Update vom 31.10.2024:
Nach der sehr klaren Entscheidung des EuGH vom 26. September 2024 hat nun das LG Düsseldorf den vorgelegten Fall entschieden. Die Düsseldorfer Richter haben sich in ihrem Urteil vom 31. Oktober 2024 (Az. 38 O 182/22) erwartungsgemäß der Rechtsauffassung des EuGH angeschlossen und der Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen Aldi Südi stattgegeben. Bei Preiswerbung seien Verbraucher am leichtesten zu verwirren, so der Vorsitzende Richter. Deshalb müsse sie klar und eindeutig sein. Unter Berücksichtigung der strengen EuGH-Vorgaben war dies vorliegend jedoch nicht der Fall.
Der EuGH zeigt sich in einer heute verkündeten Entscheidung erneut verbraucherfreundlich und verbietet in der Praxis beliebte „Rabatt-Tricks“ (EuGH, Urteil vom 26. September 2024, Rs. C-330/23).
Worum geht es?
Das Landgericht Düsseldorf hatte dem EuGH im vergangenen Jahr zwei äußerst praxisrelevante Fragen zur Werbung mit Rabatten und Preisermäßigungen vorlegt (im Detail hierzu unser Insight vom 7. Juni 2023):
Mit Beschluss vom 19. Mai 2023 (Az. 38 O 182/22) stellte das Landgericht Düsseldorf dem EuGH die folgenden zwei Fragen zur Auslegung der PreisangabenRL (und damit auch unmittelbar der entsprechenden deutschen Vorschrift des § 11 Preisangabenverordnung (PAngV)):
- Ist Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL dahin auszulegen, dass ein Prozentsatz, der in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung genannt wird, ausschließlich auf den vorherigen Preis im Sinne von Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL bezogen sein darf?
- Ist Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL dahin auszulegen, dass werbliche Hervorhebungen, mit denen die Preisgünstigkeit eines Angebots unterstrichen werden soll (wie beispielsweise die Bezeichnung des Preises als „Preis-Highlight“), dann, wenn sie in einer Bekanntgabe einer Preisermäßigung verwendet werden, auf den vorherigen Preis im Sinne von Art. 6a Abs. 2 PreisangabenRL bezogen sein müssen?
Dem Vorlagebeschluss lag der folgende Fall zugrunde: Vor dem Landgericht Düsseldorf stritten die Partien über zwei äußerst praxisrelevante Gestaltungsformen der Rabattwerbung. Konkret ging es um eine Werbung von Aldi Süd, die von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beanstandet wurde. Die Verbraucherzentrale sah darin eine vorgegaukelte Preisreduzierung durch sog. Preisschaukelei, also das künstliche Heraufsetzen eines Preises, um später mit einer größeren Reduzierung werben zu können.
- Prozentuale Preisersparnis
Zum einen ging es um Werbung mit der Angabe einer prozentualen Preisersparnis, eine in der Praxis sehr beliebte Form der Rabattwerbung:

Hier stelle sich nach Auffassung des Landgerichts Düsseldorf die bisher umstrittene Frage, ob sich prozentuale Preisermäßigungen ausschließlich und zwingend auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen, d.h. auch anhand dieses Preises berechnet werden müssen.
Die Verbraucherzentrale war diesbezüglich der Ansicht, dass sich die angegebene prozentuale Preisersparnis schon aus Transparenzgesichtspunkten auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen müsse. Aldi hingegen vertrat die Auffassung, dass die entsprechenden Vorgaben der PAngV zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage lediglich als eine zusätzliche Informationspflicht zu verstehen seien. Für eine Ermittlung der prozentualen Ersparnis sei dieser Preis nicht zwingend heranzuziehen.
- Preis-Highlight
Zum anderen stritten die Parteien über die Bewerbung einzelner Produkte mit zusätzlichen Werbeaussagen, die eine besondere Preiswürdigkeit des Angebotes vermitteln. Im konkreten Fall wurden Produkte mit dem Hinweis „Preis-Highlight“ beworben:

Auch hier vertrat die Verbraucherzentrale die Ansicht, dass sich diese Webeslogans auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen müssen. Dieses Normverständnis begründete sie damit, dass es unter anderem Normzweck der PreisangabenRL sei, eine „Preisschaukelei“ zu unterbinden.
Letztlich geht es also um die Frage, ob sich ein Händler bei der Berechnung und Bewerbung einer Preisermäßigung auf den günstigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen muss oder ob es reicht, wenn dieser (zusätzlich) angegeben ist, die prozentuale Preisermäßigung aber auf Grundlage eines anderen, vor der Ermäßigung verlangten Preises berechnet wird.
Was sagt nun der EuGH?
Der EuGH legt strenge Maßstäbe für Webende an: Sowohl Preisermäßigungen als auch Werbeaussagen, mit der die Vorteilhaftigkeit eines Preisangebots hervorgehoben werden sollen, müssen sich auf den sog. Preis der letzten 30 Tage beziehen, d.h. auf denjenigen niedrigsten Preis, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung verlangt hat. Es reicht also nicht aus, den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage (zusätzlich) in der Werbung anzugeben, wenn der Berechnung der Ermäßigung ein anderer (in der Regel höherer) Preis zugrunde gelegt wird. Händler sollen dadurch daran gehindert werden, den Verbraucher irrezuführen, indem sie den angewandten Preis vor der Bekanntgabe einer Preisermäßigung erhöhen und auf diese Weise mit höheren, „gefälschten“ Preisermäßigungen werben.
Zwar ließe sich ein derartiges Verständnis nicht allein anhand des Wortlautes ableiten, jedoch sprächen für eine solche Auslegung insbesondere die spezifischen Ziele der auszulegenden Richtlinie. So soll diese die Verbraucherinformation verbessern und den Vergleich der Verkaufspreise von Erzeugnissen erleichtern. Verbraucher sollen fundierte Entscheidungen treffen können, und so ein hohes Verbraucherschutzniveau sichergestellt werden.
Die vorgenannten Ziele würden durch eine Auslegung der Richtline dahingehend, dass der niedrigste Preis der letzten 30 Tage lediglich zu Informationszwecken genannt werden müsse, ohne auch die Basis für eine beworbene Reduzierung zu sein, beeinträchtigt werden. Eine bloß informatorische Nennung des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage würde es den Händlern nach Auffassung des EuGH ermöglichen, unter Missachtung dieser spezifischen Ziele die Verbraucher irrezuführen, indem Preisermäßigungen bekannt gegeben werden, die nicht real sind und dem Zweck des Art. 6a der Preisangaben-RL zuwiderlaufen.
Was bedeutet die heutige Entscheidung für die Praxis?
Die gängige Werbepraxis der „Preisschaukelei“, also des künstlichen Heraufsetzens eines Preises, um später mit einer größeren Reduzierung werben zu können, ist damit endgültig vom Tisch. Werbende müssen sich künftig bereits bei der Rabatt-Berechnung sowie der anschließenden Bewerbung streng an ihrem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage orientieren.
Inwieweit es auch in Zukunft möglich ist, neben dem aktuellen und niedrigsten Preis der letzten 30 Tage in der Werbung noch weitere Preise zu nennen, hat der EuGH heute nicht entschieden. Dies wird eine Frage der Transparenz im Einzelfall sein. Ausgeschlossen ist dies nicht, hier besteht durchaus Gestaltungsspielraum für die Händler.