22. September 2023
Krankenhausreform 2024: Details und Hintergründe
Früher als vom Bundes-Gesundheitsministerium (BMG) geplant, ist eine inoffizielle Fassung des ersten Arbeitsentwurfs für das „Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen“ (KHVVG) an die Öffentlichkeit gedrungen. Der Entwurf umfasst 36 Seiten und weist noch erhebliche Leerstellen auf. Zum Beispiel enthält er noch keine Begründung.
Hier ist eine erste Analyse:
Der vorläufige Entwurf sieht eine Ergänzung der §§ 115 ff. SGB V vor, in denen die Beziehungen zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten geregelt sind. Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sollen neben der stationären Behandlung auch sektorenübergreifende Leistungen erbringen können. Was eine sektorenübergreifende Versorgungseinrichtung ist, sollen die Länder im Einvernehmen mit den Krankenkassen definieren. Zu den sektorenübergreifenden Leistungen werden etwa ambulante Operationen, belegärztliche Leistungen, sowie Tages-, Nacht-, Kurzzeit- und Übergangspflege zählen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) sollen wiederum festlegen, welche stationären Behandlungen aus der Inneren Medizin, der Allgemeinen Chirurgie und der Geriatrie die sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen verpflichtend anbieten müssen und welche weiteren stationären Leistungen sie optional zusätzlich erbringen dürfen.
Zudem sind Regelungen zur medizinisch-pflegerischen Versorgung durch sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen vorgesehen. Es sollen künftig Menschen mit einem besonderen pflegerischen Bedarf dort behandelt werden, die nicht ambulant behandelt werden können. Die Leistungen können auch von niedergelassenen Ärzten erbracht werden, die eine Kooperationsvereinbarung mit der Versorgungseinrichtung schließen. Sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sollen zudem bei offiziell festgestellter ambulanter Unterversorgung einspringen können.
Der Entwurf sieht vor, dass die stationären Leistungen in Leistungsgruppen eingeteilt werden, die jeweils bestimmten Häusern zugeordnet werden. Die Vergütung soll anhand der zugewiesenen Leistungsgruppen erfolgen. Nach dem Entwurf sind die Länder für die Festlegung der Leistungsgruppen der einzelnen Krankenhäuser zuständig. Die Einteilung kann auch vorläufig ergehen und mit einer Frist zur Erfüllung der Voraussetzungen verknüpft werden. Die Frist soll einmal um bis zu einem Jahr verlängert werden können.
Den Krankenhäusern können zudem Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben zugewiesen werden, die zusätzlich vergütet werden. Wie hoch die Zuschläge für die koordinierenden Aufgaben ausfallen sollen, steht noch nicht fest.
Die Vorhaltevergütung soll 60 % ausmachen. Die Vorhaltevergütung ist ein fester Betrag, der unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der Betten gezahlt werden soll. Das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) soll die Vorhaltevergütung ermitteln und auch für jedes Krankenhaus berechnen. Bis zum Jahr 2027 soll sie zunächst budgetneutral sein. Im Jahr 2027 wird die Vorhaltevergütung dann eingeführt. Eine Vereinbarung über eine eindeutige, bundeseinheitliche Definition für Vorhaltekosten soll es planmäßig erst im Jahr 2029 geben.
Für sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sieht der Entwurf ein eigenes Vergütungskonzept anhand krankenhausindividueller Tagessätze vor. Die krankenhausindividuellen Tagesentgelte für ärztliche Leistungen werden verringert, wenn die ärztliche Leistungen nicht durch eigenes Personal, sondern kooperierenden Ärzten erbracht werden.
Am Ende ist zu sagen, dass dieser Entwurf noch keine finalen Regelungen ausweist und sich im Rahmen der weiteren Gespräche verändern wird. Es bleibt also abzuwarten, wie sich das KHVVG entwickelt.
Anfang Oktober 2023 ist ein Treffen der Redaktionsgruppe, bestehend aus Vertretern des BMG und den Vertretern der vier die Reform begleitenden Länder Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern geplant. Bei diesem Treffen soll ein Referentenentwurf konsolidiert werden. Erst wenn man sich dort einig geworden ist, wird sich im nächsten Schritt die große Bund-Länder-Runde mit dem Entwurf befassen. Wann das Gesetz in Kraft treten soll, ist unklar – jedenfalls sicher noch nicht Anfang 2024.
Co-Autorin, Recherche: Janne Pramschiefer