Corporate Social Responsibility (CSR) hat in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen. Unternehmen haben die Notwendigkeit erkannt, die Interessen der Share- und Stakeholder im Einklang mit Umwelt-, Arbeits-, Sozial- und Menschenrechtsbelangen zu berücksichtigen, nicht nur um ihr Unternehmensimage zu verbessern, sondern auch um ein gutnachbarschaftliches Leben mit der Gemeinschaft zu führen, in der sie tätig sind.
CSR wird von immer mehr Start-ups, Familien- und mittelständischen Unternehmen verinnerlicht und praktiziert. Sie definieren sich als Purpose Unternehmer und wollen ihre Unternehmen zu Purpose Unternehmen (Unternehmen in Verantwortungseigentum bzw. VE-Unternehmen) transformieren. Ein VE-Unternehmen dient nicht in erster Linie dem Kapitalmarkt, sondern zielt darauf ab, die gesunde Balance zwischen Gewinn, Konkurrenzfähigkeit, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit auf die Dauer herzustellen und aufrechtzuerhalten.
Das VE-Unternehmen soll die Grundidee der sozialen Marktwirtschaft leben:
Der Zweck des VE-Unternehmens ist nicht der Profit und dessen Ausschüttung an die Anteilseigner, sondern die Reinvestition von erwirtschafteten Gewinnen in nachhaltige Ziele des Unternehmens.
Bei einem VE-Unternehmen dürfen Investoren nicht mitbestimmen, stattdessen liegen die Stimmrechte beim Unternehmer. So behält der Unternehmer die Kontrolle über die Unternehmensaktivitäten und stellt die Mission des Unternehmens immer im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns. Der Unternehmer sieht sich eher als Treuhänder und nicht als Eigentümer des VE-Unternehmens.
Er hat eine treuhänderische Funktion und kann die Firma nicht verkaufen oder vererben. Bei seinem Ausscheiden gibt er sie an den nächsten (treuhänderischen) Geschäftsführer weiter. Das VE-Unternehmen gehört also „sich selbst“.
In Deutschland lässt sich Verantwortungseigentum mit Hilfe verschiedener Rechtsformen und Eigentümerstrukturen umsetzen:
In Dänemark ist die Eigentümerstruktur des Einzelstiftungsmodells weit verbreitet.
In den Niederlanden sind Einzelstiftungsmodelle in sog. STAK-Strukturen organisiert – eine Sonderform der Stiftung, die aktienähnliche Zertifikate/Derivate ausstellen darf.
In Großbritannien wird das Trust-Partnership-Modell praktiziert: Das Unternehmen gehört einem Trust, den Partnerinnen und Partnern des Unternehmens und ihre Interessen mittels eines demokratisch gewählten Partnerrates vertritt. Die Geschäftsführung wird dagegen meritokratisch gewählt und von dem Partnerrat überwacht und kontrolliert. Die Partnerinnen und Partner des Unternehmens können nur beschränkt an den Gewinnen partizipieren. Das Unternehmen selbst wird als unverkäuflich ausgestaltet.
Schließlich ist noch der Perpetual Purpose Trust (PPT) aus den USA zu erwähnen: Der PPT hält die Mehrheit der Stimmrechte am Unternehmen und bestimmt die Geschäftsführung. Der Trust wird von einem sog. Trust Protector Committee geleitet, dessen Zusammensetzung flexibel ausgestaltet ist und in der Regel eine Vielzahl von Stakeholdern einbindet.
Aufgrund der sehr hohen und engen rechtlichen Anforderungen an die steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit eignet sich die gGmbH nur selten als Rechtsform, die dem Flexibilitätsbedürfnis eines VE-Unternehmens als aktiven Akteur der Sozialmarktwirtschaft gerecht werden will.
Das Stiftungskonstrukt mag zum einen für Start-ups oder mittelständische Unternehmen zu kompliziert, zum anderen aber auch aufgrund des starren Stiftungszwecks und aufgrund der strikten Trennung von Eigentum und Verantwortung in den Stiftungsmodellen nicht interessensgerecht sein.
Schließlich unterliegt die Stiftung der Stiftungsaufsicht. Der Einsatz von ausländischen Rechtsformen und Eigentümerstrukturen erfordert eine einzelfallbezogene, fundierte Auseinandersetzung sowohl mit der ausländischen Rechtsordnung als auch mit der rechtlichen Behandlung der Rechtsform in Deutschland.
Ende 2019 wurde die Stiftung Verantwortungseigentum in Berlin gegründet, die die Verbreitung und Förderung des alternativen Modells Verantwortungseigentum anstrebt. Dazu liegt bereits ein „Entwurf eines Gesetzes für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Verantwortungseigentum“ (GmbHG-E) vor, der die Ergänzung des GmbH-Rechts und die Schaffung einer neuen Rechtsform, der GmbH-VE (GmbH im Verantwortungseigentum), wie folgt vorsieht:
Der Vorschlag hat medial hohe Wellen geschlagen und ein geteiltes Echo ausgelöst. In der Beratungspraxis spielen auf Verantwortungseigentum ausgelegte Gestaltungen zunehmend eine wichtige Rolle. Sollte der vorgelegte Gesetzesentwurf zum GmbHG in so oder in ähnlicher Form umgesetzt werden, steht in Zukunft eine deutlich weniger komplexe Gestaltung zur Verfügung.
Autor: Nikolay Stoykov
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