescheinigt.
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"Bio" | OLG München 12/2021
Name: Firmeneigenes Bio-Logo
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG München
09.12.2021
6 U 1973/21 |
Irreführung:
- Ein selbst gestaltetes Bio-Logo darf nicht den Eindruck erwecken, dass es sich dabei nicht (lediglich) um ein firmeneigenes Zeichen handelt, sondern um ein Zeichen, welches von einem Dritten auf Grund der Einhaltung bestimmter Kriterien vergeben wird (Gütezeichen).
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- Die Beklagte produziert und vertreibt Naturarzneien sowie Lebens- und Nahrungsmittelergänzungsmittel, darunter auch Tees.
- In der Werbung verwendet sie ein von ihr selbst gestaltetes, firmeneigenes Bio-Logo.
- Nach Ansicht des OLG München ist ein selbstgestaltetes Bio-Logo für Kräuter- und Arzneimitteltees ohne aufklärenden Hinweis irreführend, denn es erweckt den Eindruck, dass es sich um ein von Dritten aufgrund konkreter objektiver Vorgaben und Kontrollen vergebenes Siegel handelt.
- Das Gericht hat entschieden, dass die angesprochenen Verkehrskreise das streitgegenständliche Bio-Logo nicht als firmeneigenes Logo verstehen, sondern als Zeichen dafür, dass über das bloße EU-Bio-Siegel hinaus (mit dem ebenfalls geworben wurde) ein Dritter das Produkt nach bestimmten Anforderungen geprüft habe. Es stellte dabei u. a. auf die Größe, die Gestaltung und die Anbringung des Logos ab.
- Die Irreführung hielt das OLG München auch für relevant, denn „die durch die konkrete Verwendung des streitgegenständlichen Bio-Logos hervorgerufene Vorstellung, dass ein Dritter eine Kontrolle des beworbenen Produkts durchgeführt hat, kann einen maßgebenden Gesichtspunkt für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verkehrskreise darstellen“.
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"Klimaneutral" | LG Konstanz 11/2021
Name: Klimaneutrales Premium-Heizöl
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Konstanz
19.11.2021
7 O 6/21 KfH |
Irreführung (durch Unterlassen):
- Werben mit "klimaneutrales Heizöl", ist irreführend durch Unterlassen, wenn keine weiteren Hinweise erfolgen, wie Klimaneutralität erreicht wird (eigene Anstrengungen oder lediglich Kompensation).
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- Die Beklagte ist Anbieterin von Heizöl. In einem Schreiben an Stammkunden bewirbt sie "klimaneutrales Premium-Heizöl".
- Dies stuft das Gericht als Irreführung durch Unterlassen ein.
- Aufgrund der emotionalen Werbekraft umweltbezogener Aussagen besteht ein deutlich erhöhtes Informationsinteresse. Wegen der komplexen naturwissenschaftlichen Zusammenhänge sowie des meist nur geringen sachlichen Wissensstandes des Publikums, unterliegt eine solche Werbung strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten.
- In der vorliegenden Konstellation ist für die Bestandskunden der Beklagten wesentlich, ob die Beklagte zumindest teilweise durch eigene Energieeinsparungen im Rahmen ihres Betriebes oder durch teilweisen Einsatz regenerativer Energien zur Verringerung der CO2-Immissionen beigetragen oder ob sie allein Zertifikate über eine finanzielle Beteiligung an den CO2-Ausstoß verringernden Projekten in Schwellen- und Entwicklungsländern erworben hat.
- Dabei kann dahinstehen, ob im Rahmen der telefonischen Bestellannahme für Heizöl aufgrund einer generellen Anweisung der Beklagten an ihre Mitarbeiter dem Anrufer jeweils die Modalitäten erläutert werden, unter welchen die Klimaneutralität des streitgegenständlichen Heizöls erreicht wird. Zu den geschäftlichen Entscheidungen im Sinne von §§ 5 Abs. 1, 5a Abs. 2 UWG gehört nämlich nicht erst die verbindliche Bestellung der Ware.
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"CO2-reduziert & umweltfreundlich" | OLG Hamm 08/2021
Name: Pauschale Werbung mit 5-Jahres-Garantie
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Hamm
19.08.2021
4 U 57/21 |
Irreführung:
- Die Werbeaussagen „CO2 Reduziert“, "umweltfreundliche Produkte und nachhaltige Verpackungen" und "Unser Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit" sind irreführend, da erforderliche aufklärende Hinweise zum konkreten Bezugspunkt der Umweltvorteile fehlten.
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- Die Parteien produzieren und vertreiben Leuchten und entsprechendes Zubehör u.a. über das Internet.
- In dem einstweiligen Verfügungsverfahren hält das Gericht die Werbeaussage „CO2 reduziert“ für irreführend, da sie in ihrer Allgemeinheit vollkommen offen lässt, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses, der Verpackung und des Vertriebs eine Umweltfreundlichkeit bzw. eine CO2-Reduktion in Relation zu welchem Standard konkret vorliegen soll und in welcher Hinsicht die verwendeten Verpackungen besonders nachhaltig sein sollen.
- An die Werbung mit Umweltschutzbegriffen sind aber strenge Maßstäbe anzusetzen und hohe Anforderungen hinsichtlich der gebotenen aufklärenden Hinweise zu stellen. Fehlen aufklärende Hinweise in der Werbung oder sind sie nicht deutlich sichtbar herausgestellt, besteht in besonders hohem Maße die Gefahr, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen irrige Vorstellungen über die Beschaffenheit der angebotenen Ware hervorgerufen werden und sie dadurch in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst werden.
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"Bio" | OLG Frankfurt a.M. 04/2021
Name: Premiummineralwasser in Bio-Qualität
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Frankfurt a.M.
29.04.2021
6 U 200/19 |
Irreführung:
- Die Bewerbung von Wasser als "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" ist irreführend, wenn eine Nachbehandlung zur Reduzierung des ansonsten zu hohen Arsenanteils notwendig war, da der Verkehr von einem Bio-Mineralwasser über die Einhaltung der Vorgaben für Mineralwasser hinaus u.a. erwartet, dass es unbehandelt und frei von Zusätzen ist.
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- Die Beklagten vertreiben Mineralwasser bzw. vergeben kostenpflichtig sog. Qualitätssiegel an Unternehmen im Zusammenhang mit nicht-medizinischen Labordienstleistungen.
- Angegriffen wird die Bewerbung des Mineralwassers als "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" und das Qualitätssiegel.
- Das Gericht urteilt, der angesprochene Verkehr erwartet von einem als "Premiummineralwasser in Bio-Qualität" beworbenen Mineralwasser, dass es nicht nur deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt. Aus dieser Annahme ergibt sich, dass der Verkehr nicht damit rechne, dass das beworbene Mineralwasser mit einem so hohen Arsenanteil gefördert werde, dass es schon den Anforderungen an die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung für natürliches Mineralwasser nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss. Eine Behandlung in diesem Sinn stelle es auch dar, wenn das geförderte Rohwasser durch Mangansand geleitet werden muss, damit sich ein Teil des vorhandenen Arsens am Mangan anlagert.
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"CO2 - [minus] 71%" | VG Düsseldorf 03/2021
Name: Angaben auf Umverpackung von Milch
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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VG Düsseldorf
17.03.2021
16 K 6327/20 |
Keine Irreführung:
- Die Angabe „CO2 -71 %“ auf einer Umverpackung von Milchkartons stellt keinen Verstoß gegen spezifisch lebensmittelrechtliche Vorschriften, insbesondere keinen Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Information über Lebensmittel nach Art. 7 Abs. 1, 4 der VO (EU) Nr. 1169/2011 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB dar.
- Es kommt auf die Gesamtaufmachung des Lebensmittels, bestehend aus Informationen, Werbung und sonstigen Elementen der Aufmachung an.
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- Die Klägerin ist eine Molkereigenossenschaft. Sie vertreibt u.a. Milch in Fertigpackungen von einem Liter Volumen. Je 12 Fertigpackungen befinden sich in einer Umverpackung, auf der die Angabe „CO2-71 %“ ohne weitere Erläuterung aufgedruckt ist. Auf der Schmalseite der einzelnen 1 Liter-Fertigpackung ist die Angabe „CO2 -71 %“ mit der Zusatzinformation versehen, dass sich die Angabe ausschließlich auf die Verpackung beziehe.
- Der Hinweis auf der Umverpackung sei nicht irreführend. Bei der Beurteilung sei die Gesamtaufmachung und damit insbesondere auch die Angaben auf den einzelnen (1 Liter-)Fertigpackungen heranzuziehen. Da sich auf einer der Seiten der Packungen ein erläuternder Text finde, aus dem eindeutig hervorgehe, dass sich die Einsparung auf die Produktion der Verpackung bezieht, seien ausreichende Informationen für ein richtiges Verständnis der Angabe gegeben.
- Es sei zu erwarten, dass der aufmerksame Verbraucher – falls er den Hinweis „CO2 -71 %“ auf der Umverpackung als relevant einstufe – die erläuternden Hinweise auf der Fertigpackung lese, denn nicht die Umverpackung, sondern die einzelne Fertigpackung sei das zum Verkauf vorgesehene Gebinde. Die Umverpackung diene im Wesentlichen dem Transport.
- Nicht beschäftigt hat sich das Gericht mit der Frage, ob eine Irreführung vorliegt, weil die Verpackung bei einer durchschnittlichen Bio-H-Milch nur für 2,5% der Gesamtemissionen verantwortlich ist (so die Berechnung von Foodwatch), während die Milchproduktion 97,5% der Emissionen ausstößt.
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"Grüner Regionalstrom" | OLG Schleswig 09/2020
Name: Grüner Regionalstrom
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Schleswig
03.09.2020
6 U 16/19 |
Irreführung:
- Die Behauptung, die Beklagte vermittele „Regionalstrom“ ist unlauter, soweit die Voraussetzungen der Regionalität nicht erfüllt sind. Dies sei bei dem von der Beklagten vermittelten Strom jedenfalls zum Teil der Fall, da den Kunden in einigen Regionen nur Anlagen angezeigt werden, die mehrere hundert Kilometer entfernt liegen.
- Zudem liegt hier im Einzelfall eine Irreführung über die Versorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien vor, da die konkrete Formulierung den Eindruck erweckt, es werde nicht - wie üblich - nur die bloße Einspeisung von 100% ökologisch erzeugtem Strom in das allgemeine Stromnetz zugesichert, sondern darüber hinaus, dass tatsächlich eine Belieferung nur mit Ökostrom erfolge.
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- Die Beklagte vermittelt Energielieferverträge mit Unternehmen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen.
- Über eine Suchmaske auf der Internetseite können sich Nutzer die ihrem Wohnort nächstliegenden Energieversorgungsunternehmen mit freien Kapazitäten anzeigen lassen. Dieses Angebot wird u.a. mit "Sauberer Strom aus der Nachbarschaft" und "Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose: So bekommst du 100% saubere Energie" sowie dem Begriff „Regionalstrom“ beworben.
- Das OLG Schleswig geht in seiner Entscheidung zwar zunächst mit der Vorinstanz davon aus, dass dem Verbraucher grundsätzlich bekannt ist, dass mit der werblichen Ankündigung einer Versorgung mit 100% umweltfreundlichem Strom nur eine Einspeisung von 100% ökologisch erzeugtem Strom in das allgemeine Stromnetz gemeint sein kann.
- Anders als die Vorinstanz kommt es aber zu dem Ergebnis, dass die konkreten streitgegenständlichen Aussagen dennoch zu einer Irreführung des Verkehrs führen, da sie suggerierten, dass die Sachlage bei dem von der Beklagten vermittelten Strom ausnahmsweise anders sei und tatsächlich eine Belieferung des Kunden mit Strom aus erneuerbaren Energien erfolge.
- Das Gericht betont allerdings, dass es sich um eine Würdigung des Aussagehalts der Werbung im hier zu beurteilenden Einzelfall handelt. Eine Entscheidung über die grundsätzliche Unlauterkeit von Werbung für „100 %-igen Grünstrom“ o.ä. sei hiermit nicht verbunden. Aus diesem Grund sah der Senat auch kein Grund für die Zulassung der Revision.
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"Heimkompostierbar" | OLG Düsseldorf 07/2020
Name: Heimkompostierbarkeit
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Düsseldorf
09.07.2020
20 U 162/20
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Irreführung:
- Die Angabe „heimkompostierbar“ in Verbindung mit dem Zertifikat „OK Compost HOME“- Zertifikat des TÜV AUSTRIA auf Kaffeekapseln ist irreführend, weil die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen, dass die Kapseln durch die Biotonne entsorgt werden dürfen.
- Die Werbung mit einem Gütesiegel oder Prüfzeichen ist nicht schon deshalb irreführend, weil es für den Gegenstand der Untersuchung - hier: die Heimkompostierbarkeit von Kaffeekapseln - keine verbindliche Norm gibt.
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- Die Antragsgegnerin vertreibt Kaffeekapseln. Die Kapseln werden auf der Verpackung als „heimkompostierbar“ beworben sowie mit dem „OK Compost HOME“-Zertifikat des TÜV AUSTRIA gekennzeichnet.
- Nach Auffassung des Gerichts nehmen Verbraucher an, dass heimkompostierbare Verpackungen sich erst recht für die Industriekompostierung eignen. Vorliegend war dies in rechtlicher Hinsicht jedoch unzutreffend, weil nach der BioabfallVO jedenfalls eine entsprechende Zertifizierung nach DIN EN 13432 in Bezug auf Industriekompostierung erforderlich ist, über die die Kapseln zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht verfügten.
- Der Verkehr versteht die Werbung mit einem Gütesiegel oder Prüfzeichen dahingehend, dass ein neutraler Dritter mit entsprechender Kompetenz die damit versehene Ware nach objektiven und aussagekräftigen Kriterien auf die Erfüllung von Mindestanforderungen geprüft hat.
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"Biologisch abbaubare Kaffeekapseln auf pflanzlicher Basis" | LG Bremen 02/2020
Name: Unlautere Werbung für Kaffeekapseln?
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Bremen
28.02.2020
12 O 223/19
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Irreführung (auch durch Unterlassen):
- Die Angabe „biologisch abbaubare Kaffeekapseln auf pflanzlicher Basis“ ist irreführend, weil sie dem umworbenen Verkehrskreis suggeriert, dass die Kapseln vollständig auf natürlichem Wege abgebaut werden (verrotten), tatsächlich aber nur eine Zertifizierung für Industriekompostierung vorliegt.
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- Die Beklagte vertreibt Kaffeekapseln, die u.a. beworben werden mit „biologisch abbaubare Kaffeekapseln auf pflanzlicher Basis“. Die Kaffeekapseln verfügen über eine Zertifizierung nach DIN EN 13432 (Industriekompostierung).
- Auf der Rückseite der Verpackung, ist zudem dreimal „100%“ aufgeführt, einmal im Zusammenhang mit der Aussage, der Kaffee sei „100% Bio“. Ein Hinweis auf die Zertifizierung fehlt.
- Nach Ansicht des Gerichts liege eine Irreführung vor, weil das Verkehrsverständnis dahin gehe, dass die gesamte Kapsel in überschaubarer Zeit auf natürlichem Wege abgebaut werde (verrotte) und damit verschwinde und zwar nicht nur im Rahmen einer industriellen Kompostierung, sondern auch im Heimkompost als auch in der freien Natur.
- Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher gelange zu der fehlerhaften Vorstellung, dass die Kaffeekapseln vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen und wie etwa Obstreste in der freien Natur in überschaubarer Zeit verrotten können. Dieser Eindruck werde durch die mehrfache Angabe „100%“ auf der Rückseite der Verpackung verstärkt.
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"Umweltfreundlich & Plastikmüll aus dem Meer" | OLG Stuttgart 10/2018
Name: Ocean Bottle
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Stuttgart
25.10.2018
2 U 48/18
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Irreführung:
- Die Werbung für vermeintlich umweltfreundlich hergestellte Plastikflaschen unter der Bezeichnung „Ocean Bottle“ ist irreführend, wenn das Plastik nicht nur aus dem Meer stammt und die Vergleichsflasche nicht handelsüblich ist.
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- Die Beklagte bewirbt eine „Ocean bottle“ (Plastikflasche) in einem Werbevideo, das durch den Gesamteindruck von Ton- und Bildinformationen die Vorstellung weckt, das Plastik für die Herstellung der „Ocean bottle“ werde unmittelbar aus dem Meer gefischt oder sei aus dem Meer an den Strand gespült und dort eingesammelt worden.
- Dies ist irreführend, wenn das Plastik auch an Flussläufen und Kanälen in einiger Entfernung vom Meer eingesammelt wird und dorthin nicht aus dem Meer angeschwemmt worden ist oder wenn es sich bei dem am Strand gesammelten Plastik zu einem wesentlichen Teil auch um solches handelt, das vom Land her dorthin gelangt ist.
- Die Aussage, die Ocean Bottle bestehe zu 50% aus "Plastikmüll aus dem Meer" versteht der Verbraucher dahin, dass 50% des Gewichtsanteils dieser Flasche aus Ocean Plastik gewonnen worden seien.
- Die Aussage, dass für die Herstellung der Ocean Bottle aufgrund der dem Plankton nachempfundenen Einkerbungen 15% weniger Plastik als bei einer komplett glatt gefertigten Flasche gebraucht werde, bezieht der Verbraucher auf eine fiktive Vergleichsflasche ohne Kerbenstruktur, nicht auf andere handelsübliche Plastikflaschen.
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"Bio" | BGH 03/2018
Name: Bio-Gewürze II
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
29.03.2018
I ZR 243/14 |
Unzulässig:
- Die mitgliedsstaatliche Befreiungsmöglichkeit für bestimmte Einzelhändler von der grundsätzlichen EU-rechtlichen Zertifizierungspflicht für Einzelhändler von Bioprodukten ist eng auszulegen.
- Der notwendige „direkte Verkauf“ wird nur unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers und seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers angenommen.
- Der Online-Verkauf von Bio-Produkten ohne Bio-Zertifizierung des Händlers ist damit unzulässig.
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- Die Beklagte betreibt einen Internetversandhandel für Kamin- und Grillbedarf.
- Gegenstand des zu beurteilenden Verfahrens, in dem nach Vorlage durch den BGH bereits der EuGH Stellung bezogen hat, war die Frage, ob ein Online-Händler, der Bio-Lebensmittel zum Verkauf anbietet, der Kontrollpflicht durch die zuständigen Öko-Kontrollstellen unterliegt. Nach Art. 28 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung ist jeder Unternehmer, der Bio-Produkte erzeugt, aufbereitet, lagert, aus einem Drittland einführt oder in Verkehr bringt, verpflichtet, vor dem Inverkehrbringen von jeglichen Erzeugnissen seine Tätigkeit den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates, in dem diese Tätigkeit ausgeübt wird, zu melden sowie sein Unternehmen dem Kontrollsystem zu unterstellen. Grundsätzlich ist nach der Vorschrift der gesamte Einzelhandel zur Zertifizierung verpflichtet.
- Deutschland hat jedoch von der in Art. 28 Abs. 2 der EG-Öko-Verordnung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, eine Ausnahmevorschrift für den Einzelhandel zu schaffen. Diese Ausnahme ist in § 3 Abs. 2 Öko-Landbaugesetz (ÖLG) umgesetzt. Nach der Vorschrift ist der Einzelhandel von der Kontrollpflicht entbunden, wenn die Erzeugnisse „direkt“ an Endverbraucher oder -Nutzer verkauft werden, sofern diese Unternehmer die Erzeugnisse nicht selbst erzeugen, aufbereiten oder an einem anderen Ort als in Verbindung der Verkaufsstelle lagern oder solche Erzeugnisse nicht aus einem Drittland einführen oder solche Tätigkeiten durch einen Dritten ausüben lassen.
- Der Europäische Gerichtshof hatte auf die Vorlagefrage entschieden, dass ein „direkter Verkauf“ nur unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers und seines Verkaufspersonals und des Endverbrauchers vorliegt.
- Dementsprechend war der Online-Verkauf von Bio-Gewürzen ohne Zertifizierung unzulässig.
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"Umweltfreundlich produziert" | OLG Stuttgart 09/2017
Name: Umweltfreundlich produziert
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Stuttgart
14.09.2017
2 U 2/17 |
Irreführung:
- Die Werbeaussage "umweltfreundlich produziert“ stellt sich als irreführend dar, weil sie in ihrer Allgemeinheit offenlässt, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses eine Umweltfreundlichkeit vorliegen soll.
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- Die Beklagte ist Betreiberin eines Baumarktes und vertreibt u.a. die streitgegenständlichen Briefkästen.
- Wie schon in vorherigem Parallelverfahren gegen den Hersteller von dem OLG Düsseldorf (17.05.2016, I-20 U 150/15) entschieden, ist die isolierte Bezeichnung des Produkts "umweltfreundlich produziert" irreführend, denn die Werbeaussage lässt offen, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses eine Umweltfreundlichkeit vorliegen soll. Der Produktionsprozess ist so vielschichtig, dass es dieser Angabe bedurft hätte.
- Aus der Angabe ergibt sich keineswegs, dass sich die Aussage allein darauf beziehen soll, dass die Briefkästen im "lösungsmittelfreien Pulverlackverfahren" beschichtet worden sind.
- Der Umstand, dass die Briefkästen nicht aus Asien importiert wurden, hat mit der Produktion ohnehin nichts zu tun und kann die Werbeangabe daher nicht rechtfertigen.
- Siehe hierzu auch OLG Düsseldorf (I-20 U 150/15) und OLG Celle (13 U 72/16)
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"Umweltfreundlich produziert" | OLG Celle 12/2016
Name: Umweltfreundlich produziert
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Celle
08.12.2016
13 U 72/16 |
Irreführung:
- Bei einer Werbung zur Umweltfreundlichkeit muss der Bezugspunkt des umweltbezogenen Vorzugs zum Ausdruck kommen.
- Die Aussage „umweltfreundlich produziert - lösungsmittelfrei“ für Briefkästen ist nicht hinreichend konkretisiert, da zumindest erhebliche Teile des Verkehrs die Werbung nicht dahingehend verstehen werden, dass das Produkt wegen seiner Lösungsmittelfreiheit umweltfreundlich produziert wurde, sondern dass die nicht näher konkretisierte Angabe „umweltfreundlich produziert“ neben der zusätzlichen Information über die Produkteigenschaft „lösungsmittelfrei“ steht.
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- Die Beklagte ist Betreiberin eines Baumarktes und vertreibt u.a. die streitgegenständlichen Briefkästen.
- Wie schon in vorherigem Parallelverfahren gegen den Hersteller von dem OLG Düsseldorf (17.05.2016, I-20 U 150/15) entschieden, erachtet das Gericht die isolierte Bezeichnung des Produkts als "umweltfreundlich produziert" als irreführend, denn es fehlt an einer hinreichenden Aufklärung über die umweltbezogenen Vorzüge des Produkts.
- Liegt eine umweltfreundliche Werbeaussage vor, so muss in ihr zum Ausdruck kommen, in welcher Hinsicht die umworbene Ware oder Leistung einen umweltbezogenen Vorzug aufweist, wobei der Inhalt und der Umfang der Aufklärung von der Art der Ware oder Dienstleistung sowie von dem Grad und dem Ausmaß der Umweltfreundlichkeit abhängen.
- Allein dadurch, dass die Herausstellung der Umweltfreundlichkeit auf den Produktionsvorgang bezogen ist, wird nicht hinreichend darüber aufgeklärt, inwieweit dieser Vorgang umweltfreundlich sein soll. Aus der Angabe ergibt sich auch keineswegs, dass sich die Aussage allein darauf beziehen soll, dass die Briefkästen lösungsmittelfrei seien. Die nicht näher konkretisierte Angabe "umweltfreundlich produziert" steht nämlich neben der zusätzlichen Information über die Produkteigenschaft "lösungsmittelfrei".
- Siehe hierzu auch OLG Düsseldorf (I-20 U 150/15) und OLG Stuttgart (2 U 2/17)
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"Klimaneutral" | LG Frankfurt a.M. 05/2016
Name: Klimaneutrale Tiefkühlkroketten
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Frankfurt a.M.
31.05.2016
3-06 O 40/15 |
Irreführung:
- Umweltbezogene Werbung auf Verpackungen von Tiefkühlkost mit "100% klimaneutral" und "der weltweit erste 100% klimaneutrale Tiefkühl-Kartoffelspezialist" ist irreführend, da der der unzutreffende Eindruck erweckt wird, dass es der Beklagten als erstem Hersteller gelungen sei, bei jedem einzelnen Produktions- und Vertriebsschritt durch entsprechende Maßnahmen einen CO2-Ausstoß zu vermeiden und diesen nicht nur zu kompensieren.
- Der Verweis auf eine Internetseite mit weitergehenden Informationen zur bilanziellen CO2-Neutralität auch unter Einsatz von Kompensationsmaßnahmen genügt nicht, da diese Informationen im Zeitpunkt der Kaufentscheidung für Lebensmittelprodukte nicht vorliegen.
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- Die Beklagte stellt her und vertreibt tiefgekühlte Kartoffelprodukte wie z.B. Kroketten und bewirbt diese u.a. mit den Aussagen „100% Klimaneutral“ und „der weltweit erste 100% klimaneutrale Tiefkühl-Kartoffelspezialist. Vom Kartoffelacker bis ins Tiefkühlregal des Handels“.
- Das Gericht verweist auf die strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten bei umweltbezogenen Werbeaussagen aufgrund ihrer starken emotionalen Werbekraft, der Komplexität von Fragen des Umweltschutzes und des geringen sachlichen Wissensstandes des Publikums und untersagt die genannten Werbeaussagen.
- Das Gericht führt aus, dass die Werbung von den angesprochenen Verkehrskreisen so verstanden werde, dass die Produkte des Unternehmens vollständig klimaneutral seien. Den Hinweis auf die 100 %ige Klimaneutralität der gesamten Produktionskette einschließlich der Logistik verbinden die angesprochenen Verkehrskreise mit der Vorstellung, dass es dem Unternehmen als erstem Hersteller gelungen sei, bei jedem einzelnen Produktionsschritt (Herstellung und Vertrieb) durch entsprechende Maßnahmen einen CO2-Ausstoß zu vermeiden.
- Die Irreführung ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil auf den Tiefkühlprodukten auf die Internetseite des Unternehmens verwiesen wird, auf der die CO2-Neutralität des Unternehmens auch unter Einsatz von Kompensationsmaßnahmen erläutert wird. Denn zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung des Verbrauchers liegen diesem diese Informationen nicht vor.
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"Umweltfreundlich produziert" | OLG Düsseldorf 05/2016
Name: Umweltfreundlich produziert
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Düsseldorf
17.05.2016
I-20 U 150/15 |
Irreführung:
- Die Werbeaussage „Umweltfreundlich produziert“ für Briefkästen lässt ohne erläuternde Zusätze offen, in Bezug auf welchen konkreten Aspekt des Produktionsprozesses eine Umweltfreundlichkeit vorliegen soll.
- Eine solche pauschale Aussage erfüllt nicht die Anforderungen, die der Bundesgerichtshof an die Zulässigkeit der Werbung mit Umweltschutzbegriffen aufgestellt hat.
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- Die Parteien vertreiben Briefkästen, wobei die Antragsgegnerin diese u.a. mit dem Schlagwort "umweltfreundlich produziert" bewirbt.
- Das Gericht nimmt Bezug auf den Bundesgerichtshof, der bereits im Jahr 1988 ausgeführt hat, dass die Irreführungsgefahr im Bereich der umweltbezogenen Werbung besonders groß ist, da Begriffe wie „umweltfreundlich“, „umweltverträglich“, „umweltschonend“ oder „bio“ unklar sind. Zudem ist es oftmals so, dass die so beworbenen Produkte regelmäßig nicht insgesamt und in jeder Beziehung, sondern meist nur in Teilbereichen mehr oder weniger umweltschonender als andere Waren sind.
- Unter diesen Voraussetzungen besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Verkehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen. An die zur Vermeidung einer Irreführung erforderlichen aufklärenden Hinweise sind daher grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen, die sich im Einzelfall nach der Art des Produkts und dem Grad und Ausmaß seiner „Umweltfreundlichkeit“ bestimmen. Fehlen die danach gebotenen, aufklärenden Hinweise in der Werbung oder sind sie nicht deutlich sichtbar herausgestellt, besteht in besonders hohem Maße die Gefahr, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen irrige Vorstellungen über die Beschaffenheit der angebotenen Ware hervorgerufen werden und sie dadurch in ihrer Kaufentscheidung beeinflusst werden.
- Zwar hat die Antragsgegnerin die streitgegenständlichen Briefkästen nicht allgemein mit „umweltfreundlich“ beworben, sondern diesen Begriff bezogen auf den Produktionsprozess verwendet. Der Produktionsprozess ist jedoch vielschichtig, so dass es der Angabe bedurft hätte, welcher konkrete Produktionsschritt als „umweltfreundlich“ bezeichnet werden kann und soll.
- Siehe hierzu auch OLG Celle (13 U 72/16) und OLG Stuttgart (2 U 2/17).
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"100% kompostierbar" | OLG Köln 09/2014
Name: Bio-Tragetaschen
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Köln
16.09.2014
15 U 28/14 |
Wahre Tatsachenbehauptung:
- Die Aussagen „nicht biologisch abbaubar“, „nicht (in Deutschland) kompostierbar“ und „nicht recycelbar“ in Bezug auf „Bio-Tragetaschen“, die mit dem Slogan „100% kompostierbar“ bedruckt sind, stellen im konkreten Fall wahre Tatsachenbehauptungen dar.
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- Die Klägerinnen vertreiben „Bio-Tragetaschen“ u.a. mit dem Slogan „100% kompostierbar“. Die Beklagten veröffentlichen Pressemitteilungen, nach denen die Taschen „nicht biologisch abbaubar“, „nicht (in Deutschland“ kompostierbar“ und „nicht recycelbar“ seien. Dagegen gingen die Klägerinnen mit einer Unterlassungsklage vor.
- Nach Auffassung des Gerichts sind die beanstandeten Aussagen als wahre und damit zulässige Tatsachenbehauptungen zu beurteilen. Auf Grundlage des Parteivortrags und der eingereichten Unterlagen sei davon auszugehen, dass die Aussagen, die Taschen seien nicht biologisch abbaubar, nicht (in Deutschland) kompostierbar und nicht recycelbar, sachlich zutreffend sind.
- Die beanstandeten Aussagen wurden vorliegend nicht nach UWG, also nicht im Hinblick auf eine Irreführung von Verbrauchern, sondern äußerungsrechtlich beurteilt. Das Gericht hatte zu prüfen, ob die Behauptungen der Beklagten unwahre Tatsachenbehauptungen darstellen und damit untersagt werden können sowie Schadensersatz gefordert werden kann.
- Dennoch liefert der Fall wichtige Hinweise zur Beurteilung der streitgegenständlichen Aussagen.
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"Klimaneutral" | LG Düsseldorf 07/2013
Name: Klimaneutrale Kerzen
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Düsseldorf
19.07.2013
38 O 123/12 |
Irreführung:
- Die Werbeaussage "Klimaneutrale Kerzen" ist eine produktbezogene unwahre Angabe über wesentliche Merkmale der angebotenen Waren, da es solche Kerzen nicht gibt.
- Bei dem Produktbezug bleibt es, wenn die Werbeaussage nicht in einem nachfolgenden Fließtext dahingehend erläutert wird, dass die als klimaneutral beschriebenen Kerzen wegen des Einsatzes des Unternehmens für Nachhaltigkeit im Prinzip austauschbar sind.
- Die starke emotionale Werbekraft umweltbezogener Werbeaussagen fordert zudem eine deutliche Trennung zwischen Produkteigenschaften und Unternehmensphilosophie.
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- Bei der Werbeaussage "Klimaneutrale Kerzen" handelt es sich um produkt- und nicht unternehmensbezogene Angaben über wesentliche Merkmale der angebotenen Waren, da die gesonderte Erwähnung klimaneutraler Kerzen unter Hervorhebung eines ganz bestimmten Produkts gerade den Eindruck vermittelt, es handele sich hierbei um ein Produkt, das sich von anderen durch die Eigenschaft der Klimaneutralität unterscheide.
- Hierbei bleibt es trotz der Ausdehnung der Eigenschaftszuweisung auf alle vom Unternehmen produzierten Kerzen im nachfolgenden Fließtext, da die Aussage nicht dahingehend erläutert wird, dass die als klimaneutral beschriebenen Kerzen wegen des Einsatzes des Unternehmens für Umweltschutz und Nachhaltigkeit im Prinzip austauschbar seien.
- Zudem bedarf es wegen der starken emotionalen Werbekraft bei umweltbezogenen Werbeaussagen einer deutlichen Trennung zwischen den Produkteigenschaften und der Unternehmensphilosophie.
- Die Werbeaussage ist irreführend, da es klimaneutrale Kerzen nicht gibt. Der Verbraucher versteht die Werbung auch nicht als reine Scherzerklärung, da Fortschritte durch neue Materialien und Verbrennungstechniken für den Verkehr nicht ausgeschlossen sind.
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"Grün" | LG Düsseldorf 04/2013
Name: Die Dose ist grün
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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LG Düsseldorf
25.04.2013
37 O 90/12 |
Irreführung:
- Die Aussage „Die Dose ist grün“ wird vom Verkehr, der gewöhnt ist, dass Produkte mit umweltbezogenen Begriffen angepriesen werden, am ehesten umweltbezogen verstanden.
- Sie ist geeignet, bei einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung die unzutreffende Vorstellung der besonderen ökologischen Vorteilhaftigkeit der mit ihr bedruckten Getränkedosen aus Eisenblech hervorzurufen.
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- Die Beklagte ist die Muttergesellschaft eines Unternehmens, das Getränkedosen aus Eisenblech herstellt.
- Nach Ansicht des Gerichts ist die Aussage "Die Dose ist grün" irreführend. Der durchschnittliche Verbraucher versteht den Begriff "grün" in dem Slogan umweltbezogen. Es sind daher aufgrund der bevorzugten Nachfrage umweltverträglicher Waren und der Emotionalität umweltbezogener Werbung strengere Bewertungsmaßstäbe anzusetzen. Nach dem Verständnis der Verbraucher würden die mit dem Slogan bedruckten Dosen ökologisch besonders vorteilhafte Eigenschaften aufweisen.
- Ein solches Verständnis ist aber unzutreffend, weil weder Getränkedosen im Allgemeinen noch die Eisenblechdosen der Beklagten ökologisch besonders vorteilhaft sind – auch nicht im Vergleich mit anderen Verpackungen.
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"Umweltfreundlich" | OLG Hamm 09/2012
Name: 100% umweltfreundlich
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Hamm
27.09.2012
I-4 U 63/12 |
Keine Irreführung:
- Die Aussage "100% umweltfreundlich, da keine Emissionen (z.B. CO2) entstehen" ist nicht irreführend, da der beworbene Wärmestrahler selbst keine Emissionen abgibt.
- Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der zum Betrieb benötigte Strom nicht emissionsfrei ist.
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- Die Beklagte vertreibt Infrarotstrahler/Wärmestrahler und bewirbt diese auf ihrer Internetseite mit der Aussage "100% umweltfreundlich, da keine Emissionen (z.B. CO2) entstehen".
- Das Gericht erachtet dies als zulässig. An mehreren Stellen werde aus der Werbung deutlich, dass der Infrarotwärmeheizer mit Strom betrieben wird. Daraus folge, dass der Adressat der Werbung diese so versteht, dass lediglich die Emissionen am Ausstellungsort gemeint seien, denn der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der das Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt, wisse, dass Strom im Allgemeinen nicht allein aus erneuerbaren Energien gewonnen wird und bei der Produktion des Stroms – auch in Deutschland – daher global betrachtet Emissionen anfallen.
- In diesem Lichte sei auch die Formulierung „100 % umweltfreundlich“ zu verstehen, denn diese bedeute demnach gerade nicht, dass die Emissionsfreiheit sich sowohl auf das Produkt am Aufstellungsort als auch auf die Produktion des erforderlichen Stroms bezieht. Der verständige Verbraucher wisse, dass es eine absolute Umweltfreundlichkeit nicht gebe. Vielmehr sei damit gesagt, dass die hundertprozentige Umweltfreundlichkeit allein lokal gegeben sei.
- Das Wort „umweltfreundlich“ beziehe sich pauschal auf die Eigenschaften von Waren, besitze aber als solche keine fest umrissene Bedeutung.
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"Bio" | BGH 09/2012
Name: Biomineralwasser
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
13.09.2012
I ZR 230/11 |
- Keine Irreführung:
Die Verwendung der Bezeichnung „Biomineralwasser" stellt keine irreführende Werbung mit einer Selbstverständlichkeit dar, wenn sich das fragliche Mineralwasser von anderen Mineralwässern dadurch abhebt, dass der Anteil an Rückständen und Schadstoffen besonders niedrig ist.
- Der Verkehr erwartet von einem unter der Bezeichnung „Biomineralwasser“
vertriebenen Mineralwasser auch nicht, dass es sich um eine staatlich verliehene und überprüfte Zertifizierung handelt.
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- Der Vorinstanz reichte für die Bezeichnung „Biomineralwasser“ die Einhaltung der selbstgesetzten Kriterien der Qualitätsgemeinschaft aus. Die dort gewählten Grenzwerte für im Boden vorkommende Inhaltsstoffe sind zum Teil eben niedriger als im Gesetz vorgeschrieben. Dies sei für die Bezeichnung als Biomineralwasser ausreichend. Dem folgte auch der Bundesgerichtshof.
- Aber: Ein auf den Flaschen angebrachtes, selbst geschaffenes Bio-Siegel beurteilte der Bundesgerichtshof allerdings als unzulässige Nachahmung des amtlichen Bio-Siegels. Hintergrund des Streits ist u.a., dass es eine EU-weite Regulierung von ökologisch angebauten Lebensmitteln agrarischen Ursprungs und auch des hiermit verbundenen EU-Bio-Siegels gibt, die aber nicht für Mineralwässer gilt, da dieses nicht „angebaut“ oder „agrarisch erzeugt“ werden kann. Für natürliches Mineralwasser ist eine gesetzliche Bio- oder Öko-Regulierung nicht vorgesehen, da es ohnehin ein reines Naturprodukt ist.
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"Bio" | OLG Hamm 03/2012
Name: Bio-Oil
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Hamm
27.03.2012
I-4 U 193/11 |
Unzulässig:
- Die Bezeichnung eines Kosmetikums als "Bio-Oil" wird von den angesprochenen Verkehrskreisen so verstanden, dass das Produkt jedenfalls überwiegend natürliche / pflanzliche Substanzen enthält.
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- Die Antragsgegnerin vertreibt Kosmetika. Hintergrund der Entscheidung ist, dass nach § 27 I 2 Nr. 3b LFGB kosmetische Mittel nicht durch eine zur Täuschung geeignete Bezeichnung über Eigenschaften, insbesondere Beschaffenheit, Zusammensetzung oder Art der Herstellung irreführend beworben werden dürfen.
- Das Gericht urteilt, dass die Bezeichnung „Bio-Oil“ dem Verbraucher den Eindruck vermittelt, das so bezeichnete Kosmetikum sei zumindest überwiegend, d.h. >50%, aus natürlichen / pflanzlichen Inhaltsstoffen zusammengesetzt. Idealerweise wünscht sich der Verbraucher Kosmetika mit ausschließlich natürlichen Inhaltsstoffen. U.a. aus Gründen der Haltbarkeit müsse aber - was dem Durchschnittsverbraucher auch bekannt sein - ein gewisser Anteil auch an chemischen Substanzen in Kosmetika enthalten sein. Dieser dürfe jedoch nicht überwiegen.
- Die Irreführung werde auch nicht durch die Liste der Bestandteile auf der Verpackung ausgeräumt, denn diese ist auf der Internetseite nicht vollständig abgebildet und ein erheblicher Teil der Verbraucher könnte mit den Bezeichnungen der Substanzen selbst nichts anfangen.
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"CO2-neutral & umweltschonend" | OLG Koblenz 08/2011
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Koblenz
10.08.2011
9 U 163/11 |
Irreführung:
- Werbung für Kerzen u.a. mit „CO2-neutral“ und „umweltschonend“ ist irreführend, da zum einen in die CO2-Bilanzierung auch die mit der Produktion und dem Herstellungsvorgang verbundenen CO2-Belastungen aufgenommen werden müssen und dies vorliegend nicht belegt werden kann
- Zum anderen ist diese Werbung irreführend, da für den allgemeinen, nicht eindeutig umrissenen Begriff "umweltschonend" kein konkreter Umweltbezug benannt und im Einzelnen dargestellt wird, um dem Informationsbedürfnis der angesprochenen Verbraucher zu entsprechen.
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- Die Beklagte vertreibt im Groß- und Außenhandel u.a. Kompositionsöllichter und Grablichter.
- Zur Herstellung der Kerzenmasse nutzt sie ein neues Verfahren, in dem anstelle von Paraffin oder Palmöl recycelte Fette aus der Gastronomie oder Lebensmittelherstellung (Sekundärfette) verwendet werden. Sie bewirbt sie u.a. mit den Aussagen "CO2-neutral" und "umweltschonend".
- Das Gericht beruft sich auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, dass aufgrund der emotionalen Werbekraft umweltbezogener Aussagen ein deutlich erhöhtes Informationsinteresse bestehe. Wegen der komplexen naturwissenschaftlichen Zusammenhänge sowie des meist nur geringen sachlichen Wissensstandes des Publikums, unterliegt eine solche Werbung strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten.
- Demnach ist die Werbung irreführend, denn der Verbraucher erwartet von einem Produkt, welches als „CO2-neutral“ beworben wird, zumindest eine ausgeglichene CO2-Bilanz in der Form, dass das ausgestoßene CO2 an anderer Stelle wieder eingespart oder durch Klimaprojekte ausgeglichen werde.
- In die CO2-Bilanzierung sind Produktion und Herstellungsvorgang einzubeziehen. Eine solche Kompensation konnte die Beklagte nicht belegen. Allein die Begründung, sie hätte ca. 100 Bäume und Sträucher gepflanzt, reichte dem Gericht nicht.
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"Ökologische Herkunft" | OLG Karlsruhe 06/2008
Name: Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Karlsruhe
26.06.2008
4 U 187/07 |
Irreführend:
- Vergleichende Preiswerbung mit ökologischen Aussagen über die Herkunft von Strom kann unter bestimmten Voraussetzungen unzulässig, sein.
- Die unmittelbare Gegenüberstellung der Preise von zwei Stromtarifen bei gleichartiger Beschreibung ökologischer Merkmale über die Herkunft des Stroms kann beim Leser den Eindruck erwecken, dass die verglichenen Leistungen in diesem Aspekt qualitativ gleichwertig sind.
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- Die Parteien sind Energielieferanten auf dem Markt für Stromkunden. Beide beziehen in unterschiedlichem Umfang Strom auch aus regenerativen Quellen.
- Die Beklagte ließ eine Werbebroschüre an Haushalte im Liefergebiet verteilen, die die Kosten für zwei ihrer Stromtarife mit zwei Tarifen der Klägerin verglich.
- Das Gericht urteilte, Angaben über die ökologische Herkunft des Stroms (Strom aus Wasserkraft oder aus anderen regenerativen Quellen) beeinflussen die Entscheidung des Verbrauchers für einen bestimmten Anbieter. Unrichtige Angaben eines Energieversorgers über die Herkunft des Stroms können daher irreführend sein.
- Ein Vergleich zwischen den Stromtarifen verschiedener Anbieter ist irreführend, wenn ein Anbieter beim Preisvergleich einerseits hervorhebt, sein Strom stamme zu 50 % aus regenerativen Quellen, andererseits aber verschweigt, dass Kunden des Konkurrenten ihren Strom zu 100 % aus regenerativen Quellen beziehen.
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"Hohe Umweltverträglichkeit & schnell biologisch abbaubar" | OLG Hamburg 05/2007
Name: Schnell biologisch abbaubar
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Hamburg
02.05.2007
5 U 85/06 |
Irreführung:
- Strenger Beurteilungsmaßstab für umweltbezogene Werbung gilt auch gegenüber Fachkreisen.
- Werbung für Hydrauliköle mit „hoher Umweltverträglichkeit“ ist irreführend, wenn der konkrete Bezugspunkt bei einer Vielzahl von möglichen Beurteilungskriterien nicht offengelegt wird.
- Werbung mit „schneller biologischer Abbaubarkeit“ ist irreführend, wenn sich diese Feststellung aufgrund von Analysemethoden ergibt, die nicht dem Stand der Technik entsprechen und bei der Vergabe von bekannten Umweltzeichen angewandt werden.
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- Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Hydraulikölen und Schmierstoffen. Die Beklagten bewerben ihre Schmierstoffe u.a. als schnell biologisch abbaubar und mit hoher Umweltverträglichkeit.
- Aufgrund der emotionalen Werbekraft umweltbezogener Aussagen besteht ein deutlich erhöhtes Informationsinteresse. Wegen der komplexen naturwissenschaftlichen Zusammenhänge sowie des meist nur geringen sachlichen Wissensstandes des Publikums unterliegt eine solche Werbung strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten.
- Diese Anforderungen an umweltbezogene Werbeaussagen ggü. Endverbrauchern gelten auch bei einer Werbung gegenüber Fachkreisen.
- Eine Werbung mit dem Begriff "hohe Umweltverträglichkeit" kann irreführend sein, wenn dem Adressaten bei einer Vielzahl potentiell relevanter Beurteilungskriterien nicht offengelegt wird, aus welchen Eigenschaften des Produkts der Werbende diese Bewertung konkret ableitet.
- Die Aussage "schnell biologisch abbaubar" ist ohne erläuternde Hinweise jedenfalls dann irreführend, wenn sich der Werbende zur Feststellung dieser Eigenschaft einer fachlich umstrittenen Analysemethode bedient hat, die zum Zeitpunkt der Werbung (im Gegensatz zur Vergangenheit) bei der Vergabe öffentlichkeitswirksamer Umweltabzeichen nicht mehr angewandt wird.
- Im Bereich der umweltbezogenen Werbung müssen auch allgemein gehaltene Aussagen in sog. "Imageprospekten" den strengen Anforderungen der Rechtsprechung an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen standhalten, selbst wenn der interessierte Leser irrtumsausschließende Einzelangaben dem konkreten Produktdatenblatt entnehmen kann.
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"PVC-frei" | BGH 05/1996
Name: PVC-frei
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
23.05.1996
I ZR 76/94 |
Keine Irreführung:
- Die sachlich zutreffende Aussage "PVC-frei" auf Verpackungen ist auch dann nicht irreführend, wenn diese - für den Verbraucher erkennbar - aus Kunststoff bestehen, von denen ebenfalls, allerdings andere, Umweltbelastungen ausgehen.
- Grundsätzlich besteht keine allgemeine und umfassende Aufklärungspflicht dahingehend, über sonstige Nachteile aufzuklären.
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- Die Beklagte vertreibt verschiedene Büro- und Schreibartikel in Blisterpackungen aus Polypropylen und Polystyrol. Auf diesen Kunststoffverpackungen befindet sich die sachlich zutreffende Angabe "PVC-frei".
- Der Hinweis besage aber nicht, dass die Verpackungen Kunststoff-frei seien; denn der Verbraucher erkenne sofort ihre Kunststoffeigenschaft. Der Verbraucher sieht also in PVC kein Synonym für Kunststoff schlechthin.
- Es können auch keine weitergehenden Aufklärungspflichten angenommen werden. Zwar unterliegt unweltbezogene Werbung strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten, allerdings nicht schlechthin und uneingeschränkt. Hier fehlt es bei dem wahren Hinweis auf eine nur relative Umweltverträglichkeit an einem direkten Unweltbezug. Es wird kein positive Wirkung verallgemeinert, sondern nur eine einzelne negative Eigenschaft ausgeschlossen.
- Auch verlangt das Informationsbedürfnis der Verbraucher grundsätzlich keine umfassende Aufklärung über alle Nachteile des eigenen Produkts. Die einschlägigen Normen enthalten ein Irreführungsverbot, begründen aber kein Informationsgebot. Dies gilt auch bei der Beurteilung von umweltbezogener Werbung.
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"Damit Mensch und Natur eine Chance haben (Umweltfreundlich?)" | BGH 12/1995
Name: Umweltfreundliches Reinigungsmittel
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
05.12.1995
I ZR 140/94 |
Feststellung:
- Eine Werbeaussage ohne konkreten Umweltbezug ist nicht stets wegen der Allgemeinheit der Aussage irreführend.
- Erwartet der Verkehr ein im Vergleich besonderes Maß an (relativer) Umweltfreundlichkeit, so kann dies einer objektiven Nachprüfung zugänglich sein.
- Wie den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt ist, gibt es eine absolute Umweltverträglichkeit grundsätzlich nicht. Auch bei Berücksichtigung von Umweltschutzgesichtspunkten verbleiben nämlich Restbelastungen der Umwelt.
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- Die Parteien sind Wettbewerber bei der Herstellung und dem Vertrieb von Reinigungs- und Pflegemitteln. Die Beklagte verwendet in diversen Werbeanzeigen ihren Slogan "Damit Mensch und Natur eine Chance haben."
- Eine Irreführung kommt nur in Betracht, wenn die Werbeaussage nicht nur ein allgemeiner Appell ohne informativen Gehalt, sondern eine der objektiven Nachprüfung zugängliche Angabe ist.
- Die nachprüfbare Behauptung eines erwarteten besonderen Maßes an (relativer) Umweltfreundlichkeit kann eine Irreführung begründen.
- Dabei muss ergründet werden, auf welche Schritte des Produktlebenszyklus sich die Vorstellung erstreckt.
- Allerdings erwarten die Verbraucher eine absolute Umweltverträglichkeit grundsätzlich nicht, insbesondere bei allgemein gehaltenen und nicht produktbezogenen Aussagen.
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"Umweltfreundlich" | BGH 12/1995
Name: Umweltfreundliches Bauen
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
14.12.1995
I ZR 213/93
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Feststellung:
- Umweltbezogene Werbung unterliegt wegen Komplexität und geringen Wissensstandes des Verkehrs strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten.
- Es bedarf grundsätzlich der konkreten Benennung des jeweiligen Umweltvorzugs, um eine Irreführung auszuschließen.
- Zulässig: Verwendung lediglich als Rubrikenüberschrift in Publikation; Verwendung in Artikelüberschrift, wenn im Artikel Umweltvorzüge benannt werden.
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- Die Beklagte, die Fertighäuser herstellt und vertreibt, veröffentlichte in ihrer Kundenzeitschrift einen Bericht mit der Seitenüberschrift "Umweltfreundliches Bauen" und der Artikelüberschrift "Vorbildliche Häuser aus umweltfreundlichen Werken".
- Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erkennen die Leser den Claim "Umweltfreundliches Bauen" nur als Rubrikenüberschrift, die lediglich erfordert, dass der nachfolgende Artikel sich Fragen zu diesem Thema widmet.
- Die Artikelüberschrift (auch in Zusammenschau mit der Seitenüberschrift) führt auch nicht dazu, dass mangels Benennung der Umweltvorzüge in jeder einzelnen zu diesem Begriff getroffenen Aussage eine Irreführung der Verbraucher hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit stattfindet. Im Artikel sind die einzelnen Maßnahmen konkret dargelegt.
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"Recyclingfähig & umweltverträglich" | OLG Köln 12/1992
Name: recyclingfähig
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG Köln
04.12.1992
6 U 75/92 |
Irreführung:
- Werbung mit „recyclingfähig und damit umweltfreundlich“ für beschichtetes Einweggeschirr ist irreführend, da ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher bei dieser Werbung eine tatsächliche Wiederverwendung annimmt.
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- Die Aussage "ist recyclingfähig und damit umweltfreundlich" für sog. Einweggeschirr (hier: PVDC-beschichtete Pappteller u.ä.) ist irreführend.
- Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher nimmt bei dieser Werbung an, die so beworbenen Produkte würden auch tatsächlich "recycelt". Wird "Einweggeschirr" tatsächlich aber nicht separat gesammelt und wiederverwendet, sondern dem normalen Hausmüll zugeführt, wird der Verkehr relevant irregeführt.
- Jedenfalls im Zusammenwirken mit dem Hinweis auf die "Umweltfreundlichkeit" wird dem flüchtigen Verbraucher durch das Adjektiv "recyclingfähig" eine solche tatsächliche Wiederverwendung suggeriert.
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"Frei von umweltschädlichen Stoffen" | BGH 10/1990
Name: Zaunlasur
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
04.10.1990
I ZR 39/89 |
Irreführung:
- Werbung mit Umweltschutzbegriffen ist ähnlich wie Gesundheitswerbung nach strengen Maßstäben zu beurteilen.
- Eine Werbung, die den Eindruck erweckt, das Produkt sei vollständig frei von umweltschädlichen Stoffen, ist irreführend, wenn tatsächlich doch Kleinstmengen umweltschädlicher Stoffe vorhanden sind.
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- Die Aussage "Vorbei sind die Zeiten, da der Zaunanstrich... mit umweltgefährdenden Inhaltsstoffen verbunden war" erwecke innerhalb des Gesamttextes der Anzeige den Eindruck, das Produkt enthalte keinerlei umweltgefährdende Inhaltsstoffe.
- Das sei unrichtig, da in dem Produkt mind. 0,7 g Petroleumbenzin enthalten waren.
- Dies könne bei einem Zaunanstrich die Umwelt dadurch belasten, dass etwa eine Dose versehentlich umgestoßen oder eine noch teilweise gefüllte Dose auf eine Müllkippe gebracht werde, da die schädlichen Stoffe dann in den Boden und gegebenenfalls in das Grundwasser eindringen können.
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"Ökologisch" | OLG München 09/1989
Name: Öko-Pilsner
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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OLG München
14.09.1989
29 U 4781/89 |
Feststellung:
- Werbung mit dem Begriff „Öko-Pilsner“ und „Bierspezialität aus ökologischem Landbau“ nur irreführend, wenn Vorstellungen des Verkehrs durch Verkehrsumfrage bestätigt.
- Im konkreten Fall nicht im Rahmen einer einstweiligen Verfügung entscheidungsreif.
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- Die Bezeichnung "Öko-Pilsner" für eine Biersorte kann im einstweiligen Verfügungsverfahren, in dem keine näheren Erkenntnisse über die Verkehrsauffassung vorliegen, nicht als Irreführung angesehen werden, wenn der die Bezeichnung führende Hersteller sowohl für die Erzeugung und Behandlung der Grundstoffe als auch für den Fertigungs- und Abfüllvorgang detailliert Maßnahmen glaubhaft gemacht hat, welche auf den Vertrieb eines möglichst schadstoffarmen Produkts gerichtet sind.
- Die Werbung für ein Bier mit der Bezeichnung "Öko-Pilsner" ist nur dann irreführend, wenn nicht unbeachtliche Teile des Verkehrs mit ihr Erwartungen verbinden, die auf ein naturreines, schadstofffreies, uneingeschränkt gesundes Endergebnis der Bemühungen um "Ökologie" bei der Herstellung des Produktes gerichtet sind. Ob solche Vorstellungen bestehen, lässt sich nur durch eine Verkehrsumfrage feststellen, eine solche wurde in diesem Verfahren aber nicht vom Antragsteller vorgelegt.
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"Aus Altpapier" | BGH 10/1988
Name: Umweltengel
Gericht
Datum
Az.
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Kernaussage
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Hintergrund und Ausführungen
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Bewertung
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BGH
20.10.1988
I ZR 238/87 |
Feststellung:
- Hohes Irreführungspotential bei Umweltwerbung. Zwar gibt es eine absolute "Umweltfreundlichkeit" nicht. Bei blickfangmäßiger Produktwerbung mit Umweltfreundlichkeit, also mit einem in seinen Grundlagen noch unaufgeklärten und mit widersprüchlichen Erwartungen, Vorstellungen und Emotionen belegten Begriff, besteht aber gesteigertes Aufklärungsbedürfnis über Bedeutung und Inhalt.
- Es muss daher stets bereits in der Blickfangwerbung über die in Frage stehenden Eigenschaften eindeutig aufgeklärt werden.
Irreführend:
- Papierprodukt mit Beschaffenheitsangabe "aus Altpapier" zu bewerben, wenn nicht darauf hingewiesen wird, dass das Produkt nur überwiegend aus Altpapier hergestellt wird.
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- Beklagte bewarb auf Werbefaltblättern und im Schaufenster ihr Papierprodukt mit den Schlagworten "aus Altpapier" und "ist umweltfreundlich, denn die Verwendung von Altpapier schont unsere Baumbestände" nebst dem Umweltzeichen Blauer Engel.
- Dies stufte das Berufungsgericht als irreführend ein, da der Claim den Eindruck erwecke, das Produkt bestehe zu 100% aus Altpapier (was am Markt durchaus verfügbar ist), obwohl nur 80% tatsächlich enthalten sind.
- Kleingedruckte Erläuterungen zu den Voraussetzungen der Vergabe des Umweltzeichens (>50%) genügten nicht, da verkehrswesentliche Erläuterungen drucktechnisch deutlich sichtbar hätten herausgestellt werden müssen.
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