17. Juni 2025
Veröffentlichungsreihe – 6 von 9 Insights
Die geopolitischen Umbrüche der letzten Jahre haben zu einem tiefgreifenden Wandel in der Verteidigungsstrategie geführt. Der beschleunigte Aufbau sicherheitsrelevanter Fähigkeiten verlangt nach technologischem Vorsprung, Innovationskraft und Produktionskapazitäten – und somit nach hochqualifiziertem Personal, insbesondere in den Bereichen Engineering und IT. Hierin liegt das häufig unterschätzte Risiko der Scheinselbständigkeit, was jedoch mit einem Compliance-Prozess gut beherrschbar ist.
Die in Deutschland verfügbare Stammbelegschaft der Industrieunternehmen reicht oftmals quantitativ und qualitativ nicht aus, um Projekte in der geforderten Geschwindigkeit und Qualität umsetzen zu können. Viele Unternehmen suchen daher verstärkt nach Experten – etwa Ingenieuren, Softwareentwicklern, Logistikplanern, Militärexperten usw., die jedoch selten ein Arbeitsverhältnis eingehen, sondern in der Regel aufgrund ihrer besonderen Expertise nur freiberuflich tätig werden wollen.
Die Unternehmen der Zeitenwende werden daher zunehmend gezwungen sein, auf den Einsatz von freiberuflichen Honorarkräften zurückzugreifen. Doch die Beauftragung und der Einsatz solcher Freelancer ist rechtlich heikel, insbesondere für Unternehmen des Verteidigungssektors, deren Hauptauftraggeber die öffentliche Hand ist. Denn wenn die rechtlichen Voraussetzungen eines selbständigen Vertragsverhältnisses in der Praxis nicht erfüllt sind, sondern die Leistungserbringung eher einer Arbeitnehmerleistung gleicht, sind die Folgen gravierend bis existenzgefährdend:
Sofern Sozialversicherungsbeiträge und Steuern i.H.v. 1 Millionen Euro hinterzogen werden, droht sogar eine Haftstrafe für die Unternehmensleitung. Hierfür genügt es, wenn drei bis vier Freelancer in der sozialversicherungsrechtlich nicht verjährten Zeit (d.h. seit 1. Januar 2021) dauerhaft nicht rechtskonform eingesetzt wurden.
Das sozialversicherungsrechtliche Risiko wird nicht dadurch gehemmt, dass der Auftragnehmer ein Unternehmen ist. Sofern dieses Unternehmen freiberufliche Honorarkräfte zur Leistungserbringung einsetzt, haften Auftragnehmer und Auftraggeber für die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für fehlabgegrenzte Freelancer als Gesamtschuldner. IT-/ und Engineering-Dienstleister beauftragen jedoch im Regelfall freiberufliche Honorarkräfte unter, so dass dieses Risiko auch nicht nur theoretisch besteht.
Die Aufdeckungswahrscheinlichkeit von Scheinselbständigkeit hat sich auch deutlich erhöht. Seit 2025 setzt die Deutsche Rentenversicherung (DRV) nämlich das KI-Tool KIRA in Betriebsprüfungen ein, d.h. eine KI sucht zukünftig nach Scheinselbständigkeit in der Buchhaltung der Unternehmen. Zudem haben sich die rechtlichen Anforderungen an eine selbständige Leistungserbringung durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts deutlich erhöht, da im Wesentlichen nur noch tätigkeitsbezogene Kriterien, nicht jedoch personenbezogene Kriterien (z.B. Anzahl der Auftraggeber) zur Abgrenzung herangezogen werden.
Der Einsatz von Freelancern ist nicht verboten, er muss nur rechtskonform gestaltet werden. Daher lassen sich die Risiken durch einen Compliance-/ und Beauftragungsprozess gut beherrschen. Dieser Prozess muss die Abgrenzungsfaktoren anhand der aktuellen Rechtsprechung vor Beauftragung prüfen und Verantwortlichkeiten im Einkaufsprozess klar definieren.
Unsere Kanzlei begleitet seit Jahren Unternehmen in sicherheitsrelevanten Industrien bei der rechtssicheren Strukturierung ihrer Personal- und Projektressourcen. Wir verstehen uns als Experten der HR-Compliance. Wir entwickeln mit Ihnen pragmatische, revisionssichere Lösungen, um externe Expertise dort einsetzen zu können, wo sie am dringendsten gebraucht wird – ohne dabei in rechtliche Grauzonen zu geraten und mit dem Einsatz von Legal Tech.
Kontaktieren Sie uns – gerne stellen wir Ihnen unsere Compliance-Expertise im Verteidigungsbereich persönlich vor.
In Teil II beleuchten wir Chancen & Risiken des Verteidigungssektors beim Insourcing von Produktionskapazitäten des Automotive-Sektors.
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