Wenn man den Begriff „Femtech“ in eine Suchmaschine eingibt, erhält man über 3,2 Millionen Treffer. Der Begriff wurde 2016 von Ida Tin, Mitbegründerin der Zyklus-App „Clue“, geprägt und hat sich seither für Produkte und Leistungen etabliert, die die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Frauen verbessern oder unterstützen sollen. Es gibt beispielsweise Zyklusapps, Apps zur leichteren Bestimmung des Eisprungs, Apps zur Unterstützung in den Wechseljahren sowie tragbare Fruchtbarkeits- und Zyklus-Tracker.
Neben Bereichen wie Menstruation, Fruchtbarkeit, Schwangerschaft, Stillzeit und Menopause umfasst Femtech auch allgemein Gesundheitsfürsorge für Frauen. Dass es „Frauenprodukte“ gibt, insbesondere für Menstruation und Fruchtbarkeit, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass medizinische Behandlungen vorwiegend auf die Behandlung von Männern ausgerichtet sind, was schlicht daran liegt, dass die meisten Daten in der medizinischen Forschung von männlichen Probanden stammen. Dabei ist mittlerweile allgemein bekannt, dass sich Gesundheits- und Gesundheitsrisikofaktoren von Frauen von denjenigen der Männer unterscheiden. Nichtsdestotrotz scheinen Frauengesundheit und insbesondere Frauenkrankheiten wie beispielsweise Endometriose, von der laut WHO etwa 190 Millionen Frauen weltweit betroffen sind und die daher einen nicht zu vernachlässigenden Wirtschaftsmarkt darstellt, nicht in besonderem Fokus zu stehen.
Mit einem potenziellen Markt von der Größe der halben Weltbevölkerung erscheint die Entwicklung von auf Frauen zugeschnittenen medizinischen Behandlungen und Applikationen tatsächlich absolut sinnvoll und lukrativ. Dies wirft unmittelbar die Frage auf, wie ein solches Produkt am besten vor Konkurrenz geschützt werden kann. Patente gewähren 20 Jahre Schutz für Produkte und Verfahren, die gewerblich anwendbar und neu sind, d.h. in dieser Form bisher nicht existierten und gegenüber dem Stand der Technik nicht naheliegend waren, und bieten dem Erfinder so ein befristetes Monopol zur Amortisierung seiner Entwicklungsinvestitionen.
Auch wenn die Erteilung eines Patents natürlich stets eine Einzelfallentscheidung ist, sollten bei der Patentierung von frauenspezifischen Produkten die folgenden Aspekte berücksichtigt werden:
- Für speziell für Frauen entwickelte Produkte und Verfahren wie zum Beispiel Verhütungsringe oder Menstruations-Apps oder Apps für die Wechseljahre, gelten keine besonderen zusätzlichen patentrechtlichen Vorgaben.
- Biomarker, d.h. biologische Materialien wie Moleküle, Gene oder andere Merkmale, die zur Feststellung pathologischer Zustände oder von Erkrankungen wie beispielsweise Brustkrebs eingesetzt werden können, sind im Allgemeinen patentfähig, sofern sie neu und erfinderisch sind. Es sollte jedoch auf eine aussagekräftige Formulierung der Patentansprüche geachtet werden, um Produkte und Verfahren jenseits der reinen DNA zu umfassen.
- Therapiebegleitende Diagnostika (Companion Diagnostics), d.h. In-vitro-Tests mit denen bestimmt werden kann, ob ein Arzneimittel wirksam und sicher für Patienten mit einer bereits diagnostizierten Krankheit oder Veranlagung ist, sind ebenfalls regelmäßig patentfähig, sofern sie neu und erfinderisch sind.
- Stellt sich zu einem späteren Zeitpunkt heraus, dass ein bestehendes Verfahren oder Arzneimittel zur Behandlung einer anderen Indikation bei Frauen eingesetzt werden kann, so kann auch diesbezüglich Patentschutz in Form eines auf diese neue medizinische Indikation gerichteten Anspruchs erlangt werden (second medical use claim), wenn die Verwendung des Verfahrens oder Arzneimittels für diese Indikation neu und erfinderisch ist.
Aus patentrechtlicher Sicht lohnt es sich daher durchaus, den Fokus auf speziell für Frauen entwickelte Produkte und Behandlungsmethoden zu richten. Es besteht Hoffnung, dass die besonderen Anforderungen bei der Behandlung von Frauen zukünftig mehr berücksichtigt und erforscht werden, insbesondere mit Blick auf frauenspezifische Besonderheiten bei Symptomatik, Krankheitsverlauf und damit verbundenen Risiken.