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23. März 2023

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb 02-2023 – 2 von 8 Insights

EU-Richtlinie vorgestellt: Das bringt der Entwurf zur Kommunikation und Belegbarkeit von umweltbezogener Werbung (Green Claims Directive)

  • Briefing

Artikel aktualisiert am 07.09.2023

Die EU-Kommission hat den mit Spannung erwarteten Entwurf einer neuen Richtline für die Kommunikation und Belegbarkeit von umweltbezogener Werbung und gegen "Greenwashing" vorgestellt (Green Claims Directive). Im Vergleich zu dem bekanntgewordenen vorläufigen Entwurf im Januar 2023 (siehe dazu unser Insight hier) sieht der nun veröffentlichte Entwurf einige Änderungen vor.

Es bleibt allerdings dabei, dass die Richtlinie europaweite, einheitliche Standards zu Inhalt und Belegbarkeit umweltbezogener Werbeaussagen (sog. „Green Claims“) vorsieht. Unternehmen müssen sich darüber hinaus die Zulässigkeit ihrer Werbung mit umweltbezogenen Aussagen von einer unabhängigen Prüfstelle („verifier“), der jeweils von den Mitgliedstaaten zu bestimmen ist, vorab bestätigen lassen.

Sah der vorläufige Entwurf noch vor, dass die Mitgliedstaaten Bußgeldvorschriften einführen müssen, um Verstöße gegen die Vorgaben aus der Richtlinie angemessen und effektiv zu sanktionieren, stellt der nun vorgestellte Entwurf wesentlich weniger strenge Anforderungen. Zwar sieht auch er vor, dass die Mitgliedstaaten für angemessene und effektive Sanktionsmechanismen bei sog. Greenwashing zu sorgen haben. Diese können aber - wie bisher im deutschen Lauterkeitsrecht schon üblich - auch darin bestehen, dass für Verstöße gegen die Regeln der Green Claims Richtlinie der Weg zu den Zivilgerichten offensteht.

Zulässiger Inhalt von umweltbezogenen Werbeaussagen

Der Vorschlag enthält genaue Vorgaben, wie mit umweltbezogenen Aussagen ("grün", "klimaneutral", "für Nachhaltigkeit" etc.) geworben werden darf. Mit diesen Vorgaben will die Kommission sicherstellen, dass Werbeaussagen zu positiven Umwelteffekten nur für solche Produkte oder Unternehmen gemacht werden, die im Vergleich zu anderen Produkten oder Unternehmen Umweltvorteile bieten.

Die Werbung mit Umweltvorteilen soll deshalb unter anderem nur erlaubt sein, wenn:

  • mit Umweltauswirkungen, -aspekten oder -leistungen geworben wird, für die die nach der Green Claims Richtlinie erforderlichen Nachweise vorliegen und für das jeweilige Produkt oder den Unternehmer als erheblich eingestuft wurden;
  • sofern dies für die gemachte Angabe relevant ist, Informationen darüber enthalten sind, wie die Verbraucher das Produkt angemessen verwenden können, um die Umweltauswirkungen zu verringern; und
  • ausführliche Informationen zur Begründung der Umweltaussage beigefügt sind, entweder in physischer Form, also etwa auf einem Beipackzettel, oder über einen Link oder QR-Code für den Verbraucher unmittelbar abrufbar.
  • Bezieht sich die ausdrückliche Umweltaussage auf eine zukünftige Umweltleistung eines Produkts oder Unternehmers, so muss sie eine zeitgebundene Verpflichtung für Verbesserungen innerhalb der betrieblichen Abläufe und der Wertschöpfungskette enthalten.
  • Umweltaussagen oder -zeichen, bei denen die gesamten Umweltauswirkungen eines Produkts pauschal bewertet werden, z.B. in Bezug auf die biologische Vielfalt, das Klima, den Wasserverbrauch, den Boden usw., sind nicht zulässig, es sei denn, es gibt entsprechende EU-Vorschriften.

Mindestkriterien für Nachweise zu umweltbezogenen Werbeaussagen

Herzstück des Entwurfes bilden die Regelungen zur Belegbarkeit der umweltbezogenen Claims. Diese Regelungen bestimmen konkret die Voraussetzungen, nach denen eine umweltbezogene Werbung zulässig ist. Die EU möchte damit sicherstellen, dass nur solche Claims verwendet werden, die sich auch nachweislich positiv auf die Umwelt auswirken. Der Vorschlag für die künftige Richtlinie sieht daher vor, dass die ausdrücklichen umweltbezogenen Angaben unter anderem die folgenden Mindestkriterien erfüllen müssen, um sog. Greenwashing zu vermeiden:

  • Die Aussagen müssen durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse belegt werden, aus denen die relevanten Umweltauswirkungen und etwaige Zielkonflikte hervorgehen.
  • Es muss die Bedeutung der Auswirkungen, Merkmale und Leistungen der umweltbezogenen Werbeaussage gemäß einer Lebenszyklusanalyse nachgewiesen werden.
  • Es muss nachgewiesen werden, ob die Angabe für das gesamte Produkt oder nur für Teile davon zutreffend ist (für den gesamten Lebenszyklus oder nur für bestimmte Phasen, für alle Tätigkeiten des Händlers oder nur einen Teil davon).
  • Es müssen Informationen bereitgestellt werden, ob das Produkt in Bezug auf die Umwelt in der Praxis wesentlich besser abschneidet als vergleichbare Produkte.
  • Es muss dargestellt werden, ob eine positive Leistung in Bezug auf die Umwelt zu einer erheblichen Verschlechterung anderer Umweltaspekte führt.
  • Es müssen transparente Informationen über den Ausgleich von CO2-Emissionen zur Verfügung gestellt werden (Stichwort: Klimaneutralität). Dabei ist anzugeben, ob sich die Kompensationen auf die Reduzierung oder den Wegfall von CO2-Emissionen beziehen und wie diese Kompensation erreicht wird. Die Kompensationen müssen von hoher Qualität sein und korrekt verrechnet werden, um die behaupteten Auswirkungen auf das Klima schlüssig und transparent darzustellen.
  • Werden Produkte oder Organisationen mit anderen Produkten und Organisationen verglichen, so müssen diese Vergleiche fair sein und auf gleichwertigen Informationen und Daten beruhen.
  • Der Entwurf sieht schließlich vor, dass die EU-Kommission delegierte Rechtsakte erlassen soll, um die Bestimmungen über die Substantiierung ausdrücklicher umweltbezogener Angaben zu ergänzen. Dabei sollen die zu berücksichtigenden Kriterien weiter präzisiert werden, insbesondere für Angaben über Kompensationen, "Klimaneutralität" oder vergleichbare Aussagen.

Im Vergleich zu dem ersten Entwurf sieht die Richtlinie nicht mehr vor, dass der Nachweis der besonderen Umweltleistung nach dem Product Environmental Footprint (PEF) erfolgen muss. Die zwingende Berechnung der Umweltauswirkungen von Produkten nach dieser Methode wurde verworfen und durch die oben genannten Mindestkriterien ersetzt.

Die Verwendung von Umweltzeichen

Der Entwurf sieht außerdem auch Vorgaben zur Verwendung von Umweltzeichen vor. Er verbietet auch Gütesiegel, die auf einer Eigenzertifizierung durch Unternehmen beruhen. Damit will die EU-Kommission der mittlerweile weitverbreiteten Praxis der Nutzung verschiedenster, intransparenter und meist privater Umweltsiegel entgegnen und ein verbesserte Transparenz und Belastbarkeit der Kennzeichnungssysteme herstellen. Der Richtlinien-Vorschlag sieht deshalb unter anderem vor:

  • Umweltzeichensysteme auf EU-Ebene sollen gefördert werden; neue öffentliche Systeme, sofern sie nicht auf EU-Ebene entwickelt werden, sind nicht zulässig, und neue private Systeme sind nur zulässig, wenn damit ehrgeizigere Umweltziele als mit den bereits bestehenden Umweltzeichensystemen verfolgt werden und sie vorab genehmigt werden.
  • Die Umweltzeichen müssen transparente Informationen über die Aussteller, die Ziele sowie die Anforderungen und Verfahren zur Überwachung der Einhaltung der Umweltzeichensysteme für den Verbraucher enthalten.
  • Die Umweltzeichensysteme müssen von Dritten überprüft und regelmäßig kontrolliert werden.

Genehmigung der Werbeaussagen durch unabhängige Prüfstellen

Vollkommen neu wird sein, dass die umweltbezogenen Aussagen ("grün", "nachhaltig", "klimaneutral", "für Nachhaltigkeit" etc.) von einer unabhängigen Prüfstelle nach Maßgabe der Anforderungen der Richtlinie zu überprüfen sein werden. Unternehmen müssen sich vor der Verwendung eines „Green Claims“ die Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie von einer solchen Prüfstelle bestätigen lassen. Reichen die von den Unternehmen vorgelegten Nachweise aus, stellt die Prüfstelle eine EU-weit anerkannte Bescheinigung über die Erfüllung der Anforderungen aus. Unternehmen können sich dann sicher sein, dass ihr Werbeclaim in allen EU-Mitgliedstaaten zulässig ist. 

Die Durchsetzung der Vorschriften

Nach dem im Januar publik gewordenen, vorläufigen Entwurf konnte erwartet werden, dass für das deutsche Recht ein neuer, bisher nicht bekannter Bußgeldtatbestand für unlautere Werbung geschaffen wird. In der nun vorgestellten Fassung findet sich eine solche Vorgabe nicht mehr. Stattdessen überlässt es die Richtlinie den Mitgliedstaaten selbst zu bestimmen, welche Art der Durchsetzung sie jeweils für am geeignetsten halten. Das ermöglicht dem deutschen Gesetzgeber bei den bisherigen Rechtsschutzmöglichkeiten im Lauterkeitsrecht zu bleiben und die Zivilgerichte weiterhin als maßgebliche Instanz für die Beurteilung der Zulässigkeit von umweltbezogenen Werbeaussagen zu bestimmen. Danach wird es, wie bisher üblich, in erster Linie Wettbewerbern und den klagebefugten Verbänden überlassen, möglicherweise unzulässige „Green Claims“ (sog. "Greenwashing") anzugreifen.

Einschätzung und Ausblick

Bevor die Richtlinie von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen ist, muss sie zunächst das reguläre Gesetzgebungsverfahren durchlaufen. Das bedeutet, dass sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament dem Entwurf noch zustimmen müssen. Aktuelle Informationen über das Gesetzgebungsverfahren finden Sie hier. Im Anschluss daran haben die Mitgliedstaaten dann noch einmal 18 Monate Zeit für die Umsetzung in das jeweilige nationale Recht sowie weitere sechs Monate bis zum tatsächlichen Inkrafttreten der Regelungen. Bis die Regeln in Deutschland tatsächlich zur Anwendung kommen, wird daher vermutlich noch einige Zeit vergehen. Die EU-Kommission rechnet mit einem Zeitrahmen von vier Jahren.

Sollten die Vorschriften des Richtlinienentwurfs in deutsches Recht umgesetzt werden, wird dies für Unternehmen eine erhebliche Umstellung bedeuten. Zwar haben sich in der deutschen Rechtsprechung bereits Kriterien für bestimmte umweltbezogene Claims, insbesondere für Aussagen zur Klimaneutralität, herausgebildet (vgl. unseren Green Claim Enforcement Tracker), die Vorgaben der Richtlinie sind auf den ersten Blick aber noch strenger. Immerhin werden diese Mindeststandards in alle EU-Mitgliedstaaten gelten. Daher müssten Unternehmen die Zulässigkeit ihrer Claims zur Vermeidung von sog. Greenwashing nicht für jeden Mitgliedstaat einzeln prüfen. Dafür sorgen soll auch die in den Mitgliedstaaten akkreditierten, unabhängigen Prüfstellen, bei der alle Unternehmen ihre Umweltclaims vorab prüfen und genehmigen lassen müssen. Die von diesen Prüfstellen ausgestellten Bescheinigungen gelten als EU-weite Bestätigung, dass der geprüfte umweltbezogene Claim den Anforderungen der Richtlinie entspricht.

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