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21. Oktober 2020

Digital Health 360° – 27 von 27 Insights

DVG FAQ zum Digitale-Versorgung-Gesetz

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Karolina Lange-Kulmann, LL.M. (Medizinrecht)

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DVG FAQ zum Digitale-Versorgung-Gesetz

Stand: 21.10.2020

Zur PDF-Version: DVG FAQ zum Digitale-Versorgung-Gesetz

DVG: Was ist das DVG und was sind seine wichtigsten Regelungen?

Das Digitale-Versorgung-Gesetz („DVG“) ist am 09.12.2019 weitestgehend in Kraft getreten und bezweckt die Versorgungsverbesserung für Patienten durch Digitalisierung und Innovation.

Apps auf Rezept:  Seit dem 06.10.2020 haben die ersten Gesundheits-Apps zunächst vorläufig zur Erprobung Einzug in die GKV-Regelversorgung gefunden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) hat dazu die ersten „Apps auf Rezept“ in das neue Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA-Verzeichnis) aufgenommen. Gesundheits-Apps dienen z.B. dazu, die Einnahme von Arzneimitteln zu überwachen oder Vitalparameter aufzuzeichnen. Bei den ersten verordnungsfähigen Apps handelt es sich um kalmeda des Herstellers mynoise GmbH, welche Patienten mit chronischer Tinnitusbelastung eine leitlinienbasierte, verhaltenstherapeutische Therapie bietet. Und der Webanwendung velibra des Herstellers GAIA AG, welche der Unterstützung von Patienten mit Symptomen von bestimmten Angststörungen dient. Solche „gesunden“ Apps können nun vom Arzt verschrieben werden. Die Kosten für die Appnutzung trägt die GKV – und zwar wie folgt:

  • Im ersten Jahr werden die Apps zu den Herstellerpreisen erstattet.

  • Langfristig sollen die Preise zwischen den Herstellern und dem GKV-Spitzenverband verhandelt werden.

  • Auch sollen ärztliche und psychotherapeutische Leistungen, die mit der Nutzung von DiGAs verbunden sind, honoriert werden. Bislang ist die Vergütung noch nicht geregelt, Ärzte und Psychotherapeuten können diese dennoch verordnen (dafür soll das Arzneimittelrezept (Formular 16) unter Angabe der Verzeichnisnummer der DiG und die Verordnungsdauer in Tagen verwendet werden), Patienten können diese dann im Wege der Kostenerstattung in Anspruch nehmen.

Finanzierung und Kapital: Kassen können nun die Entwicklung digitaler Innovationen gezielt fördern und einfacher mit Herstellern von Gesundheits-Apps, Anbietern telemedizinischer Verfahren oder IT- Unternehmen kooperieren. Auch können sie zur Förderung der Entwicklung digitaler Innovationen An-teile an Investmentvermögen erwerben. Dafür eignen sich insbesondere auf Gesundheitstechnologien spezialisierte Fonds.

Digitales Netzwerk: Leistungserbringer werden durch das DVG verpflichtend in ein digitales Netzwerk eingebunden. Für Ärzte, die sich weiterhin nicht an die Telematik-Infrastruktur anschließen wollen, wird ein erhöhter Honorarabzug von 2,5 Prozent statt bisher 1,0 Prozent ab dem 1. März 2020 vorgesehen. Apotheken werden bis Ende September und Kliniken bis zum 1. Januar 2021 verpflichtet, sich an die Telematik-Infrastruktur anzuschließen. Hebammen und Physiotherapeuten sowie Pflege- und Reha-Einrichtungen können freiwillig teilnehmen, die Kosten für die Anbindung werden erstattet.

Online-Medizin: Ärzte durften seit Mitte 2018 Online-Sprechstunden anbieten, aber nicht dafür werben. Taten sie es doch, mussten sie mit Abmahnungen, Unterlassungsklagen oder Bußgeldern rechnen. Nun dürfen Ärzte über ihr Videosprechstunde-Angebot z.B. auf ihren Internetseiten informieren und dürfen auch die Aufklärung über die Videosprechstunde online durchführen. 

Fazit: Die verpflichtende Vernetzung von Gesundheitsdienstleistern wird endlich eine sinnvolle Nutzung von individuellen Gesundheitsdaten eröffnen. Dadurch werden in Zukunft hoffentlich schnellere und genauere Diagnosen gestellt und die Behandlungswege effizienter gestaltet. Für die digitale Gesundheitsbranche eröffnen die Neuerungen bisher nicht vorhandene Finanzierungsmöglichkeiten ihrer Entwicklungen und Ideen. Unwägbarkeiten und Probleme werden bei der anfänglichen Umsetzung und Umstellung vieler Strukturen sicherlich auftreten. Aber es ist besser, unvollkommen anzufangen, als perfekt zu zögern.

DiGAV: Was ist die DiGAV?

Die Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung, kurz DiGAV, ergänzt das Digitale-Versorgung- Gesetz. Die DiGAV ist eine Rechtsverordnung und normiert zusammen mit einem Leitfaden des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ergänzende Anforderungen und Verfahrensvorgaben, damit qualitativ hochwertige digitale Gesundheitsanwendungen schnellstmöglich Bestandteil der Versorgung von Patienten werden und auf Rezept verschrieben werden können. In der DiGAV und dem Leitfaden des BfArM werden vor allem folgende Aspekte geregelt:

  • die an digitale Gesundheitsanwendungen („DiGA“) zu stellenden Anforderungen insbesondere hinsichtlich Sicherheit, Qualität, Datenschutz und Datensicherheit; 
  • eine vorgelagerte Beratung von Herstellern digitaler Gesundheitsanwendungen;
  • das Verfahren zur Aufnahme in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen (sog. DiGA-Verzeichnis), die für die Erstattung im GKV-Bereich erforderlich ist;
  • Vorgaben für den Nachweis positiver Versorgungseffekte;
  • ein dauerhaftes Überprüfungsverfahren betreffend diese Anforderungen an DiGA;
  • die Anzeige wesentlicher Veränderungen sowie die im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren anfallende Gebühren.
Antrag: Wo ist der Antrag zu stellen?

Der Antrag auf Aufnahme in das Verzeichnis ist von dem Hersteller der digitalen Gesundheitsanwendung bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu stellen.

In der DiGAV wird erläutert, wie der Antrag zur Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis abläuft und welche Inhalte dieser haben sollte.

"Fast-Track" Verfahren: Wie lange dauert die Bearbeitung des Antrages? Welche Unterlagen werden hierfür benötigt?
Das Zulassungsverfahren beim BfArM ist als sog. „Fast Track“-Verfahren ausgestaltet, d.h. die Bearbeitungszeit beträgt 3 Monate ab Eingang der vollständigen, elektronischen Antragsunterlagen.
 
Die Antragsunterlagen müssen Angaben zur digitalen Anwendung selbst (z.B. Zielsetzung, Wirkungsweise, Dauer der Nutzung) machen. Darüber hinaus muss der Antragsteller die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen an Sicherheit und Funktionstauglichkeit (ggf. durch eine CE-Kennzeichnung) sowie Datensicherheit und Datenschutz dokumentieren. Zentraler Bestandteil der Antrags-Dokumentation ist die Vorlage von Daten zum Nachweis positiver Versorgungseffekte durch die App.
 
Liegen die Studien zum Nachweis des positiven Versorgungseffekts im Zeitpunkt der Antragstellung beim BfArM noch nicht vor, ist auch ein Antrag auf – vorläufige – Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis möglich, an dessen positive Bescheidung sich dann eine (maximal) 12-monatige Erprobungsphase anschließt, bevor die Behörde - endgültig - über die Zulassung der DiGA entscheidet.
Kosten: Welche Kosten entstehen für das Antragsverfahren beim BfArM?

Für die Entscheidung zur Aufnahme in das DiGAVerzeichnis, entstehen Kosten (geschätzt zwischen 3000 Euro und 10.000 Euro). Für spätere Änderungsanzeigen nach Aufnahme in das Verzeichnis können weitere Kosten anfallen. Auch für eine mögliche Ablehnung oder Zurücknahme des Antrags werden Kostenpunkte genannt, sodass die Antragstellung gut vorbereitet sein will.

Beratung durch das BfArM: Wo bekomme ich inhaltliche Hilfestellung beim Antrag?

Das BfArM berät Hersteller über den Verfahrensablauf und den mit dem Antrag vorzulegenden Angaben und Nachweisen. Das ist allerdings gebührenpflichtig.

Anforderungen: Welche Anforderungen muss die App erfüllen, um auf Rezept verschrieben zu werden?

Neben Kriterien wie beispielsweise Robustheit (Anwendung ist so zu gestalten, dass sie robust gegen Störungen und Fehlbedingungen ist) oder Nutzerfreundlichkeit (leicht und intuitiv zu bedienen), stehen besonders die in § 14 DiGAV definierten positiven Versorgungseffekte im Vordergrund. Die Kernfragen „Welchen Versorgungseffekt bringt die App?“ und „Welche Patientengruppe wird davon profitieren?“ müssen im Antrag schlüssig beantwortet und grundsätzlich auch – durch Studie(n) - nachgewiesen werden.

Zusätzlich hat der Hersteller einer Gesundheits-App fortlaufend sicherzustellen, dass die von der digitalen Gesundheitsanwendung verwendeten medizinischen Inhalte dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.

Übersicht:

  • Anforderungen an Sicherheit und Funktionstauglichkeit

  • Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit

  • Anforderungen an Interoperabilität

  • Anforderungen an Robustheit

  • Anforderungen an Verbraucherschutz

  • Anforderungen an Nutzerfreundlichkeit: leicht und intuitiv zu bedienen

  • Anforderungen an die Unterstützung der Leistungserbringer

  • Anforderungen an die Qualität der medizinischen Inhalte

  • Anforderungen an die Patientensicherheit

CE-Kennzeichnung und Medizinprodukterecht

Bei Gesundheits-Apps, die zur Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten bestimmt sind, handelt es sich um Medizinprodukte der Risikoklasse I, bei denen der Hersteller ein Konformitätsbewertungsverfahren durchzuführen hat und die nach erfolgreichem Abschluss mit dem CE-Kennzeichen zu versehen sind. Die Risikoklasse kann sich ggf. erhöhen, wenn die EU-Medizinprodukteverordnung 2017/745 Anwendung finden wird (was aufgrund der von der EU-Kommission empfohlenen Verschiebung des Anwendungsbeginns voraussichtlich erst ab dem 26. Mai 2021 der Fall sein wird). Im Fall einer Erhöhung der Risikoklasse muss das Konformitätsbewertungsverfahrens zwingend von einer Benannten Stelle durchgeführt werden.

Datenschutz

Das Datenschutzrecht kann eine Hürde nicht nur für den Hersteller, aber auch Anbieter und ggf. Arzt darstellen. Neben der DS-GVO, die besonderen Vorgaben für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten macht, gelten in bestimmten Sondervorschriften. Das ärztliche Berufsgeheimnis ist ferner zu beachten. Die Aufsichtsbehörden haben spezifische Vorgaben an Gesundheits-Apps gemacht. Um diese Hürden zu nehmen und ein Produkt erfolgreich zu gestalten, sind alle geltenden Vorgaben einzuhalten. Zudem sollte bei der Gestaltung von Einwilligung der versicherten Person besondere Vorsicht walten, ein Tracking von Gesundheitsdaten die Ausnahme sein und idealer Weise die Verarbeitung in einem Mitgliedstaat der EU stattfinden.

Überblick: Wie behalte ich den Überblick?

Im DiGAV findet sich eine 19-seitige Checkliste.

DiGA-Verordnung: Wie kann ich eine DiGA verordnen? Und wie erfolgt eine Erstattung durch die Krankenkasse?
In dem DiGA-Verzeichnis, welches fortlaufend ergänzt wird, werden digitale Gesundheitsanwendungen gelistet, welche zuvor als Medizinprodukt CE-zertifiziert und sodann vom BfArM im Fast-track-Verfahren geprüft wurden. Ärzte und Psychotherapeuten können diese dann verordnen. Dazu werden zu jeder DiGA im Verzeichnis auf der Informationsseite vorgesehene Verord-nungseinheiten einschließlich der jeweiligen Eigenschaften und der zugehörigen Pharmazentralnummer (PZN) angegeben. Diese Informationen sind sodann im Formular 16 des üblichen Kassenrezepts anzugeben. Der Patient kann das Kassenrezept bei seiner Krankenkasse einreichen und um Zusendung eines Freischaltcodes für die DiGA bitten. Nach der Aktivierung der DiGA kann diese für den verordneten Zeitraum genutzt werden und der DiGA-Hersteller rechnet die Kosten unter Bezug auf den verwendeten Freischaltcode direkt mit der Krankenkasse ab.

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