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Dr. Wiebke Baars, LL.M.

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5. April 2023

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb 02-2023 – 4 von 8 Insights

„Green Brands“ - Die Anforderungen an „grüne Marken“

  • Briefing

Co-Autor: Alexander Tepper

Angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise spielen nachhaltig produzierte Produkte im Kaufverhalten von Verbrauchern eine immer größere Rolle. Unternehmen begegnen dieser Nachfrage, indem sie „grüne“, d.h. nachhaltig produzierte Produkte anbieten und diese meist unter Verwendung „grüner Marken“ vermarkten.

Was sind „grüne Marken“?

Auch wenn keine einheitliche Definition für „green brands“ bzw. „grüne Marken“ gibt, kann man den Begriff umschreiben und eingrenzen. Nach Auffassung des Amts der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) ist eine „grüne Marke“ ein Sammelbegriff für spezifische Handels-, Dienstleistungs- und Zertifizierungsmarken, die umweltfreundliche Produkte, Dienstleistungen oder Praktiken vermitteln. Nach dem jüngsten Richtlinienentwurf der EU-Kommission, der „Green Claims Directive“ (siehe dazu unser Insight vom 23. März 2023) müssen Umweltzeichen („environmental labels“) ein Zertifizierungssystem haben, das bescheinigt, dass ein Produkt, ein Verfahren oder ein Händler die Anforderungen für das Umweltzeichen erfüllt. Nach unserer Auffassung lassen sich alle Marken, die in irgendeiner Form durch Worte, Grafiken und Symbole oder eine grüne Farbgebung einen Bezug zu Umweltaspekten oder Nachhaltigkeit herstellen, unter dem Begriff „grüne Marken“ zusammenfassen.

„Grüne Marken“ kann man in zwei Kategorien einteilen, je nachdem, auf was sie sich beziehen. Sie können entweder

  • produktbezogen sein, d.h. sich auf Angaben zu bestimmten Eigenschaften einzelner Produkte oder Produktkategorien bzw. Produktlinien beziehen; oder sie können
  • unternehmensbezogen sein, und sich auf Informationen über besondere Umwelt-/Nachhaltigkeitsmerkmale und -maßnahmen des Unternehmens selbst und/oder auf ein besonderes Engagement des Unternehmens für die Umwelt beziehen.

Die Zahl der „grünen Marken“ nimmt zu

Eine Studie des EUIPO vom September 2021 (Update vom Februar 2023) zeigt, dass die Zahl der Anmeldungen „grüner Marken“ in den letzten Jahren stark gestiegen ist. Im Jahr 2020 wurden beim EUIPO 16.000 „grüne Marken“ angemeldet, was etwa 14% aller Markenanmeldungen ausmacht. Die Gründe für den Anstieg liegen auf der Hand: Klimakrise, Umweltschutzskandale (z.B. Grundwasserverseuchung, Tiertransporte), Lebensmittelskandale und menschliche Schicksale sensibilisieren Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen. Mittlerweile gibt es ein enormes öffentliches Bewusstsein und eine große Aufmerksamkeit für „grüne Marken“. Verbraucher bevorzugen Waren, die ein besonderes Umweltbewusstsein verkörpern, sodass auch in der Produktgestaltung sowie in der Werbung zunehmend auf Umweltaspekte wie z.B. Klimaneutralität geachtet wird.

Was sind die Vorteile „grüner Marken“?

Die Vorteile des „Green Branding“ sind klar: Markeninhaber erhoffen sich Image- und Absatzförderung durch die hohe emotionale Werbewirkung von umweltbezogenen Marken. Vorausgesetzt natürlich, alles läuft nach Plan und die Marke hält, was sie verspricht bzw. sie wird richtig eingesetzt. Ist dies nicht der Fall, droht ein enormer Imageschaden, und Marke bzw. Unternehmen können als „Greenwasher" (Verbrauchertäuschung dadurch, dass ein Produkt oder ein Unternehmen als nachhaltiger beworben wird als es tatsächlich ist) gebrandmarkt werden.

Schutzhindernisse für „grüne Marken“

Welche Hürden müssen „grüne Marken“ auf dem Weg zur Eintragung überwinden? Um es vorweg zu nehmen: Natürlich keine anderen, als „normale“ Marken auch. Es gelten dieselben Schutzhindernisse, wie für alle Marken.

Die beiden häufigsten Schutzhindernisse für „grüne Marken“ sind das Fehlen der Unterscheidungskraft und rein beschreibende Begriffe gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. b), c) UMV bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG. Die folgenden Beispiele zeigen, worauf es nach der Rechtsprechung ankommt.

Keine rein beschreibenden Begriffe: Beispiel „BioMarkt“

Im Juli 2022 befasste sich das Gericht der Europäischen Union (EuG) mit der Wort-/Bildmarke „BioMarkt" und kam zum Ergebnis, dass diese rein beschreibend und damit schutzunfähig sei (EuG, Urt. v. 12. Juli 2022, T-641/21):

  • Die Marke „BioMarkt" wurde für verschiedene Waren, insbesondere Körperpflegeprodukte (Klasse 3), Nahrungsergänzungsmittel (Klasse 5), Lebensmittel (Klassen 29, 30 und 31) und Getränke (Klasse 32) sowie für verschiedene Dienstleistungen der Klassen 35 und 43 angemeldet.
  • Nach Auffassung des Gerichts ist der Begriff „BioMarkt" nicht geeignet, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft bestimmter Waren oder Dienstleistungen zu dienen. Er werde lediglich als Bezeichnung für eine Verkaufsstätte verstanden, in der ökologische Erzeugnisse angeboten würden.
  • Das Argument, der Begriff „BioMarkt“ sei eine neue Wortschöpfung, greife nicht, da es sich lediglich um eine Aneinanderreihung von beschreibenden Begriffen handele, die keinen anderen Gesamteindruck vermittele. Dass der Begriff lexikalisch nicht nachprüfbar sei, spiele dabei keine Rolle. Auch eine ähnliche Voreintragung einer etwas anders gestalteten Wort-/Bildmarke, über die die Anmelderin verfügte, helfe nicht weiter, da diese keine bindende Wirkung habe.
  • Auch die grafischen Elemente änderten an diesem Ergebnis nichts. Die Stilisierung des Wortbestandteils – d.h. die verwendete Schriftart, der Unterschied in der Schriftgröße der verschiedenen Begriffe sowie die Verwendung der Farben Grün und Braun – sei „verhältnismäßig banal“ und daher „nicht geeignet, die Aufmerksamkeit der Verbraucher von den beschreibenden Bestandteilen der Anmeldemarke abzulenken“.
  • Dies führte im Ergebnis zur Bejahung eines Freihaltebedürfnisses i.S.d. Art. 7 Abs. 1 lit. c) UMV. Das angemeldete Zeichen „BioMarkt" ist daher für alle angemeldeten Waren und die meisten angemeldeten Dienstleistungen nicht schutzfähig. Nur für einige wenige Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 wurde die Marke eingetragen.

Originalität erforderlich: Beispiel „Sustainability through Quality“

Im Februar 2023 präzisierte das EuG die Voraussetzungen für die Unterscheidungskraft einer („grünen“) Marke. In dem Fall ging es um die Anmeldung des Slogans „Sustainability through Quality" (EuG, Urt. v. 1. Februar 2023, T-253/22):

  • Die Wortfolge „Sustainability through Quality" wurde für Motoren (Klasse 7), elektrische und elektronische Geräte (Klasse 9), Druckereierzeugnisse (Klasse 16) und Dienstleistungen der Klasse 42 (wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschung) als Wortmarke (Slogan) angemeldet.
  • Das EuG führte aus, dass Slogans grundsätzlich schutzfähig sein können, wenn sie über ihre reine Sachaussage hinaus als Herkunftshinweis verstanden werden. Sie sind hingegen nicht schutzfähig, wenn der Slogan als reiner Werbeslogan wahrgenommen wird. Die erforderliche Originalität kann in Form einer ungewöhnlichen Struktur des Slogans, wie z.B. in einem Wortspiel oder bei mehreren Bedeutungen, gegeben sein, sofern ein gewisser Interpretationsaufwand erforderlich ist oder der Slogan bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöst.
  • Keine dieser Anforderungen sei im vorliegenden Fall jedoch erfüllt. Der Slogan vermittele auf unmittelbar verständliche Weise, dass Nachhaltigkeit durch ein Qualitätsprodukt erreicht werden solle. Er spiegele damit eine im Zeitgeist liegende Tendenz wider, Nachhaltigkeit mit Qualität zu verbinden. Es handele sich um eine werbende und lobende Botschaft, die eine abstrakte Unternehmensphilosophie zum Ausdruck bringe.
  • Das Gericht folgte auch nicht der Argumentation des Antragstellers, dass „Sustainability through Quality" mit dem Slogan „Vorsprung durch Technik" von Audi vergleichbar sei. Anders als der Slogan von Audi sei „Sustainability through Quality" vor der Anmeldung nicht bekannt gewesen. Audi habe seinen Slogan bereits jahrelang vor der Anmeldung verwendet. Außerdem besitze die angemeldete Marke keine Originalität und erlaube auch keine anderen Interpretationsmöglichkeiten.
  • Das EuG lehnte die Eintragung wegen fehlender Unterscheidungskraft i.S.v. Artikel 7 Abs. 1 lit. b) UMV für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen ab.

Praxistipp: Ein strenger Standard - nicht nur auf europäischer Ebene

„Grüne Marken“ werden nach den allgemeinen, für alle Marken geltenden Grundsätzen beurteilt. Die Rechtsprechung zeigt, dass die Gerichte für „grüne Marken“, die mit Nachhaltigkeit werben sollen, keine Ausnahmen machen. Im Gegenteil: Es wird eher etwas strenger geurteilt, wohl auch vor dem Hintergrund, „Greenwashing" von vornherein zu unterbinden. Dies belegen auch die beiden Entscheidungen, in denen Anmeldungen für Unionsmarken zurückgewiesen wurden. Das Bundespatentgericht (BPatG) machte in einem vergleichbaren Fall deutlich, dass dieselben Grundsätze auch für nationale deutsche Markenanmeldungen gelten. So stellte das BPatG fest, dass dem Begriff „biovinyl" aufgrund seines rein beschreibenden Charakters die Unterscheidungskraft fehlt, da „vinyl" nur auf den Kunststoff Polyvinylchlorid hinweist. Das BPatG lehnte die Eintragung des Begriffs als Wortmarke daher ab (BPatG, Beschl. v. 17. August 2021, 26 W (pat) 563/19).

Für Anmelder „grüner Marken“ bedeutet dies, kreativ sein zu müssen. Die Anfügung des Wortes „Bio" oder ähnlicher Kurzformen („eco“, „öko“ etc.) an einen anderen Begriff dürfte in der Regel nicht ausreichen, um Markenschutz zu erlangen. Eine Wortmarke muss vielmehr eine Neuschöpfung beinhalten, die in einem Wortspiel, einer Alliteration oder der Schaffung einer neuen Bedeutung liegen kann. Dies kann u.U. auch durch das Zusammenspiel zwischen einem Wort und einem Logo in einer Wort-/Bildmarke erreicht werden, wenn der Bildbestandteil bzw. die Gestaltung besonders originell ist und von der beschreibenden Wortangabe ablenkt.

Wir helfen Ihnen, Ihre „grünen Marken“ zur Eintragung zu bringen und auf dem schmalen Grat zwischen effektiver Vermarktung und „Greenwashing“ die Balance zu behalten.

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