Autor

Dr. Theresa Ntinas

Senior Associate

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9. Februar 2024

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Auf der Suche nach dem (wahren) Glück – BGH zum Nachahmungsschutz

  • Briefing

Mitunter lassen sich aus Gerichtsurteilen schöne Überschriften machen – so wie in dem Fall, der im vergangenen Dezember in Karlsruhe verhandelt wurde. Fast emotional wurde es dort, als sich der BGH mit der Frage auseinandersetzte, ob das wahre Glück die Liebe ist.

Bitte was? Worum geht es?

Konkret ging es um die Frage der Nachahmung eines Marmeladenglases: Die Parteien stellen jeweils süße Brotaufstriche her. Die Klägerin vertreibt seit 2017 eine Konfitüre in einem tiegelförmigen Glas, dessen Vorderseite ein reduziert gestalteter, an Handschrift erinnernder Aufdruck „Glück“ in weißer Schrift ziert. Im Herbst 2019 brachte die Beklagte einen Honig auf den Markt – ebenfalls in einem tiegelförmigen Glas, auf dessen Vorderseite ebenfalls in weißer (Hand-)Schrift die Bezeichnung „LieBee“ abgebildet war.

 

Die Klägerin sah darin eine unlautere Nachahmung ihrer „Glück“-Konfitüregläser und klagte auf Unterlassung, Rückruf, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie Auskunft.

Und nun? BGH: Keine Prägung der Eigenart durch „Emotionsschlagwort“

Die Entscheidung des BGH (Urteil v. 7. Dezember 2023, I ZR 126/22) dürfte gemischte (Glücks-)Gefühle bei den Beteiligten ausgelöst haben. Während die Vorinstanzen, das LG und das OLG Hamburg, in dem Honigglas eine unlautere Nachahmung sahen, betrachtet der BGH die Angelegenheit differenzierter.

Im Kern geht es um die Frage, ob die „Glücks“-Konfitüregläser eine sog. „wettbewerbliche Eigenart“ besitzen, die Voraussetzung ist für einen Nachahmungsschutz nach § 4 Nr. 3 UWG. Hiervon waren die Vorinstanzen ausgegangen, was jedoch nach Auffassung des BGH nicht frei von Rechtsfehlern ermittelt wurde.

Zunächst rief der BGH in Erinnerung, dass die für die Prüfung der wettbewerblichen Eigenart erforderlichen tatsächlichen Feststellungen und ihre Würdigung auf tatgerichtlichem Gebiet, also bei den Gerichten der Vorinstanzen, liegen und mit der Revision nicht angegriffen werden können. Die von der Beklagten in der Revision vorgebrachten Argumente gingen daher zum Teil ins Leere, da sie lediglich die tatgerichtliche Würdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene ersetze, ohne jedoch Rechtsfehler aufzuzeigen. Insbesondere habe – anders als von der Beklagten geltend gemacht – das Berufungsgericht zutreffend auf den Gesamteindruck der „Glück“-Konfitüregläser abgestellt.

Dennoch hatte die Revision der Beklagten Erfolg: Nach Auffassung des BGH habe das Berufungsgericht nämlich die Merkmale, die die wettbewerbliche Eigenart der „Glück“-Konfitüregläser prägen, nicht rechtsfehlerfrei bestimmt. So habe es rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Verwendung des Emotionsschlagworts „Glück“ als Produktname und seine Einbindung in die Gesamtgestaltung die wettbewerbliche Eigenart des Konfitüreglases präge. Zwar könne die wettbewerbliche Eigenart grundsätzlich auch durch die Kennzeichnung eines Produkts entstehen. Dies gelte jedoch nur für dessen konkrete Gestaltung. Nicht vom wettbewerblichen Nachahmungsschutz umfasst sei hingegen die hinter der konkreten Gestaltung stehende abstrakte Idee. Das Berufungsgericht aber habe die beiden Produktnamen „Glück“ und „LieBee“ “ als „Emotionsschlagworte“ eingeordnet und darin eine Gemeinsamkeit gesehen, die Einfluss habe auf die Prägung der wettbewerblichen Eigenart. Dies erweitere unzulässig den Schutzbereich. Dass die Beklagte ihre Honiggläser ebenfalls unter einem Emotionsschlagwort („LieBee“, also „Liebe“) anbiete, könne daher nicht zur Annahme einer Nachahmung führen. Die Unterschiede der an hervorgehobener Stelle angebrachten Produktbezeichnungen „Glück“ und „LieBee“ können nicht deswegen unberücksichtigt bleiben, weil es sich hierbei jeweils um Emotionsschlagworte handle. Im Ergebnis könne daher auch nicht von einer (mittelbaren) Herkunftstäuschung ausgegangen werden. Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 lit. a UWG scheidet daher zumindest mit der bisherigen Begründung des OLG Hamburg aus.

Der Fall ist damit jedoch nicht abschließend geklärt. Der BGH hat die Sache vielmehr an das OLG zurückverwiesen und diesem aufgegeben, erneut hierüber zu entscheiden. Noch ist daher offen, wer am Ende als glücklicher Gewinner dastehen wird.

Praxishinweis

Nach dem BGH ist die bloße Idee hinter einem Konzept nicht geeignet, die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts zu begründen. Die bloße Übernahme eines solchen Konzepts stellt damit keine Nachahmung dar.

Vom BGH unbeanstandet blieben allerdings die übrigen Erwägungen der Vorinstanzen, wonach aufgrund der konkreten Gestaltungsmerkmale ein bestimmter Gesamteindruck geschaffen und durch die Übernahme dieser konkreten Merkmale eine Nachahmung vorliegen kann. Wie das Berufungsgericht den Fall ohne Berücksichtigung der Gemeinsamkeit der Produktbezeichnungen als Emotionsschlagworte entscheiden und ob es ausreichen lassen wird, dass die Produktbezeichnungen voneinander abweichen, wird sich zeigen. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Hersteller sollten bei der Gestaltung neuer Produktverpackungen jedenfalls weiterhin das Marktumfeld im Auge behalten, um eine zu große Annäherung an bereits bestehende Gestaltungen und damit mögliche Abmahnungen zu vermeiden.

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