5. Juni 2024
Endlich ist es so weit: Am 14.Juni 2024 beginnt die UEFA EURO 2024 – und sie findet dieses Jahr (endlich) mal wieder in Deutschland statt. Nur kurze Zeit später folgt mit den Olympischen Sommerspielen 2024 in Paris das wohl größte globale Sportereignis des Jahres.
Mit Millionen von begeisterten Fans weltweit, die das Geschehen live oder im TV mitverfolgen, bieten diese Ereignisse vor allem für offizielle Sponsoren lukrative Möglichkeiten, ihre Produkte und Dienstleistungen zu bewerben. Aber auch andere Unternehmen können von der Anziehungskraft dieser Sportgroßereignissen durch kreative und geschickte Werbemaßnahmen – sog. „Ambush Marketing“ - profitieren. Aber Vorsicht: Damit die Werbemaßnahmen nicht zum Eigentor werden, müssen Unternehmen dabei ein paar (rechtliche) Spielregeln beachten.
Unter „Ambush Marketing“ („ambush“ bedeutet im Deutschen „Hinterhalt“ oder „Überfall“) versteht man Werbemaßnahmen von Unternehmen, die - ohne offiziell Sponsor zu sein - von der medialen Aufmerksamkeit des (Sport-)Großereignisses profitieren wollen. Der Begriff ist (zu Unrecht) - meist negativ konnotiert, denn Werbemaßnahmen „aus dem Hinterhalt“ sind nicht grundsätzlich unzulässig. Dem Veranstalter steht – so hat es der BGH in seiner bekannten Entscheidung „WM-Marken“ aus dem Jahr 2010 ausdrücklich festgestellt - kein „Schutz für jede wirtschaftliche Nutzung, die auf das Sportereignis Bezug nimmt“ zu. Einen Anspruch auf Exklusivität jeder denkbaren wirtschaftlichen Nutzung des Sportereignisses hat der Veranstalter also nicht. Allerdings müssen Unternehmen sehr genau darauf achten, die rechtlichen Grenzen der zulässigen Werbung nicht zu überschreiten, insbesondere, Rechte des Veranstalters nicht zu verletzen. Je nach Art und Ort der geplanten Werbemaßnahme sind die nachfolgenden Aspekte relevant für deren rechtliche Bewertung.
Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb („UWG“) ist es unzulässig, den Ruf oder Wertschätzung eines Dritten in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen. Die Grenze zur unlauteren Ausnutzung wird nach der Rechtsprechung des BGH im Falle der Bewerbung von Sporttextilien mit der Bezeichnung „einfach olympiareif“ dort überschritten, wo durch eine enge Bezugnahme auf die Olympischen Spiele deren Wertschätzung für die Bewerbung von Produkten und ihren Eigenschaften in einer Weise ausgenutzt wird, wie sie nur einem offiziellen Sponsor zusteht.
Ebenfalls unzulässig weil irreführend ist es, den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, dass zwischen dem Werbenden und den Veranstaltern der Olympischen Spiele bzw. der EURO 2024 ein offizielles Sponsoring besteht, wenn dies tatsächlich nicht er Fall ist. So sollte unbedingt vermieden werden, offizielle, d.h. für den Veranstalter geschützte Marken, Bilder, Slogans, Trophäen usw. in der Werbung zu verwenden. Die bloße Anwesenheit des Unternehmens z.B. in Form von Promotion-Teams, die Werbegeschenke verteilen, in unmittelbarer Nähe zu dem Sportereignis hingegen bedeutet in der Regel noch nicht, dass der Verkehr eine offizielle Verbindung zwischen dem werbenden Unternehmen und dem Sportereignis annimmt. Eine rechtssichere Bewertung erfordert jedoch stets die Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls.
Bislang gibt es nur wenige Gerichtsentscheidungen zu Werbemaßnahmen, die zum Ambush Marketing zu zählen sind. Der BGH hat in der Vergangenheit etwa entschieden, dass ein Verbraucher regelmäßig davon ausgeht, dass offizielle Sponsoren von Sportereignissen wie den Olympischen Spielen ihre (offizielle) Verbindung zu dem Sportereignis in ihrer Werbung hervorheben werden. Im Umkehrschluss nehmen Verbraucher nach Auffassung der Rechtsprechung daher an, dass es sich bei Fehlen eines Hinweises auf die offizielle Sponsoren-Eigenschaft nicht um einen offiziellen Sponsor handelt. Diese Grundsätze dürften in gleicher Weise auch für Werbemaßnahmen zur UEFA Euro 2024 gelten.
Sowohl die UEFA als auch das Internationale Olympische Komitee verfügen über Hunderte von Markenanmeldungen und -eintragungen in der ganzen Welt (einschließlich Deutschland), die ein breites Spektrum von Marken abdecken. Die UEFA ist beispielsweise Inhaberin von Marken für UEFA, UEFA EURO 2024, EURO 2024 GERMANY, BERLIN 2024, HAMBURG 2024 und Albärt (das Maskottchen der UEFA 2024). Eine Prüfung der eingetragenen Marken ist damit vor jeder Werbemaßnahme unerlässlich, um Markenverletzungen und damit Abmahnungen oder gar ein gerichtliches Vorgehen zu vermeiden.
Das Internationale Olympische Komitee IOC (oder andere einschlägige olympische Organisationen) hat etwa die die olympischen Ringe, die aktuellen olympischen Embleme, das Symbol der Olympischen Spiele 2024 in Paris, diverse Mottos und Maskottchen sowie das Design der olympischen Medaillen markenrechtlich schützen lassen.
Darüber hinaus können auch die nationalen Olympischen Sportverbände, die Mannschaften, einzelne Spieler und Athleten über (eigene) Markenanmeldungen und -eintragungen zum Schutz ihrer Namen, Logos, Wappen, Maskottchen, Slogans und Bilder verfügen. So ist der Deutsche Olympische Sportbund e.V. (DOSB) beispielsweise Inhaber von Marken für TEAM D und diverser Logos.
Jede nicht lizenzierte Verwendung geschützter Marken im geschäftlichen Verkehr kann eine Markenverletzung darstellen. Da auch verschiedene, auf den ersten Blick scheinbar „allgemeine“ Wörter geschützt sind, ist besondere Vorsicht geboten: Werbetreibende sollten nicht davon ausgehen, dass ein solches „allgemeines“ Wort frei verwendet werden darf. Eine genaue Prüfung der markenrechtlichen Situation ist daher vor jeder Werbemaßnahme unerlässlich.
Eine Besonderheit gilt für die Verwendung von olympischen Symbolen: Das olympische Emblem und die olympischen Bezeichnungen genießen in Deutschland neben dem markenrechtlichen Schutz nämlich auch Schutz durch das Olympiaschutzgesetz (OlympSchG). Das OlympSchG begründet ein ausschließliches Recht des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland und des IOC zur Nutzung und Verwertung des Olympischen Emblems und der Olympischen Bezeichnungen. Zu den Olympischen Bezeichnungen zählen „Olympiade“, „Olympia“, „olympisch“, allein oder in Zusammensetzung sowie die entsprechenden Wörter oder Wortgruppen in einer anderen Sprache.
Der BGH hat sich schon mehrfach mit der Verwendung von Hinweisen auf die Olympischen Spiele in kreativer Weise befasst: So hat er beispielsweise festgestellt, dass die Verwendung der Bezeichnungen „Olympische Preise“ und „Olympia-Rabatt“ nicht gegen das deutsche Olympiaschutzgesetz verstößt. Dennoch birgt jede Verwendung einer olympischen Bezeichnung ein Risiko und sollte daher ebenfalls sorgfältig geprüft werden.
Urheberrechte können an Slogans, Maskottchen, Logos, Trikots, Titelmelodien, Fotos oder Videoaufnahmen bestehen. Zustehen können diese Rechte u.a. dem IOC, der UEFA, den Mannschaften, Spielern und Athleten. Die Prüfung, ob die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Werken zulässig ist, gestaltet sich als besonders schwierig, da es in Deutschland – wie im Übrigen auch im Vereinigten Königreich und in Frankreich – kein Register hierfür gibt, aus dem der Schutz ersichtlich wäre. Daher sind eine genaue Recherche und Prüfung unerlässlich, um die Risiken einer Verletzung möglichst gering zu halten.
Bei der Verwendung von Fotos und/oder Namen von Spielern bzw. Athleten in der Werbung können überdies auch Persönlichkeitsrechte eine Rolle spielen. Diesbezüglich gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung, die einer beabsichtigen Werbemaßnahme zugrunde gelegt werden sollte.
Zu guter Letzt müssen bei einer beabsichtigten Werbemaßnahme auf öffentlichen Flächen, etwa in unmittelbarer Stadionnähe, auch öffentlich-rechtliche Normen beachtet werden. Dazu zählen etwa das Bauordnungsrecht, insbesondere mit seinen Anforderungen an Werbeanlagen, oder das Straßenwegerecht. Die Nutzung des öffentlichen Raums (d.h. der Straßen und Wege) für kommerzielle Zwecke (einschließlich Marketing) kann gemäß dem örtlichen Bauordnungsrecht und Straßen- und Wegegesetz eine Genehmigung der Gastgeberstädte erfordern. Hier gilt es, sich vorab sorgfältig zu informieren und ggf. eine solche Genehmigung einzuholen.
Daneben können auch temporär gültige Allgemeinverfügungen oder Verordnungen von Behörden eine Rolle spielen. So ist denkbar, dass Behörden bestimmte Flächen in unmittelbarer Nähe zu Austragungsstätten, wie z.B. Stadien, ausschließlich den offiziellen Sponsoren der UEFA EURO 2024 zuweisen und anderen Unternehmen die Werbung an diesen Flächen untersagen. Die UEFA verlangt von den Ausrichterstädten die Freihaltung vieler zentraler Werbeflächen für die offiziellen Sponsoren des Turniers. Für den Fall des Verstoßes gegenöffentlich-rechtliche Vorgaben stehen den Kommunalbehörden eine Reihe von Maßnahmen zur Verfügung, wie z.B. die Entfernung der Werbung und die Verhängung von (z.T. empfindlichen) Geldbußen. Um dies zu vermeiden, empfiehlt sich daher eine genaue Prüfung der an jedem Austragungsort geltenden Regeln.
Die UEFA EURO 2024 ist das Sportereignis in Deutschland in diesem Jahr, dem sich als globales Highlight die Olympischen Sommerspiele in Paris anschließen. Die Werbewirkung beider Events ist enorm und eine Vielzahl von Unternehmen möchte natürlich davon profitieren. Das Interesse der Veranstalter UEFA und IOC hingegen geht dahin, den offiziellen Sponsoren des Turniers (die viel Geld dafür bezahlen) die versprochene Exklusivität zu sichern. Mit kreativen und geschickten Werbemaßnahmen können aber auch andere Unternehmen „auf den Zug aufspringen“ und die Anziehungskraft der Mega-Events nutzen, um die eigenen Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu bewerben. Wichtig ist dabei die Beachtung der (rechtlichen) Spieregeln bzw. -räume und eine fundierte rechtliche Prüfung. „Vom Feeling her ein gutes Gefühl“ zu haben, reicht eben meist nicht aus, damit Werbemaßnahmen am Ende zum Sieg und nicht zum Eigentor werden.