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8. Februar 2023

Newsletter Marke-Design-Wettbewerb Februar 2023 – 5 von 6 Insights

Markenschutz für Cannabis-Produkte – Was ändert die mögliche Legalisierung in Deutschland?

  • In-depth analysis

Wird der Konsum von Cannabis in Deutschland bald legal?

Die Abgabe von Cannabis an Erwachsene soll in Deutschland künftig straffrei möglich sein - zumindest wenn es nach der Ampel-Koalition geht: Das Bundeskabinett hat am 26. Oktober 2022 ein Eckpunktepapier „zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken“ beschlossen (siehe dazu unser Insight vom 1. November 2022). Nach einer Analyse des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags könnte dieses Vorhaben allerdings gegen Unionsrecht verstoßen. Die Bundesregierung lotet derzeit in informellen Gesprächen mit der EU-Kommission Wege aus, wie ein unionsrechtskonformer Gesetzentwurf aussehen könnte. Wäre danach eine Legalisierung möglich, könnte die Regierung aufbauend auf dem Eckpunktepapier einen Gesetzentwurf ausarbeiten. Vor 2024 ist mit einer Legalisierung von Cannabis „für Genusszwecke“ in Deutschland daher nicht zu rechnen.

Davon unabhängig werden schon jetzt zahlreiche Cannabis-Produkte angeboten: So hat sich für medizinisches Cannabis, für Lebensmittel mit Cannabisgeschmack sowie Produkte mit dem aus Cannabis gewonnenen Wirkstoff Cannabidiol (CBD) bereits ein großer Markt gebildet. Hinzu käme nach der beabsichtigten Legalisierung - zumindest in Deutschland - ein Markt für Cannabis-Produkte mit einem THC (Tetrahydrocannabinol)-Gehalt von mehr als 0,2% für den Konsum „zu Genusszwecken“. Um a-uf diesen Märkten hervorzustechen, bietet sich die Wahl einer besonders einprägsamen Marke mit einem bildlichen Hinweis auf Cannabis an, z.B. eine (Wort-)Bildmarke unter Einbindung der typischen Blattform der Pflanze. Doch werden v.a. auf europäischer Ebene viele Marken für Cannabis-Produkte mit – mehr oder weniger deutlichem – Cannabis-Bezug nicht zur Eintragung zugelassen.


Cannabis-Marken: Gründe für die Zurückweisung

Für die Anmeldung einer Marke für Cannabis-Produkte gelten grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie für jede andere Marke auch: Das Zeichen muss insbesondere unterscheidungskräftig sein, es darf weder rein beschreibend sein, noch aus einer Bezeichnung bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung der durch die Marke geschützten Waren und Dienstleistungen üblich geworden ist.


Fehlende Unterscheidungskraft und beschreibende Angaben

Zahlreiche Markenanmeldungen für Cannabis-Produkte werden von den Ämtern bereits aufgrund fehlender Unterscheidungskraft oder wegen des beschreibenden Charakters der Marke zurückgewiesen. So wies die Beschwerdekammer des EUIPO beispielsweise die Anmeldungen für die Wortmarken „Amnesia Haze“ und Cannatonic“ für Waren der Klasse 34 („Tabak“ etc) u.a. mit der Begründung zurück, dass diese Cannabissorten mit hohem THC-Gehalt bezeichneten und aus Sicht der maßgeblichen Verbraucher daher die Information vermittelten, dass die betreffenden Waren diese Cannabissorten enthielten oder zu deren Gebrauch bestimmt seien (EUIPO 2. BK, Entsch. v. 05.07.2021, R 2158/2020-2 und R 2160/2020-2). Die Bezeichnungen seien mithin beschreibend und die Anmeldung daher gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. c UMV zurückzuweisen.

Auch eine Wortmarke "JUST CBD" für Produkte aus Cannabis würde wohl nicht eingetragen werden, weil sie - rein beschreibend - darauf hinweist, dass das Produkt, das mit dieser Marke versehen werden soll, CBD enthält. Als Unionsmarke eingetragen wurde hingegen die Wort-Bildmarke „JUST CBD“, allerdings nicht für Cannabis-Produkte, sondern für Dienstleistungen der Klasse 35 (Verwaltung von Kundenbindungsprogrammen; Kundentreueprogramme). Für diese ist sie nicht beschreibend.


Verstoß gegen die „öffentliche Ordnung“

Meist werden Markenanmeldungen für Cannabis-Produkte jedoch (auch) aus einem anderen Grund zurück gewiesen: Aus Sicht der Ämter und der Gerichte verstoßen die angemeldeten Marken nämlich gegen die „öffentliche Ordnung“ (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG bzw. Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV). Die „öffentliche Ordnung“ wird durch den normativen Bezugsrahmen von Gesellschaften, insbesondere durch ihre Gesetze, bestimmt. Nach Ansicht des Europäischen Gerichts (EuG) gehört die Bekämpfung des Rauschmittelkonsums zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und damit zur „öffentlichen Ordnung“ im Sinn des Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV.

Das Europäische Gericht (EuG) hat 2019 und 2021 in zwei bekannten Entscheidungen - „Cannabis Store Amsterdam“ und „BavariaWeed“ - die Eintragung von Wort-Bildmarken mit Cannabis-Bezug wegen eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung zurückgewiesen.

(1) CANNABIS STORE AMSTERDAM

Ende 2019 bestätigte das EuG die Ablehnung der Eintragung der Wort-Bildmarke "CANNABIS STORE AMSTERDAM" durch das EUIPO (EuG, Urt. v. 12. Dezember 2019 - T-683/18).

Die Marke wurde im Jahr 2016 u.a. für Waren und Dienstleistungen der Klassen 30 (z.B. Back- und Konditorwaren, Schokolade, Desserts), 32 (u.a. Erfrischungsgetränke, Bier und Brauereierzeugnisse) und 43 (Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen) angemeldet. Das EUIPO wies die Anmeldung zunächst als beschreibend und daher nicht unterscheidungskräftig zurück. Die daraufhin angerufene Beschwerdekammer blieb bei der Zurückweisung, begründete sie hingegen mit einem Verstoß gegen die öffentliche Ordnung. Dieser Beurteilung schloss sich das EuG im Ergebnis an: Das Zeichen werde von den maßgeblichen Verkehrskreisen in seiner Gesamtheit als unmissverständlicher Hinweis auf einen illegalen Suchtstoff, nämlich auf Marihuana, angesehen: Die Hanf- bzw. Cannabisblätter würden in den Medien allgemein als Symbol für (verbotenes) Marihuana verwendet und der Wortzusatz „Amsterdam“ als eindeutiger Hinweis auf die Stadt in den Niederlanden verstanden, in der der Konsum von Betäubungsmitteln toleriert wird und die für ihre "Coffeeshops" bekannt ist. Durch die Verbindung dieser drei Elemente ziehe das Zeichen die Aufmerksamkeit der Verbraucher auf sich, die Cannabis als eine in zahlreichen EU-Ländern illegale Rauschgiftsubstanz kennen. Zwar werde derzeit die Frage der Legalisierung von Cannabis zu Therapie- und sogar Erholungszwecken in vielen Mitgliedstaaten diskutiert, zum gegenwärtigen Stand des Rechts seien der Konsum und die Verwendung oberhalb eines bestimmten THC-Gehalts in den meisten Mitgliedstaaten aber rechtswidrig. Mit dem Kampf gegen die Verbreitung der aus Cannabis gewonnenen Rauschgiftsubstanz werde ein Ziel der öffentlichen Gesundheit verfolgt, das Zeichen verstoße daher gegen die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV.

(2) BavariaWeed

Auch im Fall "BavariaWeed" (EuG, Urt. v. 12. Mai 2021 - T-178/20) bestätigte das EuG die Zurückweisung einer Markenanmeldung für Cannabis-Produkte durch das EUIPO mit der Begründung, dass die Marke gegen die öffentliche Ordnung verstoße.

Die Markenanmelderin vertrat die Ansicht, dass die Darstellung des Hanf- bzw. Cannabisblattes und des Wortes "Weed" sich nur auf die therapeutische Verwendung von Cannabis beziehe und vom Publikum auch nur mit der therapeutischen Verwendung in Verbindung gebracht werde. Das EuG hingegen sieht in dem Zeichen einen Verstoß gegen die "öffentliche Ordnung" im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV: Das Wort "Weed" (englisch für „Unkraut“ bzw. „Gras“ – umgangssprachliche Bezeichnung für Marihuana) in Verbindung mit dem Cannabisblatt werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Bezeichnung für die psychoaktive Substanz und nicht für Cannabis als Medizin verstanden. Das Zeichen werde mit dem Konsum von Cannabis zu Genusszwecken in Verbindung gebracht, der aber in zahlreichen Mitgliedstaaten verboten sei. Ließe man eine Markeneintragung in dieser Form zu, bestünde die Gefahr, den Konsum zu bagatellisieren oder gar offiziell zu bestätigen. Es entstehe der Eindruck, dass der Konsum und die Herstellung geduldet bzw. sogar gefördert würden.

(3) WELL WEED

Mit der gleichen Begründung wies die Beschwerdekammer des EUIPO die Anmeldung der Marke "WELL WEED" zurück (Entscheidung v. 4. März 2021, R0213/2021-5). Der in dem Zeichen enthaltene Begriff "Weed" stehe für Marihuana oder Cannabis. In vielen Ländern der EU gälten aus Cannabis gewonnene Erzeugnisse mit einem THC-Gehalt von mehr als 0,2% als illegale Betäubungsmittel. Da die Bezeichnung „Weed“ zumindest aus Sicht der englischsprachigen Öffentlichkeit auf Marihuana hinweise, verstoße das Zeichen gegen die öffentliche Ordnung gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. f UMV.

Praxishinweis

Die größte Hürde im Hinblick auf potentielle Unionsmarken für Cannabis-Produkte ist - zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem die Herstellung und der Konsum von Cannabis in vielen EU-Mitgliedstaaten illegal ist –ein Verstoß der Marke gegen die öffentliche Ordnung. Ein solcher liegt vor, wenn die Marke von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis auf die psychoaktive Droge Cannabis verstanden wird. Worte wie "Weed", "Cannabis", "Hanf", "Ganja" und andere Synonyme für Marihuana sowie die Abbildung eines Cannabis- bzw. Hanfblattes werden nach Ansicht des EUIPO sowie des EuG vom Verkehr dahingehend verstanden und sollten daher möglichst vermieden werden. Ebenso problematisch könnte beispielsweise auch die Darstellung eines Joints oder einer Wasserpfeife zum Konsum von Cannabis (sog. "Bong") sein.

Angesichts dessen, dass es ausreicht, wenn ein Zeichen nur in einem Teil der EU-Mitgliedstaaten gegen die öffentliche Ordnung verstößt (Art. 7 Abs. 2 UMV), sind der Kreativität in Bezug auf Unionsmarken für Cannabis-Produkte daher selbst bei einer Legalisierung in Deutschland enge Grenzen gesetzt. Zwar gibt es auch in anderen EU-Mitgliedstaaten Überlegungen, Cannabis zu legalisieren, wie z.B. in den Niederlanden und in Spanien, und erscheint eine Legalisierung zumindest für medizinische Zwecke in weiteren Ländern der EU nicht ausgeschlossen. Doch sind einige EU-Staaten strikt gegen eine Legalisierung, sodass sich an der derzeitigen Situation in Bezug auf Unionsmarken sobald nichts ändern wird.

Etwas anderes könnte nach einer möglichen Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken in Deutschland für die Anmeldung einer nationalen deutschen Marke gelten. Doch ist auch dies derzeit nicht absehbar. Wir beobachten die weiter Entwicklung und halten Sie auf dem Laufenden.

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