24. Juli 2025
Veröffentlichungsreihe – 6 von 15 Insights
Angesichts der Vielzahl an Stolpersteinen und Sonderthemen in A&D-Carve-outs, die wir in Teil I (regulatorischen Hürden) und Teil II (Strukturierung der Transaktion und operative Entflechtung) unseres Fachbeitrags bereits beleuchtet haben, ist eine sorgfältige Vorbereitung der Schlüssel zum Erfolg. Viele Carve-outs scheitern oder bringen nicht den erhofften Wert, weil Unternehmen die Komplexität unterschätzen. Ohne strategische Planung kommt es zu Verzögerungen und unerwarteten Kosten, fehlende Transparenz führt zu Verunsicherung bei Mitarbeitenden und Kunden, was Abgänge und Umsatzverluste provozieren kann, oder es wird ein ungeeigneter Investor gewählt, der den Bereich nicht erfolgreich weiterentwickeln kann. Im Folgenden werden daher Best Practices und Erfolgsfaktoren beschrieben, um diese Risiken zu meistern.
Ein Carve-out sollte als eigenständiges Projekt mit ausreichendem Vorlauf organisiert werden. Idealerweise wird ein dediziertes Team aufgesetzt, das Experten aus allen relevanten Bereichen vereint – M&A-Juristen, Exportkontroll- und Außenwirtschaftsexperten, IT-Spezialisten, HR/Arbeitsrecht, Steuern, Finanzen und Kommunikation. Dieses Team erstellt einen umfassenden Carve-out-Fahrplan, in dem alle Abhängigkeiten und Meilensteine identifiziert werden, wie behördliche Genehmigungen, IT-Migrationstermine, Personalübergänge, Kundenkommunikation etc. Eine realistische Timeline ist essenziell, insbesondere weil bestimmte Behördenverfahren Zeit benötigen (Investitionskontrolle, Exportgenehmigungen, Sicherheitsüberprüfungen). Wichtig ist auch, frühzeitig ein mögliches Signing und Closing zeitlich einzuordnen und vertraglich flexibel zu gestalten, um Verzögerungen auffangen zu können.
Ein häufiger Fehler ist, dass der zu veräußernde Geschäftsbereich nicht klar genug definiert ist. Es müssen jedoch sämtliche Assets, Verträge, Verbindlichkeiten und Funktionen identifiziert werden, die zur Carve-out-Einheit gehören. Ebenso muss entschieden werden, welche Schnittstellen zum Altunternehmen verbleiben (z.B. gemeinsame Nutzung einer Marke oder weiterer Geschäftskontakt als Zulieferer/Kunde nach dem Carve-out). Alle diese Punkte gehören in eine transaktionsspezifische Due Diligence aufgenommen, damit weder übersehene Posten zurückbleiben noch notwendige Elemente fehlen. Dazu gehört auch, Bilanz und Finanzinformationen des Carve-out-Bereichs separat aufzubereiten (Carve-out-Financials), damit Käufer und Investoren die wirtschaftliche Lage transparent beurteilen können. Eine saubere Abgrenzung erhöht den Transaktionswert, weil der Käufer sieht, dass das Zielunternehmen autonom handlungsfähig ist.
Mitarbeitende, Kunden und Lieferanten sollten nicht erst mit dem Vollzug von der Ausgliederung erfahren. Ein Kommunikationskonzept hilft, Gerüchte und Unsicherheiten zu minimieren. Schlüsselmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sollten frühzeitig eingebunden und nach Möglichkeit gebunden werden (etwa durch Bleibe-Boni), um Know-how-Verlust zu vermeiden. Kunden – insbesondere staatliche Auftraggeber – müssen informiert werden, warum der Carve-out erfolgt und wie Kontinuität gewährleistet bleibt. Ein offenes Zugehen auf Mitbestimmungsgremien (Betriebsrat) ist ebenso ratsam; gerade in Deutschland können Betriebsräte zwar einen Carve-out nicht verhindern, aber sie haben Informations- und Beratungsrechte, deren Missachtung das Klima vergiften würde. Insgesamt gilt: Transparente und proaktive Kommunikation nach innen und außen nimmt Ängste und schafft Vertrauen, was letztlich den Wert der ausgegliederten Einheit stabilisiert.
Die erwähnten Genehmigungsprozesse (Auslandinvestitionsfreigabe, Exportkontroll-Bescheide, ggf. kartellrechtliche Freigabe, etc.) sollten parallel zum Verkaufsprozess vorangetrieben werden. Es empfiehlt sich, bereits vor Signing informelle Vorgespräche mit den zuständigen Behörden zu führen, um eventuelle Bedenken aufzudecken und Lösungen zu erarbeiten. So können z.B. in der Investitionskontrolle mögliche Mitigationsmaßnahmen (Zusagen, Side Letter) vorab diskutiert werden. Alle notwendigen Anträge (etwa auf Unbedenklichkeitsbescheinigung beim BMWK) sollten unmittelbar nach Vertragsunterzeichnung gestellt werden, um die Uhr laufen zu lassen. Ein klarer Regulierungs-Fahrplan, abgestimmt mit Käufer und Behörden, erhöht die Planungssicherheit. Dabei muss der Kaufvertrag ausreichende Flexibilität bieten: etwa Verlängerungsmöglichkeiten für Long Stop-Dates, und ggf. Rücktrittsrechte oder Anpassungsklauseln, falls Auflagen erteilt werden (z.B. Reduzierung des Kaufpreises bei sehr einschneidenden Auflagen, oder die Verpflichtung des Käufers, bestimmte Auflagen zu erfüllen).
Bereits vor dem Carve-out-Closing sollte die Betriebsbereitschaft der neuen Einheit sichergestellt sein. Das umfasst die Bestellung eines erfahrenen Management-Teams für das ausgegliederte Unternehmen, das idealerweise den Übergang mit vorbereitet hat. Zudem sollten eigene Kernfunktionen (IT-Systeme, Buchhaltung, Compliance) so weit wie möglich etabliert sein, um nur minimal auf TSAs angewiesen zu sein. Wo TSAs unvermeidbar sind, sollten klare Exit-Strategien definiert sein, damit die neue Organisation nicht in Abhängigkeit verharrt. Ein Erfolgsfaktor ist hier, Simulationsläufe oder „Day-1-Readiness“-Tests durchzuführen: Was passiert am ersten Tag nach dem Übergang? Funktionieren alle Zahlungen, sind alle Mitarbeiterzugänge da, laufen kritische Produktionsanlagen autark? Solche Integrations- bzw. Separations-Tests ermöglichen es, Lücken früh zu schließen.
Schließlich hängt der Erfolg eines Carve-outs wesentlich davon ab, den richtigen Käufer bzw. Investor zu finden. Nicht jeder Bieter bringt die nötige Expertise oder das langfristige Interesse mit, um eine Aerospace- oder Defence-Sparte erfolgreich weiterzuentwickeln. Hier sollte das verkaufende Unternehmen sich überlegen, ob ein strategischer Käufer (z.B. ein Branchenunternehmen, das Synergien heben kann) oder ein finanzieller Investor (z.B. Private Equity-Fonds, mit Erfahrung im Sektor) der bessere Partner ist. Beide haben unterschiedliche Erwartungen und Stärken: Strategen bieten oft industrielle Synergien und kennen das Geschäft, was Integrationsrisiken mindern kann; Finanzinvestoren bringen Kapital und einen Fokus auf Wertsteigerung, verlangen aber meist detaillierte Transformationspläne. Ein häufiger Best Practice-Ansatz ist, bereits vor dem offiziellen Verkaufsprozess ausgewählte potenzielle Käufer zu sondieren („Limited Auction“), um herauszufinden, wer ernsthaftes Interesse und gute Referenzen für komplexe Carve-outs hat. Während der Verhandlungen sollte man auf Klarheit und Vereinfachung setzen: Ein strukturierter Datenaustausch (ggf. mit Clean Teams) und ein gut vorbereitetes Verhandlungsteam auf Verkäuferseite sorgen dafür, dass wesentliche Punkte – Preis, Garantien, Risiken – offen adressiert werden. Letztlich gilt es, einen Kaufvertrag zu gestalten, der sowohl Käufer als auch Verkäufer ausreichende Sicherheit gibt, dass das ausgegliederte Geschäft erfolgreich übergehen und weitergeführt werden kann. Hier können kreative Lösungen zum Tragen kommen, etwa eine schrittweise Übernahme (z.B. behält der Verkäufer zunächst einen Minderheitsanteil, um den Übergang zu begleiten), Earn-out-Klauseln, oder Vereinbarungen über zukünftige Kooperationen zwischen Altunternehmen und Carve-out (z.B. Lieferverträge, gemeinsame Entwicklungsprojekte), um den Übergang gleitend zu gestalten.
Carve-outs im A&D-Sektor gehören zu den anspruchsvollsten Transaktionen – sie verbinden die üblichen Herausforderungen einer Unternehmensabspaltung mit einem dichten Geflecht an Regulierungen und Sicherheitsauflagen. Gleichwohl kann eine sauber vorbereitete und durchgeführte Abspaltung erhebliche strategische Vorteile bieten: Das Unternehmen verschlankt sich und fokussiert sich auf sein Kerngeschäft, während der ausgegliederte Bereich unter neuer Führung oder Eigentümerschaft gezielter wachsen kann. Investoren erhalten die Chance, ein etabliertes Geschäftsfeld mit großem Potential zu erwerben – vorausgesetzt, sie bringen das Verständnis für die Besonderheiten der A&D-Branche mit.
Erfolgreich sind Carve-outs immer dann, wenn rechtliche Sorgfalt und operative Exzellenz Hand in Hand gehen: Von der Exportkontroll-Compliance über die Investitionsfreigabe bis zur IT-Migration muss jedes Puzzlestück bedacht werden. Die Erfahrungen etwa aus dem Hensoldt-Carve-out oder anderen europäischen Transaktionen zeigen, dass es lösbare Aufgaben sind, solange Unternehmen und Investoren eng zusammenarbeiten und auch den staatlichen Stakeholder mit ins Boot holen. Mit klarer Planung, offener Kommunikation und der Unterstützung erfahrener Berater lassen sich die typischen Klippen umschiffen. So wird der Carve-out nicht zum Selbstzweck, sondern zum Transaktionsmodell, das im A&D-Sektor Werte schafft und zugleich den hohen Anforderungen an Sicherheit und Compliance gerecht wird. Zukünftige Carve-outs in der Luft-, Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie werden vor dem Hintergrund steigender Verteidigungsausgaben und fortschreitender Technologieentwicklungen wahrscheinlich weiter an Relevanz gewinnen. Wer die genannten Erfolgsfaktoren beherzigt, schafft die Grundlage, dass solche Transaktionen für alle Beteiligten – Unternehmen, Investoren und Staat – zum Erfolg werden.
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