27. Februar 2025
Digital Health 360° – 3 von 33 Insights
Seit dem 1. März 2025 sind wichtige Neuerungen im Bereich der Videosprechstunden in Kraft getreten, die sowohl Ärzte als auch Patienten betreffen. Grundlage dafür ist die Anlage 31c zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä). Hierin werden die Vorgaben zur Sicherung der Versorgungsqualität von telemedizinischen Leistungen konkretisiert. Sie ergänzen die bestehenden Vorgaben des BMV-Ä zur Videosprechstunde und die Telekonsilienvereinbarung.
Die Partner des BMV-Ä streben mit der neuen Vereinbarung ausdrücklich einen weiteren Einsatz von Videosprechstunden und Telekonsilen an, was mit Blick auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen in der ärztlichen Versorgung begrüßenswert ist.
Die wesentlichen Inhalte der der Anlage 31c BMV-Ä fassen wir hier zusammen:
Vertragsärzte werden verpflichtet, bei Videosprechstunden die ePA zu nutzen, sofern der Patient nicht widersprochen hat. Dies dient einem umfassenden Informationsaustausch und der Sicherheit des Patienten. Die bestehenden Vorgaben für den elektronischen Medikamentenplan werden auch für die Leistungserbringung per Videosprechstunde und Videokonsil für anwendbar erklärt.
Die Vereinbarung trifft eine erfreuliche Verlagerung des einst erkämpften „Dürfens“ telemedizinischer Leistungserbringung im Rahmen von Videosprechstunden hin zu einem „Sollen“ eines solchen Angebots – stets im Rahmen des medizinisch Sinnvollen. Die Inanspruchnahme muss für Patienten niedrigschwellig möglich sein, wobei Diskriminierung aufgrund von Terminart, -dauer oder Kostenträgerschaft ausgeschlossen ist. Wie gerade das letztgenannte Kriterium in der Praxis sichergestellt wird, bleibt abzuwarten.
Interessant ist insofern auch, dass das Angebot von Videosprechstunden zumindest in den Praxisräumen „transparent auszuweisen ist“. Hiermit sind die zugegebenermaßen schwammigen Vorgaben zur Zulässigkeit von Werbung für Fernbehandlungen gleichwohl nicht außer Kraft gesetzt. Soll über die sachliche, schlichte Information des Angebots von Videosprechstunden hinausgehende Information nach außen erfolgen, sollten die Grenzen des § 9 Satz 1 HWG im Einzelfall geprüft werden.
Terminvermittlungslösungen sollen ab September 2025 vorrangig Patienten berücksichtigen, die in räumlicher Nähe zum jeweiligen Praxissitz des Arztes für die Videosprechstunde wohnen. Die nähere Konkretisierung erfolgt durch § 6 der Anlage 28 (TSS-Vereinbarung) zum BMV-Ä.
Dies mag im ersten Moment verwundern, soll Telemedizin unter anderem räumliche Distanz ja gerade überwinden. Das Erfordernis soll indes eine Erleichterung bei der Anschlussversorgung sicherstellen. Zudem sind verschiedene Ausnahmen von diesem Erfordernis vorgesehen.
Mit Blick auf Videosprechstunden außerhalb des Vertragsarztsitzes gibt es nun -zusätzlich zu den noch recht jungen Neuerungen in § 24 Abs. 8 Ärzte-ZV weitere Klarstellungen. War seinerzeit noch unklar, was alles unter Leistungserbringung außerhalb des Vertragsarztsitzes zulässig war, legt Anlage 31c nun unabhängig von der (diskutierten) Zuordnung zur „eigenen Häuslichkeit“ des Arztes klare Kriterien fest: Werden Videosprechstunden außerhalb des Vertragsarztsitzes durchgeführt, müssen diese an einem voll ausgestatteten Telearbeitsplatz erfolgen. Dies bedeutet insbesondere, dass gewährleistet sein muss, dass das Ganze
stattfindet. Umfasst wäre hiervon bspw. auch ein entsprechend ausgestattetes Zimmer in einem Ferienhaus. Einschränkend, aber Klarheit schaffend wird insofern zusätzlich festgelegt, dass Videosprechstunden aus dem Ausland ausgeschlossen sind.
Um einen gleichberechtigten Zugang für Patienten zu gewährleisten, werden außerhalb des Vertragsarztsitzes durchgeführte Videosprechstunden nicht auf die Mindestsprechstundenzeit angerechnet. Hier wäre nach Auffassung der Verfasserin eine gemäßigte Lockerung wünschenswert gewesen, um das Angebot von Videosprechstunden neben der Tätigkeit „vor Ort“ zu unterstützen.
Bei unbekannten Patienten muss zudem bei der Nutzung von Vermittlungsstellen wie der 116117 ab dem 1. September 2025 ein strukturiertes Ersteinschätzungsverfahren vor der Vermittlung der Videosprechstunde stattfinden. Ziel ist die Priorisierung nach Behandlungsbedarf zu ermöglichen. Näheres zu den Anforderungen an das elektronische System der Ersteinschätzung regelt Anlage 1 der Vereinbarung.
Angebote für bestimmte Leistungen – ausdrücklich nennt die Vereinbarung die Ausstellung von AU-Bescheinigungen – sind überdies unzulässig.
Ärzte, die Videosprechstunden anbieten, müssen eine strukturierte Anschlussversorgung gewährleisten, falls der Versorgungsbedarf im Rahmen der Videosprechstunde nicht gedeckt werden kann (z.B. durch Termine in der eigenen Praxis oder Überweisungen). Hier bietet sich die Einbettung in regionale Versorgungskonzepte an. Es bestehen zudem besondere Verpflichtungen und Fristen bei Erforderlichkeit von Verordnungen oder Terminvermittlung an andere Fachgruppen.
Die Verschreibung von Betäubungsmitteln und Medikamenten, die Suchterkrankungen auslösen können, ist für unbekannte Patienten im Rahmen der Videosprechstunde grundsätzlich ausgeschlossen.
Die neuen Regelungen sind ein klarer Schritt in die richtige Richtung. Die zumindest partielle Anrechnung auf die Mindestsprechstundenvorgabe wäre indes wünschenswert gewesen. Im Übrigen sollten zur weiteren Förderung der Telemedizin die Begrenzung von Fallzahl und Leistungsmenge auf 30 % aufgeboben werden – ebenso wie die Vornahme von Vergütungsabschlägen bei ausschließlichem Kontakt über die Videosprechstunde.
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