11. Juni 2025
Veröffentlichungsreihe – 8 von 9 Insights
Im April 2025 hat China neue Ausfuhrgenehmigungspflichten für bestimmte Seltene Erden eingeführt. Diese Maßnahmen betreffen europäische Unternehmen in Schlüsselindustrien – insbesondere die Verteidigungsbranche – erheblich. Die neuen Vorschriften sind nicht nur Teil des Handelskonflikts mit den USA, sondern werden inzwischen auch gezielt als Verhandlungsmittel gegenüber der EU eingesetzt. Da rund 90 % der weltweiten Raffineriekapazitäten für Seltene Erden in China liegen und Alternativen bislang entweder qualitativ schlechter oder deutlich teurer sind, stehen betroffene Unternehmen vor erheblichen operativen Herausforderungen – mit spürbaren Auswirkungen auf laufende M&A-Prozesse und Unternehmensbewertungen.
Die neuen Exportkontrollen betreffen sieben von insgesamt siebzehn Seltenerdmetallen – konkret: Samarium, Gadolinium, Terbium, Dysprosium, Lutetium, Scandium und Yttrium. Dabei handelt es sich überwiegend um mittlere und schwere Seltene Erden mit strategischer Bedeutung für Hochtechnologieanwendungen. Die Regelung erfasst nicht nur die reinen Elemente, sondern auch deren Oxide, Legierungen, Verbindungen und Gemische.
Für sämtliche Exporte dieser Stoffe ist nun eine Genehmigung des chinesischen Handelsministeriums (MOFCOM) erforderlich. Ohne entsprechende Lizenz oder vollständige Dokumentation kann es zu Zollverzögerungen oder Exportverboten kommen. Die chinesische Regierung begründet die Maßnahme mit der strategischen Bedeutung und dem „Dual-Use“-Charakter der Materialien (z. B. Verteidigungstechnologie, Hochleistungsindustrie).
Zwar muss der Lizenzantrag von der chinesischen Exportfirma gestellt werden, jedoch sind diese auf die enge Zuarbeit der europäischen Abnehmer angewiesen – insbesondere bei der Endverbleibs- und Nutzungsdokumentation. Eine vollständige und präzise Angabe aller Informationen ist entscheidend, um Verzögerungen im Verfahren zu vermeiden.
Seltene Erden sind eine Schlüsselkomponente moderner Rüstungstechnologien. Die nun kontrollierten Materialien sind essenziell für die Herstellung von Waffensystemen, Lenk- und Radartechnologie, gesicherter Kommunikation und elektronischer Kriegsführung. Betroffen sind unter anderem folgende Anwendungen:
Samarium, Terbium und Dysprosium werden für Hochleistungsmagnete in Steuerungssystemen, Aktuatoren und Zielerfassungseinheiten benötigt. Lieferengpässe gefährden die Verfügbarkeit und Entwicklung präzisionsgelenkter Waffensysteme.
Scandium und Yttrium sind Bestandteil leichter Strukturlegierungen für Fluggeräte und UAVs. Dysprosium und Terbium finden sich in hitzebeständigen Magneten für Düsentriebwerke sowie elektrische Antriebe von Marineschiffen. Lieferausfälle könnten die Einsatzfähigkeit zentraler Plattformen gefährden.
Gadolinium ist aufgrund seiner magnetischen Eigenschaften unersetzlich in Sonar- und Radarverstärkern. Lutetium wird in modernen Detektoren und Szintillatoren für boden- und luftgestützte Systeme eingesetzt. Exportverzögerungen können die Entwicklung sensibler Sensorik und deren Integration in militärische Systeme erheblich beeinträchtigen.
Die Abhängigkeit Europas ist hoch: Systemhersteller und Zulieferer sind tief in globalisierte Lieferketten eingebunden, die letztlich oft auf chinesische Raffinerien zurückgehen. Technisch gleichwertige oder wirtschaftlich tragbare Alternativen stehen kurz- bis mittelfristig kaum zur Verfügung.
Die Exportkontrollen wirken sich zunehmend auch auf M&A-Aktivitäten aus, insbesondere wenn Zielunternehmen oder deren Produkte auf Seltene Erden angewiesen sind:
Der Kern des Problems: Die extreme Abhängigkeit von chinesischen Bezugsquellen ist in absehbarer Zeit nicht kompensierbar. Die Versorgungslage beeinflusst unmittelbar den Cashflow, die Kundenbindung und Investitionsentscheidungen – zentrale Größen für die Preisfindung und Strukturierung von Deals.
Zudem sehen sich Unternehmen mit Verzögerungen bei der Lieferung zunehmend dem Risiko vertraglicher Schadensersatzforderungen von Kunden ausgesetzt. Ob sich solche Ansprüche mit Berufung auf höhere Gewalt abwehren lassen, hängt maßgeblich vom Wortlaut der jeweiligen Force-Majeure-Klausel ab. Eine rechtliche Überprüfung bestehender Vertragswerke ist deshalb unerlässlich.
Für jede Ausfuhr der betroffenen Stoffe aus China ist eine MOFCOM Genehmigung erforderlich. Es gibt zwei Lizenztypen:
Zu den erforderlichen Abgaben, die gemacht werden müssen, gehören unter anderem:
Aus unserer Beratungspraxis wissen wir: Das Verfahren ist oft langwierig und komplex. Die chinesischen Behörden verlangen detaillierte und nachvollziehbare Angaben, die gründlich überprüft werden.
Zwar stellt der chinesische Exporteur den Antrag, jedoch ist die Zuarbeit des europäischen Kunden entscheidend – insbesondere für technische Beschreibungen, Endverbleibserklärungen und Nutzungsnachweise. In der Praxis zählen unvollständige oder widersprüchliche Unterlagen zu den Hauptursachen für Verzögerungen.
Die Bearbeitung von Standardanträgen kann bis zu 45 Arbeitstage dauern. Bei sensiblen oder unvollständigen Anträgen sind längere Fristen möglich. Ein beschleunigtes Verfahren für EU-Exporte („Green Channel“) ist im Gespräch, aber bislang nicht umgesetzt – Unternehmen sollten daher weiterhin mit den regulären Bearbeitungszeiten planen.
Taylor Wessing bietet integrierte rechtliche Beratung an der Schnittstelle von Außenwirtschaftsrecht, M&A und Exportkontrolle – mit Standorten in China und Europa. Wir helfen Ihnen dabei, Risiken entlang der Lieferkette frühzeitig zu identifizieren, Exportprozesse rechtskonform zu steuern und Transaktionen krisensicher zu gestalten. Unser Leistungsspektrum umfasst insbesondere:
Unser Ziel: Ihre Versorgungssicherheit und Handlungsfähigkeit auch unter geopolitischem Druck abzusichern. Sprechen Sie uns gerne an – wir begleiten Sie mit juristischer Präzision, technologischem Verständnis und internationaler Perspektive.
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