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26. April 2022

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„ÖKO-TEST III“ – Schadensersatz auch bei Verletzung kostenlos lizenzierter Marken

  • Briefing

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Nutzung des „ÖKO-TEST-Siegels“ zur Bewerbung eines getesteten Produkts eine Markenverletzung darstellt, wenn für die getestete Produktgruppe ein neuerer Test mit veränderten Testkriterien vorliegt (Urteil vom 16.12.2021, Az.: I ZR 201/20). Dem Markeninhaber steht dabei auch dann ein Anspruch auf Schadensersatz zu, wenn er seine Marke nicht kommerziell verwendet, sondern die Nutzung kostenlos gestattet.

Die Klägerin gibt das Magazin „ÖKO-TEST“ heraus. Sie ist unter anderem Inhaberin der folgenden, für „Verbraucherinformation“ eingetragenen Unionsmarke am ÖKO-TEST-Siegel:

Hersteller der im „ÖKO-TEST“-Magazin getesteten Produkte durften in der Vergangenheit nach Abschluss eines kostenlosen Lizenzvertrags mit dem ÖKO-TEST-Siegel werben. Nach dem Lizenzvertrag endete die Gestattung zur Nutzung automatisch, sobald ein neuerer Test für die Produktgruppe vorliegt.

Die Beklagte stellt Zahncreme her, die im Jahr 2005 mit „sehr gut“ bewertet worden war. Sie hatte mit ÖKO-TEST einen kostenlosen Lizenzvertrag geschlossen und benutzte die ÖKO-TEST-Marke und das Testergebnis auf ihren Produkten. Im Jahr 2008 gab es einen neuen Zahncreme-Test mit geänderten Testkriterien. Das Produkt der Beklagten war in diesen neuen Test nicht einbezogen. Im Jahr 2014 erfuhr die Klägerin, dass nach wie vor Zahncreme der Beklagten vertrieben wurde, auf der mit dem ÖKO-TEST-Siegel das Testergebnis aus dem Jahr 2005 beworben wurde.

ÖKO-TEST sah darin eine Markenverletzung und verlangte u.a. Unterlassung und Schadensersatz. Das OLG Düsseldorf hatte die Beklagte zwar zur Unterlassung verurteilt. Einen Anspruch auf Schadensersatz hatte es aber abgelehnt. Da ÖKO-TEST die Nutzung seiner Marke kostenlos gestattet habe, sei durch die unerlaubte Nutzung der Marke kein Schaden entstanden.

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung zur Unterlassung. Das ÖKO-TEST-Siegel sei eine bekannte Marke. Die Verwendung im Zusammenhang mit einem überholten Test nutze die Wertschätzung der Marke in unlauterer Weise aus.

Entgegen dem OLG Düsseldorf sprach er ÖKO-TEST jedoch auch einen Anspruch auf Schadensersatz (inkl. eines vollen Auskunftsanspruchs über den mit der Zahncreme erzielten Umsatz und Gewinn) zu. Ein ersatzfähiger Schaden folge automatisch aus der Verletzung einer Marke als absolutes Recht. Auf eine konkrete Vermögenseinbuße beim Markeninhaber komme es nicht an.

Bei der Berechnung des zu ersetzenden Schadens könne sich ÖKO-TEST zwar nicht auf einen konkret entstandenen Schaden stützen. Ein solcher sei wegen der grundsätzlich kostenlos gestatteten Benutzung des Testsiegels nicht ermittelbar. Auch eine Schadensermittlung nach der sog. „Lizenzanalogie“ scheide aus. Hier müsse sich ÖKO-TEST daran festhalten lassen, dass man die Nutzung grundsätzlich kostenlos gestattet habe. In Betracht komme aber die Berechnung des Schadensersatzes nach dem von der Beklagten erzielten Verletzergewinn. Es sei unbillig, wenn die Beklagte den auf der unberechtigten Benutzung der bekannten Marke beruhenden Gewinn behalte dürfe.

Praxishinweis:

Bei Werbung mit Testsiegeln ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Der Bundesgerichtshof hatte zuvor bereits entschieden, dass eine Verwendung der ÖKO-TEST-Marke ohne Lizenzvertrag eine Markenverletzung ist. Daran knüpft das jüngste Urteil an.

Auch abseits des Markenrechts ist es beispielsweise zur Vermeidung einer irreführenden Werbung geboten, nur das tatsächlich getestete Produkt und nicht ein lediglich ähnliches, ggf. sogar baugleiches Produkt mit einem Testergebnis zu bewerben. Stets und in leicht auffindbarer Weise muss zudem die Fundstelle des beworbenen Testergebnisses angegeben werden.

Von besonderer Relevanz ist die Feststellung, dass auch bei der Verletzung von kostenlos lizenzierten Marken ein Schadensersatzanspruch besteht. Das Urteil der Vorinstanz war vielfach so interpretiert worden, dass bei der unerlaubten Nutzung kostenlos lizenzierter Rechte „nur“ ein Unterlassungsanspruch drohe. Der Bundesgerichtshof stellt nun klar, dass auch hier zumindest aus „Billigkeitsgründen“ ein Schadensersatzanspruch besteht. Die Entscheidung dürfte sich über den Bereich des Markenrechts hinaus sich auch auf andere Rechte auswirken, an denen kostenlose Lizenzen von Rechtsinhabern eingeräumt werden (z.B. Creative Commons Lizenzen im Urheberrecht).

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