Co-Autor: David Sander
Das zunehmende Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher für die Herkunft, Qualität und Nachhaltigkeit der Lebensmittel hat in den letzten Jahren zu einer merklichen Verschiebung in den Anforderungen an Transparenz und Information im Lebensmittelsektor geführt. Die Einführung der erweiterten Herkunftskennzeichnung für Fleischwaren am 1. Februar 2024 stellt dabei einen entscheidenden Schritt dar, um dieser Nachfrage gerecht zu werden. Diese Maßnahme, die den Verbrauchern detaillierte Informationen über die Herkunft des Fleisches bietet, ist jedoch nur ein Teil eines größeren Systems von Regelungen und Herausforderungen, die es im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung zu betrachten gilt.
Die Bedeutung der erweiterten Herkunftskennzeichnung für Fleisch
Die Neuregelung, die nicht vorverpacktes frisches, gekühltes oder gefrorenes Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel einschließt, schließt eine wesentliche Lücke in der bisherigen Gesetzgebung und trägt dem Wunsch nach mehr Transparenz Rechnung. Durch diese Regelung werden Verkaufsstellen dazu verpflichtet, ihre Kunden über das Aufzucht- und Schlachtland der Fleischwaren zu informieren. Diese Initiative ist ein bedeutender Schritt zur Stärkung des Vertrauens der Konsumenten in die Lebensmittelindustrie und zur Förderung einer bewussten Kaufentscheidung.
Grenzen und Herausforderungen
Trotz der positiven Entwicklungen im Bereich der Fleischkennzeichnung bleiben Herausforderungen bestehen, die die Transparenz und Informationsqualität für die Verbraucher einschränken. So betrifft die Herkunftskennzeichnung bislang nicht verarbeitetes Fleisch und Hackfleisch, während verarbeitete Fleischprodukte von dieser Pflicht ausgenommen sind. Diese Einschränkung verhindert eine vollständige Nachvollziehbarkeit der Fleischherkunft in Produkten, die weitere Zutaten enthalten.
Weitere Lebensmittelkategorien: Fisch, Eier, Obst und Gemüse
Die Regelungen zur Herkunftskennzeichnung erstrecken sich auch auf andere Lebensmittelbereiche wie Fisch, Eier, Obst und Gemüse, wo jeweils eigene Vorschriften für die Angabe der Herkunft gelten. Bei Fisch muss das Fanggebiet oder das Land der Aquakultur angegeben werden, was jedoch aufgrund der groben Einteilung in FAO-Gebiete eine präzise Zuordnung erschwert. Bei Eiern bietet ein gestempelter Zifferncode detaillierte Informationen über Herkunft, Haltung und Frische, was eine hohe Transparenz gewährleistet. Für Obst und Gemüse ist die Angabe des Ursprungslandes obligatorisch, mit gewissen Ausnahmen bei verarbeiteten Produkten.
Honig und verarbeitete Lebensmittel
Die Transparenz bei Honig und verarbeiteten Lebensmitteln bleibt weiterhin begrenzt. Bei Honig ist die spezifische Herkunft oft unklar, und bei verarbeiteten Produkten besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Angabe des Herkunftslands. Diese Lücken in der Kennzeichnung reduzieren die Möglichkeit für die Konsumenten, vollständig informierte Entscheidungen zu treffen.
Zukünftige Entwicklungen und Forderungen
Die Forderungen nach einer Ausweitung der Kennzeichnungspflicht auf verarbeitete Lebensmittel und Produkte, die in Gastronomiebetrieben angeboten werden, zeigen den Bedarf an weiteren Verbesserungen in der Transparenz der Lebensmittelherkunft. Die geplante Einführung einer verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung für Schweinefleisch ist ein weiterer wichtiger Schritt, um den Verbrauchern Informationen über die Haltungsbedingungen anzubieten und die Nachvollziehbarkeit zu erhöhen.
Fazit
Die Fortschritte und Herausforderungen in der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln spiegeln ein komplexes Zusammenspiel von Verbraucherinteressen, gesetzlichen Regelungen und industriellen Praktiken wider. Während die Einführung der erweiterten Herkunftskennzeichnung für Fleischwaren einen wesentlichen Fortschritt darstellt, bleiben weitere Anstrengungen notwendig, um eine umfassende Transparenz und Informationsqualität über alle Lebensmittelkategorien hinweg zu gewährleisten. Dies erfordert kontinuierliche Dialoge zwischen Gesetzgebern, Industrie und Verbraucherverbänden sowie die Bereitschaft, bestehende Regelungen zu überdenken und anzupassen.
Spezifische Kennzeichnung von ökologischem Heimtierfuttermittel: Neue Vorschriften ab Mai 2024
Im Bereich der Futtermittelproduktion stellt die Verordnung (EU) 2023/2419, die ab Oktober 2023 in Kraft getreten ist und ab Mai 2024 die Verwendung des EU-Bio-Siegels für bestimmte Heimtierfuttermittel vorschreibt, eine weitere Neuerung dar. Diese Regelung zielt darauf ab, Verbrauchern die Identifizierung von ökologischen/biologischen Zutaten beim Kauf von Heimtierfutter zu erleichtern.
Verordnung (EU) 2023/2419 und ihre Bedeutung
Diese Verordnung erlaubt es Heimtierfuttermittelunternehmern, Produkte als ökologisch/biologisch zu kennzeichnen, auch wenn nicht alle Zutaten aus ökologischem Anbau stammen, sofern mindestens 95 Gewichtsprozent der landwirtschaftlichen Zutaten ökologisch/biologisch sind. Die Einführung des EU-Bio-Siegels auf Heimtierfuttermittelverpackungen ab Mai 2024 signalisiert eine erhöhte Transparenz und fördert die nachhaltige Futtermittelproduktion.
Anpassungsbedarf und Bewertung
Für Hersteller und Verkäufer von Heimtierfuttermitteln bedeutet die Einführung dieser neuen Kennzeichnungsvorschriften einen erhöhten Informations- und Kennzeichnungsaufwand. Gleichzeitig bietet sie die Möglichkeit, das Vertrauen der Verbraucher in die ökologische Qualität der Produkte zu stärken.
Fazit
Die Entwicklungen im Bereich der Herkunfts- und Produktionskennzeichnung sowohl bei Lebensmitteln als auch bei Futtermitteln spiegeln ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung von Transparenz und Nachhaltigkeit wider. Die Einführung der erweiterten Herkunftskennzeichnung für Fleischwaren und die neuen Regelungen für ökologisches Heimtierfutter sind wichtige Schritte hin zu einer umfassenderen Transparenz. Um eine vollständige Transparenz zu gewährleisten, sind jedoch kontinuierliche Anstrengungen aller Beteiligten erforderlich. Die Zukunft des Lebensmittel- und Futtermittelmarkts liegt in der Entwicklung hin zu einer detaillierteren, verbraucherfreundlicheren und nachhaltigeren Kennzeichnung, die den Bedürfnissen und Werten der modernen Gesellschaft gerecht wird.
To-Do Liste für Hersteller und Verkäufer von Lebens- und Futtermitteln
Angesichts der neuen Regelungen zur Herkunftskennzeichnung für Fleischwaren und der spezifischen Kennzeichnung von ökologischem Heimtierfuttermittel ab Mai 2024, hier eine To-Do Liste für Hersteller und Verkäufer, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden:
Für Lebensmittelhersteller und -verkäufer
1. Überprüfung der aktuellen Kennzeichnungspraxis:
- Stellen Sie sicher, dass alle nicht vorverpackten Fleischprodukte (Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch) klar nach Herkunft gekennzeichnet sind.
2. Informationsbeschaffung und -verwaltung:
- Sammeln Sie detaillierte Informationen über das Land der Aufzucht und Schlachtung für alle Fleischprodukte.
- Halten Sie diese Informationen für die Verbraucher leicht zugänglich.
3. Schulung des Personals:
- Schulen Sie Ihr Verkaufspersonal, um Fragen zur Herkunft der Produkte kompetent beantworten zu können.
4. Anpassung der Werbematerialien:
- Passen Sie Werbematerialien und Produktbeschreibungen an, um die Herkunftskennzeichnung hervorzuheben.
5. Monitoring und Compliance:
- Überwachen Sie regelmäßig die Einhaltung der neuen Regelungen und passen Sie Prozesse bei Bedarf an.
Für Futtermittelhersteller und -verkäufer
1. Überprüfung der Produktzusammensetzung:
- Stellen Sie sicher, dass Produkte, die als ökologisch/biologisch gekennzeichnet werden sollen, mindestens 95% ökologische/biologische landwirtschaftliche Zutaten enthalten.
2. Einführung des EU-Bio-Siegels:
- Planen Sie die Einführung des EU-Bio-Siegels auf den Verpackungen ökologischer/biologischer Heimtierfuttermittel ab Mai 2024.
3. Anpassung der Produktetiketten und -beschreibungen:
- Passen Sie Etiketten und Produktbeschreibungen an, um die Verwendung ökologischer/biologischer Zutaten und das EU-Bio-Siegel deutlich zu machen.
4. Informationskampagnen für Verbraucher:
- Entwickeln Sie Informationskampagnen, um Verbraucher über die Bedeutung des EU-Bio-Siegels und die Vorteile ökologischer/biologischer Zutaten aufzuklären.
5. Schulung und Weiterbildung:
- Schulen Sie Ihr Personal in Bezug auf die neuen Kennzeichnungsvorschriften und deren Bedeutung für Verbraucher und Unternehmen.
6. Überwachung der Marktakzeptanz:
- Beobachten Sie die Reaktionen der Verbraucher auf die neuen Kennzeichnungen und passen Sie Marketingstrategien entsprechend an.
7. Compliance und Dokumentation:
- Halten Sie alle relevanten Dokumente und Zertifikate bereit, um die Compliance mit den neuen Regelungen nachweisen zu können.
Durch eine sorgfältige Umsetzung dieser To-Do Liste können Hersteller und Verkäufer von Lebens- und Futtermitteln nicht nur den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher in ihre Produkte stärken.