Autor

Tamara Herzog

Associate

Read More
Autor

Tamara Herzog

Associate

Read More

6. Dezember 2023

Newsletter Marke Design Wettbewerb Dezember 2023 – 4 von 7 Insights

Wie spät ist’s im Metaverse? – EUIPO: „Glashütte ORIGINAL“ nicht als Marke für virtuelle Uhren eintragbar

  • Briefing

Der Name der für die deutsche Uhrmacherkunst bekannten Stadt Glashütte kann nicht für virtuelle Uhren eingetragen werden. Nach Auffassung der Beschwerdekammer des EUIPO wird die Bezeichnung „Glashütte ORIGINAL“ vom Verkehr als Hinweis auf die besondere Qualität der Uhrenprodukte - echt oder virtuell -, nicht aber als Unterscheidungsmittel wahrgenommen. Eine markenmäßige Unterscheidungskraft komme dieser Bezeichnung daher nicht zu (EUIPO BK, Entsch. v. 29.09.2023, R0773/2023-5 – Glashütte ORIGINAL).

Was ist passiert?

Der Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO vorausgegangen war die Anmeldung der nachfolgend abgebildeten Marke für Produkte in einer virtuellen Umgebung, darunter u.a. herunterladbare virtuelle Waren wie Chronographen, Uhren und deren Zubehör in Klasse 9 sowie damit verbundene Einzelhandels- und Unterhaltungsdienstleistungen in Klassen 35 und 41.

Die Prüfungsabteilung des EUIPO wies die Anmeldung in Bezug auf die oben genannten Waren und Dienstleistungen wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchts. b VO (EG) 2017/1001 (Unionsmarkenverordnung) zurück.

Die Begründung: Glashütte sei eine Stadt im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in Sachsen und insbesondere für die dort ansässigen Uhrenmanufakturen weltweit bekannt. Die angesprochenen Verkehrskreise werden das Zeichen „Glashütte ORIGINAL“ daher lediglich als Hinweis darauf verstehen, dass die Waren und Dienstleistungen Originalprodukte aus Glashütte sind oder zumindest mit diesen in Verbindung stehen. Die Vorstellungen der Verbraucher über den Wert dieser Produkte würden dabei auf die entsprechenden virtuellen Produkte übertragen.

Die Klägerin beantragte daraufhin vor der Beschwerdekammer des EUIPO die Aufhebung dieser Entscheidung und machte insbesondere Folgendes geltend:

  • Die Bekanntheit von Glashütte beziehe sich nur auf die realen, d.h. auf die physischen Uhren, die das Ergebnis eines komplexen Herstellungsprozesses seien. Die angemeldeten Produkte aus der virtuellen Welt hätten jedoch nichts mit dem Aussehen oder dem Herstellungsprozess der realen Uhren zu tun und seien daher nicht mit diesen vergleichbar.
  • Selbst wenn man davon ausginge, dass die virtuellen Uhren das Grundkonzept der realen Uhren nachahmen, gäbe es keinen Grund zur Annahme, dass die Stadt Glashütte in einer nachvollziehbaren oder offensichtlichen Verbindung zu diesem Konzept stehe. Aufgrund der grundlegenden Unterschiede zwischen Waren der realen und der virtuellen Welt lasse sich keine Ähnlichkeit im Hinblick auf die Herkunft der Vergleichswaren ableiten.

Wie hat die Beschwerdekammer entschieden?

Die Beschwerdekammer wies die Beschwerde zurück und bestätigte die fehlende Unterscheidungskraft der Marke. Sie stellte zunächst fest, dass der Aufmerksamkeitsgrad der maßgeblichen Verkehrskreise mittel bis hoch sei. Das Zielpublikum für die angemeldeten virtuellen Produkte bestehe insbesondere aus Nutzern, die sich für virtuelle Welten und Online-Spiele begeisterten und daher den Details und Funktionen ihrer virtuellen Uhren besondere Aufmerksamkeit schenken würden.

Die Kammer bestätigte sodann die Schutzverweigerung für die Marke aufgrund der erkennbaren Bedeutung ihrer einzelnen Wortbestandteile „Glashütte“ und „ORIGINAL“. Ein nicht unerheblicher Teil des relevanten Publikums kenne die Stadt Glashütte insbesondere im Zusammenhang mit der Herstellung hochwertiger Uhren und verbinde mit dem Wort „ORIGINAL“ die Vorstellung von Authentizität oder Originaltreue. In seiner Gesamtheit werde das Zeichen lediglich als „Glashütte authentisch“ verstanden. Der angemeldeten Marke fehle daher gerade in Bezug auf Uhren und die entsprechenden Dienstleistungen die Unterscheidungskraft.

Nach Auffassung der Kammer könne daran auch der Umstand nichts ändern, dass die Marke für virtuelle Waren und Dienstleistungen angemeldet wurde. Diesbezüglich sei daran erinnert, dass die allgemeinen Grundsätze für die Beurteilung der Unterscheidungskraft auch dann gelten, wenn die Marke ausschließlich für virtuelle Waren und Dienstleistungen geschützt werden solle.

  • Virtuelle Waren und Dienstleistungen als solche seien für die Nutzung in Online- und/oder virtuellen Umgebungen bestimmt. Sie können Produkte aus der realen Welt darstellen, die Funktionen realer Produkte nachahmen oder auch Gegenstände sein, die in der realen Welt (noch) nicht existieren.
  • Das Zeichen „Glashütte ORIGINAL“ solle für virtuelle Waren (oder deren Verkauf und Bereitstellung) verwendet werden, die genau die gleichen Waren darstellen, für die der Name der Stadt Glashütte bekannt sei. In einem solchen Fall sei die Verwendung einer geografischen Angabe geeignet, bei den maßgeblichen Verkehrskreisen positive Assoziationen zu wecken, indem Qualitätsvorstellungen von physischen auf virtuelle Waren übertragen werden. Dies bedeute, dass die Verbraucher das Zeichen “Glashütte ORIGINAL“ auch bei virtuellen Produkten naturgemäß mit einer bestimmten Produktqualität und Authentizität in Verbindung bringen würden.
  • Dieser Imagetransfer ermögliche es den Verbrauchern, die beanspruchten virtuellen Waren und Dienstleistungen als eine logische Erweiterung des etablierten Rufs der Stadt Glashütte für Uhrenprodukte wahrzunehmen. Die damit verbundenen Erwartungen an Qualität und Zuverlässigkeit sollen insbesondere das Vertrauen der Verbraucher in den Wert der virtuellen Produkte stärken.
  • In einem solchen Fall werde das fragliche Zeichen von Verbraucher nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft virtueller Produkte wahrgenommen. Der Marke fehle daher die Unterscheidungskraft. Diese könne im Einzelfall auch nicht durch eine eher gewöhnliche Stilisierung des Wortes „Glashütte“ begründet werden, so die Beschwerdekammer.

Praxishinweis

Dank Technologien wie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) verschmelzen reale und virtuelle Welten im Alltag der Menschen. Seit einiger Zeit werden daher insbesondere Waren und Dienstleistung im Mode- und Luxusgüterbereich sowohl in Shops mit stationärem Handel als auch in der virtuellen Umgebung angeboten, um den neuen Bedürfnissen der Verbraucher gerecht zu werden. Die sog. Hybrid Commerce spielt eine immer wichtigere Rolle und eröffnet schon jetzt ein erhebliches Potenzial zur Gewinnung neuer Kunden.

Wie die Entscheidung der Beschwerdekammer zeigt, ist bei der Anmeldung der Marken für virtuelle Waren und Dienstleistungen jedoch weiterhin Vorsicht geboten. Werden mit den physischen Waren bestimmte Wert- oder Qualitätsvorstellungen verbunden, können diese Vorstellungen grundsätzlich auch auf virtuelle Produkte übertragen werden. Einen solchen Sonderwert besitzen etwa auch Uhren und Uhrenzubehör aus Glashütte (s. hierzu auch die sog. Glashütte-Verordnung (GlashütteV), mit der seit 2022 die Herkunftsbezeichnung „Glashütte“ für Uhren aus diesem geografischen Gebiet geschützt wird, dazu unser Insight hier. Die mögliche Übertragung des positiven Images auf virtuelle Produkte kann letztlich zur Schutzversagung der Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft führen. Da die Unterscheidungskraft der Marke jedoch stark von den Umständen des Einzelfalls abhängt, empfiehlt es sich, sich vorab genau zu informieren bzw. beraten zu lassen.

In dieser Serie

Consumer Goods & Retail

EU-Neuerungen bei der Weinetikettierung

28. November 2023

von Giorgia Carandente, LL.M. Eur.

TW Markenrätsel: Merry Xmas! 🎄

Es weihnachtet sehr – und wir beschenken Sie mit einer neuen Ausgabe unseres TW Markenrätsels. Natürlich geht es dieses Mal um (bekannte) Marken, die man vor allem in der Advents- und Weihnachtszeit sieht. Erkennen Sie die weihnachtlichen Marken bzw. die damit gekennzeichneten Produkte auch, wenn sie nur einen Ausschnitt sehen bzw. lesen? Machen Sie den Test!

6. December 2023

Environmental, Social & Governance (ESG)

Greenwashing vor Gericht: Wie weit darf Ökowerbung gehen?

28. November 2023

von Dr. Wiebke Baars, LL.M.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren