Autor

Michael Kreuzer

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9. Februar 2024

Newsletter Marke Design Wettbewerb Februar 24 – 4 von 6 Insights

OLG Hamburg: Wer mit „Bekannt aus…“ wirbt, benötigt eine Fundstelle

  • Briefing

„Bekannt aus Funk & Fernsehen“ - Sie begegnet einem häufig, die Werbung für ein Produkt oder ein Unternehmen mit seiner (angeblichen) medialen Bekanntheit. Zahlreiche Unternehmen versprechen sich einen besseren Absatz ihrer Waren oder Dienstleistungen, indem sie diese mit der Angabe „Bekannt aus…“ unter Nennung von (Print-)Medien bewerben.

Häufig sind die Angaben, die der (angeblichen) Bekanntheit aus diesen Medien zugrunde liegen, allerdings sehr vage: So nennen die werbenden Unternehmen etwa nur ganz allgemein das Medium, ohne dabei die konkrete Fundstelle zu benennen, die die behauptete Bekanntheit belegt.

Dem schiebt das OLG Hamburg in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 21. September 2023 – 15 U 108/22) nun einen Riegel vor und macht konkrete Vorgaben für die Zulässigkeit dieser Art der Werbung.


Was ist geschehen?

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall warb ein Unternehmen, das Immobilienverkäufer an Immobilienmakler vermittelt, auf seiner Internetseite mit der Angabe „Bekannt aus: Die Welt, ONLINE FOCUS, Frankfurter Allgemeine, N24, Der Tagesspiegel“. Konkrete Fundstellen für die jeweiligen Medien, aus denen sich die Berichterstattung ergab, führte das Unternehmen hingegen nicht an. Zudem warb das Unternehmen mit einer für seine Vermittlungsdienstleistungen durchschnittlichen, durch seine Kunden vergebenen Sternebewertungsanzahl. Nähere Angaben

(i) zur Gesamtzahl der Kundenbewertungen,
(ii) zum Zeitraum der berücksichtigten Kundenbewertungen, sowie
(iii) zur Aufschlüsselung der Kundenbewertung zu den einzelnen Sterneklassen

fehlten.

Ein Wettbewerbsverband klagte auf Unterlassung der Werbung wegen Irreführung durch Vorenthalten von wesentlichen Informationen (§§ 5a, 5b UWG). Erstinstanzlich bejahte das Landgericht Hamburg (Urteil vom 16. September 2022 – 315 O 160/21) einen Unterlassungsanspruch für die unter (i) und (ii) genannten Angaben, im Übrigen wie es die Klage zurück. Auf die von dem Wettbewerbsverband eingelegte Berufung hin änderte das OLG Hamburg das Urteil teilweise ab und bejahte den Unterlassungsanspruch auch bezüglich der fehlenden Fundstellen für die Werbeangaben „Bekannt aus…“, wies die Klage im Hinblick auf die unter (iii) beanstandeten Angaben allerdings ab.


Angaben der Fundstellen sind eine wesentliche Information

Nach Auffassung des OLG Hamburg liegt eine Irreführung durch Vorenthalten von wesentlichen Informationen im Hinblick auf die fehlenden Fundstellenangaben im Sinne des § 5a Abs. 1 UWG vor. Danach handelt unlauter, wer einen Verbraucher irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält, die er nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Das Vorenthalten muss zudem dazu geeignet sein, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Lehrbuchartig führt das OLG Hamburg unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des BGH zur Wesentlichkeit von Informationen (vgl. insbesondere BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 – I ZR 26/15 – „LGA tested“) auf, welche Kriterien und Maßstäbe im streitgegenständlichen Fall die „Wesentlichkeit“ der fehlenden Fundstellen rechtfertigen. Insbesondere sei ausschlaggebend, ob der Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt, wobei sich dies nach dem Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers beurteilt.


Angesprochener Verkehr erwartet positive oder neutrale Berichterstattung

Das OLG Hamburg macht – und das macht die Entscheidung so interessant - zudem konkrete Vorgaben im Hinblick auf die Erwartung des angesprochenen Verkehrskreises für die Angabe „Bekannt aus: …“. So rechne der angesprochene Verkehr bei dieser Angabe mit einer Bezugnahme auf eine positive, jedenfalls aber neutrale Berichterstattung. Bereits der neutrale Bericht eines anerkannten Presserzeugnisses spreche – im konkreten Fall – für eine gewisse Bedeutung der Dienstleistung und könne daher aus Sicht potentieller Kunden ausreichende Motivation sein, das entsprechende Medium zu benennen. Eine negative Berichterstattung oder gar eine Bezugnahme auf eine bezahlte Werbeanzeige erwarte der Verkehr hingegen nicht.


Verkehr erwartet jeweils mindestens eine Fundstelle

Weiter führt das OLG Hamburg aus, der Verkehr erwarte für die genannten Medien jeweils mindestens eine Fundstelle zu der entsprechenden Berichterstattung. Der Verkehr habe nämlich ein erhebliches Interesse, nachvollziehen zu können, aus welchem Anlass, in welcher Weise und auch wann das entsprechende Medium über die Beklagte berichtet hat. Nur so könne der Verbraucher die Werbeaussagen erst sinnhaft einordnen, anderenfalls bliebe die erwähnte Angabe „letztlich absolut vage“. Erst aus der Fundstellenangabe könne sich die konkrete Aussagekraft der Werbeangabe für den Verbraucher überhaupt ergeben. Im Übrigen sei die zusätzliche Angabe jeweils einer Fundstelle dem Unternehmen auch zumutbar. Der zeitliche und ggfs. kostenmäßige Mehraufwand sei äußerst überschaubar, denn dem Unternehmen müsse die jeweilige Berichterstattung bereits bei Bezugnahme vorliegen.


Aufschlüsselung der Kundenbewertung zu einzelnen Sterneklassen nicht erforderlich

Eine Absage erteilte das OLG der Argumentation des klagenden Wettbewerbsverbands, der eine Aufschlüsselung der Kundenbewertungen zu den einzelnen Sterneklassen für erforderlich hielt. Zwar sei eine solche Aufschlüsselung der einzelnen Bewertungen für den Verbraucher eine nützliche Information. Im Gegensatz zu den Fundstellenangaben für die Angabe „Bekannt aus…“ sei diese Information allerdings nicht wesentlich. Der Verbraucher könne bereits anhand der Durchschnitts- und Maximalsterneanzahl, der Gesamtzahl und des Zeitraums die zugrundeliegenden Bewertungen abschätzen und Rückschlüsse zur Aussagekraft der angegebenen Durchschnittszahl ziehen.


Praxishinweis

Das OLG Hamburg gibt mit dieser Entscheidung wichtige Rahmenbedingungen für die Werbung mit „Bekannt aus…“ vor. Unternehmen sollten bei entsprechender Werbung in jedem Fall jeweils eine Fundstelle für jedes benannte Medium angeben. Dies kann etwa durch Setzen eines Hyperlinks zur Fundstelle im jeweiligen Medium erfolgen. Überdies sollten Unternehmen auch darauf achten, dass die verlinkten Fundstellen nicht etwa auf bezahlte Werbung zurückzuführen sind. Wir empfehlen, die jeweilige Berichterstattung weiter auch dahingehend zu überprüfen, ob es sich um eine zumindest „neutrale“ Berichterstattung handelt. Auf eine „negative“ Berichterstattung sollte nicht verwiesen werden.

Auch der BGH hat nun Gelegenheit erhalten, sich zu diesen Fragen zu äußern, da das OLG Hamburg die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls zugelassen hat. Das Verfahren wird beim BGH unter dem Az. I ZR 143/23 geführt. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

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