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Dr. Daniel Tietjen

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1. November 2022

Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis-Produkten - Details und europarechtliche Fragen

  • Briefing

Co-Autor: Christoph Behm | Hierzu liegt ein aktualisiertes Briefing vor, Sie finden es hier.

Die Legalisierung von Cannabis-Produkten zu Genusszwecken schreitet voraus. Nachdem die Regierungskoalition im Koalitionsvertrag 2021 angekündigt hatte, die „kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizensierten Geschäften“ einzuführen, ist der infolgedessen angestrengte umfangreiche Konsultationsprozess zwischen Politik, Experten- und Interessengruppen kürzlich zu Ende gegangen. Ein Eckpunktepapier der Bundesregierung verrät nun erste Details zum Gesetzesvorhaben, welches die Befürworter der Legalisierung in inhaltlicher Hinsicht zufrieden stellen dürfte. Gleichermaßen widmet sich das Eckpunktepapier aber auch der Frage, ob sich die deutschen Legalisierungsbestrebungen überhaupt völker- und europarechtlich durchsetzen lassen.

Erfreuliche inhaltliche Details

In inhaltlicher Hinsicht soll der Anbau und Vertrieb von Cannabis-Produkten zu Genusszwecken wie erwartet einer strikten staatlichen Überwachung durch Lizenzierung und Kontrolle unterliegen. Alle Akteure der Liefer- und Handelskette müssen sich daher auf ein Lizenzierungsverfahren und umfangreiche Dokumentationsverpflichtungen einstellen. Wichtig ist auch, dass ein internationaler Handel mit Cannabis-Produkten zu Genusszwecken – anders als zu medizinischen oder wissenschaftlichen Zwecken – nach Ansicht der Bundesregierung rechtlich unmöglich sei, sodass die nationale Nachfrage allein durch Produktion in Deutschland zu decken wäre. Dies ist keine gute Nachricht für Cannabis-Unternehmen aus dem Ausland, die bereits jetzt Cannabis zu medizinischen Zwecken importieren. Auf synthetisch hergestellte Cannabinoide soll nicht zurückgegriffen werden dürfen. Die Abgabe von Cannabis-Produkten an ausschließlich erwachsene Konsumenten soll lizenzierten Fachgeschäften und eventuell Apotheken vorbehalten bleiben und mengenmäßig begrenzt sein. Es ist jedoch ein absolutes Werbeverbot vorgesehen und auch einen Online-Versandhandel soll es zunächst nicht geben. Allerdings soll die Möglichkeit eines Eigenanbaus in sehr begrenztem Umfang geschaffen werden (Erwerb und Besitz von Cannabis-Produkten bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm soll straffrei bleiben). Neben der Umsatzsteuer auf Verkäufe ist eine gesonderte „Cannabissteuer" vorgesehen, die sich nach dem THC-Gehalt richtet. Der Endverbraucherpreis soll dabei dem Schwarzmarktpreis nahekommen.

Vereinbarkeit mit Völker- und Europarecht

Zur rechtlichen Umsetzung der Details sollen Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) künftig nicht mehr als Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eingestuft werden und mit Medizinalcannabis und Nutzhanf einen eigenen regulatorischen Rahmen erhalten. Völker- und europarechtlich ist die Klassifizierung von Cannabis als Suchtstoff jedoch durch drei Übereinkommen (Single Convention on Narcotic Drugs; Convention on Psychotropic Substances; UN Convention against Illicit Traffic in Narcotic Drugs and Psychotropic Substances) und vor allem durch den verbindlichen EU-Rahmenbeschluss 2004/757/JI und das Schengen-Abkommen vorgezeichnet. Die Bundesregierung plant deswegen, im Wege einer Interpretationserklärung aufzuzeigen, dass sich das im Eckpunktepapier enthaltene staatlich kontrollierte System zur Legalisierung von Cannabis-Produkten zu Genusszwecken mit den internationalen Vorgaben im Hinblick auf den Gesundheits- und Jugendschutz vereinbar zeigt.

Fazit

Die inhaltlichen Eckpunkte der Legalisierung sind erfreulich. Ob die Ampelkoalition ihr Regierungsversprechen erfüllen kann, bleibt indes fraglich. Schwer wiegen gerade die europarechtlichen Bedenken. Viel wird hier von dem Bestreben der anderen Mitgliedstaaten abhängen, für eine zeitgemäße und vor allem harmonisierte Cannabis-Politik zum supranationalen Gesundheitsschutz zu sorgen. Italien und Österreich haben sich erst kürzlich offen gegen eine Legalisierung bekannt. In jeden Fall dürfte bis zu einer Legalisierung noch einige Zeit ins Land gehen. Gibt die Kommission grünes Licht, müsste erstmals ein konkreter Gesetzentwurf formuliert werden, der überdies auf europäischer Ebene ein Notifizierungsverfahren nach der Transparenz-Richtlinie (EU) 2015/1535 durchlaufen müsste. Das federführende Gesundheitsministerium rechnet mit einer Legalisierung frühestens ab dem Jahr 2024.

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