Krankenhausreform Eckpunktepapier

14. Juli 2023

Die Krankenhausreform - späte Revolution ohne revolutionären Charakter

  • Briefing
Mehr
Autoren

Juliane Dost, LL.M. (Medizinrecht)

Senior Associate

Read More

Dr. Martin Jäger

Associate

Read More

Dr. Oliver Klöck

Partner

Read More

Dr. Vanessa Christin Vollmar

Salary Partnerin

Read More
Autoren

Juliane Dost, LL.M. (Medizinrecht)

Senior Associate

Read More

Dr. Martin Jäger

Associate

Read More

Dr. Oliver Klöck

Partner

Read More

Dr. Vanessa Christin Vollmar

Salary Partnerin

Read More

Krankenhausreform 2024: Details und Hintergründe

Endlich steht das Eckpunktepapier zur Krankenhausreform, das Bundesgesundheitsminister Lauterbach schon mehrfach öffentlichkeitswirksam ankündigte, dann aber wie viele andere Projekte verschob.

Die Inhalte des nun beschlossenen Eckpunktepapiers des regelmäßig stattgefundenen Bund-Länder-Treffen betreffen alle nach § 108 SGB V zugelassenen somatischen Krankenhäuser und sind nach den Ankündigungen der vergangenen Monate in vielen Teilen ebenso wenig bemerkenswert, wie die ewige Sonderstellung von Bayern (stimmte als einziges Land gegen das Papier):

  • Kombination aus Leveln und Leistungsgruppen:
    Der Bund ist für die Zuteilung der Krankenhäuser zu Leveln zuständig, während die Länder die Krankenhäuser verschiedenen Leistungsgruppen (orientiert an den Leistungsgruppen in Nordrhein-Westfalen) zuweisen. Die Ausdifferenzierung der Leistungsgruppen erfolgt nun in einem vierstufigen Verfahren unter Beteiligung unterschiedlicher Gremien. Nach einer ersten Festlegung wird die Zuweisung von Leistungsgruppen künftig einer regelmäßigen Überprüfung unterzogen (zunächst nach zwei, dann immer nach drei Jahren).
  • Abkehr von der reinen Fallpauschalenvergütung:
    Das DRG-Fallpauschalen-System ist seit der Einführung vor zwanzig Jahren umstritten. Die Hauptkritikpunkte sind, dass es Anreize für deutlich frühere Entlassungen und nicht indiziert Fallzahlsteigerungen setze und sich zu einem bürokratischen Monster entwickelt habe. Das DRG-System wird künftig um sogenannte Vorhaltepauschalen erweitert, um eine flächendeckende und wirtschaftlich tragfähige Versorgung für Patienten auch künftig gewährleisten zu können. Die Krankenhäuser erhalten ganz unabhängig von der Anzahl der erbrachten Fälle eine Grundvergütung dafür, dass sie gewisse medizinische Leistungen vorhalten. In welcher Höhe die Vorhaltevergütung ausfällt, bemisst sich nach den der Klinik vom Land zugewiesenen Leistungsgruppen; deren Zuweisung wiederum hängt von der Erfüllung noch zu konkretisierender Qualitätskriterien ab, die die Kliniken primär selbstständig erfüllen müssen, sich in Teilen aber auch durch Kooperationen und Verbünde behelfen können. Ebenfalls relevant für die konkrete Höhe der Vorhaltefinanzierung ist das Bundesland, der jeweilige Landesbasisfallwert sowie die Fallschwere und Fallzahl des Krankenhauses in der Vergangenheit (wobei eine Fallzahlveränderung von +/- 20% bei der Fallzahleinstufung keine Veränderung auslösen wird). Der Bund legt zudem fest, welche Leistungen im Ausnahmefall auch ohne Erfüllung der Qualitätskriterien erbracht werden dürfen, wenn es Gründe der Versorgungsabsicherung erfordern. Derartige Ausnahmezuweisungen von Leistungen sind dann allerdings vergütungsneutral, d.h. sie führen nicht zu den entsprechenden Vorhaltefinanzierungen. Die Vorhaltevergütung wird vorübergehend, d.h. bis sie sachgerecht kalkuliert werden kann, 60% der DRGs entsprechen, sodass die DRGs entsprechend gekürzt werden.
  • Abschaffung der „alten“ Zu- und Abschläge:
    Zugunsten der Entbürokratisierung sollen möglichst viele Zu- und Abschläge abgeschafft und zum Teil in die Leistungsgruppenzuweisung, zum Teil in die Vorhaltepauschale integriert werden.
  • Einführung neuer Zuschläge:
    Pädiatrie, Geburtshilfe, Stroke Unit, Spezielle Traumatologie, Intensivmedizin und Notfallversorgung erhalten einen neuen, nach dem jeweiligen Leistungsumfang gestaffelten Zuschlag, der nicht aus dem bisherigen Erlösbudget, sondern über neue GKV-Mittel finanziert wird. Gleiches gilt für die Vergütung der Koordinierungsleistungen von Universitätskliniken und vergleichbaren Leistungserbringern. Aufgrund dieser zwei neuen Kostenposten dürfte daher künftig mit Beitragssteigerungen bei den Kassen zu rechnen sein.
  • Erhalt des Pflegebudgets:
    Die Pflegekostenfinanzierung ist die einzige, die unangerührt bleibt. Sie verläuft künftig genauso wie bisher, d.h. vor allem separat und nach dem Selbstkostendeckungsprinzip.
  • Einführung von Level-Ii-Krankenhäusern:
    Bei der Einführung dieser neuen Versorgerform handelt es sich um einen Zwitter oder Hybriden, der stationär-ambulante Basisversorgung macht und absehbar das Schicksal einiger Kliniken sein wird, die sich als rein stationärer Versorger nicht mehr halten könnten. Denkbar ist allerdings auch die Fortentwicklung eines zunächst nur ambulanten Leistungserbringers zu einem Level-Ii-Krankenhaus durch Erweiterung des Leistungsspektrums.

Fazit

Das Eckpunktepapier bleibt in vielen Teilen hinter dem zurück, was der Gesundheitsminister Lauterbach noch vor wenigen Monaten angekündigt hat. Schnell fällt auf, dass es erstaunlich wenig von dem durchaus wünschenswerten revolutionären Charakter hat, den Karl Lauterbach dem Vorhaben immer wieder zuschreibt. Es orientiert sich in wesentlichen Teilen an der in Nordrhein-Westfalen bereits in der Umsetzung befindlichen Reform.

Spannend wird aber sicherlich die Wirkung der Transparenzoffensive des Ministers. Er möchte künftig die Daten zur Behandlungsqualität in den Kliniken für jedermann veröffentlichen. Insbesondere als Patient könnte auf dieser Grundlage eine bessere Entscheidung getroffen werden, welche Klinik die für einen als Patient beste Versorgung bietet. Möglicherweise ist eine Umsetzung der Krankenhausreform dann bereits obsolet, wenn die Kliniken dadurch an den öffentlichen Pranger gestellt werden und sich somit eine Reduktion der Anzahl der Kliniken faktisch verwirklicht.

In jedem Fall wird in der Gesetzgebungslandschaft noch viel Dynamik aufkommen. Denn zu Beginn des Eckpunktepapiers steht wortwörtlich, dass das Eckpunktepapier noch „unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer zukünftigen finalen Gesamteinigung zwischen Bund und Ländern über die Grundstruktur der Krankenhausreform“ stehe. Zu weniger Verbindlichkeit hätte man das Papier wohl kaum degradieren können. Zudem stimmte Bayern gegen das Eckpunktepapier zur Krankenhaus-Reform und Schleswig-Holstein enthielt sich.

In den kommenden Monaten soll in einer gemeinsamen Bund-Länder-Runde ein konkreter Gesetzesentwurf erarbeitet werden, woran auch Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg mitwirken sollen. Die genaue Fassung der Reform aussehen wird, ist daher noch offen.

Gerne stehen wir für ein vertiefendes Gespräch zur Verfügung. Sprechen Sie uns einfach an!

Unsere neue Webinarreihe | Krankenhausreform 2024: Sprungbrett oder Stolperstein?

Kostenlose Webinarreihe & Webinaraufzeichnungen

zum Überblick
zum Überblick
Call To Action Arrow Image

Newsletter-Anmeldung

Wählen Sie aus unserem Angebot Ihre Interessen aus!

Jetzt abonnieren
Jetzt abonnieren

Related Insights

Life Sciences & Healthcare

Update Krankenhausreform

29. April 2024
Quick read

von Dr. Vanessa Christin Vollmar

Klicken Sie hier für Details
Life Sciences & Healthcare

Update aus Berlin: Keine Beschränkungen für Investoren-MVZ im GVSG

15. April 2024
Quick read

von mehreren Autoren

Klicken Sie hier für Details
Life Sciences & Healthcare

Bubatz legal – Deutscher Bundestag entkriminalisiert Cannabis-Konsum: Was Anbauvereinigungen jetzt wissen müssen.

23. Februar 2024
Briefing

von mehreren Autoren

Klicken Sie hier für Details