Der Begriff „Femtech“ (oder auch female technology) beschreibt Technologien – sowohl Software als auch sonstige Produkte – die auf die Frauengesundheit zugeschnitten sind. Darunter können sowohl Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika fallen als auch Lifestyle-Produkte. Beispielsweise werden Fruchtbarkeits-Tracker, Endometriose-Apps, Tampons zur Analyse von Menstruationsblut und BHs, die mit Sensoren zur Messung von kardiologischen Parametern ausgestattet sind, zu Femtech gezählt.
Juristische Veröffentlichungen aus regulatorischer Sicht gibt es dazu bisher kaum. Das mag auch daran liegen, dass sich die Frage stellt, ob sich in diesem Bereich überhaupt Besonderheiten gegenüber den allgemeinen Regularien ergeben. Weitgehend dürfte das nicht der Fall sein, mit der Ausnahme einiger Fallstricke aus werberechtlicher Sicht. Grundsätzlich stellen sich für den Hersteller dieselben Fragen wie sonst auch, bevor er ein Produkt mit möglichem Gesundheitsbezug vermarktet:
Medizinprodukt, In-vitro-Diagnostikum oder Lifestyle-App?
Im Ausgangspunkt stellt sich die Frage, in welche Kategorie das Produkt fällt, was insbesondere bei Software zu Abgrenzungsschwierigkeiten, aber auch Möglichkeiten führen kann. Denn der Hersteller hat es bis zu einem gewissen Grad selbst in der Hand, ob er ein Produkt als Medizinprodukt vermarkten möchte oder nicht. Das liegt daran, dass der Medizinproduktebegriff eine subjektive Komponente enthält: Die Zweckbestimmung. Damit ist der Zweck gemeint, zu dem der Hersteller das Produkt in den Produktunterlagen (Gebrauchsanweisung, Kennzeichnung, Marketingunterlagen etc.) auslobt.
Was ein medizinischer Zweck ist, der zu einer Einordnung als Medizinprodukt führen kann, ist in der Definition des Medizinprodukts in Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) 2017/725 (Medizinprodukteverordnung – Medical Devices Regulation [„MDR“]) geregelt. Für In-vitro-Diagnostika findet sich eine darauf aufbauende Regelung in Artikel 2 Nr. 2 der Verordnung (EG) 2017/746 (In-vitro-Diagnostika-Verordnung – In vitro Diagnostic Regulation [„IVDR“].
Nach der Legaldefinition in der MDR liegt ein medizinischer Zweck vor, wenn das Produkt einem der folgenden Zwecke dienen soll:
- Diagnose, Verhütung, Überwachung, Vorhersage, Prognose, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,
- Diagnose, Überwachung, Behandlung, Linderung von oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
- Untersuchung, Ersatz oder Veränderung der Anatomie oder eines physiologischen oder pathologischen Vorgangs oder Zustands,
-
Gewinnung von Informationen durch die In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper — auch aus Organ-, Blut und Gewebespenden — stammenden Proben.
Des weiteren ist geregelt, dass unter anderem auch Produkte zur Empfängnisverhütung oder -förderung als Medizinprodukte gelten sollen.
Für den Hersteller folgt hieraus ein gewisser Spielraum, der aus geschäftlicher Sicht zu verschiedenen Implikationen führt. So bürdet die Vermarktung als Medizinprodukt zwar ein nicht zu unterschätzendes Pflichtenprogramm unter der MDR auf (insbesondere die Durchführung eines Konformitätsbewertungsverfahrens), kann aber auch den Weg zu einer Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen (z. B. als digitale Gesundheitsanwendung, kurz DiGA) und damit einer möglicherweise attraktiveren Vermarktung ebnen. Eine Vermarktung als Lifestyle-Produkt ist demgegenüber einfacher und mit weniger (finanziellen und zeitlichen) Ressourcen realisierbar, zudem ist die Werbung weniger stark reglementiert (sowohl die Werbung für ein solches Produkt als auch „in“ dem Produkt, namentlich bei DiGAs mit Blick auf das Verbot der In-App-Werbung).
Fruchtbarkeits-Tracker können als Produkt zur Empfängnisförderung unter die MDR fallen und je nach Ausgestaltung auch ein In-vitro-Diagnostikum sein. Bei dem außerdem genannten Beispiel der Zyklus-App kommen insbesondere drei Varianten in Betracht:
- Vermarktung als Medizinprodukt wegen eines medizinischen Zwecks, z. B. die Beobachtung von hormonellen Veränderungen mit Krankheitswert,
-
Vermarktung als Medizinprodukt bei einer Auslobung als Produkt zur Empfängnisförderung,
- Vermarktung als Lifestyle-Produkt, etwa als reiner Perioden-Tracker (ohne Krankheitsbezug).
Der Entscheidungsspielraum des Herstellers, ob er sein Produkt als Medizinprodukt vermarktet oder nicht, endet dort, wo die gewählte Zweckbestimmung ersichtlich nicht mit den objektiven Gegebenheiten des Produkts übereinstimmt und wissenschaftlich nicht mehr haltbar ist.
Werbung für FemTech-Produkte
Die Werbung für FemTech-Produkte weist nur wenige Besonderheiten auf. Es sind die Werberestriktionen von Art. 7 MDR bzw. Art. 7 IVDR und die allgemeinen lauterkeits- und heilmittelwerberechtlichen Maßgaben zu beachten. Von großer praktischer Relevanz ist insbesondere das Verbot der irreführenden Werbung, das die hinreichende wissenschaftliche Belegbarkeit von gesundheitsbezogenen Aussagen verlangt. Bei DiGAs ist das in § 5 Abs. 4 Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV) geregelte Verbot, innerhalb der App zu werben, zu beachten.
Zu den erwähnten wenigen Besonderheiten, die für FemTech-Produkte gelten, zählen die nachfolgenden zwei Punkte:
- Mit Blick auf den wissenschaftlichen Beleg ist darauf zu achten, dass die jeweils herangezogenen Studien die Patientenpopulation treffend abbilden. Wohl unzulässig wäre es demnach, konkret auf die Frauengesundheit bezogene Werbeaussagen auf Studien zu stützen, deren Patientenpopulation rein oder vorwiegend männlich ist. Ein solcher Fall dürfte in der Praxis allerdings ohnehin selten vorkommen.
- Unzulässig wäre es weiterhin, außerhalb der Fachkreise eine Werbung für ein FemTech-Medizinprodukt auf „krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts“ zu richten (Anlage A Nr. 4 zu § 12 Abs. 1 Nr. 2 Heilmittelwerbegesetz – HWG).
Davon abgesehen gilt zu beachten, dass durch die Werbung die Zweckbestimmung des Produkts im Sinne der oben skizzierten Produktkategorisierung geändert werden kann – die medizinprodukterechtliche Zweckbestimmung ist nicht statisch. Hier ist also stets Vorsicht geboten!
Fazit
FemTech ist ein spannender Bereich, der bei der Frage, wie das Produkt kategorisiert und vermarktet werden soll, in vielen Fällen Handlungsspielraum lässt. Bei Grenzfällen ist abzuwägen, ob der höhere Aufwand bei einer Vermarktung als Medizinprodukt sich durch Vorteile etwa mit Blick auf eine mögliche Erstattung rechtfertigen lässt. Was die Werbung anbelangt, ist – wie sonst auch – die rechtliche Vorabprüfung von Marketingmaterialien empfehlenswert, bevor diese das Unternehmen verlassen.