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5. März 2021

Kartellschadensersatz wegen der Aluminiumschmieden- und Stahlschmiedenkartelle

  • Briefing
Das Bundeskartellamt hat im Dezember 2020 Bußgelder in Höhe von rund 175 Mio. Euro gegen fünf Aluminiumschmiedeunternehmen wegen kartellrechtswidriger Vereinbarungen verhängt. Zudem wurden im Februar 2021 rund 35 Mio. Euro Bußgeld gegen drei Stahlschmiedeunternehmen wegen verbotener Kartellabsprachen verhängt. Im Kern hatten die jeweiligen Kartellabsprachen zum Ziel, steigende Kosten an die Kunden der Schmieden weiterzugeben. Für die unmittelbaren und mittelbaren Abnehmer von Schmiedeerzeugnissen aus Aluminium und Stahl (z. B. Hersteller und Zulieferer aus der Automobilindustrie und dem Motorradbereich und Unternehmen aus der Luftfahrt, der Maschinen- und Medizintechnik) stellt sich die Frage, ob ihnen Ansprüche auf Schadensersatz zustehen und ob sich eine (ggf. gerichtliche) Geltendmachung lohnt.

Im Folgenden fassen wir die wichtigsten bisher bekannten Fakten zu den Absprachen zusammen und geben Antwort auf einige zentrale Fragen für potentiell Betroffene.

Das Aluminiumschmiedenkartell

Das Bundeskartellamt hat Bußgelder gegen die folgenden Unternehmen verhängt: Otto Fuchs Beteiligungen KG (bis 30.11.2020: „Otto Fuchs – Kommanditgesellschaft, Meinerzhagen), Leiber Group GmbH & Co. KG (Emmingen-Liptingen), Strojmetal Aluminium Forging GmbH (Singen Hohentwiel), Presswerk Krefeld GmbH & Co. KG (Krefeld) und Bharat Forge Aluminiumtechnik GmbH (Brand-Erbisdorf). Ebenfalls beteiligt an den Absprachen war die Hirschvogel Aluminium GmbH (Gerstungen), welche durch einen Bonusantrag die Ermittlungen ins Rollen gebracht hatte und aufgrund der Bonusregelung kein Bußgeld zahlen muss.

Nach dem Fallbericht des Bundeskartellamtes ging es bei der Kartellabsprache um die Weiterwälzung steigender Kosten auf die Kunden der Schmieden. Die Absprachen beinhalteten einen Austausch über individuelle Kosten im Einkauf und Kostensteigerungen für Aluminium, Energie sowie die Umarbeitung des Aluminiums in ein geeignetes Schmiedevormaterial. Zudem tauschten sich die Kartellanten darüber aus, wie Kostensteigerungen an die Kunden weitergegeben werden können und welche „Erfolge“ dabei erzielt würden. Ebenso waren Kunden-Rabatte Inhalt der Absprachen. Das Kartell bestand zwischen April 2006 und April 2018. Die Leiber Group GmbH & Co. KG beteiligte sich ab 2007, die Otto Fuchs Beteiligungen KG ab 2010 und die Strojmetal Aluminium Forging GmbH ab 2011 an den Absprachen.

Das Stahlschmiedenkartell

Zudem hat das Bundeskartellamt Bußgelder gegen CDP Bharat Forge GmbH (jetzt: Bharat Forge Global Holding GmbH) und Bharat Forge CDP GmbH (beide Ennepetal) sowie Johann Hay GmbH & Co. KG Automobiltechnik (jetzt: Musashi Bockenau GmbH & Co. KG, Bad Sobernheim) verhängt. Ebenfalls an den Absprachen war die Hirschvogel Umformtechnik GmbH (Denklingen) beteiligt, gegen die aufgrund ihres Bonusantrags kein Bußgeld verhängt wurde.
Das Ziel der Kartellabsprachen sei laut Bundeskartellamt wiederum die möglichst vollständige Weiterwälzung von Kostensteigerung an die Kunden der Schmieden gewesen, ohne befürchten zu müssen, von der Konkurrenz unterboten zu werden. Die Absprachen hatten die Kostensituation der Kartellanten, die Preisgestaltung sowie die konkrete Verhandlung mit der Lieferanten- und Kundenseite zum Inhalt. Das Kartell bestand zwischen Oktober 2002 und Dezember 2016.

Geltendmachung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche

Zu den Geschädigten der Aluminiumschmieden- und Stahlschmiedenkartelle zählen allen voran Hersteller und Zulieferer aus der Automobilindustrie sowie dem Motorradbereich. Ebenso dürften Kunden z. B. aus den Branchen Luftfahrt, Maschinen- und Medizintechnik geschädigt sein. Direkte und indirekte Abnehmer der Kartellanten, die im Zeitraum zwischen April 2006 und April 2018 (Aluminiumschmiedenkartell) bzw. Oktober 2002 bis Dezember 2016 (Stahlschmiedenkartell) kartellierte Produkte bezogen haben, können wegen kartellbedingter Preisüberhöhungen Schadensersatz verlangen. Denkbar ist auch, dass Wettbewerber der Kartellanten, die nicht an dem Kartell beteiligt waren, ihre Preise sozusagen im Windschatten des Kartells angehoben haben. Auch diese sog. Preisschirmschäden sind von den Kartellanten zu ersetzen. Bei Kartellen, die sich wie vorliegend über einen langen Zeitraum erstrecken, besteht zudem ein erheblicher Zinsschaden, der zusätzlich geltend gemacht werden kann.
Geschädigte Unternehmen müssen den Verstoß der Kartellanten gegen das Kartellrecht nicht beweisen. Vielmehr sind die Gerichte an den Bußgeldbescheid des Bundeskartellamtes gebunden.

Weiteres Vorgehen

Aufbewahren von Vertragsunterlagen, Rechnungen und Zahlungsnachweisen

Unternehmen, die möglicherweise von den Kartellen geschädigt sind, sollten Unterlagen, mit denen sie den (mittelbaren) Bezug von Schmiedeerzeugnissen aus Aluminium und Stahl nachweisen können (Vertragsunterlagen, Rechnungen, Zahlungsnachweise usw.) nicht vernichten (etwa wegen des Ablaufs handels- oder steuerrechtlicher Aufbewahrungspflichten). Diese Dokumente sind erforderlich, um in einem möglichen Schadensersatzprozess nachweisen zu können, dass und in welchem Umfang die kartellierten Produkte bezogen wurden.

Informationsbeschaffung

Die bislang vorliegenden Informationen, die sich aus den Fallberichten des Bundeskartellamts zum Aluminiumschmiedenkartell sowie zum Stahlschmiedenkartell ergeben, liefern erste Anhaltspunkte für eine Betroffenheit durch die Kartelle. Spätestens für die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wird es aber erforderlich sein, dass der Geschädigte Einsicht in den Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts erhält. Dieser kann im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens direkt von dem jeweiligen Kartellanten herausverlangt werden.

Die Kartellrechtspraxis von Taylor Wessing berät regelmäßig Mandanten in Kartellschadensersatzprozessen. Fragen zu potenziellen Ansprüchen wegen der Aluminium- und Stahlschmiedenkartelle beantworten Ihnen gerne unsere Kartellrechtsexperten.
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