5. Juni 2024
Newsletter Marke Design Wettbewerb Juni 2024 – 2 von 8 Insights
Endlich ist es soweit: Es gibt ein neues EU-Designrecht! Im Gesetzgebungsverfahren sind nun alle wesentlichen Hürden für ein neues Designrecht in der EU genommen. Zwar steht das genaue Datum des Inkrafttretens noch nicht fest, lange wird es aber nicht mehr dauern. Wir geben einen Überblick über die Reform und die wesentlichen und für die Praxis bedeutsamsten Änderungen:
Bereits 2014 brachte die EU-Kommission eine kritische Bewertung des EU-Schutzsystems für Designs auf den Weg, die in einen Reformprozess des EU-Designrechts mündete. Zu diesem Prozess gehörten viele Schritte, u.a. ein „Economic review of industrial design in Europe“ (2015), ein “Legal review on design protection in Europe” (2016), ein “Report on the intellectual property implications of the development of industrial 3D printing” (2020), und ein öffentliches Konsultationsverfahren (2018/2019). Die Kommission hat sich in unterschiedlichen Phasen des Prozesses mit zahlreichen Stellungnahmen interessierter Kreise und von Fachverbänden auseinandergesetzt. Das Gesetzgebungsverfahren zur Reform des EU-Designrechts, das die Kommission Ende 2022 mit den Vorschlägen für eine neue Design-Richtline und für Änderungen der Gemeinschaftgeschmacksmusterverordnung angestoßen hat, ist nun im Wesentlichen abgeschlossen: Am 14.03.2024 hat das EU-Parlament die Legislativvorschläge für zwei Regelungen angenommen:
Aus dem veralteten „Geschmacksmuster“ wird nun endlich ein „Design“. Vor allem heißt es anstelle von „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ künftig „Unionsdesign“ (Art. 1 Nr. 1 UDV). Das ist erfreulich, nachdem sich in den offiziellen deutschsprachigen Versionen der Verordnungsentwürfe der Kommission unbegreiflicherweise noch bis Ende 2023 der Begriff „Geschmacksmuster“ gehalten hatte. Etwas verwirrend ist allerdings, dass der EU-Gesetzgeber in der UDV selbst neben dem Begriff „Unionsdesign“ den Begriff „EU-Design“ verwendet. Im Folgenden wird mit „Unionsdesign“ das bezeichnet, was wir derzeit mit „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ bezeichnen.
Wesentliche Änderungen betreffen fundamentale Begriffe des Designrechts: Durch die Neudefinition der Begriffe „Design“ und „Erzeugnis“ in Art. 2 Design-RiLi und Art. 3 UDV wird der designrechtliche Schutzgegenstand erheblich erweitert. Es bleibt bei dem Grundsatz, dass das Design die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon schützt, die sich aus Merkmalen wie Linien, Konturen, Farben, Gestalt, Oberflächenstruktur oder Werksstoffen des Erzeugnisses oder seiner Verzierung ergibt. Ebenfalls bleibt es dabei, dass Logos und graphische Symbole Erzeugnisse im Sinne des Designrechts sind, so dass markenrechtlich geschützte Zeichen auch weiterhin als Designs geschützt werden können. Neu ist, dass künftig auch die Bewegung der Merkmale, ihr Übergang in andere Erscheinungsformen oder andere Arten der Merkmalsanimationen erfasst sein werden, so dass vor allem auch dynamische oder fluide Gestaltungsmerkmale eindeutig designschutzfähig sein werden. Hinzu tritt die Erweiterung des Erzeugnisbegriffs: Künftig ist ein Erzeugnis jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand, egal, ob er physische oder digitale Form annimmt. Auch Innenräume und grafische Anwenderschnittstellen (graphical user interfaces – GUI) sind Erzeugnisse. Damit werden künftig auch die Erscheinungsformen digitaler Räume oder Gegenstände designschutzfähig. Weiterhin bleiben Computerprogramme vom Erzeugnisbegriff ausgeschlossen.
Wirtschaftlich bedeutsam ist die Öffnung des Designschutzes beispielsweise für den Schutz von Gegenständen und Innenräumen, die in Computerspielen erscheinen. Auch der Schutz CAD-generierter Objekte wird verbessert. Der neue Design- und Erzeugnisbegriff ermöglicht auch Designschutz für Objekte des Metaverse oder NFT-Objekte (siehe dazu auch unser Insight hier). Viele Schwierigkeiten, die sich beim Markenschutz im Metaverse stellen, werden sich durch den Schutz eines Logos als Design umschiffen lassen. Schließlich wird der Schutz beweglicher oder fluider Logos durch Designs ermöglicht; hier ist der kennzeichenrechtliche Schutz bisweilen sperrig.
Anmelder und Rechteinhaber werden die Erweiterung der designschutzfähigen Erscheinungsformen und Erzeugnisse begrüßen. Spannend wird, wie künftig Ämter und Gerichte den Unterschied zwischen der statischen und der dynamischen Designwiedergabe eines identischen oder ähnlichen Erzeugnisses bei der Frage der Neuheit und Eigenart sowie der Designverletzung beurteilen werden. Begründet die dynamische Darstellung eines Erzeugnisses die Eigenart gegenüber der statischen Darstellung desselben Erzeugnisses? Erfasst die dynamische Designdarstellung jeden Einzelstatus? Eine geschickte Anmeldestrategie muss bis zur Klärung dieser Fragen eine schwierige Balance zwischen Schutzoptimierung und Kosteneffizienz finden müssen.
Derzeit stößt der Designschutz dort an seine Grenzen, wo z.B. ein Händler eine Datei an einen Verbraucher sendet, die dem Verbraucher den 3D-Druck eines designverletzenden Erzeugnisses erlaubt. Der Dateiversand als solcher erfolgt ohne Nutzung der Erscheinungsform eines Erzeugnisses, so dass der Händler nicht als Täter in Anspruch genommen werden kann. Und der Verbraucher nutzt das geschützte Design rein privat, so dass er sich auf eine Schutzschranke berufen kann.
Diese Schutzlücke erschien dem Gesetzgeber angesichts des Fortschritts beim 3D-Druck zu Recht unhaltbar. Das neue Designrecht schließt diese Schutzlücke. Art. 16 Abs. 2 lit. d Design-RiLi und Art. 19 Abs. 2 lit. d UDV erweitern die Verbotsrechte aus dem geschützten Design um „das Erstellen, Herunterladen, Kopieren und das Teilen oder Verbreiten von Medien oder Software, mit denen das Design aufgezeichnet wird, um die Herstellung eines [designverletzenden] Erzeugnisses … zu ermöglichen.“
Im Prinzip ist das eine gelungene Regelung, v.a. weil die Verbraucher nicht für praktische Durchsetzungsschwierigkeiten gegen schwer zu erreichende, digitale Verbreiter in die Haftung genommen werden. Die rein private, nicht gewerbliche Designnutzung durch den Verbraucher bleibt nach wie vor zulässig. Allerdings gibt die Voraussetzung, dass die betreffenden Medien oder Software „das Design aufzeichnen“ müssen, Rätsel auf. Ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn eine Software schlicht Befehle an den 3D-Drucker übermittelt? Zwar mag hinter dieser Formulierung das Bemühen des Gesetzgebers stehen, die „desigverletzungstragende“ Software von anderer für den 3D-Druck benötigter Software – wie z.B. Druckertreibersoftware – zu unterscheiden, deren Verbreitung nicht vom designrechtlichen Ausschließlichkeitsrecht erfasst ist. Die verunglückte Wortwahl birgt aber die Gefahr, dass die Ausschließlichkeitsrechte restriktiv gehandhabt werden.
Wie im Markenrecht hat der Unionsgesetzgeber nun auch im Designrecht die verletzerfreundliche EuGH-Rechtsprechung in Transitfällen korrigiert. Art. 16 Abs. 3 Design-RiLi und Art. 19 Abs. 3 UDV befassen sich mit dem Fall, dass designverletzende Erzeugnisse durch die EU oder durch Mitgliedstaaten hindurch transportiert werden, in denen der Inhaber Designschutz aufgrund eines eingetragenen Designs genießt. In klaren Fällen kann der Inhaber des eingetragenen Designs künftig die Durchfuhr verbieten, bis der Durchführende in einem zollrechtlichen Verfahren nachweist, dass dem Designinhaber im endgültigen Bestimmungsland keine Unterlassungsrechte aus dem eigetragenen Design zustehen. Die Stärkung des Designrechtsinhabers und die Angleichung an die unionsmarkenrechtliche Regelung sind zu begrüßen.
Die Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Nutzung eines geschützten Designs an einem Bauteil eines komplexen Erzeugnisses zu Reparaturzwecken zulässig ist, hat das EU-Designrecht bislang nicht harmonisiert.
Bislang gilt: Auf Unionsebene gibt es mit Art. 110 GGV eine Reparaturklausel, welche den Schutz durch das Gemeinschaftsgeschmacksmuster beschränkt. Danach verleiht ein Design an einem Bauteil eines komplexen Erzeugnisses dem Inhaber nicht das Recht, die Nutzung eines designgemäßen Bauteils zu Reparaturzwecken zu untersagen, wenn dadurch das ursprüngliche Erscheinungsbild des komplexen Erzeugnisses wiederhergestellt wird. Diese Schutzschranke greift, wenn es um die Reparatur von sog. formgebundenen Bauteilen geht. Das sind Bauteile, deren Design durch die Gestaltung des restlichen Erzeugnisses vorgegeben ist, wie z.B. der Kotflügel eines bestimmten Kfz, der Kanten und Wölbungen der Karosserie aufnimmt. Der EuGH interpretiert die Reparaturklausel aber noch weiter (EuGH, Urteil vom 20.12.2017, Rs. C‑397/16 und C‑435/16 – Acacia): Die Schutzschranke greift auch bei der Reparatur solcher Bauteile, deren Gestaltung von der des übrigen Erzeugnisses unabhängig ist, wie z.B. bei den Felgen eines Kfz. Darin liegt eine wesentliche Beschränkung des Designschutzes für Hersteller komplexer, ersatzteilintensiver und reparaturbedürftiger Erzeugnisse wie z.B. von PKW oder Leuchten. Auf der Ebene der Mitgliedstaaten ist die Reparaturthematik bislang nicht harmonisiert. Die Mitgliedstaaten, die bei Inkrafttreten der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 keine Reparaturklausel vorsahen, durften ihre rechteinhaberfreundliche Rechtslage beibehalten. Eine Änderung der Regelung ist nur in Richtung der Einführung einer Reparaturklausel möglich (sog. freeze plus-Regelung, Art. 14 Richtlinie 98/71/EG).
Art. 19 Design-RiLi und Art. 20a UDV führen nun gleichlautende Reparaturklauseln – beschränkt auf formgebundene Bauteile komplexer Erzeugnisse – ein, so dass nicht nur die Rechtslage in den Mitgliedstaaten harmonisiert wird, sondern auch die Rechtslage bei nationalen Designs und Unionsdesigns. Auf diese Schutzschranke können sich Hersteller oder Verkäufer des designgemäßen Bauelements aber nur berufen, wenn sie die Verbraucher klar und eindeutig über den gewerblichen Ursprung und die Identität des Herstellers des Bauteils informieren. Der Verbraucher soll bewusst entscheiden, ob er zur Reparatur ein Bauteil (z.B. Lampenschirm) verwendet, das nicht vom Originalhersteller des komplexen Erzeugnisses (z.B. Leuchte) stammt. Die Reparaturklausel stellt schließlich klar, dass der Hersteller oder Anbieter des Bauelements nicht dafür einzustehen hat, dass es tatsächlich zur Reparatur und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbilds des komplexen Erzeugnisses verwendet wird. Wichtig: Die Mitgliedstaaten, die beim Inkrafttreten der neuen Design-RiLi keine Reparaturklausel vorsehen, können für vor dem Inkrafttreten eingetragene Designs noch bis zu acht Jahre lang den unbeschränkten Bauteileschutz bestehen lassen.
Auch wenn mit den Reparaturklauseln der Design-RiLi und der UDV eine bislang nicht überall bestehende Schutzschranke zwingend eingeführt wird, werden Rechteinhaber das Ende der fragmentierten Rechtslage innerhalb der EU begrüßen können. Rechteinhaber werden auch begrüßen, dass die neue Reparaturklausel die inhaberfeindliche, weite Auslegung des EuGH korrigiert, indem sie nur formgebundene Bauteile komplexer Erzeugnisse erfasst. Allerdings ist die neue Regelung in wichtigen Belangen ungenau und schlampig. Sie ist – wie die derzeitige Reparaturklausel des Art. 110 GGV – als Schutzausschließungsgrund formuliert („ein …Design/Unionsdesign, das … wird nicht geschützt“). Sie wirkt nach allgemeiner Ansicht aber als Schutzschranke, indem bestimmte Handlungen in Bezug auf Bauteile komplexer Erzeugnisse zu Reparaturzwecken freigestellt werden. Zudem ist unklar, weshalb die Informationspflicht zu Ursprung und Identität des designgemäßen Bauteils als Obliegenheit für die Inanspruchnahme der Schutzschranke nur den Hersteller und den Verkäufer trifft. Derjenige, der die betreffenden Bauteile in den Verkehr bringt, ohne Verkäufer zu sein – z.B. der Erbringer der Reparaturdienstleistung –, kann sich auch ohne die Informationen auf die Schutzschranke berufen. Dem Verbraucherinteresse an einer informierten Entscheidung ist damit nicht gedient. Ebensowenig dem Schutzinteresse des Originalherstellers.
Art. 18 Abs. 1 lit. d Design-RiLi und Art. 20 Abs. 1 lit. d UDV führen eine weitere neue Schutzschranke für nationale Designs in den Mitgliedstaaten und das Unionsdesign ein. Danach sind Handlungen, die zu Zwecken der Identifizierung oder zum Verweis auf ein Erzeugnis vorgenommen werden, um ein Erzeugnis als das des Inhabers des Rechts an einem Design zu identifizieren oder sich auf dieses zu beziehen, freigestellt. Die Freistellung steht unter einer Art Lauterkeitsvorbehalt, d.h. sie greift nur, wenn die betreffende Handlung mit den loyalen Handelspraktiken vereinbar ist und die normale Nutzung des Designs nicht ungebührlich beeinträchtigt (Art. 18 Abs. 2 Design-RiLi, Art. 20 Abs. 2 UDV).
Diese neue Schutzschranke ist missglückt formuliert und belastet daher Rechteinhaber zu stark. Der erste von der Schutzschranke geregelte Fall – die Benutzung eines Designs zur Identifizierung des Rechteinhabers – überführt systemfremd einen eigentlich kennzeichenrechtlichen Interessenausgleich in das Designrecht. Der zweite von der Schutzschranke geregelte Fall der Nutzung eines Designs „zum Verweis auf ein Erzeugnis […], um sich auf das Erzeugnis zu beziehen“ klingt tautologisch und kann daher extrem weit interpretiert werden. Verweist nicht jede Nutzung eines Designs eines Dritten auf dessen designgemäßes Erzeugnis? Es besteht die Gefahr, dass die Freistellung nahezu jeder irgendwie referentiellen Nutzung eines Designs nur am Lauterkeitsvorbehalt scheitern kann.
Art. 24 Design-RiLi und Art. 26a UDV sehen für das eingetragene nationale Design und das eingetragene Unionsdesign die Möglichkeit für den Inhaber vor, das Design mit einen „D im Kreis“ als Eintragungssymbol zu benutzen. Dadurch werden Dritte für bestehende Schutzrechte sensibilisiert.
Art. 22 Design-RiLi stellt klar, dass der Schutz als Design den Schutz durch Urheberrechte, Marken- oder Kennzeichenrechte, technische gewerbliche Schutzrechte, Zivilrecht oder unlauteren Wettbewerb unberührt lässt. Rechteinhaber werden sich über dieses klare Bekenntnis zum kumulativen Schutz freuen.
Vor allem zwei Änderungen beeinflussen die Kosten und Gebühren bei künftigen Designanmeldungen. Überraschend ist allerdings, dass die im Reformprozess immer angestrebte und lange geplante Senkung der Anmeldegebühren vom EU-Parlament verhindert wurde. Die Gebühren haben sich für die vielen Anmelde- und alle Verlängerungsszenarien teils signifikant erhöht.
Künftig müssen die einzelnen Designs einer Sammelanmeldung nicht mehr in dieselbe Locarno-Erzeugnisklasse fallen. Das derzeit geltende sog. „one class“ Erfordernis für Sammelanmeldungen von Gemeinschaftsgeschmacksmustern entfällt (vgl. Erwägungsgrund 25 der UDV). Art. 27 Design-RiLi schließt das „one class“-Erfordernis für Sammelanmeldungen auf mitgliedstaatlicher Ebene aus. Anmelder können durch den Entfall des „one class“-Erfordernisses künftig in den Genuss der erheblichen Rabatte für Sammelanmeldungen kommen, wo ihnen das bislang verwehrt ist.
Die an das EUIPO zu entrichtenden Anmelde- und Eintragungsgebühren werden zu einer einheitlichen Gebühr zusammengefasst. Das vereinfacht die Gebührenordnung und ist ein Fortschritt. Die Ausgangsgebühr für ein Muster bleibt gegenüber dem derzeitigen Stand gleich (€ 350). Für Sammelanmeldungen mit zwischen 2 und 20 Designs sinkt die Gebührenhöhe leicht; das aber auch nur für die erste Schutzperiode von fünf Jahren. Ansonsten hat das EU-Parlament eine Kehrtwende hingelegt: Noch Ende 2023 waren deutliche Senkungen der Anmeldegebühren geplant. Im Reformprozess zeichnete sich jedoch schon lange ab, dass die Verlängerungsgebühren steigen werden. Mit jeder der vier Mal alle fünf Jahre möglichen Verlängerung wird künftig eine massiv höhere Gebühr fällig. Ziel ist es, das Designregister von faktisch „überlebten“ eingetragenen Unionsdesigns zu befreien. Das belastet zwar die Rechteinhaber, erscheint rechtspolitisch aber sinnvoll.
Heute | Künftig |
---|---|
Anmelde- und Eintragungsgebühr - erstes Design € 350 - 2.-10. Design € 175 - ab 11. Design € 80 |
Anmeldegebühr - erstes Design € 350 |
1. Verlängerungsgebühr pro Design € 90 2. Verlängerungsgebühr pro Design € 120 3. Verlängerungsgebühr pro Design € 150 4. Verlängerungsgebühr pro Design € 180 |
1. Verlängerungsgebühr 2. Verlängerungsgebühr 3. Verlängerungsgebühr 4. Verlängerungsgebühr |
Die neue Design-RiLi passt das mitgliedstaatliche Designrecht in viel stärkerem Maß als bisher an das Recht der UDV an. Dadurch wird eine wesentlicher unionsweiter Harmonisierungsschub erreicht, der auf lange Sicht auch die Designrechtedurchsetzung im EU-Ausland vereinfachen und vereinheitlichen wird. Folgende Regelungen sind hervorzuheben:
o Liegt ein Design im Sinn der der Designdefinition vor?
o Verstößt das Design gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten?
o Praktisch weniger relevant: Enthält das Design bestimmte Hoheits- oder Behördenzeichen, Embleme oder Wappen?
Zusätzlich dürfen die mitgliedstaatlichen Ämter künftig auch prüfen, ob die Eintragung des Designs abzulehnen ist, weil es ganz oder teilweise Bestandteile des kulturellen Erbes von nationalem Interesse enthält (Art. 13 Abs. 3 Design-RiLi).
Etwas weniger als die Hälfte der Mitgliedstaaten prüft bisher umfangreich materielle Schutzvoraussetzungen im Designanmeldeverfahren, vor allem Neuheit und Eigenart. Dadurch sind die Eintragungsverfahren oft langwierig und ihr Ausgang ist unsicher, da Neuheit und Eigenart gegenüber dem weltweit vorbekannten Formenschatz geprüft werden müssen. Künftig werden zahlreiche zeitraubende und teure Recherchen – seien sie amtlich oder durch den Anmelder veranlasst – entfallen können. Die Stärkung des eingetragenen Designs als ungeprüftes Registerrecht ist durchweg zu begrüßen.
In Entscheidungen des EUIPO und der Unionsgerichte zu Designs wurde immer wieder ein allgemeines Sichtbarkeitserfordernis als Designschutzvoraussetzung postuliert. Nur beim „normalen Gebrauch“ sichtbare Gestaltungsmerkmale von Erzeugnissen seien designschutzfähig (so z.B. EuG, T-494/12 - Biscuits Poult v OHIM – Banketbakkerij Merba (Biscuit), Rn. 20). Damit wurde ein im Gesetz gar nicht vorgesehener, allgemeiner Schutzausschließungsgrund für nicht-sichtbare Gestaltungsmerkmale eines Erzeugnisses erschaffen. Dem lag eine völlig systemwidrige Verallgemeinerung der besonderen Schutzvoraussetzung der Sichtbarkeit eines Gestaltungsmerkmals eines Bauteils eines komplexen Erzeugnisses zu Grunde. Gestaltungsmerkmale solcher Bauteile werden nur geschützt, soweit sie „bei der bestimmungsgemäßen Verwendung“ des komplexen Erzeugnisses sichtbar bleiben. So soll einer Monopolisierung von innenliegenden Ersatzteilen eines komplexen Erzeugnisses entgegengewirkt werden. Es handelt sich beim Sichtbarkeitserfordernis für Bauelemente komplexer Erzeugnisse eindeutig um eine Ausnahmeregelung.
Diese Fehlentwicklung hat der Gesetzgeber nun beherzt korrigiert. Zunächst stellt er in Art. 18a Design-RiLi und Art. 15 UDV klar, dass nur solche Gestaltungsmerkmale Schutz genießen, die in der Designanmeldung – nicht: beim Gebrauch des Erzeugnisses o.ä. – sichtbar wiedergegeben sind. Demgegenüber wird in Erwägungsgrund 19 der Design-RiLi und Erwägungsgrund 13 der UDV ausdrücklich klargestellt, dass – mit Ausnahme der Sonderregelung zu Bauteilen komplexer Erzeugnisse – die Sichtbarkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einer bestimmten Situation gerade keine Voraussetzung für den Designschutz ist.
Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber diese systemwidrige Fehlentwicklung deutlich korrigiert und damit einen im Gesetz nicht vorgesehenen, in der Praxis aber angewendeten Schutzausschließungsgrund abschafft.
Die Neuregelung des EU-Designrechts ist eine Reform im besten Sinne: Evolution statt Revolution. Das neue EU-Designrecht hält an den Strukturen fest, die sich über etwa zwei Jahrzehnte insbesondere in der Praxis des Gemeinschaftsgeschmacksmusterrechts bewährt haben. Mit zahlreichen Änderungen wird der Designschutz in der EU gleichzeitig insgesamt gestärkt und die Praxis vereinfacht. Positiv für Rechteinhaber ist ebenfalls: Das neue EU-Designrecht nähert das nationale Designrecht in materieller und prozessualer Hinsicht deutlich an die Rechtslage des unionsweiten Gemeinschaftsgeschmacksmusters – künftig „Unionsdesign“ – an; es sorgt für einen willkommenen Harmonisierungsschub. Vor allem der Charakter des eingetragenen Designs als ungeprüftes Registerrecht mit gleichwohl robuster Wirksamkeitsvermutung wird betont und auch in den Mitgliedsaaten zur Norm. Bei einigen – allerdings wichtigen – Einzelfragen allerdings hat der Unionsgesetzgeber gepatzt und an sich begrüßenswerte Neuregelungen missverständlich gefasst. Beispiele dafür sind verunglückte Formulierungen bei der Erweiterung der Ausschließlichkeitsrechte auf die Verbreitung von Software und Medien zur Herstellung designverletzender Erzeugnisse, die Formulierung der Reparaturklausel als Schutzausschließungsgrund statt als Schutzschranke und die dem Wortlaut nach ausufernde Schutzschranke der referentiellen und identifizierenden Designverwendung. Wir hoffen, dass die Praxis und die Rechtsprechung diese Regelungen besonnen und systemgerecht anwenden werden. Ein Wermutstropfen ist, dass die Anmeldegebühren nun doch nicht gesenkt werden, noch nicht einmal für die erste fünfjährige Schutzperiode. Dagegen ist besonders erfreulich, dass der Unionsgesetzgeber sprichwörtlich im letzten Augenblick Erwägungsgründe beschlossen hat, welche die designschutzfeindliche Herausbildung eines allgemeinen Sichtbarkeitserfordernisses durch das EUIPO und die Unionsgerichte als systemfremde Fehlentwicklung kennzeichnet und erfreulich klar korrigieren.
5. June 2024
22. March 2024
5. June 2024
5. June 2024