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7. Juni 2023

Newsletter Marke Design Wettbewerb Juni 2023

Alles in Butter?! – BGH zum lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz für Produktverpackungen (KERRYGOLD)

  • Briefing

Der BGH hat sich in einem vor kurzem ergangenen Urteil erneut zur Frage geäußert, ob der lauterkeitsrechtliche Schutz vor Nachahmungen auch für Produktverpackungen gilt bzw. ob und unter welchen Voraussetzungen einem verpackten Produkt eine wettbewerbliche Eigenart zukommen kann (Urteil vom 26. Januar 2023, I ZR 15/22 – KERRYGOLD).

Grundsätzlich sind Mitbewerber vor Nachahmungen lauterkeitsrechtlich durch § 4 Nr. 3 UWG geschützt. Danach handelt unlauter, wer „Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers“ darstellen und dadurch „eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer hinsichtlich der betrieblichen Herkunft“ hervorrufen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist Anknüpfungspunkt die angebotene „Ware“ oder „Dienstleistung“, also das dahintersteckende Produkt selbst. Doch wie ist der Fall zu beurteilen, wenn

  • erst bzw. nur die Verpackung bzw. die Verpackungseigenart Auskunft über die betriebliche Herkunft gibt, und außerdem
  • die Produktverpackung einschließlich der darauf befindlichen Details zugleich (deutliche) Hinweise liefern, dass es sich um einen anderen Hersteller handelt?

Zum Hintergrund der Entscheidung

Die Klägerin vertreibt schon seit 1973 in Deutschland unter der Marke „KERRYGOLD“ u.a. Butter, Mischstreichfette und andere Milcherzeugnisse. Auch die Beklagte vertreibt in Deutschland Butterprodukte, diese unter der Marke „Dairygold“. Nach Meinung der Klägerin stellten die Dairygold-Verpackungen wettbewerbswidrige Nachahmungen der von ihr selbst angebotenen Produkte dar.

Sie nahm die Beklagte daher vor dem Landgericht Köln u.a. auf Unterlassung und Auskunft sowie Rechnungslegung in Anspruch. Das LG Köln gab der Klage erstinstanzlich statt (Urteil vom 20. Januar 2021, 84 O 252/19). Das OLG Köln schloss sich dieser Beurteilung an und wies die Berufung der Beklagten zurück (Urteil vom 10. Januar 2022, 6 U 20/21). Auf die Revision der Beklagten musste sich nun der BGH mit den streitgegenständlichen Produktverpackungen und einer etwaigen unlauteren Nachahmung derselben auseinandersetzen.

Dabei ging es um die folgenden Produktaufmachungen von Butter bzw. Butterprodukten:

Optisch ähneln sich die Verpackungen insbesondere durch einen goldenen bzw. silbernen Grundton, abgebildete grasende Kühe auf einer grünen Weide, einem See im Hintergrund und einem runden goldenen Siegel jeweils in der unteren rechten Ecke der Verpackung. Die Beklagte kennzeichnet ihre Dairygold-Produkte zudem mit dem Hinweis „From County Kerry“.

Wettbewerbsrechtlich gilt, dass das Anbieten und Vermarkten eines Produkts als Nachahmung im Sinne des § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein kann, wenn das (nachgeahmte) Produkt (i) eine wettbewerbliche Eigenart aufweist und (ii) besondere Umstände wie z.B. eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft (lit. a) oder eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produkts (lit. b) hinzutreten. Dabei besteht stets eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen.

Verpackungsaufmachung kann wettbewerbliche Eigenart zukommen

Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine „wettbewerbliche Eigenart“ immer dann vor, wenn die konkrete Ausgestaltung des Produkts oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 4. Mai 2016, I ZR 58/14 - Segmentstruktur). Dabei reicht es bereits aus, wenn der Verkehr auf Grund der Ausgestaltung oder der Merkmale des Produkts annimmt, es stamme von einem bestimmten Hersteller. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Verkehr den Hersteller namentlich kennt.

Der BGH bestätigt in dem aktuellen Urteil noch einmal, dass verpackte Produkte Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutze sein können:

„Einem verpackten Produkt kann wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn die konkrete Gestaltung oder bestimmte Merkmale der Verpackung des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten der darin verpackten Ware hinzuweisen.“ (Rn. 34)

 

Nachschaffende Nachahmung angenommen

Der BGH ist wie die Vorinstanzen der Meinung, dass die Produktverpackungen der Beklagten eine nachschaffende Nachahmung darstellten. Dies ergebe sich insbesondere aus dem sehr ähnlich klingenden Markennamen „Dairygold“, über dem – wie bei der Verpackung der Kerrygold-Produkte – ein bogenartiger Schriftzug aufgedruckt sei. Ebenso wie bei der Produktverpackung der Klägerin finde sich zudem in der unteren rechten Hälfte ein goldenes Siegel. Damit übernehme Dairygold gerade jene Gestaltungsmerkmale, die die wettbewerbliche Eigenart der Verpackung von Kerrygold begründeten. Hierzu führt der BGH aus, dass die Annahme einer Nachahmung auch bei unterschiedlichen Produkt- oder Herstellerbezeichnungen nicht stets ausgeschlossen sei, nur weil nicht alle wesentlichen Gestaltungsmerkmale des Originals identisch übernommen werden.

Weitere tatrichterliche Feststellungen zur Herkunftstäuschung erforderlich

Nach Ansicht des BGH fehle es allerdings an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen zur Frage, ob eine unmittelbare oder mittelbare Herkunftstäuschung der nachschaffenden Produkte vorliegt. Bei der unmittelbaren Herkunftstäuschung hält der interessierte Verkehr die Produkte für Produkte gleicher Herkunft, also für weitere Produkte des Herstellers des nachgeahmten Produkts. Bei der mittelbaren Herkunftstäuschung geht der Verkehr hingegen von einer Zweitmarke oder einer lizenzrechtlichen Verbindung aus. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, müssen alle Umstände des Einzelfalls in den Blick genommen, insbesondere berücksichtigt werden, welche Produkt- und Herkunftsbezeichnungen die Nachahmung verwendet und in welcher Weise dies geschieht.

Nach Auffassung des BGH sei die Herkunftstäuschung durch die wesentliche Übernahme von Gestaltungsmerkmalen trotz unterschiedlicher Herkunftsangaben zumindest nicht ausgeschlossen. Eine mittelbare Herkunftstäuschung sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, wenn die Gefahr bestünde, dass der Verkehr annehme, es handele sich bei den Dairygold-Produkten um eine neue Produktreihe oder eine Zweitmarke (z.B. eine „Discountermarke“) der von der Klägerin vertriebenen Kerrygold-Produkte. Hierzu seien allerdings weitere tatrichterliche Feststellungen erforderlich. Der BGH hat das Verfahren daher an das OLG Köln zurückverwiesen.

Verfahrensrechtlicher Aspekt: Aktivlegitimation nicht substantiiert vorgetragen

Ein interessanter verfahrensrechtlicher Aspekt des Verfahrens betrifft die (behauptete) Aktivlegitimation der Klägerin. Der BGH hat das Urteil nämlich auch wegen fehlerhafter Feststellung dieser Aktivlegitimation durch das OLG aufgehoben. Die Klägerin hatte hierzu (nur) vorgetragen, sie sei die deutsche Vertriebsgesellschaft der irischen O. C. Ltd., die die streitgegenständlichen Produkte u.a. in Deutschland unter der Marke „KERRYGOLD“ in den Verkehr bringe, wobei sie als 100%ige Tochter der Originalherstellerin ausschließlich Vertriebsberechtigte sei. Diesen Vortrag hatte die Beklagte lediglich einfach bestritten, was nach Auffassung des OLG nicht ausreichte und deshalb unberücksichtigt geblieben war. Der BGH ist nun der Ansicht, dass diese Nichtberücksichtigung des einfachen Bestreitens der Beklagten einen Verfahrensfehler darstelle: Die Beklagte sei vielmehr berechtigt, die Aktivlegitimation gemäß § 138 Abs. 2 ZPO einfach zu bestreiten, wodurch die Klägerin – nach richterlichem Hinweis gemäß § 139 ZPO – hierzu substantiiert hätte vortragen müssen. Ein Hinweis der Vorinstanzen sowie ein dahingehender substantiierter Vortrag der Klägerin waren allerdings ausgeblieben. Auch damit muss sich das OLG Köln nun erneut auseinandersetzen.

Praxishinweis

In der Praxis gilt daher: Einer Verpackungsaufmachung kann grundsätzlich wettbewerbliche Eigenart zukommen. Für diese gilt bei stark ähnelnden Verpackungsaufmachungen der Nachahmungsschutz des UWG, sodass trotz deutlich unterschiedlicher Herstellerangaben eine sog. mittelbare Herkunftstäuschung vorliegen kann - mit der Folge, dass die nachahmende Verpackung ggf. nicht mehr verwendet werden darf. Bei der Gestaltung von Produktverpackungen sollte man dies von vornherein berücksichtigen und sich nicht allein auf eine abweichende Herstellerangabe verlassen, sondern auch bei den Gestaltungsmerkmalen einen ausreichenden Abstand zu den Produkten anderer Hersteller wahren.

Nationale Vertriebsgesellschaften sollten zudem stets darauf achten, dass auch dem einfachen – und in der Praxis nicht unüblichen – Bestreiten ihrer Aktivlegitimation durch entsprechende Nachweise entschieden und ausreichend substantiiert begegnet wird.

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