9. Oktober 2024
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„Wer austeilt, muss auch einstecken können“ – so könnte man das Urteil des OLG Dresden in Sachen des Fernsehmoderators Jan Böhmermann gegen eine Bioimkerei in einem Satz zusammenfassen. Der Fall ging durch die Presse: Vor dem OLG Dresden stritten Böhmermann und die Bioimkerei darüber, ob der Fernsehmoderator eine Nutzung seines Bildnisses im Rahmen einer Werbeaktion dulden muss, die sich satirisch-kritisch mit dessen journalistischer Arbeit befasst.
Anlass des Streits war diese Werbe-Aktion:
Das Landgericht Dresden hatte den Verfügungsantrag in erster Instanz im Februar 2024 zurückgewiesen. Auch in der zweiten Instanz scheiterte der Verfügungskläger nun. Das OLG Dresden bestätigte mit Urteil vom 18. Juli 2024, Az. 4 U 323/24, die erstinstanzliche Entscheidung.
Der Verfügungskläger Jan Böhmermann ist u.a. Moderator der bekannten journalistischen und satire-lastigen Fernsehsendung „ZDF Magazin Royale“. Die Verfügungsbeklagte betreut als Bioimkerei Projekte rund um Honig- und um Wildbienen. Sie vermittelt über ihre Website insbesondere auch sog. "Bienenpatenschaften". Zudem vertreibt sie über ihren Onlineshop und in einigen Märkten verschiedene Honigsorten.
In einer Sendung des „ZDF Magazin Royale“ kritisierte Böhmermann u.a. die von der Imkerei angebotenen „Bienenpatenschaften“ und bezeichnete dieses Angebot als „Beewashing" – quasi als eine Form des sog. „Greenwashings“. Während dieser Sendung wurde u.a. der Geschäftsführer der Imkerei sowie deren Firmen-Logo eingeblendet.
Die Imkerei reagierte auf den Beitrag und bewarb „Beewashing“-Honigprodukte mit einem Werbeplakat, auf dem u.a. der Hinweis „Führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt:“ sowie ein Foto von Jan Böhmermann zu sehen war.
Das OLG Dresden hält eine derartige Bildnutzung in Rahmen eines „satirischen Gegenschlags“ im Ergebnis für zulässig, Böhmermann müsse die Nutzung seines Bildnisses im Rahmen der konkreten Werbeaktion dulden.
Dabei ging es rechtlich in erster Linie um die Frage, ob es sich bei dem Bild Böhmermanns um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handelt. Ist dies der Fall, darf eine Veröffentlichung ohne Einwilligung des Abgebildeten erfolgen.
Das OLG bejahte das Vorliegen eines solchen zeitgeschichtlichen Bildnisses: Der Begriff der Zeitgeschichte erfasse nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse - und damit auch den hier relevanten Sachverhalt. Böhmermann habe das Thema des „Beewashings“, nach Auffassung des OLG Dresden „eine auf Bienen bezogene Form des sog. Greenwashings, also den Vorwurf an ein Wirtschaftsunternehmen oder eine andere Organisation, durch Kommunikation, Marketing und Einzelmaßnahmen ein "grünes Image" zu erlangen, ohne entsprechende Maßnahmen im operativen Geschäft systematisch verankert zu haben“, durch seine Sendung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. An derartigen Umweltthemen bestehe in der Öffentlichkeit insbesondere in Bezug auf Unternehmen aus der Lebensmittelbranche ein breites Bewusstsein und ein erhebliches Interesse. Das Werbeplakat der Bioimkerei nehme durch das Aufgreifen des Begriffs „beewashing“ und dessen Illustration mit einem Foto Jan Böhmermanns aus der zugrundeliegenden Folge des Fernsehmagazins auf dieses Ereignis der Zeitgeschichte Bezug.
An der Verbreitung des Bildes zu werblichen Zwecken bestehe, so das OLG weiter, auch ein schutzwürdiges Veröffentlichungsinteresse. Es stehe vorliegend insbesondere nicht im Vordergrund, den Werbewert einer prominenten Person auszunutzen. Vielmehr verfolge die Werbung einen wertenden, informativen und damit meinungsbildenden Zweck. Dem Betrachter des Plakates werde sich durch die konkrete Gestaltung ferner aufdrängen, dass es sich bei der Werbung um eine kritische Auseinandersetzung mit der entsprechenden Folge des „ZDF Magazin Royale“ handelt und Jan Böhmermann eben nicht als Testimonial für die Produkte einstehen möchte. Weiterführende Informationen zu dem Geschäftsmodell der Bioimkerei und der Kritik hieran konnten zudem über einen auf dem Plakat aufgedruckten QR-Code abgerufen werden, was der Werbung einen noch weitergehenden Informationsgehalt verschaffe.
Dieser im Grundsatz zulässigen Verbreitung des Bildnisses stünden schließlich auch keine berechtigten Interessen Böhmermanns gem. § 23 Abs. 2 KUG entgegen.
Zu diesem Ergebnis kam das OLG Dresden nach einer umfassenden, am Einzelfall orientierten Interessensabwägung. Die Bioimkerei habe ein Recht auf einen in ähnlicher Sprache geführten Gegenschlag. Da Böhmermann selbst u.a. das Logo und den Namen der Imkerei in der Sendung verwendet habe, könne er von der Verfügungsbeklagten nicht erwarten, im Rahmen eines Gegenschlags auf eine Abbildung Böhmermanns zu verzichten. Zudem habe die Werbeanzeige über die satirisch-spöttische Anspielung hinaus keinen herabsetzenden oder sonst für Böhmermann negativen Inhalt.
Die Nutzung des Bildnisses einer bekannten Persönlichkeit in der Werbung sowie eine satirische Bezugnahme auf ein Geschehnis mag als „satirischer Gegenschlag“ in Einzelfällen gerechtfertigt sein – insbesondere, wenn man zu „denselben Mitteln“ greift wie der Ausgangsbeitrag. Dennoch ist Vorsicht geboten, denn letztlich kommt es ganz maßgeblich immer auf die Gesamtumstände des Einzelfalls und eine Interessenabwägung an.
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von Antonia Deml
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