4. Juli 2025
Veröffentlichungsreihe – 3 von 9 Insights
„Das 21. Jahrhundert wird ein Jahrhundert der Raumfahrt sein.“ Mit diesen Worten stellte Andrius Kubilius, EU-Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt, am 25. Juni 2025 den Entwurf für ein EU-Weltraumgesetz, den „EU Space Act“, vor.
Die Weltraumwirtschaft hat Experten zufolge in den kommenden zehn Jahren ein Potenzial von 1,8 Billionen US-Dollar. Das jüngste Wachstum im Sektor ist jedoch fast ausschließlich auf Programme von SpaceX und aus China zurückzuführen. Die europäische Raumfahrtindustrie hinkt seit dem Rückgang der kommerziellen Nachfrage nach ihrem Höhepunkt 2017 und aufgrund fehlender Militärausgaben hinterher. Dies soll sich laut Kubilius nun ändern: „Europa muss an der Spitze stehen." Den notwendigen Rechtsrahmen dafür soll der EU Space Act schaffen.
Der Sektor ist seit jeher ein Motor für Innovation. Um nicht nur technologischen Fortschritt zu fördern, sondern auch die globale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Raumfahrtindustrie zu sichern und Kosten zu senken, bedarf es eines einheitlichen regulatorischen Rahmens. Der Space Act soll die bislang 13 unterschiedlichen nationalen Weltraumgesetze innerhalb der EU ersetzen und so für mehr Planungs- und Investitionssicherheit bei Unternehmen sorgen.
Das Gesetz ruht auf drei tragenden Säulen: Safety, Resilience und Sustainability. Im Mittelpunkt stehen dabei Maßnahmen zur Begrenzung von Weltraumkollisionen und Weltraummüll, die Erhöhung von Cybersicherheit zum Schutz vor digitalen und physischen Bedrohungen und die bessere Verfolgung der Umweltfolgen von Weltraumaktivitäten. Gleichzeitig soll ein EU-weiter Binnenmarkt für weltraumgestützte Daten und Weltraumdienste geschaffen werden (Art 1 Abs. 1 EU Space Act-Entwurf), um europäischen Unternehmen grenzüberschreitendes Wachstum zu erleichtern.
Im September 2024 nahm auch das deutsche Weltraumgesetz kurzzeitig Fahrt auf, als die damalige Bundesregierung das Eckpunktepapier veröffentlichte, welches die Leitplanken für ein künftiges deutsches Weltraumgesetz (WRG) bilden und der Umsetzung völkerrechtlicher Pflichten Deutschlands dienen sollte. Der nun vorliegende Entwurf des EU Space Act erlaubt erstmals einen direkten Vergleich der nationalen und europäischen Regulierungsansätze:
Mit seinem europäischen Fokus entfaltet der EU Space Act gegenüber allen kommerziellen Anbietern, die in der Union tätig sind, Geltung – einschließlich solcher aus Drittstaaten, die ihre Dienste in Europa anbieten. Von der Verordnung ausgenommen werden u.a. ausschließlich zum Zwecke der Verteidigung oder nationalen Sicherheit genutzte Weltraumgegenstände (s. Verteidigung und nationale Sicherheit) oder Objekte, die noch vor dem 1. Januar 2030 gestartet werden (Art. 2 Abs. 3 lit. a), lit. d) EU Space Act-Entwurf).
Im Gegensatz dazu ist das WRG national ausgerichtet. Es richtet sich laut Eckpunktepapier an deutsche Akteure (natürliche und juristische Personen) und Starteinrichtungen bzw. Weltraumaktivitäten, deren Start in territorialem Bezug zu Deutschland stehen. Staatliche und zwischenstaatliche Akteure – wie ESA, EU oder NATO – sind vom Anwendungsbereich ausgenommen.
Der EU Space Act sieht eine dezentrale Umsetzung von Genehmigungsverfahren durch nationale Behörden vor (Art. 6 Abs. 1 EU Space Act-Entwurf), die jedoch unter übergeordneter Aufsicht der Europäischen Kommission und der EU-Agentur für das Weltraumprogramm (EUSPA) stehen. Diese erhalten ebenso Registrierungsaufgaben. So soll eine einheitliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten sichergestellt werden.
Demgegenüber liegt die Zuständigkeit im WRG gemäß Eckpunktepapier zentral bei einer nationalen Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Die Erteilung von Genehmigungen erfolgt nur im „Einvernehmen“ mit weiteren beteiligten Bundesministerien, die ein Prüfinteresse anmelden.
Der EU Space Act legt den Schwerpunkt auf präventive Maßnahmen und hohe Sicherheits- und Betriebsvorschriften, um Schäden möglichst zu vermeiden. Eine Haftungsdeckelung ist im Entwurf nicht vorgesehen – eine Harmonisierung der Haftungshöhen auf EU-Ebene steht damit weiterhin aus.
Im Rahmen des WRG hingegen ist eine klare finanzielle Begrenzung vorgesehen: Der Regressanspruch des Staates gegenüber dem Betreiber – etwa im Falle völkerrechtlicher Staatshaftung – ist auf maximal 50 Millionen Euro bzw. 10 % des Jahresumsatzes begrenzt. Die zivilrechtliche Haftung gegenüber Dritten bleibt hingegen unbegrenzt.
Im Bereich Umwelt und Nachhaltigkeit setzt der Entwurf des EU Space Acts verbindliche Maßstäbe: Er schreibt die verpflichtende Durchführung eines standardisierten „Life Cycle Assessments“ (LCA) für jede Weltraummission vor und enthält bereits im Verordnungstext konkrete technische Anforderungen zur Reduzierung von Weltraummüll und Lichtverschmutzung. Das Eckpunktepapier des WRG bleibt hier zurückhaltender: Es formuliert zwar eine allgemeine Vorsorgepflicht zur nachhaltigen Nutzung des Weltraums und zur Vermeidung von Verschmutzungen, doch konkrete technische Anforderungen sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt durch Rechtsverordnungen konkretisiert werden.
Cybersecurity soll ein zentraler Baustein im EU Space Act werden. Der Verordnungsvorschlag sieht die Etablierung eines eigenständigen Cybersecurity-Rahmens für den Raumfahrtsektor vor, der dabei als „lex specialis“ zur NIS2-Richtlinie fungiert. Der Entwurf enthält detaillierte Vorgaben zu Risikomanagement, Vorfallmeldungen und Lieferkettenschutz.
Im Eckpunktepapier des WRG wird der Aspekt zwar genannt, aber nicht näher ausgeführt. Auch hier sieht das Eckpunktepapier vor, die Details später per Rechtsverordnung festzulegen.
Der EU Space Act-Entwurf klammert Aktivitäten, die ausschließlich Verteidigungs- oder nationalen Sicherheitszwecken dienen, explizit aus seinem Geltungsbereich aus. Zwar wird im Rahmen der strategischen Vision der EU der Ausbau sogenannter „Dual-Use“-Kapazitäten gefördert, doch der Verordnungsvorschlag selbst sieht keinen direkten Durchgriff auf privatwirtschaftliche Systeme vor.
Anders das Eckpunktepapier des WRG: Es ermöglicht der Bundeswehr, von privaten Betreibern die „vorrangige Bereitstellung von Leistungen“ für Verteidigungszwecke anzufordern.
Weitere Einblicke in das Eckpunktepapier des WRG und ob dieses den hohen Erwartungen gerecht wird, lesen Sie hier.
Die Kommission wird ihren Verordnungsvorschlag zum EU Space Act zunächst dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union zur Beratung vorlegen. Erst danach beginnt die Meinungsbildung in den beiden Gesetzgebungsorganen. Daraufhin folgen die Verhandlungen zwischen Parlament und Rat. Art. 119 des EU Space Act-Entwurfs sieht vor, dass die Vorschriften ab dem 01. Januar 2030 Geltung entfalten und für alle Mitgliedstaaten unmittelbar binden sind. Das EU-Weltraumgesetz legt dabei einen gemeinsamen Mindeststandard fest, lässt den Mitgliedstaaten jedoch Spielraum, über diese Vorgaben hinauszugehen.
Auch die deutsche Bundesregierung misst der Raumfahrt eine wachsende strategische Bedeutung bei. Nachdem das WRG am Bruch der Ampelkoalition im November 2024 gescheitert war, stuft die neue Regierung aus CDU/CSU und SPD die Raumfahrt im Koalitionsvertrag als Zukunfts- und Schlüsseltechnologie ein. Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, das nationale Raumfahrtprogramm auszubauen und noch im ersten Regierungsjahr eine nationale Weltraumsicherheitsstrategie vorzulegen. Die EU-Space-Verordnung soll laut Koalitionsvertrag „zügig umgesetzt“ werden.
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