Autor

Dr. Vanessa Christin Vollmar

Salary Partnerin

Read More
Autor

Dr. Vanessa Christin Vollmar

Salary Partnerin

Read More

21. September 2023

Krankenhausreform 2024: Drei Fragen an ... Dr. Vanessa Christin Vollmar | Fachanwältin für Medizinrecht

  • Briefing
Schon ab Januar 2024 soll in Deutschland die Krankenhausreform in Kraft treten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will damit vor allem drei Dinge erreichen: die Versorgungssicherheit gewährleisten, die Behandlungsqualität verbessern und das System entbürokratisieren. Werden mit der Reform – Stand heute – alle Ziele erreicht?

Zum aktuellen Stand der Reform ist zunächst festzuhalten, dass wir noch immer auf Basis des seit Anfang Juli vorliegenden Eckpunktepapiers von Bund und Ländern agieren (müssen). Denn der angekündigte Referentenentwurf, der während der parlamentarischen Sommerpause erarbeitet werden sollte, liegt bislang nicht vor. Allein anhand des gerade einmal 15 Seiten umfassenden Eckpunktepapiers bewerten zu wollen, ob mit der Reform die beabsichtigten Ziele auch tatsächlich erreicht werden, bereitet insofern gewisse Schwierigkeiten. Zumal das Papier in vielen Punkten noch sehr vage formuliert ist und dringend weiterer Konkretisierung bedarf. Festgehalten werden kann aber, dass das Eckpunktepapier durchaus sinnvolle Ansätze enthält – zum Beispiel, wenn es um die Gewährleistung von Versorgungssicherheit geht. Hier kann die neu vorgesehene Vorhaltevergütung vor allem im ländlichen Raum und bei Leistungen mit geringerer Fallzahl einen Beitrag leisten, die Vorhaltung stationärer Behandlungsangebote für die Krankenhäuser dennoch rentabel zu machen. Auch die Einführung bundeseinheitlicher Leistungsgruppen mit zwingend einzuhaltenden Qualitätsstandards kann zur besseren Vergleichbarkeit der Krankenhäuser untereinander beitragen und die Behandlungsqualität bezogen auf die einzelnen Leistungsgruppen verbessern, wenn sichergestellt ist, dass Leistungen wirklich nur noch von solchen Krankenhäusern erbracht werden dürfen, die die notwendige Qualität aufweisen. Ob mit den geplanten Maßnahmen tatsächlich auch eine Entbürokratisierung des Systems erreicht wird, erscheint mir zum jetzigen Zeitpunkt wenigstens fraglich. Angesichts der Einführung einer weiteren Unterfinanzierungsart bei den Betriebskosten der Krankenhäuser (künftig DRG-Fallpauschalen + Pflegebudget + Vorhaltebudget) und einem voraussichtlich deutlich größeren Dokumentations- und Prüfaufwand infolge der neuen Qualitätskriterien dürften die Komplexität und damit der bürokratische Aufwand eher zu- als abnehmen.

Gesundheitsminister Lauterbach hat kleineren Kliniken eine Existenzgarantie zugesichert. Können sich die Krankenhausbetreiber nun entspannt zurücklehnen?

Sicher nicht. Entspannt zurücklehnen sollten sich meines Erachtens weder große noch kleinere Player. Mit der Krankenhausreform wird es zu einer grundlegenden Neustrukturierung in der Ausgestaltung der Versorgungsaufträge der Krankenhäuser und in der Refinanzierung der Betriebskosten kommen. Hiervon sind alle zugelassenen Krankenhäuser gleichermaßen betroffen. Viel stärker als bislang wird es nach meiner Wahrnehmung darauf ankommen, welche Versorgungsschwerpunkte ein Krankenhaus künftig setzen möchte – und im Lichte der neuen Qualitätsvorgaben setzen kann – und wie es sich vom Leistungsangebot konkurrierender Häuser entweder positiv abhebt oder mit deren Leistungsportfolios im Sinne kooperativer Strukturen sinnvoll verzahnt werden kann. Dabei wird die geplante Vorhaltevergütung vor allem für kleinere Häuser sicher einen Beitrag leisten können, um die Refinanzierung von weniger rentablen Strukturen auch ungeachtet von der tatsächlichen Inanspruchnahme eines Krankenhauses weitgehend sicherstellen zu können. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass es trotz aller gegenteiligen Bekundungen aus dem Gesundheitsministerium im Zuge der Umsetzung der Reform zwangsläufig auch zu einer Reduktion der derzeit bestehenden Krankenhäuser kommen wird. Hiervon betroffen dürften vor allem kleinere und mittlere Häuser mit einer geringeren Spezialisierungsrate und eher unterdurchschnittlichen Fallzahlen sein. Dennoch sollten sich die Entscheidungsträger aller Krankenhäuser schon jetzt mit den Reformelementen auseinandersetzen und sich auf die künftigen neuen Strukturen vorbereiten, so gut es zum jetzigen Zeitpunkt schon geht. Die künftige Ausrichtung des eigenen Leistungsportfolios wird ein wesentlicher Schlüsselfaktor sein.

Der Verband der Privaten Krankenversicherung hat gerade ein Gutachten veröffentlicht, das die sogenannte Vorhaltefinanzierung – ein Kernelement der Krankenhausreform – sehr kritisch sieht. Was bemängeln die Gutachter hauptsächlich?

Die Gutachter kritisieren vor allem die Ausgestaltung der geplanten Vorhaltevergütung. Sie geben zu bedenken, dass die Finanzierung der Betriebskosten über die DRG-Fallpauschalen zwar vieldiskutierte Nachteile mit sich bringt, aber auch positive Effekte zeigt, insbesondere hinsichtlich der Transparenz und Wirtschaftlichkeit der erbrachten Leistungen. Demgegenüber erzeuge der vorgesehene hohe Anteil der Vorhaltevergütung an der Betriebskostenfinanzierung (inklusive Pflegebudget 60%) neue, ganz eigene Fehlanreize und Missbrauchspotential. Insbesondere die mit einer (zu) hohen Vorhaltevergütung (über dem Niveau der Fixkosten) einhergehende Motivation der Krankenhäuser zur Reduktion der Leistungsmenge berge das Risiko für Unterversorgung und Wartelisten. Im Ergebnis wird die Frage, ob die Reform bzw. die Vorhaltevergütung tatsächlich zu den von den Gutachtern skizzierten unerwünschten Effekten führen wird, maßgeblich von der konkreten Ausgestaltung im Referentenentwurf und im späteren eigentlichen Gesetzestext abhängen. Beides bleibt insofern mit Spannung zu erwarten und aus den schon genannten Gründen aufmerksam zu beobachten.

Unsere neue Webinarreihe | Krankenhausreform 2024: Sprungbrett oder Stolperstein?

Kostenlose Webinarreihe & Webinaraufzeichnungen

zum Überblick
zum Überblick
Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren