16. August 2024
Newsletter Marke Design Wettbewerb Oktober 2024 – 8 von 7 Insights
Seit zehn Monaten gibt es sie - und doch weiß immer noch keiner so recht, ob sie sich durchsetzen und was sie Verbrauchern tatsächlich bringen wird: die Verbandsklage (siehe dazu unser Insight vom 11. Oktober 2023 hier). Mit dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz wurde im Oktober 2023 aber nicht nur die sog. Abhilfeklage (meist als Verbandsklage bezeichnet) eingeführt, wonach Verbraucherrechte mithilfe einer kollektiven Leistungsklage durchgesetzt werden können. Weit weniger bekannt ist die zugleich eingeführte Transparenzpflicht für Verbraucherverbände und die Gerichte. Danach sind sowohl die Verbände als auch die Gerichte nunmehr verpflichtet, einstweilige Verfügungsverfahren und Unterlassungsklageverfahren nach dem UKlaG und UWG auf einer Internetseite bekannt zu geben. Mit weitreichenden Folgen für Unternehmen: Gegen sie angestrengte Verfahren können nun nämlich bereits mit Einreichung der Klage publik werden.
Die Informationspflichten der qualifizierten Verbraucherverbände und qualifizierten Einrichtungen zu gerichtlichen Verfahren im Inland finden sich in § 5a UKlaG. Die Pflicht betrifft damit alle qualifizierten Verbraucherverbände, die in der Liste des Bundesamtes für Justiz eingetragen sind, insbesondere Verbände wie die Verbraucherzentralen oder die Deutsche Umwelthilfe.
Die Verbände müssen die betreffenden Informationen über die von ihnen angestrengten Verfahren auf ihrer Internetseite vorhalten.
Die Informationspflicht betrifft alle Verfahren gerichtet auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder Unterlassung, in denen Ansprüche aus §§ 1–2a UKlaG im Inland gerichtlich geltend gemacht werden. Es genügt, wenn in einem Verfahren auch diese Ansprüche erhoben werden. Über den Verweis in § 8 Abs. 5 S. 2 UWG sind auch auf Unterlassung gerichtete Verfügungs- und Hauptsacheverfahren nach dem UWG erfasst. Damit erfasst die Informationspflicht quasi alle von Verbraucherverbänden angestrengten Verfahren.
Die Verbraucherverbände müssen bereits mit Einreichung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung oder der Unterlassungsklage auf ihrer Internetseite über das jeweilige Verfahren informieren. Ob oder wann die Klage oder der eV-Antrag der Gegenseite zugestellt wird, ist ohne Belang. Das erleichtert es Verbrauchern und Wettbewerbern erheblich, von laufenden Verfahren Kenntnis zu erlangen. In der Vergangenheit berichteten Verbraucherverbände meist nur von besonders prestigeträchtigen, erfolgreich bestrittenen Verfahren. Nun kann jedermann einsehen, dass ein Verfahren eingeleitet worden ist, es muss nicht einmal zu einer Entscheidung gekommen sein.
In § 5a Abs. 1 S. 2 UKlaG sind die Mindestanforderungen an die zu dem Verfahren zur Verfügung zu stellenden Informationen enthalten. Diese umfassen unter anderem die Bezeichnung der Parteien, Daten zu der Einreichung und Zustellung der Klage sowie eine kurze Beschreibung des Streitgegenstandes. Wird das Verfahren durch einen unanfechtbaren Beschluss oder ein unanfechtbares Urteil beendet, so ist gem. § 5a Abs. 2 UKlaG der Beschluss oder das Urteil mindestens sechs Monate auf der Internetseite der anspruchsberechtigten Stelle zu veröffentlichen.
Obwohl diese Informationspflichten nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 und 4 UKlaG sogar bußgeldbewehrt sind, scheinen sich noch längst nicht alle der 54 in die BfJ-Liste eingetragenen Verbraucherverbände der Pflicht bewusst zu sein. Die größeren Verbände veröffentlichen dagegen auf ihren Internetseiten bereits seit einiger Zeit alle von ihnen geführten Verfahren. Die Verbraucherzentrale veröffentlicht nahezu täglich neue, von der Bundeszentrale oder den Landesverbänden angestrengte Verfahren. Auch die Deutsche Umwelthilfe ist sehr aktiv.
Eine nahezu identische Pflicht für die Bekanntmachung der von Verbraucherverbänden nach UKlaG oder UWG angestrengten Verfahren trifft auch die Gerichte.
Nach § 6a UKlaG sind die Gerichte verpflichtet, unverzüglich nach der Zustellung des Antrags an den Antragsgegner bzw. der Klage an den Beklagten, bestimmte Informationen im Verbandsklageregister bekannt zu machen. Die Bekanntmachung erfolgt auf der Internetseite des Bundesamtes der Justiz getrennt für einstweilige Verfügungen und Unterlassungsklagen.
Die von dem Gericht zu dem Verfahren bekannt zu machenden Informationen sind ebenfalls nahezu identisch mit den Informationspflichten der Verbraucherverbände, § 6a Abs. 1, 2 UKlaG. Auch die Pflicht zur Bekanntmachung der Entscheidung nach rechtskräftiger Beendigung des Verfahrens trifft die Gerichte nach § 6a Abs. 3 UKlaG.
Noch mehr als den Verbraucherverbänden scheint einigen Gerichten die Pflicht zur unverzüglichen Bekanntmachung der Verfahren im Verbandsklageregister (noch) nicht vollständig bewusst zu sein. Im Register findet sich aktuell noch nur eine überschaubare Anzahl an Fällen. Allerdings hat die Zahl der Bekanntmachungen in den letzten Monaten deutlich zugenommen und ist eine weitere Zunahme zu erwarten.
Aus Unternehmenssicht hat die Informationspflicht der Verbände und Gerichte sowohl Vor- als auch Nachteile. Zum einen können Unternehmen aus den angestrengten Verfahren auf gewisse Trends bei der Verfolgung bestimmter Verstöße durch die Verbraucherverbände schließen. Auch können die veröffentlichten Entscheidungen der Gerichte für eigene Verfahren interessant und nützlich sein. Insbesondere das Verbandsklageregister kann als zusätzliche Quelle für eigene Verfahren dienen.
Allerdings birgt die Informationspflicht auch einige Risiken. In der Vergangenheit konnten Unternehmen bis zur Veröffentlichung der Entscheidung oder Pressemitteilung der Verbraucherverbände in aller Regel unerkannt bleiben. Aus PR-Sicht negative Auswirkungen waren – wenn überhaupt - erst bei Unterliegen zu befürchten. Nun wird bereits mit der Einreichung der Klage der Rechtsstreit für die Öffentlichkeit zugänglich. Selbst wenn das Verfahren letztlich ohne nachteilige Entscheidung beendet wird, das Unternehmen den Fall also gewinnt, besteht viel eher als vor Einführung der Informationspflicht die Gefahr, als rechtsverletzendes Unternehmen gebrandmarkt zu bleiben.
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von Antonia Deml
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