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31. Januar 2023

Kompromisstext der Maschinen-VO veröffentlicht

  • Briefing

Es ist soweit: Der offizielle Kompromisstext zur anstehenden europäischen Maschinenverordnung („Maschinen-VO-E“)ist verfügbar. Der Text, der die noch am 15. Dezember 2022 erzielten Kompromisse widerspiegelt, ist von höchster Relevanz für alle Unternehmen, die mit Maschinen in Berührung kommen, Maschinen etwa herstellen, importieren, anderweitig vertreiben oder betreiben.

Es ist zu erwarten, dass es sich dabei um das inhaltlich nahezu finale Dokument handelt. Immerhin ist es Ergebnis der lange währenden (ca. 8 Monate!) Trilogverhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Europäischem Rat. Es dürfte zwar noch redaktionelle Änderungen geben, etwa werden mit hoher Wahrscheinlichkeit die Artikel mit Buchstaben verschwinden und eine eigene Artikelnummer erhalten. Im Großen und Ganzen gilt es aber ab jetzt zur Vorbereitung (und zwingend in ca. 3,5 Jahren) mit den nun verfügbaren Inhalten zu arbeiten. Die Maschinen-VO ist das Herzstück des Maschinenrechts – ohne Compliance mit dieser Verordnung kein (Maschinen-)Vertrieb und kein (Maschinen-)Betrieb.

Die endgültige Maschinen-VO wird sicherlich von größter Bedeutung für alle „Akteure“ im Bereich der Produkte, die unter ihren – denkbar weiten – Anwendungsbereich fallen, vgl. etwa die Maschinendefinition in Artikel 3 Abs. 1 Maschinen-VO-E, aber auch die mit Maschinen „verwandten“ Produkte, auf die die Maschinen-VO anzuwenden sein wird, Artikel 2 Abs. 1 Maschinen-VO-E). Festzustellen ist einerseits: Die maschinenbezogene Verrechtlichung erreicht ihren aktuellen Höhepunkt. Von aktuell 30 Erwägungsgründen und 29 Artikeln schwillt das Maschinenrecht an auf ca. 80 Erwägungsgründe und ca. 54 Artikel. Festzustellen ist andererseits, dass viele der besonders intensiven „Umwälzungen“ des ersten Entwurfs vom 21. April 2021 (COM(2021) 202 final) aus der Maschinen-VO-E wieder entfernt oder zumindest abgeschwächt wurden, etwa die verpflichtende Hinzunahme einer benannten Stelle bei – dieser Begriff ist ebenfalls entfallen – vielen der bisher als „Hochrisiko-Maschinenprodukte“ bezeichneten Produkte. Die Maschinen-VO-E geht damit neue Wege, die große Revolution bleibt aber aus.

Ausweislich Artikel 52 Maschinen-VO-E wird ein Großteil der neuen Maschinen-VO 42 Monate und 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union anzuwenden sein. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Maschinen und andere Produkte, die unter die Maschinen-VO fallen, grundsätzlich nur noch dann auf dem Markt bereitgestellt werden, wenn sie den (neuen) Anforderungen der Maschinen-VO entsprechen, Artikel 50 Abs. 1 Maschinen-VO-E.

Es folgt ein kurzer – nicht abschließender – Überblick zu einigen der Themen, bei denen zuletzt noch Bewegung in der Debatte war:

  • Keine „Hochrisiko-Maschinen – Abgestufte Risikoklassen
    Es bleibt einerseits bei der „besonderen“ Maschinenkategorie, die aus Anhang IV der EG-Maschinenrichtlinie 2006/42/EG bekannt ist. Andererseits ist Annex I nun in die Teile A und Teile B unterteilt. War anfänglich noch die verpflichtende Beteilung einer benannten Stelle für alle Produkte vorgesehen, die in Annex I genannt waren, ist die Liste nunmehr geschrumpft. Es verbleiben die folgenden Produkte in Annex I Teil A für deren Konformitätsbewertung die Maschinen-VO-E eine benannte Stelle (vgl. Artikel 21 Abs. 2 Maschinen-VO-E samt der dortigen Verweise auf die Konformitätsbewertungsverfahren) verpflichtend vorsieht:

(i) abnehmbare mechanische Kraftübertragungseinrichtungen einschließlich ihrer Schutzeinrichtungen,
(ii) Schutzeinrichtungen für abnehmbare mechanische Kraftübertragungseinrichtungen,
(iii) Hebebühnen für Fahrzeuge,
(iv) Tragbare Befestigungsgeräte mit Treibladung und andere Schussgeräte,
(v) (die deutsche Übersetzung ist noch nicht verfügbar): “Safety components with fully or partially self-evolving behaviour using machine learning approaches ensuring safety functions” – also etwa „Sicherheitsbauteile mit selbstentwickelndem Verhalten unter Einsatz maschinellen Lernens, die Sicherheitsfunktionen gewährleisten“ und
(vi) (die deutsche Übersetzung ist noch nicht verfügbar): “Machinery embedding systems with fully or partially self-evolving behaviour using machine learning approaches ensuring safety functions that have not been placed independently on the market, in respect only to those systems.” – also etwa „Maschinen, in die Systeme mit selbstentwickelndem Verhalten unter Einsatz maschinellen Lernens eingebettet sind, die Sicherheitsfunktionen gewährleisten, die nicht unabhängig voneinander auf den Markt gebracht worden sind, und zwar nur in Bezug auf diese Systeme.“

Vom im ursprünglichen Entwurf vorgesehenen Namen „Hochrisiko-Maschinen“ ist nichts geblieben. Selbst der, in der von den Ausschüssen des europäischen Parlaments vorgeschlagenen Version, vorgesehene Name „potentially high-risk machinery products“ ist entfallen. Lediglich in den Erwägungsgründen (etwa 46b, 50) finden sich noch dahingehende Erwägungenmachinery or related products that have a higher risk factor, a stricter conformity assessment procedure requiring the participation of a notified body should be required.“

Bezüglich der Produkte in Annex I Teil B ist als Konformitätsbewertungsverfahren auch die sog. „interne Fertigungskontrolle“ vorgesehen – ein Verfahren, das der Hersteller ohne Einschaltung eines „Dritten“ absolvieren kann. In Abschnitt B des Annex I sind viele der in Anhang IV der EG-Maschinenrichtlinie genannten Maschinen hinübergewandert.

Unverändert bleibt nach Vorstellung der Kompromissversion, dass die EU-Kommission Produkte durch delegierte Rechtsakte in Annex I aufnehmen bzw. streichen könnte. Neu hinzukämen ein Anhörungsrecht der Stakeholder, bevor eine Maschine in Annex I aufgenommen wird, vgl. Erwägungsgrund 65 und Artikel 5 Abs. 2 Maschinen-VO-E.

  • „Artifical Intelligence“ – Verzahnung aufgehoben
    Es hatte sich bereits abgezeichnet: Die Verzahnung zwischen der Maschinen-VO und der im Entwurf vorliegenden Verordnung zur künstlichen Intelligenz („KI-VO-E“) ist entfallen. Schade – denn auch für die KI-VO-E gab es bei den Trilogverhandlungen einen Durchbruch und die Verabschiedung der Verordnung rückt in greifbare Nähe. Es gilt zu prüfen, inwiefern die „KI Komponente“ der Maschinen-VO-E nun noch Hand in Hand mit der KI-VO-E geht.
  • Technische Normung durch EU-Kommission – lediglich Rückfallebene
    Die im Entwurf der Maschinenverordnung noch vorgesehene technische Normung durch die EU-Kommission wurde in der Kompromissversion eingeschränkt – das ist begrüßenswert.

    Nach der Maschinen-VO-E soll die EU-Kommission nur noch unter strengen (kumulativ zu erfüllenden) Voraussetzungen selbst technische Normung durch Erlass technischer Spezifikationen betreiben dürfen:

(i) Die EU-Kommission muss einen Normungsauftrag an mindestens eine Europäische Normungsorganisationen erteilt haben,
(ii) die Normungsorganisation (a) hat den Normungsauftrag abgelehnt, (b) liefert nicht innerhalb der von der EU-Kommission gesetzten Frist, oder (c) hat eine Norm entwickelt, die nicht dem Normungsauftrag entspricht,
(iii) eine alternative harmonisierte Norm liegt nicht vor und es ist auch nicht mit einer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union innerhalb einer angemessenen Frist zu rechnen.

Die künftige Maschinenverordnung reguliert die Zukunft des Maschinenbaus und des Maschinenvertriebs – wir bleiben dran und halten Sie auf dem Laufenden!

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