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8. Februar 2023

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb Februar 2023 – 3 von 6 Insights

EuGH: Zur eigenen Benutzung einer fremden Marke durch den Betreiber eines Online-Marktplatzes in Produktanzeigen Dritter (Louboutin)

  • Briefing

In dieser aktuellen Entscheidung vom 22. Dezember 2022 (verbundene Rs. C 148/21 und C 184/21) hat der EuGH erstmals festgestellt, dass dem Betreiber eines Online-Verkaufsportals unter bestimmten Voraussetzungen eine eigene Benutzungshandlung der in einer Produktanzeige eines Verkäufers genannten fremden Marke vorgeworfen werden kann, obwohl die rechtsverletzende Anzeige von dem Drittanbieter veröffentlicht worden ist. Zentrale Frage dabei ist, wie sich der Umstand auswirkt, dass das Portal neben dem Online-Marktplatz auch eigene Verkaufsangebote umfasst und wie die Wahrnehmung der Nutzer davon beeinflusst wird.


Worum ging es?

Der französische Designer von Luxusschuhen Christian Louboutin („Kläger“), der vor allem mit hochhackigen Damenschuhen mit einer rot gefärbten Außensohle bekannt geworden ist. Diese auf der Sohle aufgebrachte rote Farbe ist u.a. als Unionsmarke für „Absatzschuhe (ausgenommen orthopädische Schuhwaren“; nachfolgend „Klagemarke“) eingetragen. Der Betreiber (hier: Amazon) (der „Beklagte“) betreibt eine bekannte Website mit integriertem Online-Marktplatz. Dort werden sowohl Anzeigen für eigene Waren, die im eigenen Namen verkauft und versendet, als auch Anzeigen von Drittanbietern veröffentlicht. Der Versand von Waren, die von Drittanbietern auf der Webseite zum Verkauf angeboten werden, kann entweder von diesen selbst oder vom Betreiber übernommen werden. Der Beklagte lagert diese Waren dann in den seinen Vertriebszentren und versendet sie von eigenen Räumlichkeiten aus an die Käufer.

Auf den Webseiten des Beklagten erschienen regelmäßig Werbeanzeigen für rotbesohlte Schuhe, die ohne die Zustimmung des Klägers in den Verkehr gebracht worden sind. Er hat daraufhin in Luxemburg und in Belgien zwei Klagen wegen der Verletzung der Klagemarke gegen den Beklagten angestrengt. Die angerufenen Gerichte haben die Verfahren ausgesetzt und zur Vorabentscheidung dem Gerichtshof vorgelegt, um klären zu lassen, unter welchen Voraussetzungen der Beklagte eine eigene rechtsverletzende Benutzung der Marke i.S.v. Art. 9 Abs. 2 der VO 2017/1001 (UMV) begeht.


Wie hat der EuGH entschieden?

Der Gerichtshof hat daraufhin den markenrechtlichen Begriff der „Benutzung“ und damit die Grundsätze der Frage der unmittelbaren Haftung von im Internet agierenden Vermittlern präzisiert, wenn es auf ihren Webseiten zu Markenrechtsverletzungen kommt. Dabei stellt er zunächst die für Betreiber von Online-Marktplätzenden geltenden Grundsätze dar:

  • Grundsatz: die „Benutzung“ von rechtsverletzenden Zeichen in Verkaufsangeboten, die auf einem Online-Marktplatz angezeigt werden, erfolgt ausschließlich durch die als Verkäufer auftretenden Drittanbieter, nicht aber durch den Betreiber dieses Marktplatzes selbst; 
  • Ausnahme: es sei denn, der Betreiber benutzt das betreffende Zeichen im Rahmen seiner eigenen kommerziellen Kommunikation
  • der bloße Umstand, dass die technischen Voraussetzungen für die Benutzung eines Zeichens geschaffen werden und diese Dienstleistung vergütet wird, bedeutet dabei nicht, dass deren Erbringer dieses Zeichen selbst benutzt, selbst wenn er im eigenen wirtschaftlichen Interesse handelt.

Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung „Coty Germany“ (C‑567/18) ferner bereits in Anwendung dieser Grundsätze sodann klargestellt, dass keine eigene Benutzung der rechtsverletzenden Zeichen des Betreibers eines Online-Marktplatzes vorliegt, wenn er den dort werbenden Verkäufern anbietet, Waren für diese einzulagern, ohne aber Kenntnis davon zu haben, dass diese markenrechtsverletzende Waren sind. Weiter dürfe er nicht den Zweck dabei verfolgen, die gelagerten Waren selbst anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Dann begingen allein die Drittanbieter eine Benutzungshandlung.

Nunmehr fragt der Gerichtshof erstmals, wie sich der Umstand auswirkt, dass der Beklagte neben dem Online-Marktplatz auch eigene Verkaufsangebote veröffentlicht (anders als beispielsweise der Online-Marktplatz ebay) und präzisiert damit zugleich den Begriff der „kommerziellen Kommunikation“. Dabei komme es auf die Würdigung des Einzelfalls an und zwar insbesondere auf die Art und Weise, in der die Anzeigen sowohl einzeln als auch in ihrer Gesamtheit auf dem Portal präsentiert werden, sowie auf die Art und dem Umfang der von dem Beklagten erbrachten Dienstleistungen. Die Benutzung eines Zeichens in der eigenen kommerziellen Kommunikation des Betreibers setze daher voraus, dass dieses Zeichen aus Sicht der Nutzer als fester Bestandteil der Kommunikation und damit als zur Tätigkeit des Unternehmens gehörig erscheint. Zur Beurteilung dieser Frage erteilt der Gerichtshof den nationalen Gerichten die folgenden Auslegungshinweise:

  • Online-Anzeigen müssen transparent sein und daher so präsentiert werden, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Nutzer ohne Weiteres zwischen Angeboten des Betreibers des Online-Marktplatzes und Angeboten der dort verkaufenden Drittanbieter unterscheiden kann.
  • Der Betreiber eines solchen Verkaufsportals benutze ein rechtsverletzendes Zeichen nicht selbst, wenn die von ihm erbrachte Dienstleistung (z.B. die Warenlagerung) ihrem Wesen nach nicht mit einer Dienstleistung vergleichbar ist, die den Vertrieb der rechtsverletzenden Waren fördern soll, und nicht impliziert, dass aus Sicht der Nutzer eine Verbindung zwischen dieser Dienstleistung und dem Zeichen hergestellt wird, weil der betreffende Dienstleister gegenüber dem Nutzer nicht in Erscheinung tritt und damit jede gedankliche Verbindung zwischen seinen Dienstleistungen und dem betreffenden Zeichen ausschließt.
  • Eine klare Unterscheidung könne erschwert werden, wenn der Betreiber die veröffentlichten Angebote einheitlich präsentiert, indem er seine eigenen Anzeigen zusammen mit den Anzeigen von Drittanbietern einblendet und sein eigenes Logo als renommierter Vertreiber sowohl auf seinem Portal als auch bei allen Anzeigen erscheinen lässt, also einschließlich derjenigen für Waren der Verkäufer. Dadurch könne der Eindruck entstehen, dass dieser Betreiber auch diese Waren im eigenen Namen und für eigene Rechnung vertreibt.
    • Eine solche Verbindung werde insbesondere durch eine Präsentation ohne Unterscheidung nach der Herkunft der Waren mit Angaben wie „Bestseller“, „am häufigsten gewünscht“ oder „am häufigsten geschenkt“ nahe liegen. 
    • Weiter könne der Eindruck einer solchen Verbindung dadurch entstehen, dass der Betreiber an die Drittanbieter bestimmte Dienstleistungen erbringt, wie etwa die Bearbeitung von Fragen der Nutzer zu diesen Waren oder die Lagerung, der Versand und die Abwicklung des Rückversands dieser Waren.

Es bleibt nun abzuwarten, wie von den Gerichten in Luxemburg und Brüssel darüber entschieden wird.

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