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Dr. Sebastian Beyer, LL.M. (Auckland)

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29. Juni 2021

Änderungen in der Corporate Governance börsennotierter Gesellschaften durch das neue Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG)

  • In-depth analysis

Als Reaktion auf die Manipulation der Bilanzen von Kapitalmarktunternehmen und insbesondere die Vorgänge des ehemaligen DAX-30-Mitglieds Wirecard hat der Bundesrat am 28. Mai 2021 dem vom deutschen Bundestag in seiner Sitzung am 20. Mai 2021 angenommenen Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität („FISG“), zugestimmt. Das FISG tritt am 1. Juli 2021 in Kraft und soll das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland wiederherstellen, nachhaltig stärken und seine Reputation verbessern.

Primär setzt das neue Gesetz verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Bilanzkontrolle und der weiteren Regulierung der Abschlussprüfung um. Obwohl im Fokus des FISG insbesondere die Stärkung der Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) und die Stärkung der Unabhängigkeit sowie verschärfte Haftung der Abschlussprüfer stehen, betreffen die Gesetzesänderungen auch die Corporate Governance von Unternehmen von öffentlichem Interesse. Dieser Beitrag beleuchtet wesentliche Eckpunkte der neuen Anforderungen einer FISG-konformen Corporate-Governance.

Neue Regelungen für den Aufsichtsrat

Erfasste Unternehmen

Die neuen Regelungen für den Aufsichtsrat finden Anwendung auf „Unternehmen von öffentlichem Interesse“. Nach dem neu eingeführten § 316a Satz 2 HGB fallen unter diesen Begriff insbesondere kapitalmarktorientierte Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB. Zusätzlich finden die neuen Vorschriften auch auf bestimmte Kreditinstitute (CRR-Kreditinstitute im Sinne von § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG, mit Ausnahme derjenigen Institute, die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KWG und Art. 2 Abs. 5 Nr. 5 der Richtlinie 2013/36/EU genannt sind) und Versicherungsunternehmen (im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674/EWG) Anwendung.

Erhöhung der Anforderungen an die Finanzexpertise des Aufsichtsrats

Mit der Neufassung von § 100 Abs. 5 AktG müssen Aufsichtsräten von Unternehmen von öffentlichem Interesse fortan zwingend

  • mindestens ein Mitglied des Aufsichtsrats mit Sachverstand auf dem Gebiet der Rechnungslegung und
  • mindestens ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrats mit Sachverstand auf dem Gebiet der Abschlussprüfung

angehören. Während bisher gesetzlich erforderlich war, dass nur ein Mitglied des Aufsichtsrats Kenntnisse alternativ in Rechnungslegung „oder“ Abschlussprüfung mitbringt (sog. Finanzexperte), müssen künftig die Sachkenntnisse auf mindestens zwei Aufsichtsratsmitglieder verteilt werden. Damit geht zunächst eine personelle Stärkung der Expertise durch einen zweiten Finanzexperten im Aufsichtsrat einher. Dass im Aufsichtsrat zwingend Sachverstand im Bereich der Rechnungslegung und Abschlussprüfung – also kumulativ – vorhanden sein muss, dürfte indes keine nennenswerten praktischen Änderungen herbeiführen, da diese Expertise bislang ohnehin regelmäßig „im Doppelpack“ – oder eben gar nicht – vorhanden war.

Wie bisher ergibt sich aus der Neufassung von § 100 Abs. 5 AktG nicht, dass künftig (mindestens) ein Vertreter des Berufstands der Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer im Aufsichtsrat vertreten sein muss. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs kann der erforderliche Sachverstand auch über eine entsprechende Weiterbildung erworben werden.

Die vorstehende Änderung findet grundsätzlich bereits ab dem 1. Juli 2021 Anwendung. Sie muss jedoch solange nicht angewandt werden, wie alle Mitglieder des Aufsichtsrats vor dem 1. Juli 2021 bestellt worden sind (§ 12 Abs. 6 EGAktG). Die neue Vorschrift findet somit erst Anwendung auf ab dem 1. Juli 2021 bestellte Aufsichtsratsmitglieder. Da ein Großteil der diesjährigen Hauptversammlungssaison bereits abgelaufen ist, halten sich die Implikationen auf etwaige Aufsichtsratswahlen bzw. die Kandidatenauswahl also in Grenzen.

Wie mit einem Wahlbeschluss umzugehen ist, der gegen das Erfordernis zweier Finanzexperten verstößt, regelt das FISG nicht. Insbesondere besteht keine Regelung, die wie § 96 Abs. 3 Satz 6 AktG die Nichtigkeit der Wahl, die gegen die Geschlechterquote verstößt, vorsieht. Es liegt daher nahe, auf bestehende Grundsätze zurückzugreifen. Zur bisherigen Rechtslage gilt: Wird jemand, der selbst kein Finanzexperte ist, in einen Aufsichtsrat ohne Finanzexperten gewählt (Fälle: (a) Wahlvorschlag enthält keinen Finanzexperten, (b) dem vorgeschlagenen Experten fehlen die ihm zugeschriebenen Eigenschaften, (c) die Hauptversammlung wählt einen anderen als den vorgeschlagenen Experten), ist seine Wahl in keinem Fall nichtig (die ergibt sich aus dem Umkehrschluss aus § 250 Abs. 1 Nr. 4 AktG). Ob die Wahl gesetzeswidrig und damit auch anfechtbar nach § 251 Abs. 1 Satz 1 oder gar § 243 Abs. 1 AktG ist, ist umstritten. Nach der h.L. ist ein solcher Beschluss wohl aber anfechtbar.

Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses

Mit der Neueinführung von § 107 Abs. 4 Satz 1 AktG sind Unternehmen von öffentlichem Interesse verpflichtet, einen Prüfungsausschuss einzurichten. Besteht der Aufsichtsrat nur aus drei Mitgliedern, ist dieser auch der Prüfungsausschuss (§ 107 Abs. 4 Satz 2 AktG). Der Prüfungsausschuss muss die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllen (§ 107 Abs. 4 Satz 3 AktG), ihm müssen also mindestens zwei Finanzexperten (s.o.) angehören.

Nach bisheriger Gesetzeslage stand die Einrichtung eines Prüfungsausschusses im Ermessen des Aufsichtsrats, über die dieser im Rahmen seiner Selbstorganisation entscheiden konnte. Ziffer D.3 des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) empfiehlt die Einrichtung eines solchen Ausschusses. Das Beispiel der Wirecard AG, die dieser Empfehlung einschließlich des letzten Geschäftsjahres vor Stellung des Insolvenzantrags nicht gefolgt ist, zeigt, dass die gesetzliche Vorgabe der Einrichtung eines Prüfungsausschusses grundsätzlich zu begrüßen ist, obgleich natürlich unklar bleiben wird, ob das Aschheimer Unternehmen unter Kontrolle eines Prüfungsausschusses ein anderes Schicksal genommen hätte.  

Die Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses, auch wenn der Aufsichtsrat nur aus drei Mitgliedern besteht, findet erstmals ab dem 1. Januar 2022 Anwendung (§ 26k Abs. 2 EGAktG). Hingegen findet die Verpflichtung zwei Finanzexperten im Prüfungsausschuss zu haben, grundsätzlich bereits ab dem 1. Juli 2021 Anwendung. Hierbei gilt jedoch ebenfalls, dass sie solange nicht angewandt werden muss, wie alle Mitglieder des Prüfungsausschusses vor dem 1. Juli 2021 bestellt worden sind (§ 12 Abs. 6 EGAktG). Die neue Vorschrift findet somit erst Anwendung auf ab dem 1. Juli 2021 bestellte Mitglieder des Prüfungsausschusses.

Neue Aufgaben und Informationsrechte für Mitglieder des Prüfungsausschusses

Wie bisher ist der Prüfungsausschuss mit der Überwachung des Rechnungslegungsprozesses, der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems, des Risikomanagementsystems und des internen Revisionssystems sowie der Abschlussprüfung befasst (vgl. Ziff. D.3 DCGK). Mit der Neueinführung des § 107 Abs. 3 Satz 2 AktG ist der Prüfungsausschuss nicht nur verpflichtet, die Auswahl und die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, sondern auch die Qualität der Abschlussprüfung zu überwachen. Durch die Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses sowie der hinzugekommenen Aufgabe soll frühzeitig potenziellen Pflichtverletzungen durch den Abschlussprüfer entgegengewirkt und mögliche Mängel bei der Abschlussprüfung aufgedeckt werden.

Um seinen Aufgaben gerecht zu werden, räumt die Neufassung von § 107 Abs. 4 Satz 4 AktG jedem Mitglied des Prüfungsausschusses weiterführende Informationsrechte ein. Jedes Mitglied des Prüfungsausschusses ist fortan berechtigt, über den Ausschussvorsitzenden, unmittelbar Auskünfte bei den Leitern derjenigen Zentralbereiche der Gesellschaft, die in der Gesellschaft für die Aufgaben zuständig sind, die den Prüfungsausschuss betreffen, einzuholen. Der Ausschussvorsitzende hat die eingeholte Auskunft allen Mitgliedern des Prüfungsausschusses mitzuteilen, worüber der Vorstand der Gesellschaft unverzüglich zu unterrichten ist. Flankiert wird dies durch das bestehende Einzelrecht nach § 90 Abs. 3 AktG, nach dem auch ein einzelnes Aufsichtsratsmitglied Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat zu bestimmten Themen verlangen kann.

Das Gebot der Überwachung der Qualität der Abschlussprüfung durch den Prüfungsausschuss findet ab dem 1. Juli 2021 Anwendung. Das Auskunftsrecht der Mitglieder des Prüfungsausschusses findet erstmals ab dem 1. Januar 2022 Anwendung (§ 26k Abs. 2 EGAktG).

Einschränkung Teilnahmemöglichkeit des Vorstands an Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse

Mit der Neufassung von § 109 Abs. 1 Satz 3 AktG wird das Rechts des Vorstands an Sitzungen des Aufsichtsrats und seiner Ausschüsse teilzunehmen insoweit eingeschränkt, dass wenn der Abschlussprüfer als Sachverständiger hinzugezogen wird, der Vorstand an dieser Sitzung nicht teilnimmt, es sei denn, dass der Aufsichtsrat oder der Ausschuss seine Teilnahme für erforderlich erachtet. Dies ermöglicht es dem Aufsichtsrat sich ohne die Anwesenheit des Vorstands der Gesellschaft – und damit wohl nach Einschätzung des Gesetzgebers in offenerer Atmosphäre – mit dem Abschlussprüfer auszutauschen.

Diese Neuregelung findet erstmals ab dem 1. Juli 2021 Anwendung.

Neue Regelungen für Vorstandsmitglieder

Adressat der neuen Regelungen

Die neuen Regelungen finden grundsätzlich nur Anwendung auf Vorstandsmitglieder von börsennotierten Aktiengesellschaften.

Pflicht zur Einrichtung eines internen Kontroll- und Risikomanagementsystems

Nach bisheriger Rechtslage ist der Vorstand gemäß § 91 Abs. 2 AktG zur Einrichtung eines Risikofrüherkennungs- und Überwachungssystems für bestandsgefährdende Risiken verpflichtet. Mit der Neuregelung von § 91 Abs. 3 AktG ist der Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft fortan zusätzlich verpflichtet, ein angemessenes und wirksames Internes Kontrollsystem und Risikomanagementsystem einzurichten. Die Angemessenheit richtet sich hierbei nach dem Umfang der Geschäftstätigkeit und der Risikolage des Unternehmens.

Auch wenn es sich nach der Gesetzesbegründung um eine neue gesetzliche Pflicht handelt, ist - vor dem Hintergrund der sich aus § 93 Absatz 1 Satz 1 AktG ergebenden Organisationspflichten der Vorstandsmitglieder – bereits nach geltendem Recht davon auszugehen, dass diese Pflichten insbesondere bei kapitalmarktorientierten Gesellschaften im Regelfall die Einrichtung von Kontroll- und Risikomanagementsystemen verlangen. Auch der DCGK spricht in seinem vierten Grundsatz davon, dass es für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Risiken der Geschäftstätigkeit eines geeigneten und wirksamen internen Kontroll- und Risikomanagementsystems bedarf. Die gesetzliche Festlegung der Pflicht zur Einrichtung der beiden Systeme soll deren Bedeutung für börsennotierte Unternehmen unterstreichen.

Diese Neuregelung führt jedoch zu keiner Veränderung der Rechtslage bei nichtbörsennotierten Unternehmen, da die Pflicht zur Einrichtung entsprechender Systeme aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht nach § 93 Abs. 1 AktG folgt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Entscheidung, Risikomanagement- oder interne Kontrollsysteme einzuführen oder auch davon abzusehen, bei diesen Gesellschaften weiterhin im Leitungsermessen des Vorstands stehen. Dieses Leitungsermessen wird für börsennotierte Unternehmen hingegen insoweit eingeschränkt, dass hier im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit und die Risikolage des Unternehmens angemessene und wirksame interne Kontrollsysteme und Risikomanagementsysteme verpflichtend werden sollen; einzig die Frage der konkreten Ausgestaltung angemessener und wirksamer interner Kontrollsysteme und Risikomanagementsysteme im Hinblick auf den Umfang der Geschäftstätigkeit und die Risikolage des Unternehmens steht im Leitungsermessen des Vorstandes börsennotierter Unternehmen. In der Praxis dürfte die Einrichtung solcher Systeme ohnehin bereits üblich sein.

Soweit es – was bei börsennotierten Unternehmen eher der Ausnahmefall sein sollte – bisher an einer entsprechenden Organisation fehlt, ist zu beachten, dass das betroffene börsennotierte Unternehmen bereits ab dem 1. Juli 2021 ein entsprechendes System vorweisen muss.

Verschärfung der Strafvorschriften für einen unrichtigen Bilanzeid

Durch den neu eingeführten § 331a HGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe gedroht, wenn der Rechnungslegung beizufügende Bilanz- oder Lageberichtseid nach § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB und § 289 Abs. 1 Satz 5 HGB oder die Konzernentsprechungen unrichtig abgegeben werden, wobei bei Leichtfertigkeit eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe droht.

Die Vorschrift findet Anwendung auf die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft, die Inlandsemittent i.S.d. § 2 Abs. 14 WpHG ist und nicht von den Erleichterungen nach § 327a HGB profitiert. Sie findet also Anwendung auf Unternehmen, deren Wertpapiere nur im Inland zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind und es sich bei den Wertpapieren nicht um Schuldtitel mit einer Mindeststückelung von EUR 100.000 handelt.

Diese Neuregelung findet erstmals ab dem 1. Juli 2021 Anwendung.

Praxishinweis

Mit dem FISG hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von Änderungen zur Stärkung des deutschen Kapitalmarkts und der Corporate Governance eingeführt. Die den Aufsichtsrat betreffenden Neuerungen sollten bei größeren börsennotierten Gesellschaften eher wenig Anpassungsbedarf hervorrufen. Kleinere Unternehmen, bei denen der Aufsichtsrat, etwa wegen der geringen Mitgliederzahl, bislang auf die Einrichtung eines Prüfungsausschusses verzichtet hat, stehen ggf. größeren Veränderungen gegenüber. Dass nunmehr ein dreiköpfiger Aufsichtsrat zugleich einen „Ausschuss“ bilden soll, wirkt merkwürdig. Bei einem vierköpfigen Aufsichtsrat verspricht sich der Gesetzgeber wohl durch den etwaigen „Ausschluss“ eines Mitglieds eine Qualitätssteigerung der Prüfung der Rechnungslegung und anderer verwandter Themen. Hinzu kommt, dass bei der Auswahl geeigneter Kandidaten nun ein erhöhter Fokus auf die Fachexpertise gelegt werden muss, um dem Erfordernis zweier Finanzexperten gerecht zu werden. Es bleibt abzuwarten, ob kleinere Unternehmen ihren Aktionären die Vergrößerung des Gremiums vorschlagen, um auch künftig etwa Branchen- oder Rechtsexperten angemessen vertreten oder die Aktionärsstruktur hinreichend reflektiert zu wissen. Hinzu kommen ggf. weitere Kriterien wie das Erreichen einer Geschlechterquote oder der Umsetzung eines möglichen Kompetenzprofils (Ziff. C.1 DCGK).

Die Änderungen betreffend den Vorstand sind – wie der Gesetzgeber in der Begründung selbst klarstellt – eher kosmetischer Natur. Das vollständige Fehlen eines Risikomanagementsystems dürfte ohnehin bereits kaum pflichtmäßig gewesen sein.

Verwunderlich ist insoweit, dass der Gesetzgeber in seiner Begründung die Entscheidung, Risikomanagement- oder interne Kontrollsysteme einzuführen oder auch davon abzusehen dem Leitungsermessen des Vorstands einräumt, während er an anderer Stelle darauf hinweist, dass die Pflicht zur Einrichtung entsprechender Systeme weiterhin aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht nach § 93 Abs. 1 AktG folgt. Diese Begründung dürfte für die betroffenen Gesellschaften in der Praxis Fragen aufwerfen. Eine weiterführende Klarstellung des Gesetzgebers, auch für nicht börsennotierte Gesellschaften, wäre insoweit wünschenswert, zumal den verantwortlichen Vorständen bei Fehlen eines ausreichenden Risikomanagementsystems neben möglichen zivilrechtlichen Konsequenzen, wie der Inanspruchnahme auf Schadenersatz oder der Auflösung des Anstellungsverhältnisses, gar eine etwaige strafrechtliche Verurteilung drohen kann.

Erwähnenswert sind schließlich die teilweise recht kurzfristigen Umsetzungsfristen. Während die Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss betreffenden Neuerungen eine Regelung zum Schutz bestehender Strukturen (Grandfathering) vorsehen, dürften etwaige Mängel der internen Kontrollsysteme betreffende Unternehmen vor Herausforderungen, zumindest aber vor erhöhten Evaluierungsbedarf, stellen.

Die neuen Bestimmungen stehen in der recht jungen Tradition der „Wirecard-Gesetzgebung“ (siehe etwa auch hier), dürften allerdings nur einen weiteren Schritt zur Verhinderung weiterer Unternehmensskandale darstellen. Inwieweit die Bestimmungen dem erheblichen Maß an krimineller Energie, das in diesem Zusammenhang regelmäßig zu verzeichnen ist, einen effektiven Riegel vorschieben können, kann sicher unterschiedlich gesehen werden. Durch die personelle Stärkung von Finanzexperten und damit ggf. der Schaffung eines „Gegengewichts“ in Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss kann die Qualität der Aufsichtsratsarbeit in diesem wichtigen Bereich aber durchaus eine Steigerung erfahren.

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