9. Oktober 2024
Newsletter Marke Design Wettbewerb Oktober 2024 – 3 von 7 Insights
Das Markenrecht schützt eine Vielzahl von Zeichen, Logos und Slogans – aber bedeutet der Schutz, dass damit automatisch jede Nutzung der geschützten Zeichen durch Dritte verboten ist? Nein, denn markenrechtlich relevant wird eine Benutzung erst dann, wenn der Dritte ein für einen anderen geschütztes Zeichen selbst „markenmäßig“ benutzt.
Eine „markenmäßige Benutzung“ liegt vor, wenn der angesprochene Verkehr ein Zeichen als Herkunftskennzeichnung von Waren eines bestimmten Herstellers auffasst, das Zeichen also dazu dient, die Waren eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Um Markeninhabern einen umfassenden Schutz zu bieten, wird diese Voraussetzung von der Rechtsprechung in der Regel großzügig interpretiert.
Es kann aber auch anders ausgehen: So hat sich jüngst das OLG Nürnberg in einer Auseinandersetzung zweier Fruchtgummihersteller ausführlich mit der Abgrenzung einer erlaubten von einer unerlaubten „markenmäßigen“ Nutzung auseinandergesetzt (Hinweisbeschluss vom 19.06.2024, 3 U 2541/23).
Die Klägerin, eine Herstellerin von Süßwaren, ist Inhaberin der deutschen Wortmarke „HAPPY BEAR'S DAY“ sowie einer entsprechenden Wort-/Bildmarke, die u.a. für Fruchtgummis geschützt sind.
Die Beklagte, internationale Marktführerin im Bereich Fruchtgummis, feierte 2022 das 100-jährige Jubiläum ihrer bekannten „Goldbären“. Im Rahmen dieses Jubiläums nutzte sie das Zeichen „HAPPY BÄRSDAY“ auf der Rückseite ihrer Goldbären-Verpackungen sowie in einem Gewinnspiel auf ihrer Internetseite. Zudem verwendete die Beklagte den Slogan „HAPPY 100th BEARSDAY“ auf einer Sonderedition der „Goldbären“, die in Duty-Free-Shops an deutschen Flughäfen erhältlich war. Die Klägerin sah darin eine Verletzung ihrer Markenrechte unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr und klagte aus ihren Marken „HAPPY BEAR’S DAY“ auf Unterlassung sowie Schadensersatz.
(Quelle: Hinweisbeschluss OLG Nürnberg vom 19.06.2024, 3 U 2541/23)
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte die Klage in 1. Instanz abgewiesen, die Klägerin legte dagegen Berufung ein. In einem Hinweisbeschluss machte das OLG Nürnberg deutlich, dass es beabsichtige, die Berufung mangels Aussicht auf Erfolg zurückzuweisen (in der Folge nahm die Klägerin die Berufung daher zurück). Wie schon das Landgericht ist auch das OLG der Auffassung, dass die Verbraucher die Nutzung der Slogans „HAPPY BÄRSDAY“ und „HAPPY 100th BEARSDAY“ auf einer bekannten „Goldbären“-Verpackung nicht als „markenmäßige Benutzung“, sondern als (bloße) Werbung für das Jubiläum wahrnehmen. Die Slogans seien erkennbar im Kontext des 100-jährigen Jubiläums der "Goldbären" verwendet worden, weshalb sie in erster Linie als Hinweis auf das Jubiläum und gerade nicht als Herkunftshinweis auf die Produkte der Beklagten zu verstehen seien.
Das Gericht berücksichtigte dabei mehrere Faktoren:
Die Slogans wurden zusammen mit weiteren Jubiläumselementen wie einem Partyhut, Konfetti und dem Slogan „100 Jahre Goldbären“ auf der Verpackung präsentiert. Diese Elemente ließen erkennen, dass es sich um eine zeitlich begrenzte, rein beschreibende Werbemaßnahme handelte, welches die Beklagte ersichtlich – trotz erkennbaren Sprachwitzes – nur für die Jubiläumsedition der „Goldbären“ verwendete.
Des Weiteren waren die bekannten Markenkennzeichen der Beklagten wie der „Goldbär“ und das Firmenlogo auf der Verpackung so prominent, dass der Verbraucher keinen Anlass hatte, „HAPPY BÄRSDAY“ als zusätzlichen Herkunftshinweis zu verstehen. Das OLG führt in diesem Kontext aus, dass mit einer steigenden Anzahl bekannter Kennzeichen auf einer Produktverpackung die Motivation des Verkehrs, nach zusätzlichen, ihm unbekannten Herkunftshinweisen zu suchen, abnimmt. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Zeichen wie im vorliegend an für Markenzeichen untypischen Stellen, nämlich der Rückseite der Verpackung zu finden sind. Eine solche Stelle werde üblicherweise nicht zur Platzierung von Herkunftshinweisen genutzt.
Die Klägerin konnte zudem nicht darlegen, dass ihre Marke über erhöhte Kennzeichnungskraft verfüge.
Das OLG hob weiter hervor, dass im Fruchtgummibereich die Gewohnheit bestehe, beschreibende sowie witzige Ausdrücke und Wortspiele als Marken, also „markenmäßig“ zu verwenden. Beispiele hierfür sind „Happy Cola“ oder „Color-Rado“. Zudem sei es üblich, mehrere als Marke geschützte Zeichen auf ein und demselben Produkt anzubringen. Unter Beachtung der vorstehend genannten Faktoren des Einzelfalles nehme der Durchschnittsverbraucher den Slogan „HAPPY BÄRSDAY“ dennoch eher als dekorativen Hinweis auf das Jubiläum wahr, da er stark in den Kontext einer Werbeaktion eingebettet war.
In der Gesamtschau, so das Gericht, würden die Verbraucher „HAPPY BÄRSDAY“ mithin nicht als zusätzlichen Herkunftshinweis und damit als (weitere) Marke, sondern als kreativen Werbeslogan erkennen.
Die Entscheidung des OLG Nürnberg verdeutlicht, dass nicht jede Verwendung eines Zeichens zugleich eine „markenmäßige Benutzung“ und damit – bei Identität oder Ähnlichkeit mit einer geschützten Marke - eine Markenverletzung darstellt. Besonders in Fällen, in denen Zeichen im Rahmen von Werbekampagnen oder Jubiläumsaktionen eingesetzt werden, kann die beschreibende oder dekorative Funktion des Zeichens im Vordergrund stehen. Entscheidend für die Frage, ob eine „markenmäßige Nutzung“ vorliegt oder nicht, ist, wie der angesprochene Verkehr das Zeichen im konkreten Fall auffasst. Dabei spielen Faktoren wie die Kennzeichnungskraft und Bekanntheit der älteren Marke, der Kontext der Verwendung, die Gestaltung der Verpackung, die Positionierung des Zeichens auf der Verpackung sowie nicht zuletzt die Kennzeichnungsgewohnheiten der jeweiligen Branche eine entscheidende Rolle.
Werbenden ist zu empfehlen, auf ihren Produkten sowie in der Werbung stets die eigenen Marken an den branchenüblichen Positionen zu verwenden, damit diese vom angesprochenen Verkehr als Herkunftshinweis wahrgenommen werden. Denn – auch dies ist der Entscheidung des OLG zu entnehmen - je mehr bekannte, als Herkunftshinweis verwendete Kennzeichen sich auf einer Produktverpackung befinden, desto weniger habe der Verkehr Anlass, nach weiteren, ihm unbekannten Herkunftshinweisen zu suchen – und desto eher scheidet eine Verletzung von Marken Dritter aus.
Die spezifischen Kennzeichnungsgewohnheiten spielen eine zentrale Rolle, da diese von Branche zu Branche variieren. Markeninhaber sollten im Streitfall daher stets den Kontext der marktüblichen Praktiken und die Gewohnheiten der Verbraucher in ihrer Branche berücksichtigen, um eine markenmäßige Nutzung belegen zu können.
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