Autor

Dr. Wiebke Baars, LL.M.

Partnerin

Read More
Autor

Dr. Wiebke Baars, LL.M.

Partnerin

Read More

3. April 2023

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb 02-2023 – 5 von 8 Insights

Rechtserhaltende Benutzung: „Nahrungsergänzungsmittel“ sind keine „pharmazeutischen Erzeugnisse“ (EuG NATURCAPS)

  • Briefing

Nach einer Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) von Ende November 2022 (Rs. T-12/22 - Hasco TM/ EUIPO - Esi (NATURCAPS)) sollten Markeninhaber ihr Markenportfolio in Zukunft noch genauer überwachen, um einen ausreichenden Schutz für ihre Marken zu gewährleisten.

Dies gilt insbesondere für Marken, die für Waren in der Klasse 5 des „Nizzaer Abkommens über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen“ eingetragen sind (u.a. „pharmazeutische Erzeugnisse“; „medizinische und veterinärmedizinische Präparate“; „Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere“; „Pflaster, Verbandmaterial“; „Fungizide“, „Herbizide“): Das EuG entschied im konkreten Fall, dass die für „pharmazeutische Erzeugnisse“ eingetragene Marke "NATURKAPS" keinen Schutz für die Nutzung der Marke für „Nahrungsergänzungsmittel“ entfaltet.

Was ist passiert?

Die Inhaberin der im Jahre 2004 in Polen für „pharmazeutische Erzeugnisse“ eingetragenen Wortmarke "NATURKAPS" stellte einen Antrag auf Nichtigerklärung der 2017 angemeldeten Unionsmarke "NATURCAPS". Letztere umfasste ebenfalls Waren der Klasse 5, insbesondere "Nahrungsergänzungsmittel".

Die Inhaberin der jüngeren, angegriffenen Marke "NATURCAPS" forderte die Nichtigkeitsantragstellerin auf, den Nachweis der ernsthaften Benutzung ihrer Marke für die eingetragenen Waren („pharmazeutische Erzeugnisse“) zu erbringen. Die Antragstellerin legte innerhalb der vorgeschriebenen Frist Nachweise für die Benutzung der Marke vor. Die Nichtigkeitsabteilung wies den Nichtigkeitsantrag jedoch zurück mit der Begründung, dass die ernsthafte Benutzung der Marke für die eingetragenen Waren, namentlich „pharmazeutische Erzeugnisse“, nicht nachgewiesen werden konnte. Vielmehr habe die Antragstellerin lediglich eine Benutzung für „Nahrungsergänzungsmittel“ nachgewiesen, was für eine rechtserhaltende Benutzung nicht ausreiche. Diese Einschätzung teilte im Folgenden auch die Beschwerdekammer, die feststellte: „…wenn eine Marke nur für einen Teil der in der Klassenüberschrift einer bestimmten Klasse aufgeführten allgemeinen Angaben eingetragen wurde, sie aber nur für Waren oder Dienstleistungen benutzt wurde, die unter eine andere allgemeine Angabe derselben Klasse fallen, die Marke nicht als für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen benutzt angesehen werden kann."

Die Antragstellerin legte gegen diese Entscheidung Berufung beim EuG ein und machte Folgendes geltend:

  • Der Begriff "pharmazeutische Erzeugnisse" sollte im Lichte des polnischen und nicht des Unionsrechts ausgelegt werden. „Nahrungsergänzungsmittel“ seien zum Zeitpunkt der Anmeldung nach polnischem Recht regulierte, pharmazeutische Erzeugnisse gewesen und fielen somit unter den Schutz für "pharmazeutische Erzeugnisse".
  • Außerdem erklärte die Klägerin, dass „Nahrungsergänzungsmittel" zum Zeitpunkt der Anmeldung keine Kategorie der Nizzaer Klassifikation oder des polnischen Rechts darstellten. Sie musste bei der Anmeldung daher die nächstliegende Kategorie "pharmazeutische Erzeugnisse" wählen.
  • Schließlich machte sie geltend, dass es keine klare Unterscheidung zwischen pharmazeutischen Erzeugnissen und Nahrungsergänzungsmitteln gebe. Da zum Beispiel Apotheken beide Waren verkauften, müssten Nahrungsergänzungsmittel, die ebenfalls die Gesundheit des Verbrauchers verbessern, auch pharmazeutische Erzeugnisse sein. Der Begriff „pharmazeutische Erzeugnisse“ sei im Wesentlichen ein Oberbegriff, der sowohl Arzneimittel als auch Nahrungsergänzungsmittel umfasse.

Die Entscheidung des Gerichts

Dieser Argumentation folge das EuG nicht:

  • So stellte das Gericht zunächst fest, dass die Einordnung von Nahrungsergänzungsmitteln nach polnischem Recht für die Anwendung der Nizzaer Klassifikation irrelevant ist. Überdies habe die Klägerin auch keine stichhaltigen Beweise für die von ihr behauptete Einordnung nach polnischem Recht vorgelegt.
  • Weiter argumentiert das Gericht, dass die für den Fall einschlägige Fassung der Nizzaer Klassifikation die Überschriften "pharmazeutische, veterinärmedizinische und sanitäre Präparate" sowie "diätetische Substanzen, die für medizinische Zwecke geeignet sind" enthielt, wodurch das zweite Argument der Klägerin entkräftet wurde. Auch wenn die Nähe sowohl der „pharmazeutischen Erzeugnisse“ als auch der „Nahrungsergänzungsmittel“ zum weiten Bereich der Gesundheitsprodukte gegeben sei, könnten diese Ähnlichkeiten nur bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr der beiden Marken berücksichtigt werden, nicht hingegen Einfluss auf die Feststellung der ernsthaften Benutzung einer Marke haben.
  • Schließlich habe die Tatsache, dass „Nahrungsergänzungsmittel“ ebenso wie „pharmazeutische Erzeugnisse“ in Apotheken verkauft würden, ebenfalls keine Auswirkungen auf deren Einordnung. Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auf andere Urteile, die diese Unterscheidung belegen.

Praxishinweis

Während die Entscheidung für die Klägerin und Inhaberin der älteren Marke „NATURKAPS“ eine schwer zu schluckende (Vitamin-)Pille gewesen sein muss, ist sie im Hinblick auf die Rechtsklarheit zu begrüßen. Eine strenge, aber klare Unterscheidung zwischen den beiden Warenkategorien ist notwendig, um den Umfang des Schutzes einer Marke bestimmen zu können.

Die Entscheidung sollte Markeninhabern als Aufforderung dienen, ihre Markenportfolios zu überprüfen. Dabei bedürfen Marken der Klasse 5 besonderer Aufmerksamkeit, da es sich um die am zweithäufigsten eingetragene Klasse handelt, die allein im Jahr 2022 über 12.000 Unionsmarkenanmeldungen verzeichnete. Mittlerweile umfasst die Klasse zahlreiche unterschiedliche Waren von medizinischen Präparaten über diätetische Nahrungsmittel, Babynahrung, Nahrungsergänzungsmittel für Mensch und Tier bis hin zu Fungiziden und Herbiziden. Die großen Unterschiede zwischen diesen Waren erfordern besondere Aufmerksamkeit bei der Eintragung einer Marke.

Die Entscheidung zeigt, dass der Versuch, die Warenklasse nach bestem Wissen und Gewissen zu bestimmen, vor Gericht möglicherweise nicht ausreicht. Deshalb ist die Beratung durch einen professionellen Markenexperten notwendig, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten - nicht nur für Klasse 5, sondern für alle Markenanmeldungen. Wir helfen Ihnen gerne, den besten Schutz für Ihre Marken zu erreichen.

Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren

Related Insights

Marken & Werbung

Judgment of the General Court of 11th January 2023 – Hecht Pharma GmbH v EUIPO (Gufic)

11. September 2023
Briefing

von Dr. Wiebke Baars, LL.M.

Klicken Sie hier für Details
Life Sciences & Healthcare

Begründungspflichten in markenrechtlichen Nichtigkeitsentscheidungen des EUIPO (EuG, 24. Mai 2023, T-477/21, Glaxo Group/EUIPO – Cipla Europe)

28. Juni 2023

von Dr. Wiebke Baars, LL.M.

Klicken Sie hier für Details
Life Sciences & Healthcare

Cannabis trade marks - What is possible?

6. Dezember 2022
In-depth analysis

von Dr. Wiebke Baars, LL.M. und Ina Kamps, M.A.

Klicken Sie hier für Details