9. März 2021
Newsletter Marke-Design-Wettbewerb März 2021 – 4 von 4 Insights
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in dieser Entscheidung erstmalig mit den in der Grundsatzentscheidung DOCERAM des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 08.03.2018 – C-395/16, GRUR 2018, 612 Rn. 32 – DOCERAM) aufgestellten Anforderungen an die Schutzfähigkeit von technisch geprägten Gemeinschaftsgeschmacksmustern beschäftigt. Die hiesigen Parteien vertreiben jeweils Verpackungspapier mit dazu passenden Papierspendern an Logistikzentren. Für den streitgegenständlichen Papierspender hielt die Klägerin sowohl ein Patent als auch ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster:
Auf Grundlage des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ging die Klägerin gegen die Beklagte vor, die ein aus Sicht der Klägerin das Muster verletzendes Erzeugnis verwendete. Das Landgericht Düsseldorf verurteilte die Beklagte antragsgemäß aufgrund Geschmacksmusterverletzung und wies die Widerklage der Beklagten auf Nichtigerklärung des Klagemusters ab. Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab auf die Berufung der Beklagten hin dem Nichtigkeitsantrag gegen das Klagemuster statt. Das OLG begründete diese Entscheidung mit den Vorgaben des EuGHs aus der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung in Sachen DOCERAM. In dieser Entscheidung hat sich der EuGH mit Art. 8 Abs. 1 Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) befasst, der Geschmackmusterschutz für Erscheinungsmerkmale ausschließt, die ausschließlich durch ihre technische Funktion bedingt sind. Der EuGH hatte entschieden, dass für die Beurteilung, ob dieser Schutzausschließungsgrund vorliegt, nicht (mehr) allein darauf abzustellen sei, ob es auch andere Geschmacksmuster gibt, mit denen sich die gleiche technische Funktion erfüllen lässt. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob die technische Funktion bestimmter Erzeugnisteile die einzige diese Merkmale bestimmende Funktion ist oder ob auch weitere Erwägungen (insbesondere visuelle) bei der Gestaltung eine Rolle gespielt haben. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sah das OLG im vorliegenden Falle die bloße Existenz eines Patents für das Erzeugnis als hinreichenden Nachweis dafür an, dass die Einzelelemente rein technisch bedingt seien und somit das Geschmacksmuster gemäß Art. 8 Abs. 1 GGV nichtig sei. Der BGH hob diese Entscheidung auf und verwies die Sache zurück an das OLG. Nach Auffassung des BGH ist eine pauschale Orientierung an der Existenz eines parallelen technischen Schutzrechts nicht ausreichend. Auch wenn dies ein gewisses Indiz für die Schutzunfähigkeit sein könne, müssten bei der Gesamtbewertung auch weitere Umstände geprüft werden. Hierzu zählen insbesondere auch (nach wie vor) das Bestehen alternativer Geschmacksmuster (also Designalternativen, bei denen dieselbe technische Funktion durch unterschiedliche ästhetische Gestaltungsmöglichkeiten erzielt werden kann). Gleiches gilt auch für Produkte von Mitbewerbern.
9. March 2021
9. March 2021