1. Wie klingt ein (E-)Porsche? Deutsche Klangmarke für Porsche eingetragen
Marken dienen als Herkunftshinweis und v.a. bei bekannten Marken erkennt man auch meist sofort, von welchem Unternehmen die mit der Marke versehenen Produkte stammen. Am häufigsten wählen Unternehmen Wort-Bildmarken zur Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen, also einen Markennamen in Verbindung mit einem - meist bunten – Logo. Durch besonders ausgefallene Gestaltungen sticht eine solche Marke im Markt hervor. „Nicht-traditionelle“ Marken werden dagegen sehr viel seltener gewählt, obwohl sie schon aufgrund ihrer Besonderheit meist sehr einprägsam sind. Die bekannteste „besondere Markenform“ dürfte wohl – nicht zuletzt aufgrund der bekannt gewordenen gerichtlichen Auseinandersetzungen - die Farbmarke sein („Sparkassen-Rot“, „Telekom-Magenta“ oder „Lindthasen-Gold“).
Klangmarken sind etwas weniger bekannt, obwohl sie meist besonders einprägsam sind. So sind Ihnen die Telekom-Melodie oder der Intel-Sound sicher geläufig. Nun hat es die Klangmarke eines sehr bekannten deutschen Automobilherstellers in das deutsche Markenregister geschafft: Porsche hat beim DPMA und beim EUIPO u.a. für „Fahrzeuge und deren Teile“ (Klasse 12), für „Modellfahrzeuge und Spielzeugautos“ (Klasse 28) sowie „Virtual-Reality-Modelle; herunterladbare digitale Sammlerstücke [digital collectibles], nämlich Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeugteile, Modellfahrzeuge und Spielzeugautos;“ (Klasse 9) das Beschleunigungs-Geräusch eines wohl futuristischen Autos als Klangmarke angemeldet. Während das EUIPO die Anmeldung noch prüft, hat das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) die Marke eingetragen und am 5. Januar 2023 im Register veröffentlicht (DE 302022118770).
Dass Porsche so wie auch andere Automobilhersteller schon lange mit Sound-Design arbeitet, ist bekannt, und sicher (er)kennt jeder den typischen Klang eines Porsche 911 beim Beschleunigen. Wie die nun eingetragene Klangmarke angewendet werden soll und ob sie tatsächlich als Herkunftshinweis dienen kann, bleibt abzuwarten. Werden die angesprochenen Verkehrskreise an Porsche und seine Autos denken, wenn sie das Geräusch hören? Unterscheidet es sich so sehr von anderen beschleunigenden (Elektro-)Autos, dass es unterscheidungskräftig ist und daher Markenschutz verdient? Machen Sie selbst den Test – hier geht es zum Registereintrag des DPMA.
2. Banksy: Kritik an Urheberrecht führt nicht zur Bösgläubigkeit der Markenanmeldung
Der Künstler Banksy, der seine Identität bislang erfolgreich geheim hält, beschäftigt nicht nur die Kunstwelt, sondern auch die Markenämter. Einige seiner Kunstwerke sind bereits als Marke eingetragen, einige andere Anmeldungen und Eintragungen hingegen wurden erfolgreich mit der Begründung angefochten, dass Banksy nicht die Absicht habe, die Marken ernsthaft markenmäßig zu benutzen. Die Anmeldung der Kunstwerke als Marke sei daher bösgläubig erfolgt.
Dies sieht die 5. Beschwerdekammer des EUIPO nun ausdrücklich anders. Die Kammer setzt sich in einer aktuellen Entscheidung auf 30 Seiten ausführlich mit der Frage auseinander, ob eines von Banksys Kunstwerken Markenschutz beanspruchen kann – und bejaht dies im Ergebnis entgegen der zuvor ergangenen Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung (Entsch. v. 25. Oktober 2022, R 1246/2021-5). Zur Eintragung als Marke angemeldet hatte die für Banksy agierende Pest Control Office Limited dieses Kunstwerk:

Die Nichtigkeitsabteilung hatte die Marke auf Widerspruch zunächst gelöscht. Die 5. Beschwerdekammer des EUIPO hob die Entscheidung nun auf. Sie stellt in ihrer Begründung fest, dass es – anders als die Nichtigkeitsabteilung argumentierte - nicht bösgläubig sei, ein Kunstwerk als Marke anzumelden, auch wenn man als Schöpfer des Werks
- das System des Urheberrechtsschutzes kritisiert und
- die nichtkommerzielle Nutzung des Urheberrechts an dem Werk zulässt.
Beides zeuge nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht von einem Mangel an der ernsthaften Absicht, das Kunstwerk als Marke zu nutzen. Die Kammer bekräftigte außerdem, dass es unerheblich sei, ob ein Urheberrecht an dem Kunstwerk bestehe, es könne „trotz“ eines bestehenden Urheberrechts auch als Herkunftszeichen fungieren. Es sei wichtig, die unterschiedlichen Rechte des geistigen Eigentums getrennt voneinander zu betrachten und zu erkennen, dass mehr als ein Recht an demselben Gegenstand bestehen kann.
Die Entscheidung der Beschwerdekammer ist v.a. aufgrund der exakten und nachvollziehbaren Prüfung des Merkmals der Bösgläubigkeit und der Trennung von Urheber- und Markenrecht zu begrüßen.
3. Rechtserhaltende Benutzung bei Schutz für „Einzelhandelsdienstleistungen“ - ALDI ./. ALDIANO
Eine wichtige Entscheidung für Markeninhaber, deren Marke(n) in Klasse 35 für „Einzelhandelsdienstleistungen" geschützt sind: Das EuG hat am 5. Oktober 2022 über die Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer solchen Marke - hier: Wortmarke „ALDI“ für „Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Lebensmittel einschließlich alkoholischer und nicht-alkoholischer Getränke“ – geurteilt (Rs. T-429/21).
Zum Hintergrund: ALDI hatte Widerspruch erhoben gegen die Eintragung der Unionswortmarke "ALDIANO" für "alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)". Die Anmelderin machte dagegen die Einrede des Verfalls wegen Nichtbenutzung gegen „ALDI“ geltend. Das EUIPO löschte die Marke „ALDIANO“ dennoch wegen Verwechslungsgefahr, die Einrede der Nichtbenutzung greife nicht durch. Auf die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hob die Beschwerdekammer die Löschungs-Entscheidung auf. Die Kammer vertrat die Ansicht, die Marke „ALDI“ sei nicht rechtserhaltend benutzt worden: Aufgrund der Eintragung für „Einzelhandelsdienstleistungen“ ohne Bezug auf näher spezifizierte Produkte müsse ALDI die ernsthafte Benutzung für alle Produkte nachweisen, die von Einzelhandelsdienstleistungen erfasst sein können. Dies sei ALDI nicht gelungen. ALDI habe es versäumt, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis im Hinblick auf die EuGH-Urteile „Praktiker“ (EuGH, Urt. v. 7.7.2005 - C-418/02C) und „IP-Translator“ (EuGH, Urt. v. 19.6.2012 - C-307/10) zu spezifizieren. Auch eine Erklärung gemäß Art. 33 Abs. 8 UMV zur Auslegung und Spezifizierung des bei der Markenanmeldung intendierten Schutzumfangs habe sie nicht abgegeben.
Dem erteilte das EuG nun eine Abfuhr: Das "Praktiker"-Urteil ist demnach nur auf Neuanmeldungen, d.h. Anmeldungen nach Erlass des Urteils im Jahr 2005, anwendbar. Zudem widerspreche der von der Beschwerdekammer geforderte Nachweis rechtserhaltender Benutzung für alle Produkte, die möglicherweise von Einzelhandelsdienstleistungen erfasst sein können, der EuGH-Rechtsprechung „Burlington“ (EuGH, Urt. v. 4.3.2020 - C-155/18 P). Es genüge insofern, den Benutzungsnachweis punktuell für den Einzelhandel mit bestimmten Waren zu erbringen. Es sei zudem ausreichend, für die Zwecke der Prüfung des gestellten Antrags nur die Waren zu berücksichtigen, die für das streitgegenständliche Verfahren relevant sind.
Praxishinweis
Auch wenn die Entscheidung letztlich zugunsten von ALDI ausfiel, raten wir Markeninhabern mit Schutz für Einzelhandelsdienstleistungen in Klasse 35 aus der Zeit vor Erlass des „Praktiker“-Urteils im Jahr 2005, den Schutz ihrer Marken an die aktuellen Anforderungen anzupassen. So kann ein - möglicherweise langwieriges - Verfahren vor den Ämtern bzw. Gerichten von vornherein vermieden werden.
4. Neue Präsidentin des DPMA zum 1. Februar 2023
Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hat eine neue Präsidentin: Eva Schewior hat zum 1. Februar 2023 die Nachfolge von Cornelia Rudloff-Schäffer angetreten. Rudloff-Schäffer hatte das DPMA als erste Frau in der 145-jährigen Geschichte des Amts 14 Jahre lang geleitet und ist nun in den Ruhestand gegangen (siehe Pressemitteilung des BMJ vom 10. Januar 2023).
5. EuGH: Namensgenerator vergibt fiktive Namen für anonym geführte Verfahren
Interessante Information zur Bezeichnung von Verfahren natürlicher Personen vor dem EuGH: Der EuGH setzt seit 1. Januar 2023 einen IT-basierten Namensgenerator ein, um anonym geführten Vorabentscheidungsverfahren fiktive Namen zuzuordnen. Zweck dieser Maßnahme sei es, „dass Verfahren, die aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten anonym geführt werden, leichter bezeichnet und identifiziert werden können.“ (siehe Pressemitteilung des EuGH 1/2023). Seit dem 1. Juli 2018 wurden die Namen natürlicher Personen, die sich in Verfahren gegenüberstehen, aus Gründen des Schutzes personenbezogener Daten durch Initialen ersetzt. Um diese anonym geführten Verfahren künftig leichter zu identifizieren und sie sowohl in der Rechtsprechung als auch in anderen Zusammenhängen einfacher zitieren zu können, wurde das neue Verfahren eingeführt. Bei den fiktiven Namen handelt es sich nicht um existierende Namen, vielmehr trennt der Namensgenerator Wörter in Silben auf und setzt diese dann nach dem Zufallsprinzip zusammen, passend zum Land, in dem der Fall spielt. Die ersten fiktiven Namen wurden bereits vergeben: Die Rechtssache C-3/23 aus den Niederlanden heißt "Hesbrink", die aus Ungarn kommende Rechtssache C-6/23 "Baramlay".